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Ausgabe:

1954 Nr. 9

Spalte:

551-554

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Bruno, Arvid

Titel/Untertitel:

Die Bücher Genesis-Exodus 1954

Rezensent:

Eissfeldt, Otto

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Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 9

552

ALTES TESTAMENT

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Bruno, Arvid, D.: Die Bücher Genesis — Exodus. Eine rhythmische
Untersuchung. Stockholm: Almqvist & Wiksell [1953]. 327 S. gr. 8°.
Schw. Kr. 30.—.

— Jesaja. Eine rhythmische und textkritische Untersuchung. Stockholm:
Almqvist & Wikseil [1953]. 354 S. gr. 8°. Schw. Kr. 30.—.

— Jeremia. Eine rhythmische Untersuchung. Stockholm: Almquist &
Wikseil [1954]. 283 S. gr. 8°. Schw. Kr. 25.—.

Das erste dieser drei Bücher, das ein paar Monate nach
dem zweiten erschienen ist und daher hier und da auf dieses Bezug
nehmen und es voraussetzen kann, bringt auf S. 11—294 die
rhythmisch gegliederte Übersetzung der — um genealogische Listen
wie Gen 11,10—32; 46, 9—n und Gesetzeskorpora wie Ex 21,
i—23, 1»; 3 5—40 gekürzten — Bücher Genesis und Exodus, wobei
Gen 1—50 in die vier Teile A. „Der Schöpfungshymnus" mit 25
Strophen (1,1—2,4a), B. „Die Urzeit" mit 70 Strophen (2,4b—
11,»), C. „Die Zeit der drei Patriarchen" mit 335 Strophen (12-
35; 38) und D. „Die Zeit Josephs" mit 157 Strophen (37; 39 -
50) gegliedert ist, während der aus dem Buche Exodus berücksichtigte
und in 307 Strophen zerlegte Text solche Gliederung in
größere Teile nicht aufweist. Die vier Teile der Genesis und der
Exodus-Bestand zerfallen in mehr oder weniger zahlreiche selbständige
Einheiten, „Abschnitte" genannt, die ihrerseits aus einer
oder mehreren Strophen bestehen. A. „Der Schöpfungshymnus"
umfaßt drei Abschnitte, nämlich „Hymnus" (l, 1—«8. 31) mit 22
Strophen, „Speiseverordnung" (l,s»f.) mit 2 Strophen, „Sabbat"
(2,1—«a) mit 3 Strophen; B. „Die Urzeit" dreizehn Abschnitte,
nämlich „Schöpfung und Paradies" (2, 4b—4,2) mit 14 Strophen,
„Baum des Lebens" (3,22—2») mit 2 Strophen, „Kain und seine
Nachkommen" (4,3—2«) mit 9 Strophen, „Seth" (4, 25—20) mit
1 Strophe, „Engelehen" (6,1—3) mit 1 Strophe, „Bosheit der
Menschen" (6,5—10) mit 3 Strophen, „Sintflut" (6,11—7,17) mit
20 Strophen, „Opfer und Verheißung" (8, is—22) mit 2 Strophen,
„Wer Menschenblut vergießt" (9,1—7) mit 2 Strophen, „Bund"
(9,8—11) mit 1 Strophe, „Bundeszeichen" (9,12—17) mit 2 Strophen
, „Söhne Noahs" (9, is—27) mit 5 Strophen, „Turmbau zu
Babel" (11,1—0) mit 7 Strophen, usw. Ebenso zerfallen die drei
Teile, in welche die auf S. 53—242 gegebene Übersetzung des Je-
saja-Textes gegliedert ist (A. Kap. 1—3 5 mit 3 36 Strophen,
B. Kap. 36-39 mit 32 Strophen, C. Kap. 40-66 mit 271 Strophen
), in „Abschnitte", die aus mehr oder weniger Strophen bestehen
. So stehen am Anfang von A. Kap. 1—35 „Unvernünftiger
als Rind und Esel" (1,2—«) mit 3 Strophen, „Fürsten von
Sodom, Volk von Gomorra!" (l, 10—17) mit 4 Strophen, „Blutrot
und schneeweiß" (l, is—20) mit 1 Strophe; am Anfang von B.
Kap. 36—39 „Der Sanheribbericht" (36,1—«. 8—22; 37,1—21. 28—33)
mit 21 Strophen; am Anfang von C. Kap. 40—66 „Tröstet mein
Volk" (40,1—11) mit 5 Strophen, „Die Weisheit Jahves" (40,
12—u) mit 2 Strophen usw. Ähnliches gilt schließlich auch von
der dritten der oben genannten Arbeiten, der rhythmischen Untersuchung
des Jeremia-Buches: Die drei Teile, in die dieses Buch
zerlegt wird (A. Kap. 1—22 mit 287 Strophen; B. Kap. 23—45
mit 297 Strophen; C. Kap. 46—52 mit 134 Strophen), werden
wiederum in Abschnitte wechselnder Strophenzahl untergeteilt.
Am Anfang von A. stehen „Die Berufung" (1,4—10) mit 3, „Zwei
Berufungsvisionen" (l,n—10) mit 5, „Die Geschichte des Volkes
eine Geschichte der Untreue" (2,1—9) mit 3 Strophen, an dem
von B. „Sammeln werde ich den Rest meiner Schafe" (23,1—»i
22, 20) mit 2, „Ich erwecke David einen gerechten Sproß" (23,
5—b) mit 2, „Ich bin geworden wie ein trunkener Mann" (23,
0—10) mit 2 Strophen und an dem von C. „Vor der Schlacht bei
Karkemisch" (46, »—12) mit 9, „Die Flucht Pharaos nach Ägypten
" (46,1«—10) mit 2, „Die Kuh und die Bremse vom Norden"
(46, 20—22b) mit 1, „Die Holzhauer kommen!" (46,22c—2«) mit
1 Strophe.

„Die prinzipiellen Fragen" überschriebene Ausführungen,
die im ersten und dritten Band der Übersetzung folgen (S. 295—
327 bzw. 233—248), im zweiten ihr vorausgehen (S. 9—53), legen
des Verfassers Auffassung von dem rhythmischen Bau der
Bücher Gen-Ex, Jes und Jer dar und begründen damit die von
ihm dargebotene Übersetzung dieser Bücher, soweit ihre rhythmische
Gliederung in Betracht kommt. Der Jesaja-Übersetzung
ist zudem noch eine „Auslegung" (S. 243—354) beigegeben, die
exegetische und textkritische Bemerkungen bringt und die vorangegangene
Übersetzung auch nach dieser Seite hin rechtfertigt,
und dasselbe gilt von der Jer-Untersuchung. die auf die ..prinzipiellen
Fragen" noch „Erläuterungen zur Übersetzung" folgen
läßt (S. 249—282). Versucht man, die sehr ins einzelne gehenden
und mit vielen statistischen Übersichten ausgestatteten Darlegungen
über den rhythmischen Bau von Gen-Ex, Jes und Jer wie
sie hier geboten werden, in zwei, drei Sätzen zusammenzufassen,
so wäre etwa dieses zu sagen: Die — ihrerseits aus ein-, zwei- oder
dreistichigen „Zeilen" und aus „Zeilengruppen" zusammengesetzten
— Strophen, in die sich die einzelnen „Abschnitte" auseinanderlegen
, haben im allgemeinen dieselbe rhythmische Struktur
, d. h. dieselbe Zahl von betonten Stellen oder „Hebungen",
auf die es allein ankommt. Ausnahmefälle wie die, „daß ein Dichter
eine Strophe hat absichtlich um eine Hebung verkürzen oder
verlängern können" oder „daß er das Metrum eines Gedichtes
konnte wechseln lassen, um so die verschiedenen Teile schärfer
gegeneinander abzugrenzen" (Jes., S. 27), kommen vor, bestätigen
indes nur die Regel. Weisen aber die dichterischen Einheiten, die
„Abschnitte", in 3ie Gen-Ex, Jes und Jer zerfallen, eine kunstvolle
rhythmische Gliederung auf, die sich, wo sie gestört ist, mit einfachen
Mitteln wiederherstellen läßt, so ist es klar, daß uns — von
jenen später eingetretenen, aber ausbesserbaren Störungen abgesehen
— diese Abschnitte in der Gestalt vorliegen, die ihnen ihre
Schöpfer gegeben haben, die Abschnitte von Jes 1—35 oder doch
ihre Mehrheit so, wie Jesaja sie gedichtet hat, und die von Jes
40—66 in der ihnen von Deuterojesaja gegebenen Gestalt, wie
denn bei Jer S. 248 ausdrücklich festgestellt wird: „Die Reden
und Berichte des Jeremiabuches sind — von Umstellungen abgesehen
— ohne größere Umwandlungen oder bewußte Überarbeitungen
auf uns gekommen. Wo wir die ursprünglichen Worte
nicht mehr vor uns haben, haben wir fast alle Konsonanten, aus
denen sie einst bestanden, nur z. T. falsch ausgesprochen oder
mit ähnlichen Buchstaben verwechselt".

Ein wirklicher Einblick in Methode und Resultat der von
Bruno an dem Text von Gen-Ex, Jes und Jer vorgenommenen und
in der von ihm gebotenen Übersetzung gipfelnden Untersuchung
läßt sich am ehesten durch Nachprüfung dessen erzielen, was er zu
einem bestimmten Ausschnitt aus Gen-Ex oder Jes oder Jer zu sagen
hat, und nur so ist auch ein Urteil über den Wert seiner Arbeit
zu gewinnen. Jes 5, 25—10,4 sei zu diesem Zweck ausgewählt.
Bruno zerlegt dieses Stück in die folgenden Einheiten („Abschnitte
"): „Das Gericht trifft die Vornehmen" (5,25) mit 1 Strophe zu
20 Hebungen, „Das heranstürmende Heer" (5,20—30) mit 5 Strophen
zu je 11 Hebungen, „Die Berufung" (6,1—13) mit 5 Strophen
zu je 28—30 Hebungen, „Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr
nicht" (7,1—10) mit 8 Strophen zu je 28 Hebungen, „Das gedungene
Schermesser" (7,2of. 22b) mit 2 Strophen zu je 12 Hebungen,
„Die schönen Weinberge überwachsen" (7,23—25) mit 2 Strophen
zu je 32 Hebungen, „Licht in der (so! statt: im) Finsternis"
(8,1—9, 0) mit 18 Strophen zu je 17 Hebungen, „Israels Übermut"
(9,7—15) mit 3 Strophen zu je 24 Hebungen, „Hungersnot in verheertem
Land" (9,10—20) mit 3 Strophen zu je 20 Hebungen,
„Wehe den ungerechten Gesetzgebern!" (10,1—4) mit 2 Strophen
zu je 18 Hebungen samt v. 4b mit 6 Hebungen. Bei dieser Gliederung
fällt alsbald auf, daß sie allgemein anerkannte Meinungen
wie die von der Zusammengehörigkeit von 5, 25—30 mit 9, 7—20 zu
dem Kehrreimgedicht 9,7—20+5,25—30 ignoriert und dieses
sonst für eine — durch irgendein Mißgeschick zerstörte — Einheit
gehaltene Stück in vier Teile (5, 25; 5, m—m; 9,7—15; 9, ie—20) auseinanderreißt
, so den — bei Vernachlässigung des doch wohl sekundären
Halbverses 10.4b — viermal vorkommenden (5,25b;
9,12; 9,10b; 9,20b) Kehrvers „Bei alledem wendet sich sein
Zorn nicht, und noch ist seine Hand auseestreckt" auf drei Gedichte
(5, 25; 9,7—15; 9,10—20) verteilt und ihn bei seinem Vorkommen
in 9,7—15 sogar mitten in einer Strophe, in der von 9, 1 ■- —'2
nicht etwa an ihrem Schluß, wohin er seiner Art nach doch offenbar
gehört, unterbringt. Macht schon das einen merkwürdigen
und wenig vertrauenerweckenden Eindruck, so lassen die exege
tisch-textkritischen Einzelmaßnahmen, die Bruno hier vornimmt,
seine Auffassung der Dinge vollends als unmöglich erscheinen,