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1954 Nr. 3

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Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

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Theologische Literaturzeitung 1954 Nr. 3

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Darstellung ausspricht, sie dramatisieren den Leidensbericht und stellen
ihn ins kosmische Geschehen und helfen auf ihre Weise mit, das Jenseitige
im Irdischen zu repräsentieren. Naturgemäß steht das Kreuz
im Mittelpunkt evangelischer Symbolik. Darum gruppieren sich diejenigen
Zeichen, die unmittelbar den Opfertod Christi und seine Bedeutung
vergegenwärtigen wollen, wie Lamm, Pelikan, Blut und Wunden
, sodann die Zeichen der Passion, die dem Opfertod vorausging:
Marterwerkzeuge, Kelch und Hostie, Trauben und Ähren, endlich die
alttestamentlichen Bezüge auf das neutestamentliche Heilsgeschehen.
Schon das große Altargemälde Lucas Cranachs d. J. in der Stadtkirche zu
Weimar von 1555 zeigt die Kreuzigung nicht als historischen Vorgang
, sondern als Glaubenstatsache und setzt sie in vielfältige symbolische
Bezüge: so zur Ehernen Schlange des alten Bundes, die im
Hintergrund errichtet ist, zum Gotteslamm am Fuß des Kreuzes, von
dem Johannes der Täufer wie Martin Luther predigten, die beide neben
dem Kreuz stehen und mit dem älteren Lucas Cranach, den ein Blutstrahl
aus der Seitenwunde des Gekreuzigten trifft, die durch Christi
Blut erlöste Gemeinde vertreten.

Während das Kirchenlied, der erste Ausdruck künstlerischen Empfindens
der Reformationskirche, schon gleich zu Anfang durch Luther
und seine Zeitgenossen seinen eigenen bedeutenden Stil gefunden hatte,
hatte sich die bildende Kunst nach einer Zeit der Ruhe, wie sie während
der reformatorischen Kämpfe natürlich war, erst im weiteren Verlauf
des 16. Jahrhunderts wieder belebt, um ihr Programm im 17. und
18. Jahrhundert voll zu entfalten. Die Verf. zeigt, wie es in der Spätrenaissance
- und Barockzeit in den lutherischen Gebieten in der kirchlichen
Bildkunst nicht nur zu volkstümlich schlichten und zu guten
künstlerischen Durchschnittsleistungen, sondern auch zu einzelnen bedeutenden
Ergebnissen kommt, wie dem von einem Freiberger Meister
Bernhard Dietterich für eine lutherische Kirche in Prag gearbeiteten,
später in Wolfenbüttel aufgestellten und von so reicher Symbolik
trächtigen großen Altaraufsatz von 1618, wie auch dem gleichwertigen,
den der Meißner Bildschnitzer Valentin Otte 1663 für die Stadtkirchc
von Leisnig schuf, an den sich als Hauptwerk des 18. Jahrhunderts
der große Altaraufbau der Dresdner Frauenkirche von Johann Christian
Feige und Benjamin Thomae aus dem Jahre 1739 anschloß, alle drei in
Bildern und Symbolen die eindringliche Sprache lutherischer Heilsverkündigung
sprechend, der das Leiden des Herrn und seine erlösende
Kraft im Mittelpunkte stand, begleitet von der eindringlichsten Symbolsprache
. Doch auch die Grab- und Gedenksteine der Zeit, die Taufsteine
und Abendmahlsgeräte und selbst die bescheidensten Geräte kleinerer
Kirchen lassen erkennen, wie lebendig und volkstümlich die reformatorische
Symbolik gewesen ist, für die als erste und wichtigste
Quelle die Bibel zu erkennen ist. Doch auch aus der Tradition kirchlichen
Lehrens und Handelns, aus Predigt, Kirchenlied und Erbauungsliteratur
sind Künstlern und Auftraggebern sichtlich stärkste Anregungen
zugeflossen. Die Verf. führt einige literarische Entsprechungen
zur Bildsymbolik an, die zeigen, daß der große Strom der christlichen
Tradition mit seinem lebendigen Schatz an Bildern und Zeichen für
beide, literarisches wie bildhaftes Symbol, bedeutsam war. Sie schließt
mit der Feststellung, daß die dichterische und musikalische Symbolik,
die uns das Leiden Christi nahebringt, bis heute lebendiger geblieben
ist als das im Bildwerk geformte Zeichen, für das das 19. Jahrhundert
weithin kein Auge mehr gehabt hat, dessen Lebenskraft aber in der
Gegenwart vor allem durch das Wirken Rudolf Kochs und der von ihm
angeregten Werkstätten sich aufs neue erweist. Die echte Erneuerung
und Fortentwicklung evangelischer Symbolik, die sich von hier aus anbahnt
, wäre aber nicht möglich gewesen ohne die in Theologie und
Kirche gewachsene Bereitschaft zur Besinnung auf den überkommenen
Bestand und die dahinter wirkenden geistigen Kräfte. Dieser Besinnung
wollte auch die vorliegende Arbeit dienen, die sich bewußt ist, ein
erster Versuch zu sein auf neu zu eroberndem Gebiete.

Scholz, Brigitte: Der Geschichtsschreiber Albert Hauck 1845—1918.
Persönlichkeit und Werk. 2 Bde. Phil. Diss. Jena 1951, 540 S.

Albert Haucks „Kirchengeschichte Deutschlands" gehört bekanntlich
zu den größten historiographischen Leistungen in Deutschland seit
Ranke, als dessen Schüler sich denn auch Hauck lebenslang mit besonderem
Stolze bekannte. Das Angebot auf Rankes Lehrstuhl hat er als
die höchste seiner zahlreichen wissenschaftlichen Ehrungen empfunden.

Die politischen Wirren in Haucks Todesjahr 1918 mögen daran
Schuld tragen, daß Hauck bisher keine erschöpfende historiographische
Würdigung zuteil wurde, so wertvoll die große Charakterstudie seines
Schülers und Nachfolgers Heinrich Böhmers auch ist.

Die Diss. würdigt das ganze wissenschaftliche Lebenswerk des berühmten
Verfassers der „Kirchengeschichte Deutschlands". Haucks über
Ranke hinausgehende Eigenständigkeit der historischen Methode liegt in
der konsequenteren und weitgespannteren Quellenbefragung und damit
der größeren Beachtung des Volkslebens. Wieviele Äußerungen und

Reflexionen des großen Geschichtsschreibers dabei zu beachten sind, ergibt
sich von selbst. Seine Ansichten von Staat und Kirche, von Einzelperson
und Gemeinschaft, von Fortschritt und Kultur sind dabei besonderer
Achtung sicher.

Wer vermag den Reichtum der „Kirchengeschichte Deutschlands"
erschöpfend zu charakterisieren? Wie selbständig und persönlich tritt
uns der Geschichtsschreiber Hauck gegenüber, ohne je einer eigenen
Stellungnahme auszuweichen. So erkennt er z. B. die kuturellcn und
sittlichen Leistungen des Mönchtums an, bewertet es aber nach dem
asketischen Ideal, das ihm unfruchtbar erscheint, weil es nicht den tätigen
Dienst in der Allgemeinheit fordert. Die Religiosität muß als tätige
Sittlichkeit wirksam werden.

Haucks Geschichtsforschung war allein historisch bestimmt. Seine
geheimsten und tiefsten Anschauungen über die Geschichte und ihren
Verlauf standen unter christlichem Einfluß, blieben aber stets getragen
von dem Verständnis für die Notwendigkeit einer immer fließenden,
durch Menschenwerk bedingten Entwicklung aller irdischen Erscheinungen.

Als Geschichtschreiber bleibt er stets der ethische, nicht der dogmatische
Protestant, der immer die protestantisch gefaßte Heilsaufgabe
der Kirche an den Menschen im Auge behält. Haucks äußerst strenge
Urteile über GregorVII. und Innocenz III. z.B., die ihn fast als protestantischen
Rigoristen erscheinen lassen, erklären sich daraus, daß er
für das Verhältnis von Staat und Kirche eine viel schärfere Abgrenzung
fordert als Ranke. Er lehnt jede Betätigung der Kirche ab, die sie irgendwie
zum politischen Gegengewicht oder auch nur zum politischen Einflußgeber
des Staates macht, da sie dadurdi ihrem notwendigen Heilsberuf
an den Menschen und ihrem eigenen Wesen entfremdet werden
muß. Hauck ist auch kein prinzipieller protestantischer Gegner des
Papsttums, wie sein Kritiker aus dem Jesuitenorden behauptet, der natürlich
auch zu Worte kommt. Er kennt keine gehässige Polemik, sondern
schreibt mit tiefem Ernst und unerbittlicher Strenge. Kritiker wie
Haller, Hampe u.a. sind ihm unterlegen — von Einzelheiten abgesehen —
und erreichen seine Größe als Geschichtsschreiber nicht.

Als Geschichtsschreiber steht er bewußt bei Ranke und kann auch
nur neben Ranke gestellt werden. Ein Blick auf die zeitgenössischen
Leistungen auf dem Gebiete der Kirchengeschichts- und Geschichtsschreibung
vom deutschen Mittelalter zeigt, daß Hauck, wie auch in seiner
geistigen Haltung, zwar nicht Bahnbrecher, aber selbständiger und großer
Vollender begonnener Entwicklungen gewesen ist.

Haucks wissenschaftliche Leistung besteht darin, daß er als Vollender
sehr viel des Neuen entdeckte: er suchte das Widerspiel individueller
und kollektiver Kräfte in der geschichtlichen Entwicklung und
die großen Zusammenhänge in den mannigfadien Zusammenhängen
historischer Bildungen zu erfassen. Er schrieb die Geschichte der mittelalterlichen
Kirche Deutschlands und gestaltete sie zu universaler Kulturgeschichte
. Er zeichnete in künstlerischer Vollendung als erster wirkliches
gesdiichtlidies Leben unseres Volkes ohne die übliche Einschränkung
und schrieb den ersten ganz selbständigen, aus den Quellen geschöpften
Beitrag zur Geschichte der deutschen Volksseele — das Ganze
ein unvergleichliches, seither nicht wieder erreichtes Kunstwerk, das Jahrhunderte
großer Geschichte überblickt und doch das Charakteristische
der einzelnen Erscheinung beachtet und immer geschichtliches Leben
zeichnet. Die selbständige, sorgsamste Einzelforschung auf Grund eingehender
Quellenkenntnis verbindet sich mit einer großartigen künstlerischen
Darstellungskraft, die kein anderer neben Hauck aufzuweisen
hat.

Dissertationen der Katho1i s c h - T heo1ogischen
Fakultät Mainz 1948-1952.

Brück, Anton Ph., (Dr. phil.): Das Erzstift Mainz und das Triden-
tinum. 1948, IX, 140 S.

Kirsch, Johannes: Urzustand und Erbsünde nach Wilhelm von Au-
vergne. XIII, 162 S.

Berg, Hermann: Das Prinzip der gottmenschlichen Einheit bei Johann
Adam Möhler in seiner ontischen Grundlegung und ethischen Auswirkung
unter besonderer Berücksichtigung der protestantischen Glaubenslehren
. 1949, XVIII, 205 S.

Baum, Alois: Guigo, der fünfte Prior der Großen Kartause (1038—
1136). 1949, 107 S.

Link, Ewald: Das Subsidiaritätsprinzip. Sein Wesen und seine Bedeutung
für die Sozialethik. 1950, III, 134 S.

D i d a s, Nikolaus: Johann Göttlich Fichte als idealistischer Pädagoge.
Theologisch-kritische Würdigung. 1951, V, 142 S.

Embach, Johannes: Das Wormser Domkapitel in den Jahren 1789—
1802. 1952, 64 U. 18 S.

Schütz, Jakob: Der Diakonat im Neuen Testament. 1952.

Reifenberg, Hermann: Der Ordo Missae Moguntinae seit dem
14. Jhdt. 1952.