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Ausgabe:

1954

Spalte:

468-470

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Festschrift Franz Dornseiff 1954

Rezensent:

Fascher, Erich

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Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 7/8

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d i c o (I 179 ff.) und A. Dupont-Sommer (III 113 ff.), dessen
Studie „La doctrine gnostique de la lettre Wäw d'apres une lamelle
arameenne inedite", Paris 1946, Del Medicos Kritik hervorgerufen
hatte.

Den Löwenanteil unter den Beiträgen der Festschrift machen naturgemäß
die byzantinistischen Aufsätze aus; unter ihnen
befindet sich eine Anzahl mit religionswissenschaftlich-theologischcn
Themen. Das in den Akten der römischen Synode von 502 überlieferte
Anagnosticum regis ist der Gegenstand einer Studie von Wilhelm E n ß-
lin (I 233 ff.); es handelt sich dabei um schriftlich fixierte Richtlinien,
die Theoderich der Große seinen Gesandten — offensichtlich nach vorangegangener
gemeinsamer Beratung — mitgegeben hatte. Soidie Anweisungen
sind auch sonst überliefert. — Eine Arbeit von Paul P e e-
t e r s (II 5 ff.) befaßt sich mit der Chronologie und den letzten Regierungsjahren
des monophysitenfreundlichen Anastasios I. Aus der
Überprüfung der Quellen kommt Peeters zu dem Schluß, daß der erfolgreiche
Rebell Vitalian Anastasios' Neffen Hypatios, als dieser 514
in seine Hand geriet, für seine der Orthodoxie verbundene Politik gewonnen
und ihn zum künftigen, ihm treu ergebenen Schattenkaiser ausersehen
hatte. — R. J. H. J e n k i n s befaßt sich I 267 ff. mit der
Vita des hl. Demetrian, Bischofs von Chytroi auf Zypern. Die in dieser
Lebensbeschreibung geschilderte Reise des Bischofs zum Kalifen
nach Bagdad stellt Jenkins mit der Epistula Nicolai patriarchae n. 1
(PG 111, 27 ff.) zusammen; in beiden Fällen handle es sich um Aktionen
, welche der Raubzug auslöste, den die von dem Renegaten Damian
von Tarsos geführten Sarazenen 912 gegen Zypern richteten. — Adrien
B 1 a n c h e t macht I 97 ff. auf eine während der Regierung Konstantins
VII. deutlich werdende Verfeinerung des Münzbildes aufmerksam,
mit welcher sich ein neuer Bildtypus (Brustbild Christi oder der Theo-
tokos) verbindet. — Mit dem Feste der Kreuzeserhöhung beschäftigt
sich Sirarpie Der Nersessian II 193 ff. Er weist auf Unterschiede
in der Beschreibung der Zeremonie im Zeremonienbuche, im Kletoro-
logion des Philotheos und in den bildlichen Darstellungen hin und
schließt auf eine Änderung der Zeremonie, als im Jahre 906 der Patriarch
Nikolaos Leon VI. das Betreten der Hagia Sophia verbot. Daß dieser
Schluß nicht beweiskräftig ist, hat inzwischen Franz Dölger, Byzantinische
Zeitschrift 45/1952/186, gezeigt. — Agostino Pertusis
Beitrag (III 301 ff.) untersucht das Nachwirken der Schriften des Boc-
thius im Ostreich. Es zeigt sich, daß diese Wirkung in der spätbyzantinischen
Zeit ihren Gipfelpunkt erreichte: Von der Übersetzung, die
Maximos Planudes von De consolatione gab, werden 20 Handschriften
s. XIII—XVI verzeichnet. — G. Moravcsik gelang es I 483 (f.,
einen Auszug aus der Kirchengeschichte des Nikephoros Kallistos Xan-
thopulos, der sich auf dem Vorsatzblatt eines Kodex der Bibliothek in
Tärgu-Mures (= Neumarkt in Siebenbürgen) befindet, als der Hand
Philipp Melanchthons zugehörig zu ermitteln. — Norman H. B a y n e s
geht I 87 ff. der Legende von der Auffindung des Gewandes der Gottesmutter
nach und zeigt, wie sorgsam trotz aller späteren Ausschmückung
deren Kern bewahrt wurde. — Die Bodleiana konnte Ende 1945 eine
griechische Handschrift erwerben, welche die Signatur: Ms. Gr. lit. d. 6
erhielt; Francois H alkin gibt II 307 ff. eine Übersicht über den Inhalt
dieser Handschrift, in welcher das von Papadopulos-Keramevs
Buaain iihckhu Bp€m£hhhk 5/l 898/678 ff. erwähnte Ms. Nr. 12
der Bibliothek des bei Trapezunt gelegenen Klosters Georgios ncgioit-
Qtöiirjg wiederzuerkennen ist. Die Handschrift, die Halkin mit Mo bezeichnet
, enthält ein Synaxar des Überlieferungsstranges M*; es gehört
also eng mit dem Synaxar im Cod. 2 des Oxforder Christ Church College
(Md; vgl. Analecta Bollandiana 66/1948/59 ff.) und dem Synaxa-
rium Chiffletianum (Mt; vgl. ebd. 65/1947/61 ff.) zusammen und beweist
aufs neue, daß P. Delehaye in seinem Synaxarium ecclesiae Con-
stantinopolitanae, Brüssel 1902, zu Unrecht der Gruppe M/Mc den Vorrang
gab.

Wir kommen nunmehr zu den kunsthistorischen Beiträgen
. E. Mamboury untersucht 1 449 ff. die Verwendung des
Chrismas als Ziegelstempel. Die Überzahl dieser Stempel stammt aus
der Zeit von 440 bis 460, so daß durch sie eine gewisse Möglichkeit
zur Datierung von Bauwerken besteht. — Mit einer enkaustischen Petrusdarstellung
im Katharinenkloster des Sinai macht II 607 ff. 1'. 'a
SwTtj q iov bekannt; er weist das gut erhaltene Bild der bisher ungenügend
bekannten alexandrinischen Malerei des 6. Jahrhunderts zu,
welche griechische Traditionen fortführte. — Ebenfalls unpubliziert war
bisher auch ein Tragkreuz in der Sammlung des Byzantine Institute of
America, dem Thomas Whittemores Beitrag II 655 ff. gewidmet
ist. Es handelt sich um ein Prozessionskreuz (otclvqoc; Xixavixik), dessen
Aufschrift das Jahr 916 nennt. — I 135 ff. stellt R. M. D a w k i n s
die Berichte über die wundertätige Ikone der Gottesmutter im Kloster
Serdenay (jetzt Saydenaya) bei Damaskus zusammen; gleichzeitig macht
er mit einer in Europa kaum verbreiteten Schrift bekannt: Raymond
Loir, Saydenaya et son couvent, Beirut 1944. — Einer den Evangelisten
Johannes wiedergebenden Ikone aus der Sammlung D. Loverdos — Athen
(abgebildet in der Zeitschrift für bildende Kunst 65/l93l/ll2) schenkt

A. Xyngopoulos II 659 ff. seine Aufmerksamkeit. Entgegen
früheren Datierungen, welche das Werk dem 14. Jahrhundert zuweisen,
sieht Xyngopoulos in der Ikone ein Zeugnis der Komncnenzeit, Denkmal
der hauptstädtischen Kunst aus der Mitte des 12. Jahrhunderts. —
Andere Arbeiten machen das Wirken byzantinischer Kultur und Zivilisation
über die Grenzen des Reiches hinaus zum Gegenstand ihrer
Betrachtung. P. Bonenfant untersucht III 61 ff. den Einfluß der
byzantinischen Kaiserurkunden auf die karolingischen Diplome — nachweisbar
wird ein solcher erst nach dem Jahr 800 — und berührt damit
ein Gebiet, auf dem seither vor allem von der deutschen Mediävistik
weitergearbeitet wurde. — Louis Massignon gibt II 429 ff. Hinweise
darauf, wie die Wunderstadt Konstantinopel sich während der
Wirtschaftskrise des 10. Jahrhunderts im religiösen Schrifttum von
Bagdad widerspiegelte; der Aufsatz hätte gewonnen, wenn er weniger
psychologisiert und politisiert und stattdessen philologisch solide das
historische Material bereitgestellt hätte. — Ein ausführlicher Beitrag von
Paul W i t t e k schließlich behandelt das Stambuler Stadtviertel Ayvan-
saray und seine byzantinischen Traditionen (III 505 ff.).

Es bleibt uns noch, in aller Kürze auf einige Arbeiten hinzuweisen
, die außerhalb des gräzistisch-byzantinisti-
schen Forschungsgebietes stehen. P. Lambrechts
gibt III 195 ff. eine Skizze der religiösen Vorstellungen der Gallier, wobei
er besonderen Nachdruck auf die in der bisherigen Forschung vielfach
übersehenen autochthon keltischen Elemente legt. — Mit der Gestalt
des Dü'I Qarnayn (Koran 18, 59 ff.) und der sie tragenden Überlieferung
befaßt sich A.Abel III 5 ff. — Die Chronologie der Dichtungen
des Foulcoie von Beauvais (De nuptiis Ecclesiae et Christi, Heiligenleben
, Epigramme und Episteln; 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts) hat
eine Abhandlung von Andre B o u t e m y (III 79 ff.) zum Thema. —
Prolegomena zu der von ihnen in Angriff genommenen Ausgabe der
Imitatio Christi des Thomas a Kempis legen I 313 ff. Fritz und Liselotte
Kern vor. — Drei Arbeiten aus slawistischem
Gebiet sind zu nennen. Andre Mazon analysiert I 463 ff. die
beiden Nowgoroder Bylinen, die den Taten Wassili Buslajews gewidmet
sind (vgl. dazu noch bo;ibiuan CoBercKüH BHU,MK;ioiiertnn, 2. Ausg.,
Bd. 6/1951/371 mit der neuesten Literatur). — Roman Jakobson
und Gojko Ruzicic untersuchen II 34 3 ff. vergleichbare Züge im russischen
Wseslaw-Epos und dem serbischen Zmaj Ognjcni Vuk. — Ausgehend
von der im Igorlicdc begegnenden Bezeichnung der Russen als
Enkel des Sonnengottes Dashbog, untersucht R. Pcttazzoni 11
493 ff. analoge Vorstellungen in anderen Religionen. — Auf einen Aufsatz
E. Lamottes über die buddhistischen Methoden der Auseinandersetzung
mit der religiösen Überlieferung (I 341 ff.) sei abschließend
aufmerksam gemacht.

Berlin Johannes Inn sc Ii er

[Dornseiff:] Festschrift Franz Dornsciff zum 65. Geburtstag. Hrsg.
v. Horst Kusch. Leipzig: Bibliogr. Institut 1953. 384 S. gr. 8°. Lw.
DM 20.-.

20 Autoren haben sich vereinigt, um dem 65jährigen Franz
Dornsciff eine Festschrift zu widmen, die nun in hervorragender
Ausstattung — mit einem Bild des Geehrten geschmückt — erschienen
ist. Und 110 namhafte Gelehrte aus der ganzen Welt
zieren eine dem Text vorgeordnete tabula gratulatoria, um als
weiter Kreis derer, die Franz Dornseiffs Schaffen schätzen, dieser
Festgabe erhöhtes Gewicht zu geben. Der Herausgeber, Dozent
Horst Kusch, führt uns nicht nur das vielseitige Schaffen Dornseiffs
in einem Schriftenverzeichnis vor Augen — es reicht von
1911—1953 und umfaßt 249 Nummern, darunter 23, die der Religionswissenschaft
gewidmet sind —, er hat auch außer einem kurzen
Grußwort den umfangreichsten Beitrag (S. 124—200) beigesteuert
. Gleichsam als Probe, die auf eine vorbereitete größere
Untersuchung aufmerksam machen soll, legt er zwei Studien über
Augustinus vor. In der ersten, die sich mit Aufbau und Einheit
der Confessioncs beschäftigt, versucht er den Nachweis zu bringen
, daß die Bücher 10—13 nicht in der Luft hängen, sondern
mit den Büchern 2—4 in einem sehr durchdachten Zusammenhang
stehen. Begriffe aus Augustins Schriften de trinitatc, an welcher
der Kirchenvater bereits arbeitete, als er um 400 an die Abfassung
der Confcssiones heranging, sollen das zeigen. Ein bestimmtes
Schema der Heilsstufen — schon in früheren Schriften Augustins
verwendet, zieht sich durch das ganze Werk (vgl. S. 128—
183). Die zweite Studie ,,Dcr Titel Gottes .Dominus' bei Augustinus
und Thomas von Aquino" (S. 184—200) ist eine kritische
Auseinandersetzung mit einer harmonisierenden katholischen
Augustinauffassung, welche Augustin nach Thomas von Aquin
interpretiert. Die These Othmar Perlers, daß de trinitatc V, 16