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Ausgabe:

1954 Nr. 9

Spalte:

556-557

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Siegert, Hans

Titel/Untertitel:

Griechisches in der Kirchensprache 1954

Rezensent:

Rauer, Max

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Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 9

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bestimmte Themen hin befragt, ohne eine gattungsmäßige Einteilung
zu geben oder das im Thema des einzelnen Abschnittes
ausgedrückte Problem nun nach den einzelnen Gattungen abzuhandeln
. Die einzelnen Kapitelüberschriften zeigen das in ihrer
eigenen Thematik. So wird im zweiten Abschnitt „Die Gestalt
des Beters in den Psalmen" behandelt mit den Unterthemen
„Das Bekenntnis — Das Bild von Hirt und Herde." Gerade an
der letzten Formulierung wird deutlich, daß die Ausführungen
des Verfassers die Gestalt einer meditativen Durchdringung und
Behandlung gewinnen, in sich sehr gut, anregend und wertvoll,
so daß auch die Psalmenforschung unserer Tage an diesem Büchlein
das Hören auf die religiösen Werte der Psalmen beobachten
kann. Hier kann das Büchlein in mannigfacher Hinsicht anregend
wirken, wenn auch die eigentümliche Nivellierung des Psalters
nicht übernommen werden kann. Verbindungslinien zum NT bieten
vor allem die Abschnitte „Die Tränen", „Die Hand Gottes
und das Vertrauen", „Die Angst". Es sind wertvolle theologische
Meditationen zum Psalter, bei denen selbstverständlich das historisch
-theologische Interesse zu kurz kommt. Schön und anerkennenswert
sind auch die Beobachtungen über die Sprache der
Psalmen (S. 57). Von seinem Glaubensstandpunkt au? weiß der
Verfasser die Psalmen als Lieder, nicht als Gebete aufzufassen,
doch versteht er auch hier Unterschiede in den Psalmen wahrzunehmen
(z.B. S. 64 Anm. 1). Aber entsprechend der meditativen
Grundrichtung seiner Schrift verfolgt er diese Ansätze zur Gliederung
der Psalmen nicht weiter. Er ist praktisch-kultisch an den
Psalmen orientiert. „Die Psalmen zwingen dazu, die Gegenwärtigkeit
(des Herrn) als wirklich und wirkend zu verstehen. Sie
erlauben keine religiösen Gefühle, sondern binden den Kult an
die Erfahrungen unseres Lebens."

Leipzig Hans Bardtke

Moriarty, Frederick L., S. J.: Forcword to the Old Testament Books.

Weston 93, Mass.: Weston College Press 1954. X, 118 S. kl. 8°.

Das gefällig geschriebene und mit sprachlich-sachlicher Erklärung
von etwa 50 Wörtern und Namen (Ab, Adar bis Wellhausen
, Zion), Aussprache-Anweisung für etwa 100 Wörter, meistens
Namen (Achaemenian = ah-kay-mean-ian, Zion = zäi-on),
sowie mit drei Kartenskizzen ausgestattete Büchlein bietet eine
für weitere katholische Kreise bestimmte knappe „Einleitung" in
die Bücher des AT dar, die in sympathischer Weise die Erkenntnisse
der kritischen Wissenschaft (Komposition des Pentateuchs,
Deuterojesaja, Abfassung des Danielbuches in der Zeit des Antio-
chus Epiphanes usw.) mit der Wertung des AT als Gottes Wort
behutsam zu vereinigen bestrebt ist.

Halle/Saale Otto Eißfeldt

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

B ö Ii 1 i g, Alexander: Ägypten und Byzanz bis zur arabisdien Zeit.
Vorlesung. München: Lerche 1953. 15 S. 8°. DM 1—.

Die Wissenschaft vom christlichen Ägypten hat an deutschen
Universitäten, im Unterschied zu den westeuropäischen Ländern,
noch nicht die Autonomie eines eigenen Faches gewonnen. Das
Schwergewicht der Sache und die Besonderheit der zu ihrer Bewältigung
erforderlichen Hilfsmittel fordern sie dringend, wenn
die deutsche Forschung in diesem Bereiche mit der Welt Schritt
halten will. Weder von der Ägyptologie noch von der Byzanti-
nistik, weder von der Kirchengeschichte noch von der Philologie
des Oriens Christianus her allein ist die Aufgabe zu bewältigen;
vom Erforscher des christlichen Ägypten müssen vielmehr hinreichende
(dh. sinnvoll beschränkte) Kenntnisse in allen diesen
Fächern verlangt werden. In unserer Heimat ist A. Böhlig einer
der ganz wenigen Jüngeren, die die nötigen handwerklichen Voraussetzungen
mitbringen; vielleicht ist er zur Zeit der Einzige.
In vorliegender Schrift, einer Antrittsvorlesung zur Umhabili-
tierung nach Würzburg, behandelt er ein Thema, das, was die
beiden letzten Jahrhunderte seines Zeitraums anlangt, in eine
noch immer reichlich dunkle Periode trifft. Es ist zu bedauern,
daß Vf., der erwiesenermaßen über ebenso große Sachkenntnis
wie philologische Fähigkeiten verfügt, die knappe Skizze eines
Vortrags für den Druck nicht erweitert hat. Vor allem hätte er

ihr durch charakteristische Quellenzitate und Literaturhinweise
die rechte wissenschaftliche Fülle geben sollen, etwa nach Vorbild
der ja ebenfalls aus Vorträgen entstandenen Hefte des „Alten
Orients". Irgendwann wird uns Vf. also die Geschichte des
hier ins Auge gefaßten Gegenstandes noch schenken müssen.

B. rückt das historische Werden von Byzanz und von Ägypten
(genauer gesagt: des vom Griechentum berührten Ägypten)
ins Bewußtsein und untersucht die wechselseitigen Beziehungen
an den bestimmenden Lebensformen. Als solche erscheinen ihm
staatlich-wirtschaftliche Ordnung (samt ethnischer Grundlage),
Bildung und christliche Formenwelt. Das wesentliche und richtige
Ergebnis seiner Skizze scheint mir die Bestätigung der Einsicht zu
sein, daß Volkstum, Sozialstruktur, Bildung und Religion sich zu
einer Trennungsmauer addiert haben, die Ägypten zunächst eine
Sonderstellung innerhalb des griechisch bestimmten Byzanz gegeben
und endlich seine gewaltsame äußere Abtrennung im siebenten
Jahrhundert vorbereitet hat. Obwohl zwischen Ägyptern
und Griechen eine Vermischung auf breiter Front stattfand (hier
z. B. hätte man sich B.s Darstellung runder gewünscht!), kann und
muß man Griechen und Ägypter im Nillande als Größen eigener
Art sehen. Die Ausbildung des als Phänomen der Sozialgeschichte
hochinteressanten „sekundären Feudalismus" (so möchte ich, mit
Bezug auf altägyptische und alte griechische und römische Verhältnisse
, die Patrociniumsbewegung im byzantinischen Ägypten
nennen und sie mit dem „sekundären Archaismus" der geometrischen
koptischen Kunst in Parallele sehen) führt zu einer Vertiefung
ethnischer Unterschiede; denn die Feudalherren sind in
besonderem Maße hellenisiert. In gleicher Weise wirkt jahrhundertelang
die Bildung. Alexandrien ist in heidnischer und christlicher
Zeit Hochburg griechischen Geistes, als solche aber, u. a.
durch Austausdi von Hochschullehrern, mehr der griechischen
und byzantinischen Oikumene als dem ägyptischen Binnenland
verbunden. Dennoch wird Alexandrien schließlich an Ägypten
gebunden und damit in der historischen Wirkung auf das Nilland
beschränkt: Nach anfänglichen Triumphen (über Johannes
Chrysostomus und Nestorius) unterliegt es der Reichshauptstadt
Konstantinopel im kirchenpolitischen und dogmatischen Rivalitätskampf
— ein Opfer der Maßlosigkeit seines Patriarchen Dios-
kur —, bildet aber (nach Chalkedon) in Ägypten und in Teilen
Syriens die Formenwelt der monophysitischen Kirche. Ihr verschreiben
sich sogleich die Massen der ägyptischen Bevölkerung,
und so baut sich die Religion neben Volkstum, Sozialrang und
Bildung in die Trennungsmauer ein, die das Ägyptertum als
eine Besonderheit bewahrt. Sieht man die Dinge übrigens einmal
von der anderen Seite her, dh. von den ägyptischen „Griechen",
so ergibt sich der nämliche charakteristische Tatbestand: Die
„Griechen" sind ihrerseits durch Sozialrang, Bildung und Religion
(wenigstens aber durch eines oder zwei davon) bewahrt, ja geformt
worden. Diese Faktoren historischen Werdens haben also
eine ursprünglich aus Einwanderern bestehende Minderheits-
Gruppe geprägt, und zwar unabhängig von deren ethnischer Einheit
oder gar Reinheit. Wer in unserer eigenen Geschichte nach
einer Parallele sucht, wird sie am ehesten in Situation und Entwicklung
der Baltendeutschen finden.

Leipzig S. Morenz

i e g e r t, Hans: Griechisches in der Kirchensprache. Ein sprach- und^
kulturgeschichtliches Wörterbuch. Heidelberg: Winter 1950. 234 $.
8° = Sprachwissenschaftliche Studienbücher hrsg. v. H. Krähe
Lw. DM 9.60.

S. will die kirchlichen bzw. theologischen Termini behandeln
, die „Griechisches" enthalten, „wobei letzterer Ausdruck
im weitesten Sinne zu fassen ist: Es soll nicht nur das direkte und
indirekte Fortwirken griechischen Wortmaterials im kirchliche11
Sprachgebrauch aufgezeigt werden, sondern es gilt in gleiche
Weise, den hellenischen und „hellenistischen" Gedankengängen
nachzuspüren, die sich hinter den christlichen Begriffen verbergen
(S. 7). Das Buch will also „Wort und Sache, Sprach- und Ideen-
geschichte eng miteinander verknüpfen". So ist ein sehr nützliches
kleines Lexikon entstanden, das manche überraschende Einblick
in das Werden der Begriffe unserer Kirchensprache gewährt-
S. zeigt die Fäden auf, die vom Griechischen (meist über das La'
teinische) zu germanischen Wortprägungen führen, erklärt das