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Ausgabe:

1954 Nr. 11

Spalte:

677-678

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Fischer, Joseph Anton

Titel/Untertitel:

Studien zum Todesgedanken in der alten Kirche 1954

Rezensent:

Loewenich, Walther

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Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 11

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Werkes hinausgehen. Wir glauben, daß diese Beschränkung bei
einer Neubearbeitung aufgegeben werden sollte; die fortschreitende
Spezialisierung der Forscher verlangt auch an diesem
Punkte nach synthetischen Zusammenfassungen. Erfaßt wurden
durch das Repertorium nicht nur die Indizes zu klassischen und
nichtklassischen Autoren, sondern auch solche zu Byzantinern.
Für diesen letzten Bereich glauben die Verfasser am ehesten der
Nachsicht zu bedürfen (S. 5); eine Nachprüfung fällt jedoch
durchaus zu ihren Gunsten aus: In der Revue des etudes byzan-
tines 6 (1948) 101 ff. gibt P. Darrouzes einen kritischen Überblick
über die in den letzten Jahren herausgekommenen Editionen
byzantinischer Texte. Dabei machen die Urkundenpublikationen,
unter denen sich besonders die von Franz Dölger besorgten durch
vortreffliche Indizes auszeichnen, einen wesentlichen Teil aus;
ihre Nennung in Riesenfelds Repertorium war jedoch von vornherein
nicht zu erwarten, da dieses nichtliterarische Texte im
allgemeinen ausschließt. Von den Werken der Literatur dagegen,
die Darrouzes erwähnt, sind alle jene vollständig erfaßt, welche
lexikalische Zusammenstellungen enthalten; leider ist das jedoch
die Minderzahl: Weder die Edition der Anna Komnena von
Bernhard Leib noch die von G. Bänhegyi besorgte Ausgabe der
Ethopoiie des Kinnamos noch die von P. Noailles und A. Dain
herausgegebenen Novellen Leons des Weisen bringen sprachliche
Indizes2!

Die Altertumsforscher aller Sparten, vor allem aber natürlich
die klassischen Philologen, sind Harald und Blenda Riesenfeld
für ihre bibliographische Arbeit zu Dank verpflichtet; es
bleibt nur zu hoffen, daß unter ihren Händen das Repertorium
in gewissem Zeitabstand regelmäßig erneuert wird.

s) In eigener Sache darf idi bemerken, daß für die von mir zum
Druck besorgte Klementinenausgabe Bernhard Rehms (vgl. dazu die
Besprechung von Ethelbert Stauffer in dieser Zeitschrift 79 [1954]
309 ff.) die Veröffentlichung von ausführlichen sprachlichen Indizes vorgesehen
ist, und zwar in einem abschließenden Bande, der nicht nur
die griechische Homilien-, sondern auch die übrigen Rezensionen berücksichtigen
soll. Darauf hätte allerdings in der Einführung des Ho-
milienbandes aufmerksam gemacht werden müssen.

Berlin Johannes Irm scher

Fischer, Joseph A.: Studien zum Todesgedanken in der alten Kirche.

Die Beurteilung des natürlichen Todes in« der kirchlichen Literatur
der ersten drei Jahrhunderte. l.Band. München: Max Hueber 1954.
XXV, 318 S. DM 21.80.

Der Verfasser, Professor für Kirchengeschichte und Patro-
logie an der Philos.-Theologischen Hochschule in Freising, hat
sich mit dieser neuen Arbeit im WS 1951/52 an der Universität
München habilitiert. Die vorliegenden Studien verraten, wie wir
es bei Fischer schon von seinem Buche über „Die Völkerwanderung
im Urteil der zeitgenössischen kirchlichen Schriftsteller. . .
(1948) her gewohnt sind, eine umfassende Quellenkenntnis und
eine gründliche Vertrautheit mit der einschlägigen Literatur.
Fischer läßt vor allem die Quellen selbst in referierender Weise
zu Worte kommen, ohne sie voreilig in das Prokrustesbett eigener
Reflexionen hineinzuzwängen. Dadurch ist sein Buch ein ganz
vorzügliches Hilfsmittel zur eigenen Orientierung geworden, wie
es in so zuverlässiger und gründlicher Weise bisher nicht zur
Verfügung stand. Die Beschränkung auf die ersten drei Jahrhunderte
erscheint sachlich als gerechtfertigt. Als Merkmale dieser
Epoche werden herausgestellt: l. Die allgemeine eschatologische
Spannung, 2. Der ethische Idealismus, 3. Die Bedrohung durch
das Martyrium, 4. Der Kampf gegen heidnische und häretische
Todesvorstellungen. Mit der konstantinischen Wende ändert sich
die Situation grundlegend.

Der erste Teil behandelt die Beurteilung des Todesereignisses
, der zweite das Problem des Zwischcnzustandes zwischen
Tod und Auferstehung. Der geplante 2. Band soll sich mit den
Fragen nach der endzeitlichen Aufhebung des Todes, mit den
theologischen Gründen der christlichen Hoffnung und den sich
daraus ergebenden praktischen Folgerungen beschäftigen. Allgemein
wenden sich die Väter gegen einen eschatologischen Nihilismus
, der ihnen in verschiedenen Gruppen der antiken Philosophie
entgegentrat. Der Tod wird als Trennung von Leib und Seele
verstanden, die freilich nicht als endgültig zu betrachten ist. Allgemein
herrscht die Überzeugung von der Sterblichkeit des Leibes
. Die Anschauung von der Sterblichkeit der Seele (Thnetopsy-
chitismus) findet sich nur vereinzelt, so stellenweise bei Justin
und bei Clemens in den Hypotyposcis. Zu größerer Wirksamkeit
ist sie in der alten Kirche nicht gelangt. Der Tod wird verstanden
als naturgesetzlicher Vorgang, als Straffolge für die Sünde, als
göttlicher Gnadenerweis. Im Blick auf die heutige Diskussion
über Unsterblichkeit und Auferstehung ist der zweite Teil besonders
interessant. Die apostolischen Väter setzen die Unsterblichkeit
der Seele voraus, bringen aber keine ausgeführte Lehre.
Ausführlicher, aber nicht widerspruchsfrei äußert sich Justin. Der
Anfang einer christlichen Unsterblichkeitsphilosophie liegt bei
Tertullian. Er führt den Unsterblichkeitsbeweis aus der Einfachheit
und Unauflöslichkeit der Seele. Am meisten ausgebildet ist
die Unsterblichkeitslehre im Westen bei Laktanz, der sich platonischer
und biblischer Argumente bedient. Origenes sieht in
der Unsterblichkeit eine Hauptlehre des Christentums. Sie beruht
auf der Wesensverwandtschaft zwischen Gott und der Seele. Über
das Los der Seele nach dem Tod äußern sich die Väter zunächst
sehr zurückhaltend. Justin vertritt eine vorläufige Belohnung und
Bestrafung der Seele nach dem leiblichen Tod. Auch Irenäus lehrt
einen Zwischenzustand. Nach Tertullian erwartet die Seele nach
dem Tode die jenseitige Vergeltung in einem Zwischenzustand
an einem außerhimmlischen Ort. Dieses Interim ist ein notwendiges
Purgatorium für alle. Man kann für die Seelen im Purga-
torium beten. Cyprian lehrt ein Fegfeuer, aber kein allgemeines
Hadesinterim. Er steht damit Clemens AI. nahe, dessen Theorie
bahnbrechend geworden ist. Auch er kennt das Fegfeuer, aber
kein allgemeines Hadesinterim. An der postmortalen Läuterung
ist auch der freie Wille aktiv beteiligt. Präexistenz und Rein-
karnation der Seele werden von Clemens abgelehnt. Die reine
oder gereinigte Seele steigt direkt zum Himmel empor. Es gibt
aber Stufen der Seligkeit. Clemens baut so eine kirchliche Lehre
von der Himmelsreise der unsterblichen Seele aus. Bei Origenes
überschneiden sich drei eschatologische Schemata: Das biblischkirchliche
mit Aussagen über Zwischenzustand, Auferstehung des
Fleisches und Endgericht, das neuplatonisch-ncupythagoräisch-gno-
stische mit der Vorstellung von der Himmelsreise der Seele und
das platonisch-stoische mit der Annahme einer endlosen Folge
von Äonen. Sogleich nach dem Tod erfolgt das Gericht über die
Seele. Eine Seelenwanderung in diesem Äon lehnt Origenes
ab, wohl aber kennt er eine Wiederverkörperung in neuen
Äonen. Der Weg der Seele nach dem Tode wird stark mit hellenistischen
Elementen geschildert. Jede Seele muß durch ein Läuterungsfeuer
hindurch. Die höllischen Mächte kämpfen um sie.
Die Beseligung besteht in einer zunehmenden gnostischen Unterweisung
. Auch Origenes unterscheidet Seligkeitsstufen. Eine
vollendete Seligkeit des Einzelnen ist vor dem Ende des gegenwärtigen
Äon nicht zu erwarten. Die Stufen der Läuterung sind
je nach dem Maß der Schuld verschieden. Origenes stellt Vermutungen
an über die Dauer der Fegfeuerstrafen. Die Heiligen
im Jenseits bemühen sich um unser Heil. Origenes geht in der
Hellenisierung der christlichen Eschatologie weiter als Clemens.

In der Frage nach dem Zwischenzustand ist also bei den Vätern
der ersten drei Jahrhunderte keine einhellige Lehrmeinung
festzustellen. Das erklärt sich einerseits aus der Zurückhaltung
der hl. Schrift in ihren Äußerungen hinsichtlich des postmortalen
Lebens, andererseits aus der starken Einbeziehung der platonischen
Psychologie. Wenn dieses Ergebnis auch nicht überraschend
wirkt, so muß man dem Verfasser doch dankbar sein für die
Gründlichkeit und Umsicht, mit der er es aus seinem weitschichtigen
Quellenmaterial erhebt und erhärtet. Man kann nur wünschen
, daß es ihm gelingt, in Bälde auch den zweiten Band seiner
Studien vorzulegen. Eine umfassende Darstellung der Eschatologie
der ersten drei Jahrhunderte ist zweifellos ein wichtiges Desiderat
der heutigen Forschung.

Er,aneen Walther v. Loewcnich

Gribomont,j., O.S.B.: Histoire du texte des Ascetiques de S. Ba-
sile. Louvain: Institut Orientaliste 1953. XIX, 348 S. gr. 8° =' Pu-
blications Universitäres.

Nachdem D. Amand in der „Revue Benedictine" 1940—46
eine Geschichte der Basilius-Ausgaben gegeben hatte, legt nun