Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1954 Nr. 11

Spalte:

676-677

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Riesenfeld, Harald

Titel/Untertitel:

Repertorium lexicographicum Graecum 1954

Rezensent:

Irmscher, Johannes

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

675

Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 11

676

Ei 6 fei dt, Otto: Taautos und Sanchunjaton. Berlin: Akademie-
Verlag 1952. 70 S. 8° = Sitzungsberichte d. Deutschen Akad. d.
Wiss., Klasse f. Sprachen, Lit. u. Kunst, Jahrg. 1952, Nr. 1. DM 3.30.

— Sanchunjaton von Berut und Ilumilku von Ugarit. Halle/S.: Niemeyer
1952. XI, 74 S. 8° = Beiträge zur Religionsgeschichte des Altertums
H. 5. kart. DM 7.50.

Im Rahmen seiner zahlreichen Veröffentlichungen zur phö-
nikischen bezw. altkanaanäischen Religionsgeschichte legt Verf.
in „Taautos und Sanchunjaton" zunächst einen Aufsatz über den
phönikischen Gott Taautos vor, der ursprünglich F. Zucker zum
70. Geburtstage (30. 6. 51.) gewidmet war und hier separat erscheint
. In dieser Abhandlung geht es um die Spezialfrage, woher
der in den Fragmenten des Philo Byblius wiederholt erwähnte
Gott Taautos (Tdavxog) stamme. In Auseinandersetzung mit der
herkömmlichen Meinung, in Taautos sei der ägyptische Gott
Thoth zu den Phönikern gelangt, kommt Verf. zu der Feststellung
, daß die Gleichsetzung von Taautos mit Thoth im genannten
Sinne durchaus nicht so sicher ist, wie es nach Verbreitung
dieser Ansicht erscheint. So vermutet Verf. vielmehr, daß in
Taautos bezw. in dem zweimal bei Philo Byblius belegten längeren
Ausdruck #6Öc Tdavxog ein genuin altkanaanäisches bezw.
altphönikisches Gottesprädikat 'el ta'auat „Gott des Zeichens",
in einfachem Taautos daher eine Kurzform vorliegt. Die bereits
antike Gleichsetzung von Thoth und Taautos muß demnach als
sekundär angesehen werden, und Verf. sieht hierin einen Akt,
der sich aus der „Gleichheit oder Ähnlichkeit der beiderseitigen
Funktionen" (S. 22) ergeben hat; denn beide Götter sind Erfinder
der Schrift und Träger der Weisheit. Unbeschadet dessen, daß die
hier vorgetragene These sicher noch weiter diskutiert werden
wird, bietet die Abhandlung einen wertvollen und anregenden
Beitrag zur Frage nach dem Wesen der altkanaanäischen Kultur
überhaupt.

Damit ist schon die zweite Studie des gleichen Heftes, „Sanchunjaton
", ein Akademievortrag vom 21. 2. 52, berührt. Hier
geht Verf. unter kritischer Überprüfung des bisher vorliegenden
Quellenmaterials wiederum dem Problem der Historizität des
Sanchunjaton von Berüt nach, auf den sich Philo Byblius bezieht.
In Auseinandersetzung besonders mit Nautin, Sanchunjathon
chez Philon de Byblos et chez Porphyre (Revue Biblique 56
[1949], 259—273) verstärken sich für ihn unter Hinweis auf
allerdings indirektes altkanaanäisches Vergleichsmaterial die Argumente
, die zu Gunsten der Geschichtlichkeit Sanchunjatons
sprechen. So kann Verf. zusammenfassend sagen: „Daß Sanchunjaton
in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrtausends v. Chr. in
seiner Heimatstadt Berut ein phönizisches Werk über die Geschichte
seines Volkes und Landes verfaßt hat, das sich wegen
seiner Zuverlässigkeit höchster Achtung erfreute, dürfte über
jeden Zweifel erhaben sein" (S. 70).

Dem gleichen Sanchunjaton-Problem ist das zweite Heft
„Sanchunjaton von Berut und Ilumilku von Ugarit" gewidmet.
Auch hier werden zunächst die Angaben über Sanchunjaton bei
Philo Byblius und Porphyrius kritisch vorgeführt. Hierauf wird
als historisch erfaßbare, freilich mehr indirekte Analogie Ilumilku,
ein Staatsschreiber von Ugarit aus dem 14. Jhdt. v.Chr., zur Darstellung
gebracht. Ein Vergleich zwischen Ilumilku und Sanchunjaton
führt schließlich zu der Annahme, daß in Philos phöni-
kischer Geschichte „eine Mischung alter, teilweise auf Sanchunjaton
zurückgehender Überlieferungen und junger Elemente"
(S. 59 ff.) zu sehen sei, und Sanchunjaton selbst wird als „Ebenbild
Ilumilkus" angesprochen (S. 68 f.).

Mag auch hier die Diskussion noch nicht völlig abgeschlossen
sein, so gebührt doch dem Verf. das Verdienst, auf die Eigenart
und die relative Eigenständigkeit der altkanaanäischen Kultur mit
Nachdruck hingewiesen zu haben, und die Lektüre beider Hefte
macht deutlich, wie weit sich die heutige Forschung auf dem Gebiete
der altkanaanäischen Religions- und Kulturgeschichte von
dem Standpunkt entfernt hat, den noch E. Meyer einnehmen
konnte: Niemand kann heute mehr behaupten, daß Altkanaan
lediglich Vorgelände der benachbarten großen Kulturkreise ohne
Eigenleben gewesen sei.

Jena Rudolf Meyer

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Riesenfeld, Harald and Blenda: Repertorium lexicographicum
Graecum. A catalogue of indexes and dictionaries to Greek authors.
Uppsala: Almquist & Wiksells. (Corriectanea neotestamentica). XIV.)

Der vielhundertjährigen Tradition der klassischen Philologie
ist es zu verdanken, daß das Griechische und das Lateinische in
ihrem Entwicklungsgang von den geschichtlichen Anfängen bis
heute in einem Ausmaße lexikalisch erfaßt sind wie selbst die
modernen Weltsprachen nicht. Freilich ist diese Erfassung ungleich
— vor allem die Vulgäridiome der ausgehenden Antike und
des Mittelalters sind noch nicht hinreichend bedadit, während es
für die klassischen Autoren nahezu durchgehend einigermaßen
brauchbare Hilfsmittel gibt —, und die Orte der Erfassung sind
von unübersichtlicher Vielzahl. Gewiß kann man voraussetzen,
daß der Altertumsforscher gleich welcher Sparte über die den gesamten
Sprachschatz verzeichnenden Wörterbücher sowie über
solche, die einen weiten Zeitraum behandeln, — ich denke beispielsweise
an E. A. Sophocles, Greek lexicon of the Roman and
Byzantine periods, zuletzt New York und Leipzig 1893 — unterrichtet
ist; dagegen bedarf er des Nachweises für die Spezial-
lexika. Denn seit die Schulmänner an der gelehrten Arbeit nur
noch zu einem geringen Prozentsatz teilnehmen, entstehen kaum
mehr solche Spezialwörterbücher, so daß man zumeist auf Werke,
die im vorigen Jahrhundert erschienen sind, angewiesen ist1, und
auch für die Editoren ist es noch keineswegs zur selbstverständlichen
Regel geworden, ihren Ausgaben zumindest einen Index
der sprachlichen und lexikalischen Eigenarten des neu zugänglich
gemachten Autors beizugeben, so daß durchaus nicht jede Neuausgabe
ihre Vorgänger entbehrlich macht.

Es entsprach daher einem dringenden Bedürfnis, als im Rahmen
der Bibliotheca Teubneriana vor dem ersten Weltkrieg zwei
Übersichten über die vorhandenen Speziallexika herausgebracht
wurden: 1907 erschien Hermann Schönes Repertorium griechischer
Wörterverzeichnisse und Speziallexika, 1914 das lateinische Gegenstück
, Paul Rowalds Repertorium lateinischer Wörterverzeichnisse
und Speziallexika. Es liegt im Wesen derartiger Verzeichnisse
, daß sie von Zeit zu Zeit erneuert werden müssen. Für das
Lateinische erfolgte diese Erneuerung durch Paul Faider, Repertoire
des index et lexiques d'auteurs latins, Paris 1926, also
außerhalb der Bibliotheca Teubneriana, und für das Griechische
steht nunmehr das hier zu behandelnde, sich bewußt an Faider
anlehnende Büchlein zur Verfügung, das, wiederum außerhalb
der BT, im Rahmen einer Reihe erscheint, in der es sich etwas
ungewöhnlich ausnimmt; man wird deshalb nachdrücklich darauf
hinweisen müssen, damit es dem Gros der klassischen Philologen
nicht allzu lange verborgen bleibt.

Das Repertorium will einem praktischen Zwecke dienen; es
will seinem Benutzer die jeweils neuesten und brauchbarsten Spezialwörterbücher
und -indizes aufzeigen. Eine vollständige Verzeichnung
, die auch alles Veraltete mitführte, wird deshalb niemand
erwarten; ja sie wäre dem Zweck des Büchleins, das sich
auf das beschränkt, was wirklich den heutigen Erfordernissen
genügt, sogar abträglich. Die bibliographische Beschreibung der
aufgeführten Titel ist hinreichend ausführlich und unterscheidet
sich darin vorteilhaft von den in dieser Hinsicht mitunter allzu
knappen Repertorien der Bibliotheca Teubneriana. In jedem Falle
wird der Umfang der lexikalischen Erfassung angegeben; auch
Wortlisten, die sich darauf beschränken, die lexikalischen Besonderheiten
eines Autors zu verzeichnen, sind benannt — je nach
Ausführlichkeit mit dem Zusatz „copious selection", „selection"
oder „brief selection". Für die nächste Auflage des Repertoriums
wird es sich empfehlen, darüber hinaus deutlicher kenntlich zu
machen, ob es sich bei einem verzeichneten Werk lediglich um
einen Wortindex oder um ein Lexikon handelt, das die Wortbedeutung
in einer anderen Sprache wiedergibt.

Das Repertorium verzichtet darauf, Wörterbücher zu verzeichnen
, die über den Wortschatz eines einzelnen Autors oder

') Das seit einigen Jahren in Hamburg bestehende Archiv für
griechische Lexikographie sucht diesem Mangel abzuhelfen; bisher ist
I jedoch nur der Anfang eines neuen Homerlexikons erschienen.