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Ausgabe:

1954 Nr. 12

Spalte:

742-745

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Landgraf, Artur Michael

Titel/Untertitel:

Die Lehre von Christus ; [1. Teil] 1954

Rezensent:

Hermann, Rudolf

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Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 12

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In einem Schlußteil „Gottesdienst in Israel" (S. 110—128)
wird die Beschränkung auf das Laubhüttenfest aufgegeben. Ein
Abschnitt beschäftigt sich zunächst mit dem Problem „Kultus
und Prophetie" (S. 110—122). K. lehnt die These von einer
„Kultprophetie" als verschwommen ab und kommt auf das Amt
des Bundesmittlers zurück, in dem nach Dt. 18, 15 ff. im „Ideal-
fall" Amt und Charisma verbunden sein sollen. Von daher sind
Ps. 50, 7 ff. und 81, 6 ff. als „charismatische Rechtsrede" des
Bundesmittlers zu verstehen. In der Königszeit ist das Amt auf
den König übergegangen und hat sich verselbständigt. Das losgelöste
Charisma aber ist — auf die „Schriftpropheten" übergegangen
. Sie sind „amphiktyonische Propheten", bei denen das
Thema „Recht und Gerechtigkeit" zentrale Bedeutung hat. Sie
aktualisieren das Gottesrecht wie früher der „Richter Israels".
Schließlich ist auch der „Ebed-Jahwc" Dcuterojesajas als der Bundesmittler
der Endzeit zu verstehen. — Beim Lesen dieser Seiten
drängt sich K.s eigener Begriff der „kultischen Pauschaltheorie"
auf: Alle herausragenden Gestalten Israels werden von einem —
neu entdeckten — Amt her verstanden, genau wie bei den Uppsa-
lensern vom „Gottkönig" oder bei Bentzcn vom „göttlichen
Urmenschen" aus. Eine überraschende Parallele angesichts der
betonten Frontstellung gegen diese Thesen!

In diesem Abschnitt werden schließlich noch die Traditionen
des Zcltfestes, des Bundesfestes und des Jcrusalemer Staatsheilig-
tumt bei den einzelnen Propheten verfolgt. Ein Schlußabschnitt
über „die Eigenart des alttestamcntlichcn Gottesdienstes" (S. 122
—128) bringt einen kurzen Vergleich des israelitischen Kultes,
in dem eine Erneuerung des Gott-Volk-Verhältnisscs „vom
hcilsgeschichtlichen Ursprung her —, und zwar in Gestalt dramatischer
Vergegenwärtigung" geschieht, mit den übrigen altorientalischen
Kulten. Beigegeben ist ein Exkurs über die Sieben-
Jahrcs-Periode in den Ras-Schamra-Tcxten.

Abschließend muß gesagt werden, daß eine Klärung in der
Wirrnis der heutigen Situation der kultgeschichtlichen Forschung
durch dieses Buch nicht herbeigeführt wird.

Oöltingen Rolf Rendtorf f

Wiciminn, Hermann. SJ: Die Klagelieder übers, u. crkl. Frank-
/ ^urt/M.: Philos.-thcol. Hochschule Sankt Georgen 1954. XIV, 275 S.
4°. DM 25.-.

Der vorliegende stattliche Band stellt die Wiedergabc des
von H. Wiesmann — geb. 1871, 1928—1937 Prof. der alttest. Exegese
an der philos.-theolog. Hochschule Sankt Georgen, gest. 1948,
Verfasser mannigfacher wissenschaftlicher Arbeiten, namentlich
auch von Aufsätzen über die Klagelieder — druckfertig hinter-
lassenen Manuskripts eines für Nikcls Handbuch zum AT bestimmten
Kommentars zu den Klageliedern dar. Da seine Drucklegung
propter calamitatcm temporum unmöglich war, haben
Ordensbrüder des Verfassers — außer dem Herausgeber Wilhelm
Koestcr, der das Vorwort geschrieben hat, Gerhard Hartmann,
Fritz Wcllncr und Karl Wennemer — sein verwaistes Werk pietätvoll
in der vorliegenden Form veröffentlicht, und die Wissenschaft
hat allen Grund ihnen dafür dankbar zu sein, daß sie ihr so die
Ausschöpfung des überreichen Stoffes, den Wiesmanns Kommentar
enthält, ermöglicht haben. Denn als ein über die Geschichte
des Textes, der kanonischen Wertung und der Erklärung
des Büchleins der Klagelieder ausgiebig orientierendes Nachschlagewerk
hat Wiesmanns Buch bleibende Bedeutung, und die
von seinem Verfasser selbst vertretenen Auffassungen über die
Komposition und Verfasserschaft des Büchleins sowie die Form
und den Gehalt seiner einzelnen Lieder erweisen sich auch dann
als förderlich, wenn sie — was nicht selten der Fall sein wird -
auf Widerspruch stoßen.

Was den Aufbau des Wiesmannschen Kommentars
angeht, so bringt er nach den Literatur-Angaben (S. VII—XIV)
als A. zunächst eine in 8 Kapiteln mit zusammen 23 Paragraphen
gegliederte „Einleitung" (S. 1-1 Ol), die von Benennung und
Überschrift des Büchleins, seinem kanonischen Charakter und seiner
Stellung im Kanon (Kap. l), von seinem Inhalt, seiner Gliederung
, seinem Gegenstand und seiner Zeitgeschichte (Kap. 2),
von seinen inneren und äußeren Zwecken, seiner künstlerischen
Form und seiner Darstellung (Kap. 3), seiner akrostichischen Anlage
, seiner Anordnung und seinem Aufbau, seiner äußeren und

inneren Einheit und seiner literarischen Gattung und Art (Kap. 4),
von seinem einheitlichen, nämlich jeremianischen Ursprung sowk
von Ort, Zeit und Art seiner Entstehung (Kap. 5), von der Geschichte
des Büchleins und seiner Textüberlieferung (Kap. 6), von
seinem religiös-theologischen Lehrgchalt und seiner liturgischen
Verwendung (Kap. 7) sowie von Charakteristik und Bedeutung
der Klagelieder (Kap. 8) handelt. Dann folgt als B. „Übersetzung
und Erklärung" der fünf Klagelieder (S. 102—275), die bei jedem
von ihnen nach diesem Schema verlaufen: I. Textkritik, Übersetzung
, Gedankengang, Erklärung; II. Inhalt, Anordnung und
Gliederung, Übersicht; III. Aufbau, Anlage, literarische Art,
Darstellung; IV. Zweck, Charakteristik, Würdigung; V. Lehrgchalt
, geschichtlicher Hintergrund, Quellen und Vorlagen.

Daß diese Anordnung mannigfache Wiederholungen und
Breiten, an denen es übrigens auch in der Einleitung nicht fehlt
mit sich bringt, liegt auf der Hand. Aber das Buch will, wie gesagt
, ja weniger ein Lesebuch als vielmehr ein Nachschlagcbuch
sein, und für ein solches haben Breiten und Wiederholungen schon
ihre Berechtigung. Eine Auseinandersetzung mit den von Wiesmann
auf die mannigfachen Fragen, zu denen das Büchlein der
Klagelieder Anlaß gibt, erteilten Antworten, ist hier unmöglich.
Es muß vielmehr die Wiedergabe dessen genügen, was er über die
von ihm mit besonderer Ausführlichkeit — fast die Hallte der
100 Seiten umfassenden Einleitung (A.) sind ihr gewidmet, und
in Teil B. kommt er recht oft auf sie zurück — behandelte Frage
der Verfasserschaft des Büchleins, nämlich seine Hcrlcitung von
Jeremia, auf S. 8 8 zusammenfassend zu sagen weiß:

„Die Geschichte unseres Büchleins ist dunkel. Vielleicht begann
Jeremias seine Diditung bereits in Palästina, vielleicht aber audi erst
in Ägypten. Wenn er dort bis zu seinem Lebensende blieb, hat er sie
dort auch vollendet. Über die Verhältnisse in seiner Heimat (Kap. )
und 5) konnte er auch dort wohl unterrichtet sein. Möglich ist aber
auch, daß er wieder nach Palästina zurückkehrte und dort die Schicksale
seiner Landsleute miterlebte. Für diese verfaßte er allem Anschein
nach (vgl. Kap. 5) sein Büchlein; aus ihrem Gesichtskreis aus (so!) beurteilte
und schilderte er auch die gesamte Lage; auch die der Zerstörung
der Stadt folgenden Vorgänge (2, ir, f.; 3,ni_?r. 45_t7; b»_6:i;
4,2i f.; 5,1^.1») scheint er miterlebt zu haben. Ob dort aber unter
der Zwingherrschaft der Chaldäer eine Aufführung möglich war, darf
man wohl bezweifeln. Aber daß sein Schriftchen nicht nur in Ägypten,
sondern auch in Juda bekannt wurde, darf man wohl annehmen. Von
dort oder von hier aus kam es zu den nadi Babylonicn Verbannten,
sei es durch den beiderseitigen (in den ersten Jahrzehnten gewiß regeren
) Verkehr, sei es durch die letzte Deportation. In der Gefangenschaft
weilende Gesinnungsgenossen des Propheten mögen auch darauf
aufmerksam gemadit worden sein. Diese mochten dafür Sorge tragen,
daß die Dichtung dem Volke nahe gebracht und am Jahrestag der Zerstörung
Jerusalems in religiösen Kreisen aufgeführt wurde. Nach dem
Absdiluß der Verbannung kam sie mit nach Palästina. Der Sammler
der Hl. Schriften wies ihr. weil ihre Herkunft bekannt war, einen Platz
hinter dem jeremianischen Weissagungsbuchc an."

Halle/Saale Otto Eißfeldt

Kl HC Ii K N G K S C U l C H T E

Landgraf, Artur Michael: Dogmengeschichte der Frühscholastik. Erster
Teil: Die Gnadcnlchrc. Band II. Regensburg: Pustet 1953. 312 S.
gr. 8°. DM 20.-; Lw. DM 24.—.

Der Titel besagt bereits, daß wir es hier mit einer ersten großen
Station des Landgrafschen Werkes zu tun haben, wie denn
auch diesem Bande ein Sach- und Namenregister für beide Bände
des ersten Teiles mitgegeben ist. Der Inhalt zerfällt in 8 Kapitel,
die aufgezählt seien, weil an den Überschriften alsbald deutlich
wird, wie sehr die Themen auch dieses zweiten Bandes sachlich das
kontroverstheologische Interesse erregen müssen, so streng objektiv
auch L. „sine ira et studio darzutun (versteht), was die Lehre
jener Zeit war" (296). Es handelt sich um I. Glaube und Werk,
II. Die Einwohnung Gottes durch die gratia inhabitans, III. Die
Erkennbarkeit des eigenen Gnadenstandes, IV. Die Bestimmung
des Verdienstgrades, V. Caritas und Widerstand gegen Versuchungen
, VI. Unverlierbarkeit, Vollkommenheit, Vermehrung und
Verminderung der Caritas, VII. Die Abhängigkeit der Sünde von
Gott, VIII. Das durch den Knecht gespendete Almosen.