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Ausgabe:

1954

Spalte:

557-558

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Helbig, Herbert

Titel/Untertitel:

Die Reformation der Universität Leipzig im 16. Jahrhundert 1954

Rezensent:

Delius, Walter

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Theologische Literatrurzeitung 1954 Nr. 9

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Werden unserer deutschen Lehnwörter und macht überraschende
Zusammenhänge durch Parallelen aus den romanischen Sprachen
und dem Gotischen deutlich. Die begrifrsgeschiditlichen Ausführungen
bestehen zum großen Teile aus wörtlichen Exzerpten aus
RGG, Kittel und W. Bauer, ein Verfahren, gegen das leise Bedenken
nicht verschwiegen werden sollen. Denn als Benutzer
wird ja wohl nicht nur der zünftige Theologe vorausgesetzt, dem
ein eigenes Urteil möglich ist, sondern auch Leser, denen jedes
griechische und lateinische Wort erst übersetzt werden muß. Diese
Bedenken werden auch nicht entkräftet durch gelegentliche Hinweise
darauf, daß „vor allem die katholische Wissenschaft" sich
naturgemäß „gegen die Annahme zu starker hellenistischer Beeinflussung
des Christentums" wendet (175). Ein Anhang enthält
interessante Ausführungen über Griechisch-christliches Namengut
im Deutschen, Gräzisierte Namen von Theologen aus der
Humanistenzeit und Verschiedenes. Auch ein Wort- und Sachverzeichnis
ist beigegeben.

Der Druck ist sorgfältig, Druckfehler sind selten (S. 133 (ir/uoväs;
S. 161 Ambriaster). Aber was hat es für einen Sinn, in einem Wörterbuch
(!) auf jeder linken Seite als Überschrift den Titel des Buches abzudrucken
statt der jeweils behandelten Wörter? — Als Verschen und
Mängel möchte ich noch erwähnen ungenaue Zitationen, z. B. Harnack,
Dogmengesch. ohne Angabe der Auflage und der Seite (S. 27. 61. 163).
Bei Harnack, Der kirchengesdiichtl. Ertrag (S. 28. 89) fehlt die Bezeichnung
TU 42, 3. 4. Das Zitat S. 91 aus Origcnes steht nicht im eben
genannten Aufsatz, sondern in dem in TU 42, 3 daran anschließenden
..Die Terminologie der Wiedergeburt usw. Die Gründerin der ,,Theo-
sophischen Gesellschaft" Helena P. Bla atsky ist S. 189 zu einem Manne
geworden. S. 191 muß es heißen: 1. Thess. 5, 23 ; S. 199 Ps. 67, 32.
Allzu ungenaue Zitationen: S. 57. 195: Dobschütz; S. 59: Beyer
(= Kittel II 91); S.65: Oepke (= Kittel II 448); S. 81: W.Capellc;
S. 182: Foerster. S. 128 muß es zweimal heißen Kittel IV (statt III),
S. 149 im ersten Deißner-Zitat RGG IV (statt II). Das Zitat S. 197
aus RGG ist nicht von Bauke, sondern von M. Dibelius. S. 198 steht
wieder Kittel III statt IV. Moderne Wortbildungen wie Cathunitas (48)
sollten ganz wegbleiben.

lieriin M. Rauer

KlliCHENGESCHiCHTE: BEFORMA TIONSZEIT

H c 1 b i g, Herbert: Die Reformation der Universität Leipzig im 16. Jahrhundert
. Gütersloh: Bertelsmann 1953. 143 S. gr. 8U — Sdiriftcn des
Vereins für Rcformationsgcschichte Nr. 171 Jg. 60, H. 1/2. DM 12.—.

Der Verfasser gibt einen kurzen Überblick über die Entwicklung
der Leipziger Llnivcrsität im Spätmittelalter. Dabei wird
deutlich, daß Leipzig die erste mitteldeutsche Universität war,
die sich dem Humanismus öffnete. Die Bedeutung dieser Übersicht
besteht ferner darin, daß sie zeigt, welche bedeutsamen Veränderungen
im 16. Jahrhundert ander Leipziger Universität vor
sich gegangen sind. Es handelte sich um die Entwicklung von
einer spätmittelalterlich-scholastischcn, katholischen Hochschule
zu einer protestantischen humanistisch-reformatorischen Universität
. Heibig schildert die drei Entwicklungsstadien der Reformation
der Leipziger Universität, die wesentlich mit der Regierungszeit
der sächsischen Herzöge bzw. Kurfürsten zusammenfallen.
Die erste Periode umfaßt den Reformversuch unter Herzog Georg
vom Ende des 15. Jahrhunderts bis zum Jahr 15 39. Es folgt
die Zeit eines kraftvoll durchgeführten Reformwandcls unter den
Herzögen Heinrich und Moritz in den Jahren 1539—1553 und
schließlich der Abschluß der Reformation unter Kurfürst August
(1553—1586) und seinen unmittelbaren Nachfolgern. Der Verfasser
zeigt, wie diese Entwicklung wesentlich von dem Verlauf
der Reformationsgeschichte beeinflußt war. Dabei wird man allerdings
die Bedeutung der Reformation Luthers nicht so summarisch
behandeln können, wie dies auf S. 27 geschieht. Innerhalb
der Reformationsgeschichte war für die Geschichte der Leipziger
Universität die überragende Stellung und Konkurrenz der Wittenberger
Universität wichtig. Bei den Reformversuchen der
ersten Periode ging es in Zurückhaltung gegenüber der lutherischen
Reformation um Beseitigung von offensichtlichen Mängeln.
Hierbei war der Humanist Mosellan der namhafte Führer. Die
Durchführung der eigentlichen Reformation der Leipziger Universität
hängt aufs engste mit der Einführung der Reformation in
der Stadt Leipzig zusammen. Neben Luther hat vor allem Me-

lanchthon selbst und seine Schüler Caspar Borner und Joachim
Cammerarius maßgebenden Einfluß ausgeübt. Diese Persönlichkeiten
gaben in gewisser Weise dem vorreformatorischen Humanismus
der Universität eine Fortsetzung. Der Abschluß der Reformation
der Universität liegt in der Zeit der lutherischen Orthodoxie
.

Das Buch ist ein wichtiger und verdienstvoller Beitrag zur
Reformationsgeschichte.

Schließlich noch ein paar Hinweise. Für die Briefe des Erasmus muß
die Sbändige Ausgabe von Allen 1906—1924 benutzt werden. Bei den
Zitaten von Haucks RE. fehlt die Angabe der Auflage. Auf S. 43 fehlt
vor „Vorlesungstätigkeit" der Artikel. Druckfehler: Biereye = Bicreyer
S. 21 Anm. 3; eitdem = seitdem und Kaspars = Kaspar S. 91 Z. 5 v. u.

Berlin Walter Del ius

Roth, Erich, (Prof.) Dr. Dr.: Sakrament nach Luther. Berlin: Töpel-
mann 1952. 48 S. 8° — Theol. Bibliothek Töpelmann, hrsg. v. K.
Aland, H. Frick, G.K. Kuhn u. E. Sdilink, H. 3. DM 4.50.

Die von Aland, Frick f, Kuhn, Schlink herausgegebene noch
junge und nur leider allzu langsam wachsende Theologische Bibliothek
Töpelmann erweist mit vorliegender Studie aufs neue
ihr Niveau und ihre Aktualität. Je intensiver uns die Debatte, in
die man mit diesem Thema eingreift, beschäftigt, desto mehr
muß jeder, der sich darin zu Wort meldet, mit umfassender
Quellenkenntnis und Mut zur Auswertung gewappnet sein. Roth
i s t unbestreitbar so gewappnet. Wenn es dann noch etwas zu
beanstanden geben sollte, so könnte es nur: nicht hinsichtlich der
Kenntnis, sondern der Auswahl der Quellen und nicht hinsichtlich
des Mutes, sondern der Stringenz der Auswertung sein; so
müßte sich die Diagnose auf das systematische Herz des Historikers
beziehen.

Ansatz und Kern vorliegender Arbeit ist das (nicht neue)
Verständnis des lutherischen Sakramentsbegriffs von Luthers
Christologie her (E. Seeberg sagte bekanntlich noch deutlicher.
Luther habe seine Christologie in den Abendmahlsauseinandersetzungen
entwickelt.): Unum sacramentum — ipse Christus Dominus
; und: Sicut in Christo res se habet, ita et in sacramento.
Nämlich — das zeigt R. im folgenden — so: Christus als das
fleischgewordene Wort ist die Konkretion = die res externa =
das verbum visibile = das Signum des Abstraktums = der res
interna ™" des testamentum. Als solcher ist Christus sacramentum
. D. h.: Sakrament ist für Luther die Christusoffenbarung in
toto in ihrer kapablen Form: im Christus homo factus, im Wort,
in der Schrift, in Taufe und Abendmahl, wobei eben dieses Ka-
pable — Roth sagt kühn und präzis: das Profane —, also die sig-
num-Seite für Luther gerade das eigentlich Sakramentale ist; so
aber, daß Luther von Anfang bis Ende das testamentum als das
Integrierende des sacramentum sieht. Beziehung und Abstand
zum traditionellen, besonders dem augustinischen Sakramentsverständnis
arbeitet Verf. dabei intensiv heraus (er geht höchst
dankenswerterweise aus von den Randbemerkungen des jungen
Luther zu Augustins Schrift De trinitate) und faßt von hier aus
Luthers Konzeption in die geradezu klassische Paraphrase zusammen
: accedit testamentum ad sacramentum et fit revelatio
(ein bemerkenswertes Korreferat etwa zu Loofs' lakonischer Bemerkung
in der RE, die Reformationszeit bringe in der Abendmahlslehre
nichts wesentlich Neuesf). Bleibt zu fragen, worin das
Eigentümliche von Taufe und Abendmahl gegenüber der, wie gezeigt
, gleichfalls sakramentalen Wortoffenbarung (Höroffenbarung
) liegt. R. antwortet: Nicht in der Heilswirkung, aber in der
Heilsvergewisserung für den angefochtenen Menschen. Was ebenfalls
, wie R. zuvor aufzeigte, Luthers Christologie entspricht.

So weit die, freilich simplifizierende, Inhaltsangabe. Aber, so
sauber das alles gearbeitet ist: Diejenigen lutherischen Sachverständigen
, die der Autor offensichtlich (und nicht ganz zu Unrecht
) in ihrer Bewertung des Sakraments etwas ernüchtern
möchte, werden sich nicht überwunden fühlen, und sie werden
dem Luther zitierenden R. mit Lutherzitaten zu antworten wissen
— vor allem gerade in der Frage: Wort und Sakrament, und
dies auch dann, wenn sie mit R. die Formel als solche mißbilligen.
(Z.B.: WA 23,266: „...weil die beide, wort und leyb nicht
zu scheiden sind, Und wenn er gleich geschieden und on wort
were, so were er dennoch von noten, weil das leben und selig-