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Ausgabe:

1954

Spalte:

491-492

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Niemöller, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Die Bekennende Kirche sagt Hitler die Wahrheit 1954

Rezensent:

Fresenius, Wilhelm

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 7/8

492

Vgl. auch A. Borst, Die Katharer, Stuttgart 1953, 81.) - Bedauern
wird man es wohl, daß E. nicht wie im Falle Meinhards
auch die Briefe Berengars abgedruckt hat, die wir außerhalb der
Hannov. Hs. besitzen.

Norbert Fickermann besorgte die Erstausgabe der Regensburger
rhetorischen Briefe. Die Briefe stammen aus den letzten
Jahrzehnten des 11. Jahrhunderts und sind im beginnenden 12.
Jahrhundert in Regensburg zusammengestellt worden. Absender
und Empfänger ließen sich nicht namhaft machen. Die Briefe,
vielleicht Aufsätze eines Gelehrten in Briefform, beschäftigen sich
weitgehend mit theoretischen Dingen und haben einen stark rhetorischen
Charakter. Diejenigen, die sich mit der ma. Tugendlehre
und der Geschichte der Scholastik befassen, werden in Zukunft
an diesen Briefen nicht vorübergehen dürfen. Für den Theologen
wichtig ist Brief 8 mit einer hochinteressanten Bemerkung über
das Comma Johanneum, das vielerörterte einzige Zeugnis im NT
für die Trinität, dessen Authentizität 1897 von der Indexkongregation
dekretiert wurde. Hieronymus und Augustinus werden als
Wortführer für oder gegen die Echtheit von l.Joh. 5.7 angeführt
. Fickermann hat in einer sehr scharfsinnigen Abhandlung
(Bibl. Zeitschr. 22 1934) die in Brief 8 genannte Ablehnung des
Comma durch Augustinus mit der exegetischen Theorie Augu-
stins in Einklang zu bringen versucht; er hält es für möglich, daß
der Stelle in Brief 8 ein augustinischer Ausspruch zugrunde liegt.
Aber hätte nicht Augustinus in seiner Schrift De trinitate
über das Comma gesprochen, wenn er es gekannt hätte, da es geradezu
zu spekulativen Gedankengängen einlädt? — Brief 18 beschäftigt
sich mit der Frage nach dem Wesen der Zeit; es fehlt
ein Hinweis auf Ausmstins Confessiones 11, 14. 15, auf welche
Stelle angespielt wird. —

Zum Schluß sei noch auf ein Werk verwiesen, das für künftige
Ausgaben der MG von großer Bedeutung ist. F.rdmann klagt
einmal in den Studien, daß die Frage schwer zu beantworten sei,
welche Rolle Kirchenväter und sonstige theologische Autoren für
Meinhard spielen, weil die patristischen Werke nicht vollständig
durchsucht werden können und geeignete Lexika fehlen. Eine
kaum zu überschätzende Möglichkeit, Abhängigkeiten mittelalterlicher
Schriftsteller von patristischen Quellen festzustellen,
wird die Vetus Latina bieten, die in der Erzabtei Beuron unter
der Leitung von B. Fischer herausgegeben wird (bisher erschienen
Band I — Verzeichnis der Sigel — und Band 11. Lief. 1—3 — Genesis
1. 1—43, 22). Der Zeugenapparat der neuen Vetus Latina
enthält alle patristischen Belege zu einem Bibelvers. Der Herausgeber
mittelalterlicher Texte kann, wenn die VL vollständig ist,
bei mit Bibelzitaten verbundenen ma. Anführungen patristischer
Stellen leicht die genaue Quelle feststellen.

Leipzig Horst Kusch

KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT

Niemöller, Wilhelm: „Die Bekennende Kirche sagt Hitler die
Wahrheit". Bielefeld: Bechauf-Verlag, 1954. 55 S. DM 3.—.

Die Reihe seiner Veröffentlichungen über die Geschichte des
Kirchenkampfes setzt der Verfasser dankenswerterweise in dem
vorliegenden Heft fort. Er gibt zunächst den Wortlaut der „Denkschrift
der Vorläufigen Leitung der Evangelischen Kirche in
Deutschland" vom Mai 1936 wieder, die damals an Hitler gerichtet
wurde und offen und deutlich die Hauptpunkte des Kampfes
des Nationalsozialismus gegen den christlichen Glauben und die
Evangelische Kirche darlegt und die großen Gefahren aufdeckt,
die dadurch dem Deutschen Volk selbst drohen. Es wird zuerst
von der Gefahr der Entchristlichung gesprochen;
es wird weiter das Schlagwort „positives Christentum"
entlarvt; es wird die „Zerstörung der kirchlichen
Ordnung" dargelegt und anhand bestimmter Tatsachen, die
aufgeführt werden, diese Zerstörung belegt. Es wird herausgestellt
, wie unter der Parole „Entkonfessionalisie-
rung" oder „Überwindung der konfessionellen
Spaltung" alles unternommen wird, um der Kirche ihre Öffentlichkeitsarbeit
unmöglich zu machen. Nachdem auf die nationalsozialistische
Weltanschauung eingegangen und der christliche
Widerspruch dagegen ausgesprochen worden ist, wird die Frage
„Sittlichkeit und Recht" behandelt und zum Schluß
von dem „Anspruch Gottes" auf unser Volk und unsere
Zeit, wie auf alle Völker und alle Zeiten, gesprochen.

Im Anschluß an die Wiedergabe des Textes der Denkschrift
gibt Niemöller einen kurzen Überblick über die Vorgeschichte
und über das, was sich nach der Fertigstellung der Schrift innerhalb
der Evangelischen Kirche in Deutschland und im politischen
Raum ereignete. Das geschieht auf Grund von Akten und sonstiger
, vom Verfasser gesammelter Linterlagen, die zum großen
Teil wohl zum ersten Mal hier der Öffentlichkeit zugänglich gemacht
werden.

Die Lektüre des Heftes ist jedermann dringend zu empfehlen,
der sich irgendwie mit der kirchlichen Zeitgeschichte beschäftigt.
Niemand wird die erregende Darstellung lesen, ohne davon innerlich
angefaßt und sehr nachdenklich gestimmt zu werden. Wir
wünschen dem Heft weiteste Verbreitung; möchten wir alle von
dem Gestern für das Heute und Morgen lernen!

Frankfurt a. M, Wilhelm Fresenius

Adam, Alfred: Die Nassauische Union von 1817. Darmstadt: Verlag
d. Kirchentresch. Vereinigung in Hessen u. Nassau 1949. 375 S.. 1 Kt.
8° = Sonderdruck aus dem Jahrbuch d. Kirchengesch. Vereinigung
in Hessen u. Nassau, l.Bd. 1949 kart. DM 10.—.

Die vorliegende Arbeit liefert einen wertvollen territorialgeschichtlichen
Beitrag zum Unionsproblem des 19. Jahrhunderts,
der mit vorbildlicher Sorgfalt alle Quellen benutzt, vor allem
aus den Staatsarchiven Marburg und Wiesbaden, und einen Teil
von ihnen in einem Dokumentenanhang abdruckt. (Die Seiten
216—3 36 enthalten die auf die Einführung der Union bezüglichen
Verfügungen und Ordnungen bis hin zu Belegen für die Kosten
des Gastmahls der Synodalen einschließlich der Gastwirtsrechnung
im „Riesen" zu Idstein, 337—375 Urteile über die nassauische
Union, 376— 400 einige Urkunden zur Entwicklung nach
1817, unter denen der kurze Bericht über die altlutherische Gemeinde
Steeden und ihren Pfarrer Friedrich Brunn die wichtigste
ist.) Die Methode, die der Verfasser befolgt, ist — ähnlich seinem
bekannten Aufsatz über den Bekenntnisstand der deutschen evangelischen
Landeskirchen in der „Jungen Kirche" 1937 — vorwiegend
bekenntnisrechtlich und statistisch orientiert. In einer
Einleitung: Nassau vor der Union, I. die territorialkirchlichen
Verhältnisse und II. der Beginn der Aufklärung, wird der Ausgangspunkt
sehr deutlich, der Entwicklungsgang der Aufklärung
läßt sich an Hand der Gesangbücher und der Katechismen erheben
. Es folgt als Hauptteil die Union, worunter die vorbereitenden
Verhandlungen, die Generalsynode zu Idstein, das Unionsedikt
und die Unionsfeier erzählt werden. Im zweiten Kapitel
des Hauptteils wird die Beurteilung der nassauischen Union durdi
die Zeitgenossen und die folgende kirchliche Entwicklung in Nassau
se'hst dargeboten, die in der auch anderwärts zu beobachtenden
Weise zu einem Landeskatechismus von gemäßigt rationalistischer
Prägung führte und ein dem Wortlaut nach reformatorisches
, dem Sinne nach vermittlungstheologisches Ordinations-
formular hervorbrachte, andererseits den Gegenschlag in der Separation
des Pfarrers Brunn in Steeden hervorrief. Ihn. den Freund
Löhes, glaubt A. als romantischen, religiösen Subjektivisten erweisen
zu können, der seine pietistisch-erweckte Grundhaltung
nur konfessionell lutherisch verbrämte.

Was die Interpretation des inneren Vorgangs anlangt, so
ist die Arbeit ausgesprochen apologetisch gehalten und befindet
sich im entschiedenen Gegensatz zu der großen Untersuchung,
die Friedrich Geppert 1939 dem (altpreußischen) Unionsproblem
in der Entstehungszeit widmete. A.s Kernsatz (157) lautet: „Die
nassauische Union ist Consensusunion auf der Grundlage der
Augsburgischen Konfession, ohne daß diese im statutarischen
Sinne verstanden ist, also Consensusunion im Geiste der Wittenberger
Konkordie; sie ist Kultusunion im Rückgang auf die Anfänge
des biblisch-reformatorischen Glaubens, und Verwaltung«-