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Ausgabe:

1954 Nr. 4

Spalte:

241

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Vermischte Texte 1954

Rezensent:

Schubart, Wilhelm

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241

Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 4

242

ist (Debrunner, Wortbildungslehre §319). ßak (von kopt. bai) führt
die i -flexion durch: gen. plur. ßatror I Ma 1351. Die richtigen Akzente
sind noch nicht in den Ausgaben (Joh. 1213). Reste der i- flexion
sind auch die nachweislich ursprünglichen Lesungen &soudaTßtt? III
Rg 750 -11 und innovarneK; 735. Zu trnvia, xpivmviä Veilchen-, Lilienbeet
(469) könnte &rfUOViA angeführt werden; hier ist das Besondere
, daß die Bedeutung des Grundwortes ftrjumv Haufe durch das
Kollektivsuffix -tä nur noch einmal eigens betont wird. Bei (suffixlosen
) Wurzelnomina wie knM.n (42 5; acc. lxlxrv adverbiell gebraucht
621) kann u.U. auch nicht erkannte und darum nicht aufgelöste
Kontraktionsschreibung vorliegen. So konjiziert Wendland bei Philo
plant 110 inUXtjaiv (Rhein. Mus. 52, 1897, 502), weil die kurze
Form bei Philo sonst nicht vorkomme. Auch jraoavSyv Philo ebr 15
wäre ein unicum; darum berichtigte W. Dindorf im Pariser Thesaurus
unter Wendlands Billigung xanavSvoiv. Von hier aus gesehen, wird ;s
bei ganzen Wortgruppen zweifelhaft, ob sie überhaupt existiert haben
und nicht bloße ghost-words sind. So finden sich nach LS äxavzjj und
ovvavxr) (Akzent?) nur in der LXX. Schaut man zu, so ist es rU na-,
nvmvTrjv = nS?|A nie ohne die Variante -n<iir. In den wenigen,
schwach bezeugten Stellen mit vnnvrrjOK findet sich die Kurzform
nie, aber die Urheber der Glossen vnnvrrj obvia und i'mnvztjr obviam
müssen sie irgendwo, wohl in der LXX, gelesen haben. Ebenso gehen
in der LXX die Komposita auf -otxsma und -outta unschlichtbar
durcheinander. Zu der seltenen Bildung der 1. Sg. Opt. auf -niv (660)
bietet die LXX ein sicheres Beispiel, das bisher übersehen wurde, weil
es die Ausgaben nur im Apparat haben, fatoaiaotv Ps 75 steht in B*
vid S*A, also so gut wie in allen Zeugen des älteren Textes, während
der IukianKche Vulgärtext der meisten HSS das gewohnte arrnneaot/xt
liest. Den Herausgebern war die Form wohl nicht recht geheuer. stni»
als Imperativ zum Aorist ihm ist nicht nur längst in den Klassikertexten
durch «Sm* ersetzt (745). sondern seine Verteidigung für biblische
Texte ist als byzantinische Tüftelei, nämlich unberechtigter Analogieschluß
aus erkannt (Th. L. Z. 61. 1936, 284; Wackernngel-
Debrunner. Philoloeus. 95. 1943. 179 ff.. Bl.-Debr. §81A). Die Oxy-
tonierung hat also nirgends mehr Berechtigung. Zum perf. pass. der auf
- >• - ausgehenden Verhnlstrlmme (773) ist der für die 2. Sg. von Kfihner-
Blnss. § 264. 7. vrnvßtc Releg iiFiiiavnw Nu 5J0 (R. M<-i=ter. W St. 25.
1906. 161). Auch Pat>. 96; liest liminv«*. W» *»«'. CTI 208 f.1 1->^'«f
me vo'U. Spätere haben. d*m gewandelten Sprachgebrauch entsprechend.
*V durch »M« ersetzt 'Philo'* B'blc. 7S ff.. 131 f.). Für Lukas 1«"
vgl. C. F. D. Moulc. An Idiom Book of New Testament Greek, 123,
203.

Von W. Seelze sollten wie sonst 482, A. 11 die Kleinen Schriften.
398 zitiert werden; das Zitat von Buttmanns Ausf. Sprachlehre' (78 5)
muß lauten 1, 393.

Auch wenn die Reihe dieser Remerkuneen verlängert würde,
Würden sie in ihrer Gesamtheit nichts besagen gegenüber d»r überragenden
Fülle übersichtlich angeordneter Belehrung. Alles ist
neu durchdacht, wobei sprachwissenschaftliche und einzelthilolo-
gische Durchdringung gleich bewundernswert sind. Das ist nicht
immer so gewesen, und dämm ist diese Grammatik einriß in
ihrer Art. Eduard Schwyzer bat sich damit ein bleibendes Denkmal
gesetzt. Daß es zu so rascher und homogener Vollendung
gebracht ist, dafür gebührt A. Debrunner ein besonderer Dank.

Cambridge Peter Katz

Knudtzon, Erik J.: Vermischte Texte. Hrsg. Lund: Gleerup 19 52.
19 S., 3 Taf. gr. 8° = Aus der Papyrussammlung der Universitätsbibliothek
in Lund VI = Bull, de la Societe Royale des Lettres de
Lund 1951/52, VI.

Die Herausgabe dieser 12 Papyrusblätter ist dem 7. Internationalen
Papyrologenkongreß gewidmet und damit gerechtfertigt
. Die Texte sind, wie der Verfasser selbst betont, unbedeutend
.

Nr. 1 befaßt sich, wie es scheint, mit einem Tempelraub,
Nr. 10 zeigt im Datum das Konsulat des Stilicho, 400 n.Chr.,
Nr. 12 stellt, etwa für eine Schulübung, Namen und Begriffswörter
zusammen, deren Mehrzahl mit E anfängt:
Igovla (dQmvia), elgrjvt] das auch Namen ist; 6fi6via {ofio-
voin), xaxoema aber auch 'Ah^dvÖQia, 'AcpQodht], Nxtj-
<p6[qJ<;.

Halle/Saale W. Sehubart

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Höf ler, Otto: Germanisches Sakralkönigtum, Bd. I: Der Runenstein
von Rök und die germanische Individualweihe. Tübingen: Niemeyer-
Verlag und Münster/Köln: Böhlau, 1952. XX, 412 S., 7 Taf. DM
34.— ; Lw. DM 37.—.

Es ist ein Thema der religionshestimmten Soziologie, dem
O. Höfler das „Rökbuch", wie ich es kurz nennen will, widmet:
die Runeninschrift von Rök, sagt der Verf. S. 9, „gibt uns Einblicke
in das Verhältnis von Mensch und Gott, von Sterblichkeit
und Mythisierung, von Königtum und Religion im germanischen
Altertum", mit anderen Worten: Aufschluß über das Verhältnis
von Staat und Religion und Einzelpersönlichkeit bei den Germanen
.

Vom Runenstein, der um 800 n. Chr. bei Rök in der schwedischen
Provinz östergötland errichtet wurde, hat jeder gehört,
der sich ein wenig um Runen kümmerte, denn er trägt die längste
Inschrift, die in diesem Alphabet abgefaßt ist, und erwies
sich bereits seit längerer Zeit durch seine verschiedenen Systeme
von Geheimzeichen und durch seine sich allmählich entschleiernde
Durchdachtheit als ein Denkmal besonderer Art.

Die Ereignisse, auf welche die Inschrift zielt, ermittelte bereits
O.v.Friesen. Ich referiere nach H. S. 350: „Der mächtige Hüter des
Heiligtums. .. (namens) Varin . .. setzte den Runenstein nach dem Tod
seines Sohnes Vemod, der im Kampf gegen einen Wikingerverband von
20 Seekönigen gefallen war. Varin war zu alt, um hoffen zu dürfen,
seinen Sohn rächen... zu können. Er hatte aber noch einmal einen
Sohn gezeugt, dem die Durchführung der Rache zur Pflicht gemadit
wird. An diesen zukünftigen Rächer wendet sich die Inschrift".

Im Mittelstück der Inschrift stehen Prosasätze und eine Strophe in
eddischem Versmaß, die dem Wortsinne nach großenteils schon vor H.
gedeutet waren, die sich aber bisher nicht sinnvoll genug mit dem
Ganzen verbinden ließen. Die Arbeit H.s setzt an diesem Punkt ein,
wo die Runen besagen: „Das sage ich zum zweiten, wer vor neun Menschenaltern
bei den Hreidgoten zur Welt kam. Und er entscheidet noch
jetzt über Kämpfe.

Es herrschte Theoderich / der kühngemute,

Der Fürst der Krieger, / über des Hreidmecrs Strand.

Jetzt sitzt er gerüstet / auf seinem Roß,

Den Schild auf der Schulter, / der Held der Märinge."

Der Verf. sieht, wie manche vor ihm, in diesem Theoderich den Ostgotenkönig
Dietrich von Bern: auf ihn passen die Zeit- und Ortsangaben
, von ihm berichtet eine berühmte Stelle der Kölner Chronik
Gottfrids, daß er im Jahre 1197 hoch zu Roß an der Mosel gesehen
worden sei, auf drohendes Unheil vorausweisend. Weiteres folgert aber
H., indem er dem Satz „Lind er entscheidet noch jetzt über Kämpfe"
seinen einfachen Wortsinn gibt, daß Theoderich in der Rökinschrift als
Siegspender in einer Odinsrolle bezeugt sei: ein kühner Wurf, der aber
doch nur das Bekenntnis zum vorliegenden Text von uns verlangt.

An Theoderich als Siegspender wendet sich Varin, weil der Rächer
von Geburt an dem Theoderich geweiht war, denn es heißt nun
nach des Verf.s Deutung in der Inschrift weiter: „Der Gesippe (hier:
der Vater), der Hüter des Heiligtums, zeugte als Achziger (einen Sohn,
den Rächer). Ich sage dem jungen Mann (diesem Sohn), wer von den
Ingwaldingen (d. i. Varins Familie) durch das Opfer der Gattin (der
Mutter des Rächers) geweiht worden ist. Ich sage dem jungen Mann,
wem der Sohn (der Rächer) geboren ist: dem Helden (d. i. Theoderich)."
Damit führt H. die Individualweihe in die Erklärung des Röksteins
ein: nicht für den Rachezug allein wendet sich Varin an Theoderich,
sondern fürs ganze Leben geben er und seine Gattin (diese durch ihr
Opfer besonders hervortretend) das Kind, auf dem die Rachepflicht liegt.

Auch das steht im Text, aber mehr andeutungsweise, und darum
führt H. in den 18 Kapiteln des Mittelteils, S. 83—256, Gestalten der
Geschichte und Sage vor, bei denen die Überlieferung mehr oder weniger
deutlich eine Individualweihe bezeugt oder voraussetzt oder Züge
einer solchen Weihe bewahrt. Es geht um den Nachweis einer Institution
, nicht einer — etwa nur dichterischen — Idee. Die Reihe der Geweihten
reicht vom römerzeitlichen Bataverführer Civilis bis zu einer
Gestalt, deren Name in einer altertumskundlichen Arbeit aufhorchen
läßt: b'"s zu Dr. Faust. Die Hauptquellen dieser Kapitel sind Tacitus
und Heldenlied. Isländer- und Königssaga. Ballade, Märchen und Volksbuch
. Dieser Teil ist überreich an neuen Kombinationen; man begrüßt
es, daß der Verf. allemal den Gewißheitsgrad, den er für erreicht hält,
ausdrücklich angibt.

Im dritten Teil, S. 257 ff., sind die im ersten nicht behandelten
Abschnitte der Inschrift besprochen. Die eigenartige Vierung in der