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Ausgabe: | 1954 Nr. 12 |
Spalte: | 719-724 |
Autor/Hrsg.: | Dehn, Günther |
Titel/Untertitel: | Die einheitliche Textgestaltung von Luthers Kleinem Katechismus 1954 |
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Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 12
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wärtige Theologie) überhöht3"3. Es geht da zuvörderst um die
Gegenwart Gottes in Kirche und Liturgie (Stählins „In, mit und
unter"40). Man nennt Stählin wohl den evangelischen Mysterientheologen41
. Es gehört aber bei den B. das homiletische Anliegen
erstrangig und nicht nebenbei in das Mysterium hinein:
dafür hat Stählin mit Glück gefochten. (Das in den zwanziger
und dreißiger Jahren viel besprochene „Kosmische" der B. hängt
freilich auch mit dem Mysterium zusammen — ist aber ein Wegweiser
zu anderen Ufern). Neben Wilhelm Stählin trägt Karl
Bernhard Ritter, der unermüdliche Marburger, die Theologie
der B.; seine Schrift „Die Liturgie als Lebensform der Kirche"42
und das Büchlein über Joh. 2143 sind der Beweis für alle, denen
es noch bewiesen werden muß.
Eines aber muß angemerkt werden. Zwar hat jetzt die Wissenschaft
vom AT und die vom NT die Rolle des Kultus in der
Bibel kräftig herausgearbeitet; zwar hat die neutestamentliche
Theologie und die Liturgiewissenschaft Jesus aus einem antiliturgischen
Fackelschein herausgeholt; zwar liest Patrologie und
Dogmengeschichte das NT und die apostolischen Väter und
39&) Vgl. Müller a. a. O. S. 246.
*°) Vgl. die Anmerkung *) genannte gewichtige Schrift Stählins.
41) K.F.Müller a.a.O. S. 238. S t ä h 1 i n Wilhelm, Vom göttlichen
Geheimnis, 1936. K.B. Ritter in der in Anmerkung 3 genannten
Schrift S. 3 5. (Ein Verzeichnis des gesamten Schrifttums Wilhelm
Stählins steht „Kosmos und Ekklesia S. 264—277).
*2) Siehe Anmerkung 3.
") Ritter, Karl Bernhard: Von der Zukunft der Christenheit.
Eine Betrachtung des letzten Kapitels im Evangelium St. Johannes.
Kassel: Stauda-Verlag o. J. 41 S. kl. 8°. DM 1.80.
Enkel nicht mehr mit der Brille des Kantplans „Religion innerhalb
der Grenzen der bloßen Vernunft"; zwar ist die ganze Theologie
kultfroh geworden. Aber geblieben ist dennoch ein Rest
der „antiliturgischen Vermutung", d.i. der Möglichkeit, daß weder
Jesus noch die Apostel noch die apostolischen Väter so kultusfreudig
waren wie etwa die B. (oder die Evangelisch-Ökumenische
Vereinigung). Das wird hier aber nicht betont, um die
B. und die anderen kultusfreudigen Kreise ins Unrecht zu setzen
— sondern nur um zu folgern: Im Christentum muß der Kultus
diejenige Freiheit behalten (oder erhalten!), welche keine „notwendigen
" Ordnungen, Gebete, Übungen statuiert, sondern
Muster und Vorbilder, auch gute Grundsätze, aufstellt — wie es
die B. bislang taten. Nun beginnen aber heute die Kirchen wieder,
an „notwendigen" Ordnungen und Kirchengebeten Gefallen zu
finden (zwar nicht schon „heilsnotwendigen", doch „kirchennotwendigen
"), und die B. rücken dieser „Kirchennotwendigkeit"
immer näher. Dann, wenn die B. erst recht „offiziell" geworden
sein werden, ist es mit ihnen an das Ende gekommen — natürlich
an ein schönes und würdiges Ende, aber eben „das Ende". Denn
dann erheben alle jene ihre Stimme, welche die Alleinsetzung der
B.-Position für genau so falsch ansehen wie die Alleinsetzung
jeder Position im „liturgischen Räume", ja „im Räume der
Kirche". Als Dr. Martinus gegen die „Kirchennotwendigkeit"
auf der liturgischen Ebene anging, da meinte er freilich vordergründig
die „Heilsnotwendigkeit", aber seine vielen Worte gegen
die erzwungene Liturgie-Einheit reden in nuce gerade auch
gegen jene „Kirchennotwendigkeit", welche um keinen Preis die
„römische Heilsnotwendigkeit" sein will, aber in unerlaubter
Weise I. Kor. 14, 14 verwendet.
Die einheitliche Textgestaltung von Luthers Kleinem Katechismus
Von Günther Dehn, Bonn1
Im Zuge der nach dem Kriege in den deutschen evangelischen
Kirchen einsetzenden Bemühungen um die Neugestaltung
ihrer Ordnungen ist auch die Frage nach einer revidierten Ausgabe
des Kleinen Katechismus wieder lebendig geworden. Es geht
dabei zunächst um das sich ja immer wieder aufdrängende Problem
der Gegenwartsnähe einer aus dem 16. Jahrhundert stammenden
Schrift, die für uns immer noch die Bedeutung eines allgemein
gebrauchten Schul- und Hausbuches hat oder doch wenigstens
haben sollte. Zugleich aber geht es darum, einen Katechismus
herauszubringen, der den erstaunlich zahlreichen Varianten
zwischen den einzelnen Landeskatechismen ein Ende macht und
einen Text gibt, der für sämtliche Einzelkirchen der EKiD, bei
denen der KK in Gebrauch ist, verpflichtende Geltung hat.
Im ganzen: es gilt für den Katechismus das gleiche, was auch für
den Bibeltext und das Gesangbuch zu fordern ist, nämlich Gegenwartsnähe
und nach Möglichkeit einheitliche Textgestaltung
zu erreichen.
Über den gegenwärtigen Stand der Arbeit am KK gibt uns
nun die Arbeit von Aland sehr instruktive Auskunft. Der Verf.
hat sich als Vorsitzender des Katechismusausschusses der Generalsynode
der Kirche der Union auf das eingehendste mit der Materie
beschäftigt. Es steht ihm genaueste Kenntnis der Textgeschichte
des KK von Luther an bis zur Gegenwart zur Verfügung
, wie das sein dem Katechismustext der VELKD (in
seinem Buch) beigefügter, mit großer Akribie verfaßter text-
kritischer Apparat zeigt. Wir können für die Schrift Alands
nur dankbar sein. Sie ist mehr als ein aus der Situation
geborener Beitrag zu einem gerade zur Debatte stehenden
Problem, da sie grundsätzlich Gedanken über das, was Katechismusrevision
bedeutet, enthält. Ich versuche im folgenden
an der Hand der Alandschen Ausführungen über den gegenwärtigen
Stand der Debatte zu berichten.
Es hat in der jüngeren Vergangenheit zwei Versuche gegeben,
einen einheitlichen Katechismustext zu schaffen. 18 84 wurde von
der Eisenacher Konferenz ein revidierter Text herausgebracht, bei
dem die Ausgabe von 1542 als maßgeblicher Urtext angesehen
*) Aland, Kurt: Der Text des Kleinen Katechismus in der Gegenwart
. Gütersloh: Bertelsmann 1954. 138 S. DM 12.—.
war. Sie galt als Ausgabe „letzter Hand", wobei irrtümlicherweise
vorausgesetzt wurde, daß Luther selbst die Gestaltung des Textes
überwacht habe. 1931 erschien dann auf Veranlassung des
deutschen evangelischen Kirchenausschusses ein neuer Vorschlag.
Hier ging man auf den Kat.-Text von 1529 (B), als den ältesten
für uns erreichbaren, zurück. Beide Revisionen haben sich, obwohl
sie von kirchlichen Gesamtgremien herausgebracht worden
sind, in den Landeskirchen nur teilweise durchsetzen können. So
stehen wir also aufs neue vor der gleichen Aufgabe. Sie wäre verhältnismäßig
leicht zu lösen, wenn die erforderlichen Vorschläge
von einer Stelle ausgingen, zu der Vertreter aller Kirchen Deutschlands
gehörten. Dies ist nun aber nicht der Fall gewesen, vielmehr
ist die VELKD wie bei der Gesangbuchfrage, so auch in der
Kat.-Angelegenheit aus eigner Initiative vorangegangen. Seit
1951 schon liegt vor: „Der Kleine Katechismus Doktor Martin
Luthers", herausgegeben von der Bischofskonferenz der VELKD
nach den Beschlüssen der Generalsynode von Rostock. Wir haben
damit also schon sozusagen den kanonischen Text einer großen
Teilkirche der EKiD, der von ihren leitenden Gremien (wenn
auch nicht immer einstimmig) angenommen worden ist. Niemand,
der sich jetzt noch um einen einheitlichen Text bemüht, kann
an diesem Faktum vorübergehen, sondern er ist vor die Frage
gestellt, ob hier eine Brücke zur Einheit geschaffen ist oder nicht.
Die Einheit wäre ja da, wenn die übrigen Kirchen diesen Katechismus
einfach annähmen. Unsere Lage ist nun aber dadurch gekennzeichnet
, daß die Generalsynode der EKU vom Herbst 5 3
sich den Katechismus der VELKD nicht ohne weiteres zu eigen
machen konnte. „Es hat sich erwiesen", so heißt es in dem betr.
Plenarbeschluß (Aland, S. 9), „daß der von der VELKD vorgelegte
Text in seiner gegenwärtigen Fassung mancherlei Bedenken
unterliegt". Die Synode hat demgemäß ihrem eigenen Fachausschuß
den Auftrag erteilt, einen einheitlichen Text für die Gliedkirchen
der EKU vorzubereiten,' und darüber hinaus, so heißt es
dann weiter, „soll er versuchen, mit dem Katechismus-Ausschuß
der VELKD sich so weit zu verständigen, daß eine möglichst
einheitliche Textfassung innerhalb des Gesamtgebietes der EKiD
erreicht wird".
Aber was sind das nun für Bedenken, die gegen den Text
der VELKD erhoben worden sind? Es hat sich zunächst eine Dif-