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Ausgabe:

1954

Spalte:

126-128

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Pirson, Dietrich

Titel/Untertitel:

Der Glaubensbegriff bei Augustin 1954

Rezensent:

Pirson, Dietrich

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dieser rätselhaften Stelle geklärt und ihre Ableitung aus hellenistisch-
bürgerlicher Ethik als unmöglich erwiesen.

Die Antworten auf die vier eingangs gestellten Fragen lauten:
1. Der Vf. war ein Judenchrist, dessen griechische Sprache durch das
Semitische stark beeinflußt war, der wahrscheinlich sogar die hebräische
Sprache beherrschte. 2. Er ist durch die Schule des Rabbinats gegangen.
3.Sein Verhältnis zum Hellenismus besteht in dem Problem der Interpretation
seiner jüdischen Gedanken für hellenistische Leser. 4. Die
Wurzeln seines Denkens liegen im Judentum.

Auf diesem Ergebnis, das durch viele Einzelheiten im 11. Teil der
„Theologie der Pastoralbriefe" bestätigt werden wird, läßt sich, wie
es scheint, ein neuer Versuch der Interpretation der Past. aufbauen.

Otto, Gert: Die mit syn verbundenen Formulierungen im paulinischen
Schrifttum. Diss. Berlin 1952. XII, 133 S.

Es wird versucht, die zahlreichen mit syn verbundenen Aussagen
bei Paulus zu erklären. — Dazu müssen eingangs zwei Vorfragen geklärt
werden. Erstens (l.Kap.) muß entschieden werden, welche Briefe das
Material der Arbeit bilden. Es ergeben sich drei Gruppen: 1.) Rom,
Kor, Gal, Eph, Kol, Phil, Thess, Philm; 2.) Pastoralbriefe; 3.) l.Petr
(weil paulinischer Einfluß unverkennbar ist). — Eine zweite Vorfrage gilt
der Präposition syn und den damit verbundenen Wörtern in der Pro-
fangräzität. Der profane Gebrauch bietet keine Hinweise für das Verständnis
der uns betreffenden Formulierungen.

Nach Klärung dieser Vorfragen werden die paulinischen Aussagen
untersucht. Das Material wird nach systematischen Gesichtspunkten geordnet
. Das Hauptgewicht liegt auf den heilsgeschichtlichcn und escha-
tologischen Aussagen (3. und 4. Kap.). Als leitender Gesichtspunkt ergibt
sich: es muß vor allem die Faktizität der paulinischen Aussagen
betont werden. Nur von dort her, nicht von der Mystik her, ergibt
sich ein zureichendes Verständnis. Verf. setzt sich mit W. Hahn (Hahn,
Das Mitsterben und Mitauferstchcn mit Christus bei Paulus 1937) und
E. Lohmeyer (Lohmeyer, Syn Christo in Deißmann-Fcstgabe 1927,
S. 218 ff.) auseinander. Gegen Hahns allgemeine These absoluter Gleichzeitigkeit
des Christen mit Christus wird für Rom 6, 5 sakramentale
Gleichzeitigkeit des Christen mit dem 6/zoiojfia des Todes und der Auferstehung
Christi behauptet. Lohmeyers Deutung des syn Christo wird zu
widerlegen versucht. Die Untersuchung ergibt, daß die syn-Christo-Stel-
len auf hcilsgeschichtlicher Basis Ausführungen über das zukünftige Heil
machen.

Im weiteren Verlauf der Arbeit werden behandelt: Mit syn verbundene
Pcrsonalbezeichnungen (5. Kap.); syn als Bindeglied zwischen
Paulus und der Gemeinde (6. Kap.); Gemeindeglieder btr. syn-Aus-
sagen (7. Kap.); Nachwirkungen in den Pastoralbriefen und im 1. Petr
(8. Kap.).

Der grundsätzlichen Frage der Mystik wird im Schlußkapitel
(9. Kap.) nadigegangen. Darauf einzugehen ist nötig, weil in der Literatur
ein Teil der erörterten Aussagen mit dem Begriff Mystik charakterisiert
wird. Ls wird versucht, den Begriff Mystik zu definieren; anschließend
wendet sich Verf. der sog. paulinischen Christusmystik in
ihren verschiedenen Formen zu. Aus diesen Darlegungen entstehen
zwei Fragen: werden die verschiedenen Formen der Christusmystik dem
eigentlichen Begriff der Mystik gerecht, und ist der Begriff der Christusmystik
(o. ä.) geeignet, den Gehalt der mit syn verbundenen Formulierungen
zu charakterisieren? Beide Fragen werden verneint, die erste
von der Mystik her, die zweite von Paulus her.

Pannenberg, Wolfhart: Die Prädestinationslehre des Duns Skotus
im Zusammenhang der scholastischen Lehrentwicklung. Diss. Heidelberg
1953. VIII, 223 S.

Kern der Arbeit ist ein Kommentar zu den beiden Prädestinations-
quästionen des Duns Skotus (zu L. I, d. 40 und 41 der Sentenzen des
Petrus Lombardus). Der Text dieser Quästionen nach dem Oxoniense
(dem von Skotus nicht vollendeten, von seinen Schülern herausgegebenen
Hauptwerk), den nur handschriftlich zugänglichen Oxforder (vor
1300) und den ebenfalls in handschriftlicher Fassung zugrundegelegten
Pariser Vorlesungen (1302/03) erscheint fortlaufend in den Anmerkungen
. Die Textfassungen werden untereinander auf die in ihnen zum
Ausdruck kommende Lehrentwicklung verglichen und in den Zusammenhang
der skotischen Gesamtkonzeption gestellt. Durch Vergleich mit
den Prädestinationslehren des Petrus Lombardus, Alexander von Haies,
Bonaventura, Albertus Magnus, Thomas von Aquin, Heinrich von Gent
und Wilhelm von Ware wird die Stellung der skotischen Prädestinationslehre
in der hochscholastischen Problemgeschichte dieses Lehrstücks sichtbar
. Das so entstehende Bild von der dogmengeschichtlichen Bedeutung
der Prädestinationsichre des Duns Skotus, gewonnen in eingehender
Auseinandersetzung mit der bisherigen Forschung, insbesondere auch
der modernen katholischen Scholastikforschung, wird ergänzt durch

einen Ausblick auf die Entwicklung der Prädestinationslehre in der
nominalistischen Schule bis zu Gabriel Biel.

Das Interesse der Untersuchung gilt der Frage nach der theologischen
Gesamtkonzeption des Duns Skotus. Die bisherige Forschung
schwankt zwischen einer Charakteristik des Duns Skotus als Deterministen
, die sich auf seine Präscienzlehre stützt, und seiner Auffassung
als Indeterministen und Semipelagianer, auf Grund seiner Lehrauffassung
von Buße und Wahlfreiheit, oder das skotische System bricht, wie
bei R. Seeberg, in diese beiden heterogenen Bestandteile auseinander.
Die Untersuchung der für das Denken des „doctor subtilis" zentral bedeutsamen
Prädestinationslehre will den Nachweis führen, daß alle diese
Deutungen Duns Skotus nicht gerecht werden (auch die R. Seebergs
nicht, insofern ihr die zur Verbindung so heterogener Gedanken zwingende
Intention im Dunkeln bleibt). Vielmehr ist die Konzeption des
Duns Skotus zu verstehen aus seinem Gegensatz gegen den Versuch
der Hochscholastik, die Wirklichkeit Gottes und des Menschen mittels
des Begriffs der bewegenden Gnade in einer einheitlichen metaphysischen
Konstruktion zu verbinden. Er versteht den Menschen ganz neu
in seinem unaufhebbaren, personal bestimmten Gegenüber zu Gott. Dem
Nachweis dieser These dient besonders das zweite Kapitel, welches die
Geschichte der für das Verständnis der Situation des Menschen vor Gott
grundlegenden logischen Unterscheidung zwischen sensus divisus und
compositus in der scholastischen Prädestinationslehre zum ersten Male
untersucht. Das gedankliche Mittel zur Ausbildung seiner neuen Konzeption
findet Skotus im Begriff der göttlichen Akzeptation im Gegensatz
zu dem der bewegenden Gnade. In dieser Perspektive zeigt sich
die Lehrentwicklung in der skotischen Prädestinationsauffassung als
Ausdruck des immer wiederholten Bemühens, sowohl die in der Scholastik
fast allgemeine (auch bei Thomas festgestellten) synergistische
Lösung des Prädestinationsproblems zu vermeiden, als auch der durch
Augustin und den Lombarden repräsentierten, von Thomas mit der
synergistischen verschmolzenen, deterministischen Lösung zu entgehen.
Die logische Einheitlichkeit der skotischen Gesamtanschauung mußte
dabei zerbrechen. Innerhalb der bereits mit der scholastischen Fragestellung
gegebenen Alternative zwischen Determinismus und Indeterminismus
konnte die Meinung des Duns Skotus keinen endgültigen systematischen
Ausdruck finden. Duns Skotus stieß zwar noch nicht durch
zum reformatorischen Verständnis der Begegnung Gottes mit dem
Menschen in Christus als Schlüssel der Prädestinationsfrage (dementsprechend
, daß ihm auch die Geschichte noch nicht zum Problem wurde),
aber er entdeckte die gedankliche Dimension, in welcher sich das
Fragen Luthers vollziehen sollte. Von diesem trennt ihn entscheidend
seine Lehre von der potentia ordinata, als eines Systems göttlich gesetzter
objektiver Heilstatsachen, zu denen der Mensch sich so oder
auch anders verhalten kann.

Das in der protestantischen Dogmengeschichte herkömmliche Bild
von der Theologie des Duns Skotus erfährt auch insofern eine erhebliche
Verschiebung, als diese Theologie nicht als Wegbereiter des Nominalismus
erscheint, sondern innerhalb der von J. Auer entdeckten jüngeren
Franziskanerschule, welche zur occamistischen Theologie hinführt,
eine Reaktion gegen diese Entwickung darstellt. So scheint Duns Skotus
in der Entwicklung der scholastischen Theologie, trotz seiner gewaltigen
Nachwirkungen, den Platz ihres größten Außenseiters einzunehmen.

P i r s o n, Dietrich: Der Glaubensbegriff bei Augustin. Diss. Erlangen
1953.

Die Untersuchung hat es vornehmlich zu tun mit den Begriffen
fides und credere. Da aber die Weite und Tiefe von Augustins Denkweise
nicht leicht durch Begriffe und Formeln voll zu erfassen ist,
konnte die Arbeit nicht bei terminologischen Erläuterungen stehen bleiben
. Die Frage nach der Art des Glaubens führt vielmehr zu der grundsätzlichen
Frage nach der Entstehung und Normierung jeglicher Religiosität
.

Zunächst soll eine Untersuchung von Augustins Jugendschriften
und Confessiones ein genaues Bild davon vermitteln, wie das Phänomen
Glauben für den Philosophen und Theologen Augustin überhaupt zu
einem Faktor des religiösen Denkens werden konnte. Das Problem
heißt hier: Wie kann in dem neuplatonisch bestimmten Heilsstreben
Augustins, in dem Streben nach vollem intellektuellen Besitz der absoluten
Wahrheit, ein Platz sein für die Haltung des Glaubens, für den
Verzicht auf eigene unmittelbare Wahrnehmung. Die Arbeit kommt zu
dem Ergebnis, daß für einen Neuplatoniker wie Augustin — und Augustin
bleibt Zeit seines Lebens in seiner religiösen Zielsetzung Neuplatoniker
— das Glauben nie die entscheidende und höchste religiöse
Verhaltensweise sein kann. Glaube bleibt immer nur Ersatz für das
eigentlich erstrebte Gottesverhältnis, die Kontemplation. Positive Seiten
kann Augustin dem an sich beklagenswerten Zustand des Nur-Glaubens
lediglich dadurch abgewinnen, daß er ihn als notwendige Stufe einordnet
in den individuellen Heilsprozeß zur Erzielung der beseligenden