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Ausgabe:

1954

Spalte:

399-400

Autor/Hrsg.:

Adam, Alfred

Titel/Untertitel:

Grundbegriffe des Mönchtums in sprachlicher Sicht 1954

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399

Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 7/8

400

berichtet kurz von einer Synode25, die in Konstantinopel gegen
Marceil abgehalten worden ist und wohl vor allem aus Kleinasien
beschickt war, also vielleicht nur eine Provinzialsynode war. Von
derselben Synode ist in dem Schreiben der Synode von Philippopel
(Orientalen) 342 die Rede2", wobei besonders betont wird,
daß die Verurteilung des Marcell ein kirchlicher Akt war. Die
dort erwähnten vier Beschlüsse, in denen man wohl das Urteil
der Synode mit einer Widerlegung des M., ein Rundschreiben an
die Gemeinden, ein Schreiben an die Gemeinde von Ancyra und
einen Brief an den Kaiser sehen darf, sind nicht erhalten, scheinen
aber Sozomenos noch vorgelegen zu haben27. Wann hat aber
diese Synode stattgefunden? Nun, sie hat sicher erst nach dem
11.5.330, dem Datum der Enkänien Konstantinopels, getagt.
Falsch ist die Verbindung dieses Falles mit den Synoden von Ty-
rus und Jerusalem bei Sokrates I 3 6, 1. Allerdings ist daran richtig
, daß M. auf diesen Synoden offensichtlich nicht anwesend war,
also wohl schon abgesetzt war. Es gibt meines Erachtens zwei
Möglichkeiten der Datierung: Entweder hat diese Synode um
330/331 stattgefunden d. h. zu einer Zeit, da die Aktivität der
Eusebianer sich in den Anklagen gegen Athanasius zu regen begann
, aber noch keine Rückschläge wie den in der Verhandlung
von Psammathia (Ende 33l)28 erlitten hatte. Oder aber man kann
auch die Synode in die Zeit um 3 34 ansetzen, als Arius gerade
erneut verurteilt war (Urk. 33), aber die kaiserliche Stellung gegen
Athanasius sich doch versteifte. Das geht ja aus der Einberufung
einer Synode nach Caesarea hervor, die Athanasius zwar
sabotierte und auch in seinen Schriften verschwieg, von der wir
aber durch den Brief des Aurelius Pageus, Sohn des Horus, an die

26) c. Marc. II 4, 29.

M) CSEL 6 5, 50, 18 ff. vgl. mich das Schreiben der Occidentalen
ebda 117, 5 f.

*7) h. e. II 33, 1—3, wohl aus Sabinus.

S8) Vgl. den Brief Konstantins nach der Verhandlung bei Ath. apol.
sec. 61—62 (teilweise audi bei Theodt., Theod. lector und Gelasius).

Vorsteher des Hathor-Klosters vom 19. 3. 3342B, sowie durch
kurze Notizen bei Sozomenos und Theodoret unterrichtet sind.
Die zweite Möglichkeit der Datierung der Absetzung des Marcell
scheint mir näher zu liegen, da ja doch dieser Akt mit zu den
Maßnahmen gegen die Anhänger des Athanasius gehört, die dann
in den Beschlüssen von Tyrus ihren entscheidenden und die nächsten
Jahre bestimmenden Abschluß gefunden haben.

Die Chronologie der Synode von Tyrus ist im großen und
ganzen festgelegt: Athanasius reist am 11. Juli 335 von Alexandrien
ab'™, ist also in der zweiten Hälfte des Juli in Tyrus. Erst
dann haben die offiziellen Verhandlungen begonnen. Am 2. Athyr
(also am 30. 10.) kommt er in Konstantinopel nach seiner Flucht
aus Tyrus an und wird am 7. November nach Trier verbannt. Die
Synodalen von Tyrus sind bereits am 17. September in Jerusalem
zur Einweihung der Grabeskirche. Athanasius ist also vor diesem
Zeitpunkt aus Tyrus entflohen'11.

Es sollten hier nur einige kleinere chronologische Probleme
kurz skizziert werden. Man wird auch bei dieser Kleinarbeit immer
wieder eines zu beachten haben: Der arianischc Streit ist nur
verständlich, wenn man beide Seiten, die kirchenpolitische und
die theologische, berücksichtigt. Man kann sich hier nicht mit der
von Athanasius so meisterhaft gehandhabten Schematik der Ketzerbestreitung
begnügen, sondern muß sehen, wie gerade in den
Jahren nach Nicaea Kirchenpolitik und Theologie Hand in Hand
gehen.

(Zusammenfassung einer größeren Arbeit, welche in ZKG erscheinen
soll und die Belege für die hier vorgetragene Auffassung gibt.
Vgl. dazu auch Bd. III der Berliner Athanasiusausgabe, dort weiteres).

z") Pap. London 1914: Bell, Jcws and Christians in Egypt, 49 f.
■10) Vorbericht zu Festbr. VIII, Larsow S. 28.

31) Zu Tyrus vgl. auch Paul Peeters, Comment S. Athanase s'enfuit
de Tyr en 335 (Acadcmic Royalc de Belgique, Bulletin de la classe des
lettres et des sciences morales et politiques, tom. XXX, 1944—12) Brüssel
1946, 131—177. Ders., L'Epilogue du Synode de Tyr en 335 (Anal.
Bolland. 63, 1945, 131—144).

Grundbegriffe des Mönchfums in sprachlicher Sicht

Von Alfred Adam, Bethel bei Bielefeld
(Resume)

Die Frage, wie der Begriff imraync zu übersetzen ist, ob mit soli-
tarius, der Einsame, der Einsiedler, oder mit singularis, der Einzigartige
, ist aufgrund der griechisdien Kirchcnvätcrschriften nicht zu entscheiden
. Die sprachliche Ableitung ist bekannt: das seit Aristoteles
belegte Adjektiv fiovaydg ist von den Adverbien iinvaynv oder /invayfj
abgeleitet und bedeutet dementsprechend „allein lebend". Im christlichen
Sprachgebrauch taucht imraym zuerst in der Bibelübersetzung des
Symmachus zu Ps. 67, 7 (LXX) auf als Übersetzung für jehidim. Euscb
von Cäsarea hat diese Übersetzung zusammen mit der des Aquila, der
/invnyRvfTt gesagt hatte, bekannt gemacht. Hieronymus hat diese Mitteilungen
Euscbs nicht verwertet, sondern //ova/o? aus eigenem von
fiövoi, solus abgeleitet, und Augustin hat diese Auskunft übernommen.
Kassian fügt die Aussage Eusebs und die des Hieronymus zusammen,
während Isidor von Sevilla sich für die Bedeutung ,,singularis" entscheidet
. Inzwischen hatte die Bezeichnung iiovayds — mönachus das
Abendland erobert, und zwar aufgrund ihrer Verwendung in der Vita
Antonii des Athanasius und in der lateinisdien Übersetzung des Eua-
grius von Antiochien.

Die syrische Entsprechung für /lovayds ist ihidäiä. Entgegen der
bisherigen Meinung ist das syrische Wort als die ursprüngliche Bezeichnung
und das griechische Wort als Übersetzung anzusehen. Die Bedeutung
von ihidäiä ist klar: es entspricht dem griechischen iwroyevi'jg
in allen seinen Bedeutungen, also unicus, unigenitus. Wie zuerst in den
Abhandlungen Aphrahats bezeugt ist, wird für den eingeborenen Sohn
Gottes und den asketischen Vollchristen die gleiche Bezeichnung gebraucht
. Ein Würdename Jesu ist also auf seine vollkommenen Nachfolger
übertragen worden, und zwar die Bezeichnung der göttlichen
Natur (diese heißt die ihidäiütä, während die menschliche Natur Christi
die bukrütä, „Erstgeborenenschaft", heißt). Gleiche Benennung aber

deutet auf gleiches Wesen. Als Euseb i.J. 330 diese Gleichung dem
Abcndlande bekannt machte, konnte sie hier nicht mehr angenommen
werden, weil die dogmatische Lage sich völlig verändert hatte, und darum
wurde monachus fortan nur noch negativ, als der Mensch des Wclt-
verzichtes verstanden, nicht mehr als der „Christförmige", der „Chri-
stusgestaltige".

Die ältere syrische Bezeichnung der Asketen ist bnai kjämä, gewöhnlich
übersetzt mit „Bundessöhne", „Bundesangehörige". Die bisherigen
Untersuchungen haben über den Ursprung dieses Namens keine
Klarheit gebracht, sondern nur ergeben, daß in der syrischen Kirche
spätestens vom Jahre 400 ab der niedere Klerus mit dieser Bezeichnung
gemeint ist. Es sollte erwogen werden, ob nicht die Bedeutung, die
Luk. 2, 34 für kjämä bezeugt ist (dvdoraois im geschichtlichen Sinn),
auch hier paßt, so daß bnai kjämä zu übersetzen wäre: „diejenigen, die
zu dem Aufrechtstehen gehören", d. h. „die Stehenden". Das aber ist
eine Bezeichnung der Engel, so daß mit ihr für die Asketen das Ideal
der vita angelica gesetzt wäre.

In eine andere Welt führen die Anfänge des ägyptischen Mönch-
tums. Die sprachliche Analyse der Regula Pachomii in ihrer koptischen
Originalfassung zeigt, daß aus keinem der gebrauchten Worte Anklänge
an außerchristliche Religion herausgehört werden können; die Zwcck-
begriffe aus der Sprache der Hausgemeinschaft und des Kasernenhofes
beherrschen das Feld. Die Theologie ist zurückgetreten, der Lebensgehorsam
ist allein wichtig: die Erkenntnis hat dem Leben zu dienen
In Syrien war es von Anfang an anders: das Leben hatte der tieferen
Erkenntnis zu dienen, so daß sich hier eine mystische Theologie hohen
Ranges entfalten konnte.

(Erscheint in ZKG)