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Ausgabe:

1954

Spalte:

486-487

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Aus den Märtyrerakten der alten Kirche 1954

Rezensent:

Schneemelcher, Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 7/8

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ner besitzen wir außer den Demotischen Texten eine Reihe von
sogenannten alt-koptischen Texten, in denen die Sprache noch
nicht dem entspricht, was wir koptisch nennen, aber die wie das
Koptische hauptsächlich mit griechischen Buchstaben geschrieben
sind. Diese Texte stammen aus der Zeit vom 2.-4. Jahrhundert;
sie sind nicht vom Christentum beeinflußt und es ist bezeichnend,
daß auch in diesen Texten griechische Wörter nicht vorkommen.
Aber auch aus der koptischen Zeit haben wir noch einige magische
und medizinische Texte, die aus nicht-christlichen Kreisen
stammen, und, obwohl die Sprache dieser Texte schon als koptisch
zu bezeichnen ist, sind auch in diesen nur selten griechische
Wörter, besonders Verben, zu finden; ich verweise hier im Besonderen
auf P.Michigan 136 (4. Jahrh.)2 ZZ. 53-114 und
Kropp A und B (5.-6. Jahrh.)3.

Auf der anderen Seite weisen schon die frühesten christlichkoptischen
Texte griechische Wörter auf; sie finden sich in den
Randglossen des Jesaiah Papyrus aus der Sammlung von Chester
Beatty, sie stammen aus der Mitte des 3. Jahrhunderts und sind
sicher die ältesten Zeugen des christlich-koptischen'1. In dem
griechisch-koptischen Glossar zu Hosea und Arnos5 und dem
semi-adimimischen Psalmenfragment", die beide um 275 geschrieben
sind, finden wir mehrere griechische Wörter, in dem Psalmenfragment
schon griechische Verben. Besonders bezeichnend
für den Unterschied zwischen christlichen und heidnischen Texten
ist in dieser Hinsicht der große Pariser Magische Papyrus7, der
um 300 geschrieben ist. Der Hauptteil dieses Papyrus ist griechisch
, am Anfang sind einige alt-koptische heidnische Texte
(über 80 Zeilen), alle ohne griechische Wörter, aber später finden
Wir einen kurzen Text, in dem Jesus Christus vorkommt, und
hier haben wir eine ganze Reihe von griechischen Wörtern und
Verben in nicht mehr als 10 Zeilen. Wieweit dann aber schon
verhältnismäßig früh griechische Wörter ins Koptische eingedrungen
sind, zeigen die koptischen Briefe des überaus wichtigen
Mclitianischcn Archivs", das mit Sicherheit um 3 30 zu datieren
ist. Hier finden wir nicht nur ungewöhnliche griechische Wörter,
sondern auch griechische Verben, und bemerkenswert ist das
Vorhandensein von Konjunktionen wie t*&v, yüg, alkä. Dasselbe
ist auch der Fall in der etwas später geschriebenen Handschrift
des British Museum von Deuteronomium, Jona und Apostelgeschichte
"; man kann jedoch noch in dieser Handschrift eine gewisse
Entwicklung beobachten, und Thompson hat darauf hingewiesen
, daß Konjunktionen öfters in diesem frühen Text fehlen.
Wo sie in späteren Texten vorkommen10. Auch ist es häufig der
Fall, daß die frühen Texte ein koptisches Wort gebrauchen, wo
spätere Texte ein griechisches haben, welches zweifellos der griechischen
Vorlage besser entsprach11.

Die koptische Bibelübersetzung ist wohl kaum viel vor der
Witte des 3. Jahrhunderts anzusetzen, die sahidische Übersetzung
vielleicht schon um die Mitte des Jahrhunderts, die Übersetzungen
in die anderen Dialekte gegen Ende des 3. oder Anfang des
4- Jahrhunderts12. Wenn wir annehmen, daß die griechischen Wör-

J) Herausgegeben von Worrell in O r i e n t a 1 i a N. S. IV (193 i)
PP- 17 ff.; zur Datierung vergleiche P. E. Kahle, B a 1 a'i z a h (im
Druck) p. 254.

3) A. Kropp, Ausgewählte Koptische Zauber-
texte (Brüssel 1931).

') F. G. Kenyon, The Chester Beatty Biblical P a-
P y r i VI, Isaiah, besonders pp. i x ff. The Coptic Glosses
°y W. E. Crum. Ein weiteres Blatt, ed. Vaccari, Pap. S o c. 11 a 1.
X11 (1951), 1273.

6) H. I. Bell und H. Thompson in J o u r n. E g. Arch. XI
"925) pp. 241 ff.

") W. E. Crum in Melanges Maspero II (1934), pp. 73 ff.

') Zuletzt herausgegeben von G. Möller in K. Preisendanz, P a-
Pyri Graecae Magicae, papyrus IV.

8) H. I. Bell und W. E. Crum, Jews and Christians In
E8ypt (1924); ein weiterer Text in Journ. E g. Arch. XIII (1927),
PP- 19 ff.

*) E. A. Wallis Budge. Coptic Biblical Texts, vgl.
Thompson, The new Biblical Papyrus (Privatdruck 1913).

10) H.Thompson. The Coptic Version of the Acts
°» the Apostlcs (1932) p. xxiv.

") H.Thompson, The Gospel of St. John p. XX etc.
, ") Vgl. Griffith in Z e i t s c h r. f. ä g y p t. Sprache XXXL
('901) pp. 78 ff.. C.Schmidt in ZNTW XXIV (1925) pp. 218 fiter
erst durch das Christentum in die Volkssprache eingedrungen
sind, so müßte dieses im Laufe des 3. Jahrhunderts geschehen
sein. Diese Periode mag etwas kurz erscheinen, jedoch kann kein
Zweifel bestehen, daß das Christentum einen entscheidenden
Einfluß auf diese Entwicklung ausgeübt hat. Man kann mit ziemlicher
Sicherheit annehmen, daß Konjunktionen, Partikeln, Präpositionen
und vielleicht auch Verben auf direkten Einfluß der
Übersetzung der christlichen Schriften in die koptische Sprache
zurückgehen; in der alt-faijumischen Übersetzung einiger Bücher
des Alten Testaments im Hamburger Papyrus, der um 300 geschrieben
ist, sind sie noch äußerst selten. Wieweit dasselbe bei
Substantiven und Adjektiven der Fall ist, ist einstweilen auf
Grund des vorhandenen Materials schwer zu sagen. Jedenfalls
zeigt der Sprachgebrauch des Schenute und der Handschriften aus
derselben Zeit, daß diese Entwicklung vor dem Ende des
4. Jahrhunderts durchgedrungen war. Erst in diese Zeit gehören
die manichäischen Handschriften, von denen die frühesten kaum
vor dem Ende des 4. Jahrhunderts geschrieben sind.

Böhlig schließt aus dem regellosen Setzen von g- vor den
griechischen Verben in den manichäischen Texten (S. 36) „daß
das Subachmimische in der Mitte zwischen dem Bohairischen und
dem Sahidischen steht". Dieses scheint mir nicht den Tatsachen
zu entsprechen. In sahidischen Texten werden griechische Verben
mit ganz geringen Ausnahmen ohne g- gebraucht; die Ausnahmen
beschränken sich auf solche Texte, die durch andere Dialekte
stark beeinflußt sind, vornehmlich den Berliner gnostischen Papyrus
". Das Bohairische setzt vor griechische Verben immer ein
sg- welches schon in der alten ägyptischen Sprache bei fremden
oder ungewöhnlich langen Verben üblich war. Dasselbe eq-,
geschrieben g-, finden wir in den frühen achmimischen Handschriften
, erst in der späten Handschrift der Kleinen Propheten
(4.-5. Jahrhundert) fehlt es häufig. Auch die frühen faijumischen
Handschriften haben immer g-, und erst die sehr viel späteren,
durch das Sahidische stark beeinflußten, Handschriften brauchen
griechische Verben ohne g-. Dasselbe trifft auch im Subachmi-
mischenzu: die frühesten Handschriften, das Johannesevangelium
und die Handschrift des British Museum 522 (beide 4. Jahrhundert
) haben immer g-11, aber in den späteren Handschriften, die
in diesem Dialekt geschrieben sind, den manichäischen Texten
(4.-5. Jahrhundert) und den Acta Pauli (5. Jahrhundert) fehlt es
häufig. Das Fehlen von g- in den späteren Handschriften der
Nebendialekte ist zweifellos auf Beeinflussung des sich mehr und
mehr durchsetzenden sahidischen Hauptdialektes zurückzuführen.

G. Bardy in Memorial Lagrange (Paris 1940) pp. 203 ff,

H. I. Bell in Harv. Theol. R e v. XXXVII (1944) pp. 184 ff. und
Cults and Creeds in Graeco-Roman Egypt (Liverpool
1953) pp. 78 ff., P.E. Kahle, B a 1 a'i z a h (im Druck) pp. 255 ff.
Es mag hier darauf hingewiesen werden, daß die neuen gnostischen
Funde aus Deir Chenoboskion verschiedentlich zu früh datiert sind;
daß diese Texte vor dem 4. Jahrhundert geschrieben sind, ist schon allein
philologisch höchst unwahrscheinlich, vgl. im einzelnen mein im Drude
befindliches Buch B a 1 a'i z a h p. 263.

13) Vgl. C. Schmidt, Die alten Petrusakten; zu dem
Problem der griechische Verben mit Q- im Allgemeinen vgl. P. E. Kahle,
Bala'izah (im Druck) pp. 234, 256.

14) Eine Ausnahme ist vielleicht der subachmimische Brief des meli-
tianischen Archivs, P. Lond. 1921 (um 3 30), wo o- einmal vorkommt
(Z. 18) und einmal anscheinend fehlt (ZZ. 14—15); die Stelle muß jedoch
noch kollationiert werden, da der Papyrus hier vielleicht abgebrochen
ist.

Worcester College, Oxford P. E. Kahle

Preuis, Hans: Aus den Märtyrerakten der Alten Kirche. Gladbeck:
Martin-Heilmann-Verl. [1951]. 35 S. 8° = Kirchengeschichtl. Quellenhefte
, hrsg. v. D. Stupperich, H. 4. 8°. kart. DM 1.—.

S c h 1 i s s k e, Otto: Das Mönchtum. Gladbeck: Martin-Heilmann-Verlag
[1951]. 48 S. 8° = Kirchengeschichtl. Quellenhefte, hrsg. v.
D. Stupperich, H. 5. kart. DM 1.-.

Sammlungen von Quellen zur Kirchengeschichte in deutscher
Übersetzung erfreuen sich weitgehender Beliebtheit und sind
wohl für bestimmte Zwecke auch notwendig. Es gibt ja allerlei
derartige Sammlungen und Reihen sowie auch dickere Quellenbücher
für den Religionsunterricht. Aus neuester Zeit sei auf
M. Rang — A. Sprengler, Der Christusglaube (Unterrichtswerk