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Ausgabe:

1954 Nr. 11

Spalte:

643-656

Autor/Hrsg.:

Dörries, Hermann

Titel/Untertitel:

Christlicher Humanismus und mönchische Geist-Ethik 1954

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Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 11

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42, 1 ff. will E 11 i g e r einen neuen Versuch machen, dessen Abweichungen
„nicht in neuen archäologischen Grundeinsichten,
sondern in einer anderen Textauffassung" begründet sind. Seine
Ergebnisse werden auf der Planskizze S. 103 anschaulich gemacht.
Alles, was E. anführt, scheint mir beachtenswert. Ein selbständiges
Urteil über das Ganze habe ich mir bis jetzt nicht bilden können.

Mit Stütze teils in späteren literarischen und epigraphischen
Nachrichten, teils in dem Bruchstück eines Monumentes aus römischer
Zeit, das den Gott Karmel nennt, will Galling nachweisen
, daß es sich in 1. Kön. 18 nicht um den tyrischen Melqart,
sondern um einen lokalen Gott Ba'al Karmel handelt, und daß
das genannte Bruchstück nicht ein Stück einer Statue ist, sondern
vom Anfang an nur den Fuß des Gottes dargestellt hat. Für diesen
kultischen Gottesfuß gibt er Analogien, u. a. auch in sogen.
„Votivfüßen" aus Jerusalem und Beirut und auf einer Münze von
Akko-Ptolemais (Abb. auf S. 111). — Zufälligerweise hat auch

0. Eißfeldt im Sitzungsbericht der Berliner Akademie 195 3 unabhängig
von Galling denselben Karmelfuß behandelt und ist
weitgehend zu ähnlichen Resultaten wie er gekommen.

N o t h gibt zunächst eine Systematik der zweifellos „westsemitischen
" Personennamenbildungen in den Maritexten, um
dann „die These zu prüfen, daß die älteste israelitische Namen-
gebung besonders enge und auffällige Beziehungen zu jener Na-
mengebung aufweise" (S. 142). Man liest den Aufsatz mit großem
Interesse und Gewinn, auch wenn man seinen Folgerungen nicht
überall beipflichten kann. So sehe idi in dem Umstände, daß „der
Stamm pns bis jetzt in der zweistromländisch-„westsemiti-
schen" Namengebung nicht nachzuweisen ist", eher eine Stütze
für die schon traditionsgeschichtlich nächstliegende Ansicht, daß
Isaak vom Haus aus mit dem Nägäb zusammenhängt und ursprünglich
nichts mit den von den „Vätern" Abraham und Jakob
vertretenen, von Mesopotamien herkommenden vorisraelitischen
„Patriarchen-hapire" zu tun hat. Daß aber die Mari-Namenge-
bung die mesopotamische mittelbronzezeitliche Provenienz „Abrahams
" und „Jakobs" stützt, darin stimme ich mit N. ganz überein.
Dagegen finde ich seine Erklärung der Namen Simeon und Gad
weder überzeugend noch besonders wahrscheinlich. Die Übereinstimmungen
zwischen marianischer und altisraelitischer Namen-
gebung, so wie sich letztere aus den Namen der „kleinen Richter
" (und vielleicht den Listen der Nesi'im in Num.?) ergibt,
reichen doch wohl nidit weiter als zum Nachweis entweder eines
gemein-,,westsemitischen" (im weitesten Sinne des Wortes) Elementes
oder eines amurritischen Einschlages in altisraelitischer
Kultur, der sich nach der Landnahme ergeben hätte. Zu etwaigem
— von N. auch nicht ausdrücklich behauptetem — Beweis eines
engeren ethnischen Zusammenhanges zwischen den von der Sinaihalbinsel
eingewanderten eigentlichen Israeliten und den aus Mesopotamien
gekommen „abrahamitischen" und „jakobitischen"
Hapiru-elementen würden sie jedenfalls nicht ausreichen.

von Rad geht der formgeschichtlichen Vorgeschichte von

1. Kor. 13,4—7 nadi und wird von formalen Analogien in den
Testamenten der 12 Patriarchen, in Dtn und anderswo zu einer

ursprünglich kultischen Bekenntnisformel geführt, die durch den
paränetischen Gebrauch (in den Testamenten) in das paulinische
Formarsenal ihren Weg gefunden hat.

Rost sucht in seinem Aufsatz „Noah der Weinbauer" die
Zeitumstände der vermutlidi sekundären Einstellung des Japhet-
spruches in Gen. 9,18 ff. und meint, sie in der Eingliederung nidit-
israelitisdier Volkselemente in das politische Gefüge des salomonischen
Reiches zu finden: von jetzt an sollen diese „Japhetiten"
und die „Semiten" = Israel gleichberechtigte Vollbürger im
Reiche sein und gemeinsam die Herrschaft über die geknechteten
Kanaanäer ausüben. — Mir scheint hier eine Gleichung mit vielen
Unbekannten vorzuliegen.

Zimmerli kommt in einer umsichtigen, weit ausholenden
und tiefschürfenden Untersudiung zu dem unzweifelhaft, richtigen
Ergebnis, daß die Einleitungsformel des Dekaloges Ex. 20, 2 zu
übersetzen ist: „Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten
hinausgeführt hat." Er geht dabei — z. T. in Auseinandersetzung
mit dem Unterzeichneten — dem durdi diese Formel gestellten
formgeschichtlichen Problem nach und zeigt, daß es zugleich ein
kultgeschichtliches ist, das uns wichtige Einblicke in Israels Kult
und religiöse Vorstellungswclt und „Theologie" öffnet. Ein wichtiger
Punkt dieser Kult- und Traditionsgeschichte ist die Frage
nach dem Platze der ausdrücklichen Verkündigung gewisser konkreter
göttlicher Gebote in der Neujahrs- und Bundeserneuerungs-
festkultliturgie. Über diese Frage habe ich mich nicht nur in meinen
„Psalmenstudien" und „Le Decalogue", sondern auch in meinem
„Offersang og sangoffer" (1951) geäußert. Meine Stellung ist
nicht ganz zutreffend durch Z.s Worte, daß ich „in der Mitteilung
der Gebote" etwas „sekundär Zugewachsenes" sehe, charakterisiert.
Ich selbst würde lieber sagen: „etwas aus der Idee des Festes allmählich
sich organisch Entwickelndes"; in den „Einzugstöröt" und
der Mitteilung der „Bundeserneuerungsgebote" sehe ich jetzt
zwei parallele Ergebnisse der Idee (und der Tatsache) des Bundesschlusses
und der Kultsitte der „Zutrittsbedingungen" — beide
als Träger „der dekalogischen Tradition", der Neigung, die
„Grundgebote" Jahwes in der Zehnzahl, gelegentlich auch der
Zwölfzahl, auszuschöpfen. Auch darf wohl daran erinnert werden,
daß meine etwas zugespitzte, von Z. zitierte (S. 208, A. 2) Charakterisierung
des israelitischen Kultes als eines Kultes der machtwirkenden
Handlungen, nicht eines der Wortverkündigung, auf
dem Hintergrund der damaligen (1926) Situation der Forschung
gesehen werden darf; es war eine Zeit, die nicht nur nicht die
Bedeutung des Kultes in der altisraelitischen Religion klar erkannt
hatte, sondern auch (unbewußt) auf den Kult mit protestantischreformierten
Augen herabschätzend blickte und dementsprechend
eigentlich nur einen „Kultus" der Verkündigung anerkennen
wollte.

Dafür, daß Mann die wertvolle Festschrift mit einer Bibliographie
A. Alts abschließt, wird jeder Besitzer dieses für den Jubilar
ehrenvollen und auf Schritt und Tritt von der Reichweite
seiner Forschungen zeugenden Buches dankbar sein.

Christlicher Humanismus und mönchische Geist-Ethik

Von H. D ö r r i e s, Göttingen1

Neue Funde und Einsichten, Ergebnis langer Mühen, stellen
alsbald neue Aufgaben, da sie nicht nur eingezeichnet werden
wollen in das alte Bild der Geschichte, sondern es selbst verändern
.

Vertieft man sich in die den Texten vorangestellten Berichte
über die Handschriften, in denen die hier veröffentlichten Schriften
enthalten sind, so wird deutlich, daß sie nicht gleichmäßig über die
Jahrhunderte verteilt sind, sondern daß bestimmte Entstehungs-

*) [Gregor von Nyssa:] Gregorii Nysseni Opera Ascetica.

Ed. W. J a e g e r, J. P. Cava mos, Virginia Woods C a 11 a h a n.
Leiden: Brill 1952. VII, 416 S. gr. 8° = Gregorii Nysseni Opera —
Auxilio aliorum virorum doctorum edenda curavit W. Jaeger, Vol.
VIII, I. Lw. hfl. 30.-.

Jaeger, Werner: Two Rediscovered Works of Ancient Christian
Literature: Gregory of Nyssa and Macarius. Leiden: Brill 19 54. VII,
301 S. gr. 8° = Harvard Institute for Classical Studies.

Zeiten sich herausheben. Es ist einmal das 10. Jahrhundert, das
Zeitalter des Photius, und dann die Zeit des Tridentinums, wo
die Auftraggeber unter den zum Konzil versammelten Bischöfen
zu suchen sind und das nahe Venedig die Vorlagen lieferte; dabei
mag die Erwartung, in den Schriften der Kirchenväter die den
Streit der scholastischen Richtungen schlichtende Lehre zu finden
, ebenso mitgesprochen haben, wie der Synergismus Gregors
in die Fragestellung der Gegenwart hineinzupassen schien. Im
Druck erschienen dessen Werke im ganzen erst bei Morel in Paris
1615 (21638), und es ist dieser Text, der noch in Mignes Pa'
trologie aufgenommen wurde, ohne daß es zu einer kritischen
Edition gekommen wäre. Denn so hoch nach Ausweis der über
1200 Handschriften (s. W. Jaeger, Two Rediscovered Works S. 9)
Mittelalter und Gegenreformation den eleganten Schriftsteller
und wirksamen Vertreter der kappadokischen Theologie stellten,
so wenig Fürsorge hat die Folgezeit seiner literarischen Hinter-