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Ausgabe:

1954 Nr. 9

Spalte:

554-555

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Krings, Hermann

Titel/Untertitel:

Der Mensch vor Gott 1954

Rezensent:

Bardtke, Hans

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Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 9

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etwa die, daß er das B^O? „die Berge" von 5,25 in B^Tlrl „die
Vornehmen" ändert oder in 5, so TÖS „über ihn" durch Ty%?.
„der Höchste" ersetzt, Nirin aina „an jenem Tage" streicht, statt
^„und siehe!" ü^rrT„Und er senkt", statt ?T^3"^F
„und das Licht hat sich verdunkelt in seine Finsternis"
"V3?a Y"i"1i}"l>>Und er sperrt seinen Weg, wenn es wider
die Stadt schnaubt" liest und so für 5,30 diese Übersetzung gewinnt
:

Doch der Höchste donnert wie Meeresdonnern,
und er blickt zur Erde.

Und er senkt dichte Finsternis und sperrt seinen Weg,
wenn es wider die Stadt schnaubt.
Auch sonst gibt die von dem Bestreben, rhythmisch gleichmäßig
gebaute Strophen zu gewinnen, geleitete Gliederung des
Textes zu ernsten Bedenken Anlaß. Bei dem Abschnitt „Die Berufung
" (6,1—13), der in 5 Strophen zu je 28—30 Hebungen gegliedert
ist, fällt auf, daß durch Zuweisung von v. 1—2 an die
erste, von v. 3—6 an die zweite Strophe die „Exposition" der Berufsvision
, wie sie in v. 1—« enthalten ist, zerstört und dabei insbesondere
die von v. 2—4 gegebene Beschreibung der Saraphen auseinandergerissen
wird. Bei Kap. 7 entbehrt die Aufgliederung auf
die drei Abschnitte 7,1—10. 22a. 17—1»; 7,2of. 22b; 7, 53—25, die zudem
, wie man sieht, mit der einigermaßen willkürlichen Umstellung
von v. 22a verbunden ist, eines zuverlässigen Haltes. Da in
7,20—22 und in 7,23—25 die in v. js—19 begonnene Schilderung der
Verheerung des Landes weitergeht, läge die Zusammenfassung
von 7,20—25 mit dem Vorhergehenden zu einer Einheit näher als
ihre Abtrennung davon. Die von Bruno vorgenommene Gliederung
ignoriert zudem das „An jenem Tage" von 7, is und 7,21
und bringt sie mitten in einem Abschnitt, 7, is sogar mitten in
einer Strophe unter, während das „An jenem Tage" von 7,20 und
7,23 doch den Anfang eines Abschnittes bildet. Ähnliche Einwendungen
sind gegen die Strophen-Gliederung des Abschnittes
„Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht" (7,1—ie) zu erheben. Hier
erscheinen v. s—sa und v. ab—n als je eine Strophe mit 28 Hebungen
. V. 10 „Und weiter sprach Jahwe (oder: Jesaja, wie Bruno lesen
möchte)" kommt also mitten in einer Strophe zu stehen. Daß
das höchst merkwürdig ist, hat Bruno selbst empfunden, aber
sein S. 254 mit der Erklärung: „Es liegt ein enger Zusammenhang
zwischen der Aufforderung zum Glauben » und der neuen Anrede
des Propheten an den König vor. . . Um den Glauben des Königs
zu stärken, läßt ja der Prophet ihn ein Zeichen frei wählen. Es
befremdet deshalb nicht, daß mit 10 keine neue Strophe einsetzt"
gemachter Versuch, dieses Bedenken zu zerstreuen, ist ganz und
gar nicht stichhaltig. Ebensowenig Anklang wird die starke Textänderung
finden, mit der die Ansetzung eines Strophenanfangs
in v. ab verbunden ist. Hier wird nämlich '^'r7}"1. B"1?? „Fünfundsechzig
Jahre" in Hjti tBön D31 CO „Sechs, ja fünf Jahre" unl

„von einem Volk weg" in ^l2?1? „seinetwegen", d. h.
>,Arams wegen" geändert, damit diese Übersetzung von v. »b erzielt
:

Und in nodi sedis Jahren, ja in fünf

wird sich Ephraim wegen Arams entsetzen

und für sie die folgende Begründung gegeben: „Ephraim wird sich
Wegen des Schicksals entsetzen, das Aram trifft und das eigene
Schicksal Ephraims besiegelt. . ., in nur sechs Jahren, ja sogar in
fünf. . ., im Sinne eines allgemeinen .binnen kurzem'. Die genaue
Zeitbestimmung, auch wenn sie annähernd richtig wäre,
würde bei dem Propheten befremden. Die allgemeinere Zeitangabe
stimmt zu der prophetischen Redeweise. Außerdem trifft sie
zu. Ahas und Pekach bestiegen den Thron 736. Die Zerstörung
von Damaskus ist vor 730, wahrscheinlich 732, eingetroffen'
(S. 254 f.). Allein aus Jes 5,21—10,1 ließen sich noch mancherlei
derartige, weitgehend durch den Wunsch, bestimmten rhythmischen
Theorien entsprechende Abschnitte und Strophen zu erzielen
, bedingte Umgestaltungen des überlieferten Textes anführen
. Hier soll nur noch eine genannt sein, die des Halbverses
8,0b. Dieser gehört zu dem aus 18 Strophen zu je 17 Hebungen
bestehenden Abschnitt „Das Licht in der Finsternis"
(8,1—9, 0) und wird, wie die Ermöglichung eines gleichmäßigen
rhythmischen Schemas hier auch noch andere Umstellungen nötig
gemacht hat, zwischen v. 2 und v. 1 als Anfang einer neuen Strophe

untergebracht, nachdem in ihm das in der Tat anstößige oder
doch unklare ~r,?< Ö5HE» „Verzagen vor" (?) durch ln? "^v ni
„Am sechsten Tage kamen" ersetzt ist. Das ergibt für v. ob und
den Anfang von v. 3 diese Übersetzung:
eb Und am sechsten Tag

kamen Rezin und der Sohn Remaljas.
:iUnd ich nahte der Prophetin usw.,

die S. 25 7 so begründet und erläutert oder eher: entschuldigt
wird: „8,3 muß eine Strophe ergeben, ist aber zu kurz. Man
könnte aber vor 3 den allen Deutungen spottenden ob stellen,
wenn man etwa int» "^IS D1'] für rm tDTJDOl schreibt: ,am sechsten
Tag kamen Rezin und der Sohn Remaljas'. Die genaue Zeitbestimmung
befremdet kaum in diesem Zusammenhang, vgl. auch
die genaue Angabe über die Zeugen 2 ".

Die für die Art, wie Bruno den Text von Jes sowie von Gen-Ex
und Jer — denn hier sieht es genau so aus wie bei Jes — behandelt,
um ihn seinen rhythmischen Theorien gefügig zu machen, angeführten
Beispiele dürften wohl als hinreichende Unterlage für das
Urteil dienen, daß der hier eingeschlagene Weg ein Irrweg ist. Den
eisernen Fleiß und die große Liebe zum Gegenstand, mit denen
die vorliegenden drei Bücher gearbeitet sind, wird jeder Leser
anerkennen, und mancher wird darüber hinaus den Verfasser um
die wagemutige Selbstgewißheit, mit der er zu Werke gegangen
ist, beneiden, aber auf dem von ihm zur Lösung der mit dem Alten
Testament, in Sonderheit mit den Büchern Gen-Ex, Jes und Jer
gegebenen rhythmischen Probleme gezeigten Weg wird ihm niemand
folgen.

Etwas anderes liegt es mit den von ihm zu Gen-Ex, Jes und
Jer beigesteuerten textkritischen und exegetischen Bemerkungen.
Ist auch hier weithin Vorsicht und Zurückhaltung geboten, so können
doch einige Beobachtungen Bestand haben oder doch wenigstens
zur Lösung der jeweiligen Schwierigkeit den Anstoß geben.
Dahin wären etwa zu rfthnen in Gen 6,3 der Ersatz von "P*1;
„wird richten" (?) durch "P"1?*. „Herr, Inhaber von" und von
„alldieweil" (?) durch B-5 B«J?. „soll bleiben, auch" und die so
bedingte Übersetzung des Verses als „Nicht soll der Besitzer meines
Geistes unter den Menschen für immer bleiben; auch der soll
Fleisch sein usw."; in Jes 5, 28 die Korrektur von „welcher
" in „ein jeder" und von 3?1 „und alle (seine Bogen)" in
'?! „und alle (,ihre Bogen)" und damit die Übersetzung: „Ein
jeder, seine Pfeile sind geschärft, und alle, ihre Bogen sind gespannt
"; in Jes 10,10b die Änderung von SV*?1"™ „aus Jerusalem
" oder „mehr als Jerusalem" in B.Vf„und was Jerusalem
?", die für den offensichtlich verderbten Halbvers die immerhin
sinnvolle Übersetzung: „und was ist Jerusalem mehr als
Samarien?" ermöglicht"; in Jer 3, 1 die Änderung von "1«K5 in
lySJ SO und die Auffassung dieses Wortpaares als Fragesatz
ohne Fragepartikel: „Sagt man nicht?"; in Jer 3,12 die Umvokali-
sierung von ^S{? in 8*3 "%X die für den Zusammenhang diese
Ubersetzung ergibt: „Nicht ist mein Zorn, nicht mein Angesicht
wider dich"; in 33,0 die — unter Hinweis auf Ps 84,3 (so muß
es statt 89,a heißen!) und 119, si vorgenommene — Auseinanderziehung
von '33 in 13? '? „Nach mir werden sich sehnen".

Halle/Saale Ouo Eißfeldt

Krings, Hermann: Der Mensch vor Gott. Die Daseinserfahrung in
den Psalmen. Würzburg: Werkbund-Verlag [1953]. 136 S. 8°. kart.
DM 4.80; Lw. DM 6.80.

Es ist keine ausgesprochen wissenschaftliche Untersuchung,
die in dem geschmackvoll ausgestatteten Bändchen vorgelegt
wird, aber eine wissenschaftliche Grundlage ist deutlich erkennbar
. Besonders der Abschnitt „Die Öffentlichkeit und der Kult"
(S. 118—122), aber auch andere Teile und manche Anmerkungen
lassen erkennen, daß der katholische Verfasser sich mit der evangelischen
Psalmenforschung und ihren Ergebnissen befaßt hat.
Maßgebend für den Geist der gesamten Abhandlung ist der erste
Abschnitt „Die Psalmen im Beten der Kirche". Von der liturgischen
Verwendung des Psalters in der katholischen Kirche aus
bahnt sich der Verfasser einen Weg zu den einzelnen Psalmen,
die er nach theologischen Gesichtspunkten durchmustert und auf