Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1954 Nr. 6

Spalte:

351-356

Autor/Hrsg.:

Bammel, Ernst

Titel/Untertitel:

ΑΡΧΙΕΡΕΥΣ ΠΡΟΦΗΤΕΥΩΝ 1954

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

351

Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 6

352

ausbräche" herbei. Das bedeutet aber nidit, daß Dam sich mit
einem Überwiegen der rechten Werke über die Übertretungen begnügte
. Wie im Man wird die Totalität der Gesetzeserfüllung
verlangt; allerdings liegt der Ton weniger auf der extensiven
(alle Gebote sind zu halten"'8) als auf der intensiven Betrachtung

B 19, 6—10 (das gleiche Gericht scheint in Dam 7, 13. 14 bereits der
Vergangenheit anzugehören); 19, 13—15. 22—24. 32. 33; 20, 11. 20—
21. 25—34. Gottes t3DU) (verbal) wird direkt nie erwähnt; indirekt
wohl in Dam 20, 11. Vgl. dagegen die reiche Verwendung von Gottes
tJBU372 im Man.

") Das Strafen Gottes ist auch in Dam, wie im Man, aber anders
als in Abot, stark affektbetont: vgl. die verschiedenen Termini für Gottes
Rache (0p3 verbal von Gott direkt Dam 9, 5 im Zitat, indirekt
Dam 1,17; 19,13. 24; Dp3 substantivisch von Gott indirekt Dam 1,17;
19,13; !"TOp3 substantivisch von Gott indirekt Dam 8, 12; 19,24 [direkt
von Javan]), für Gottes Zorn (t|6* von Gott direkt Dam 1,21;
2,21; 3,8; 5,16; 8,13. 18; 10,9; 19,26.31; 20,16; ffTl von
Gott direkt Dam 10, 9; indirekt Dam 1, 5; i"I"Oy von Gott indirekt
Dam 8, 3; 19,16, beidemal im Zitat) und für das Verfluchen (TIN
von Gott ausgehend, indirekt Dam 12,22; das von den Sektengliedern
vollzogene "116* geschieht im Sinne Gottes Dam 20, 8. Das Gleiche gilt
von den als besonders wirksam vorgestellten Bundesflüchen lrnb6*l
Dam 1,17; 15,2. 3). Dagegen fehlen in Dam die Termini bbp und
tVKtp. Das vom Menschen ausgehende 0p3 t|6* und "pT! ist in dieser
Aufstellung nicht berücksichtigt.

M) Die im Man übliche Ausdrucksform für diesen Gedanken, die
mannigfache Unterstreichung durch die Vo-Formen (vgl. oben Anm. 21),

(die Gebote sind genau, sind nach der exakten, d. i. der verschärften
Auslegung zu halten"1). Diese intensivierte Gesetzesbeobachtung
geschieht lediglich in der Sekte, im Damaskusbund30.

fehlt zwar in Dam. Von den über 100 bis-Formen in Dam dienen die
wenigsten dazu, die Totalität des Geforderten (z. B. „alle Unreinheiten
" Dam 7, 3; „alle Grundordnungen des Bundes" Dam 7, 5; „alles
Offenbarte" Dam 15, 13; „alle Bindeeide" Dam 16, 7) oder die Aus-
nahmslosigkeit der von der Forderung Angesprochenen (z. B. „alle, die
in das Lager gekommen sind" Dam 13,4; „jeder, der sich bekehrt hat '
Dam 15, 7) auszudrücken. Sehr viele Vq -Formen in Dam gehören jenem
Gesetzesstil an, der für die Totalität des Geforderten ja nichts besagt.
Daß diese Totalität in Dam gleichwohl gemeint ist, ist völlig klar:
Zeuge gegen den Nächsten kann nur sein, wer auch nicht einen Punkt
von einem der Gebote übertritt (Dam 10, 3); jedes Detail einer durch
Bindeeid übernommenen Tora-Beobachtung ist unter allen Umständen
zu leisten (Dam 16, 8).

") Das Tun muß der genauen Auslegung der Tora entsprechen :ffi^tj
gegenüber der Tora als ganzer Dam 4, 8; 6, 14; gegenüber einer Einzeltora
Dam 13,6; gegenüber einzelnen Vorschriften (ohne Gebrauch der
Vokabel fTTin) Dam 6, 18. 20; 14,17. 18; 16, 2; in gegenüber der
Tora Dam 6, 7; 7, 18; der fYnn!"l Tfl1"TO in Dam 20, 6.

*°) An die Stelle des im Man hochbedeutsamen ist in Dam die
rv^O getreten. Die Form "PfP begegnet nur in Dam B (20, 1. 14. 32);
zum Zusammenhang von Dam B und Man vgl. LRost ThLZ 1953,
143—148. — Diese meine Ausführungen bilden einen Aussdinitt aus
einem größeren Gesamtzusammenhang, den ich demnächst vorzulegen
hoffe.

•APXIEPEYS L
Von Ernst B a

Urim und Tummim1 gehören nach breiter rabbinischer Überlieferung3
,3 zu den fünf Dingen, die im Exil verloren gegangen
sind. Für den Großteil der Forschung gilt damit jedes priesterliche
Weissagen als erledigt. Jedoch läßt die hervorragende und sich erst
der neuesten Forschung erschließende Bedeutung, die das Institut
in Altisrael gehabt, das Fortbestehen bis zum Exil4 und seine literarische
Verlebendigung zu Zeiten des Priesterkodex schon vermuten
, daß es nicht einfach versackt ist, sondern seine Spuren
hinterläßt, wenn nicht eine Fortsetzung findet.

Es geschieht das zunächst in einem negativen Hinweis.
Esr 2, 63 und Neh 7, 65 steht die Klausel D-niNb "ray ny
Craira Ihre Bedeutung wird noch in der Interpretation des
j Kidd IV erkennbar, der Urim und Tummim mit der Auferstehung
der Toten und dem Kommen des Davidssohnes paralleli-
siert6. Ihre praktische Gültigkeit beweist die spätere Erleichterung
des Textes".

Fast dieselbe Formel ist zweimal — sie wird zu einer Art
Generalklausel — im 1. Makkabäerbuch bezeugt7. Bei ihrer ersten
Verwendung soll sie den Entschluß zu einer bestimmten Verwendung
der entweihten Steine des Opferaltars relativieren. Diese
Frage zu entscheiden aber gehörte in besonderer Weise zur Zuständigkeit
des orakelnden Priesters. Jedoch bezeichnet die Formel
als Gegenstand der Hoffnung das Kommen eines jrpo^^r»;?.
Die Priester waren stumm geblieben und neuerdings abgefallen,
so appelliert der "ibrt an den Propheten. Der Formel korrespondiert
die Klage über das Ausbleiben von Propheten8. Der Gedanke
steigert sich zur Kennzeichnung der Zeit als einer prophetenlosen8
und kulminiert in dem Bekenntnis dreifacher, also völ-

*) Jüngste Erörterung über ihren ursprünglichen Sinn bei Elias
Auerbach, Moses (Amsterdam 1953) S. 146 ff. — Unentbehrlich immer
noch Joh. Buxtorf, Historia Urim et Thummim in: Exercitationes ad
historiam etc. (Basel 1659).

a) Midr HL 8,10; jTaan 2, 65a; jHor 3, 47c; Joma2lb; vgl.
Sota 48b; Scheb 2, 2 (u. Gern). — Zu Jos Ant 3 §218 u. verw. Traditionen
soll eine Analyse folgen.

') Sie ist zu unterscheiden von der parallelen Formel, nach der fünf
Dinge versteckt worden sind (NuR zu 8,2; Joma 52b; Hör 12a;
Ker 5b; Aboth RN 41).

') S. J. Begrich in ZAW 193 5 S. 92.

") in ia 6o-nB n Dvran rrn» *w taiN twna DT60 nb6<

vgl. Sota 48b.

") Vgl. 3 Esr 3,39 mit Esr 2,62 und Kidd 69b; dazu G.Jahn,
Die Bücher Esra und Nehemja S. 24 sowie W. Rudolph z. St.

7) 1 Makk 4,46; 14,41.

8) P» 74, 9. — ") 1 Makk 9, 27.

PO&FITEYQN

m m e 1, Erlangen

liger Verlassenheit durch S.qx<ov, neo<prjtt]e und fyoifuvot im
1. Danielzusatz103.

Aus denselben Jahren ist möglicherweise auch etwas der
Sache sehr Ähnliches bezeugt. Nach JerPs 4 Z. 2. 19 erscheint
Gott dem Lehrer der Gerechtigkeit am *nnb. E. L. Sukenik interpretiert
das als Singular von Urim und Tummim". Da die Präposition
aber den Gedanken an Offenbarungsort oder -Mittel unwahrscheinlich
macht, darf man wohl den Ausdruck parallel zu
n?T yrrrh (Z. 14) fassen, mit „vollkommenes Licht" übersetzen
und also in ihm das Ziel des Offenbarungsvorgangs ausgedrückt
finden". Die Wendung, die jedenfalls beide Wortstämme der Bezeichnung
des Orakelwerkzeugs aufnimmt, spiegelt also eine Abstraktion
wider (wie sie in abgeschwächter Weise auch in der
LXX-Übertragung xal äXy&cia vorliegt) und weist damit in
die Nähe des prophetischen Amtes. Gleichzeitig ergeht sich eine
Prophetie zweiter Hand mit Vorliebe in Begriffen wie 6*12573. y~i
Itba. Vh P3H, "Jim- Aber eben hier geschieht es mit einem analog
zur Kultsprache gebildeten Terminus, und das ist bezeichnend für
die Zeit, in der überhaupt — s. besonders die Gründung von Leon-
topolis — das Interesse am Kultus wieder lebendig wird13. Hier
also — der Lehrer der Gerechtigkeit ist Priester1' — scheint man
einer Synthese von Priestertum u. Prophetismus nicht fern zu sein.

Die Generalklausel wird wenig später von Simon in einem
geradezu genialen Griff für den Aufbau einer Lückentheorie benutzt
. 141 wird er fa>( avaatjj Ttooepnxrjc: motSe, Zum r/yotl-
/itvnc, moarriydc und noytnorvc erhoben15, eine Dreierformel, die
stereotyp wiederkehrt1". Sie konkurriert nicht mit dem Notschrei
Asenaths, aber sie neutralisiert ihn. Die Einzelheiten bestätigen

10) 1jrro6ßt¥ot ist, wie der Vergleich mit 1. Makk 3, 42; 14,41. 47
zeigt, nicht der ä»/imn'c (so Fritzsche und Rothstein im Gefolge von
Theodoret), sondern der politische Führer.

10a) Zur hebräischen Abfassung und zur Entstehungszeit s. A. Blu-
dau, Die alexandrin. Übersetzung des Buches Daniel S. 159 ff.

u) PITT» mbrro (II, 1950) S. 43 Anm. Ihm schließen sich A. Du-
pont-Sommer, Apercus preliminaires ... (1950) S. 91 und H. Bardt-
ke, Handschriftenfunde S. 155 f. an.

1S) Die Erleuchtung wird nur dem Lehrer zuteil (Z. 2. 19) und erst
durdi ihn den anderen (Z. 20 (nach der Konjektur Sukeniks im Apparat
. 23). Das ist der Gedankenfortschritt des Psalmes; darum wäre es
sdiwierig. Sw als Pluralsuffix aufzufassen. Übrigens scheint die für eine
soldie Suffixbildung heranziehbare Stelle OR 5, 21 (vgl. 5, 24) eine Ver-
sdireibung zu sein: s. auch Habermann z. St.

13) Vgl. auch die Variante der LXX und des Josephus (Ant 6 § 11O
zu 1 Sam 14. Dort ist der Hinweis auf das Orakelwerkzeug eingetragen
, der in der Masora fehlt. — ") HabR 2, 8.

1B) 1 Makk 14,41. — w) 1 Makk 13,42; 14,47.