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Ausgabe:

1954

Spalte:

180

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Sturhahn, Carl Luitpold

Titel/Untertitel:

Die Christologie der ältesten apokryphen Apostelakten 1954

Rezensent:

Sturhahn, Carl Luitpold

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180

Andersartig und schwieriger liegen die Quellenverhältnissc beim
II. Mkk, wo neben der Arbeit des Epitomators (vgl. 2, 23) noch die
Tätigkeit eines späteren Bearbeiters unterschieden werden muß, der
die Briefe 1, 1—2, 18 der Epitome voranstellte und demgemäß die Abfolge
der Ereignisse im übernommenen Werk veränderte sowie die
Urkunde 11,22—26 fälschte. Nach Abheben dieser späteren Entwicklung
ist es jedoch auch hier möglich, zu einer Aussage über die Quellen
der Urschrift, der Geschichte Jasons von Kyrene, zu gelangen.
Legte bereits eine in einem gesonderten Kap. durchgeführte Besinnung
über die Chronologie des II. Mkk auch hier eine seleukidische Chronik
— vielleicht dieselbe wie im I. Mkk — als Quelle nahe, so erbringt
ein genauer Vergleich des rekonstruierten Jason mit dem I. Mkk
im letzten Teil der Arbeit den Beweis, daß auch Jason die Judas-
Vita als Hauptquelle verarbeitete. Die Vorgeschichte in 2, 19 ff., die
fast ausschließlich von den derzeitigen Hohenpriestern berichtet, scheint
er hingegen wieder aus Jahrbüchern geschöpft zu haben; außerdem standen
auch ihm ein Archiv und mündliche Tradition zur Verfügung.

Das I. Mkk und über Jasons Werk das II. Mkk berühren sich somit
in zumindest einer gemeinsamen Quellenschrift. Jason wie der
Verfasser I. Mkk schrieben ihre Werke in den Jahren vor 106 v. Chr.
nieder. Beide gehörten wohl zu pharisäisch orientierten, dabei jedoch
durchaus national denkenden Juden, während (ich eine solche nähere
Aussage für die Autoren der Quellenschriften nicht machen läßt, wurden
diese doch bereits vor Ausbildung des pharisäisch-sadduzäischen
Gegensatzes abgefaßt.

S t e e g e, G.: Mythos, Differenzierung, Selbstinterpretation. Versuch
zur erkenntnistheoretischen Grundlegung einer entmythologisierenden
Theologie unter kritischem Rückblick auf die intuitive Erkenntnismethode
Reinhold Seebergs. Diss. Greifswald 1952. Im Druck erschienen
Verlag Reich, Hamburg (Theologische Forschung 3).

Strauß, Gerhard: Schriftgebrauch, Schriftauslegung und Schriftbeweis
bei Augustin. Diss. Göttingen 1953.

Die Arbeit zeigt im 1. Kapitel, ausgehend von Augustins Glaubensbegriff
, die eigentümlich instrumentale und vorläufige Bedeutung auf,
welche der Offenbarung und der hl. Schrift auf dem Hintergrund von
Augustins neuplatonischer Ontologie zukommt. Die von Natur nach
Wahrheit und Glück strebende Seele findet in der von der Kirche kanonisierten
hl. Schrift die Autorität, der sie sich auf ihrem Weg zu
Gott anvertrauen kann. In Glauben und Liebe ergreift sie das in Gestalt
der Offenbarung in die Zeit eingegangene Unveränderliche. Jegliche
Schriftauslegung ist nur dann legitim, wenn sie der Glaubensregel
folgt und die Liebe auferbaut. Indem ihr das gelingt, macht sie
sich nach und nach selbst überflüssig.

Das 2. Kapitel geht einer anderen Gedankenreihe nach: Im Voranschreiten
der Offenbarung überbietet Gott selbst immer wieder die
Deutlichkeit der zeitlichen Manifestation seiner ewigen Wahrheit. An
Augustins Äußerungen zu den Fragen nach der Inspiriertheit der LXX,
dem biblischen Kanon und der Einheit von AT und NT wird dies u. a.
verdeutlicht.

Die hieraus folgenden hermeneutischen Probleme im engeren Sinn
kommen im 3. und 4. Kapitel zur Sprache. Das 3. Kapitel sucht zunächst
Zusammenhänge der augustinischen Sprachphilosophie mit seiner
Schriftauslegung. Ausgehend von dem bei A. immer dringender werdenden
Streben nach einer Auslegung „ad littcram" wird hier untersucht
, warum er seine eigene Forderung nach Litteralexegese nur ungenügend
verwirklichen konnte. Dies hängt mit seinem Zeichenbegriff
zusammen. Das zeitliche Signum weist dank eines ontologischen Zusammenhanges
auf eine unveränderliche res. Er soll mit Hilfe der artes
liberales aufgedeckt werden. Die Satz für Satz auslegende allegorische
Methode findet hier ihre philosophisch-theologische Begründung. Der
ehemalige Rhetor übernimmt dabei Gedankengut aus der Tropenlehre
der antiken Rhetorik. — Der Zeichenbegriff bekommt jedoch eine eigenartige
Dynamik, indem er von A. nun auch auf Vorgänge in der Zeit
angewandt wird. Das Signum wird zum vorgängigen Zeichen einer res,
die zu gegebenem, von Gott frei bestimmtem Zeitpunkt selbst im geschichtlich
-wandelbaren Bereich erscheint (Verheißung-Erfüllung). Die
Forderung der Rhetorik nach Beachtung der „circumstantia" und der
„contextio" findet damit Eingang in die biblische Hermeneutik, sofern
ihre Beachtung bei der rechten Erkenntnis der „Signa" (als facta) behilflich
sein kann. Mit dem Vordringen dieser Einsicht verstärkt A.
seine Forderung nach einer Exegese „ad litteram". — Eine weitere Übernahme
rhetorischen Gedankengutes erlaubte es Augustin, die Offenbarung
als in der Zeit nach bestimmten Regeln ergehende Rede zu verstehen
. Sie erfolgt in tropischer, uneigentlicher Redeweise, weil in der
Zeit lediglich eine inadäquate Manifestation der ewigen Wahrheit möglich
ist. Ein und dieselbe res kann durch verschiedene signa, je nach

den Umständen, bezeichnet werden. Für die Schriftauslegung bedeutet
dies eine stärkere Hinwendung zur typologischen Exegese.

Das 4. Kapitel geht den Folgerungen, die sich aus dem Verständnis
der Offenbarung als Rede ergeben, weiter nach. Die Bedeutung rhetorischer
Figuren wie der Antithese, Synekdoche, Metonymie, Abusio,
Hyperbel für die Schriftauslegung A.s wird näher untersucht. Er entdeckt
auch der Bibel allein eigentümliche genera locutionis: ihre Unkenntnis
erzeugt die dunklen Stellen in der Schrift. Jedoch werden von
A. im Zusammenhang mit den obscura der Schrift u. a. auch pädagogische
, ästhetische und prädestinatianische Erwägungen angestellt. —
An der Auffassung A.s vom Verhältnis zwischen Literal- und Spiritualsinn
der Schrift wird schließlich aufgezeigt, wie die von der Rhetorik
beeinflußte, prophetisch-typologische Auslegungsweise die metaphysisch
-spekulative, allegorische Auslegung nicht aus ihrer bestimmenden
Stellung verdrängen konnte. Die Auslegung „von oben her" behält
die Oberhand: man findet in der Schrift wieder, was man grundsätzlich
schon vorher gewußt hat.

Schriftbeweis ist daher, so zeigt das 5. Kapitel, die Rückbeziehung
einer Erkenntnis der ratio auf die auetoritas. Er hat nur illustrierende
Bedeutung, sofern die natürliche ratio und die auetoritas der Schrift
als Beziehungspunkt ein und dieselbe veritas haben. Er ist lediglich
Vergewisserung über die Richtigkeit rational gewonnener Erkenntnisse.

Sturhahn, Carl Luitpold: Die Christologie der ältesten apokryphen
Apostelakten. Ein Beitrag zur Frühgeschichte des altkirchlichen Dogmas
. Diss. Heidelberg 1951. Erschienen in Mikrokopie: Mittelstelle
für Mikrokopie, Göttingen 1952. 348 S. DM 20.40.

Wachs, Hans-Joachim: Johanneische Ethik. Diss. Kiel 1952, 106 S.

Die Arbeit, die sich auf das Evangelium und die Briefe des Johannes
beschränkt, setzt sich mit der in der neueren, einschlägigen Literatur
fast durchgehend vertretenen These auseinander, daß bei Johannes
die urchristliche Ethik durch spätjüdischen Nomismus und gnostischen
Partikularismus, zumindest in der Terminologie, verfälscht sei und
kommt zu dem Ergebnis, daß die urchristliche Ethik in den Johannesschriften
in ihrer ursprünglichen Reinheit erhalten geblieben ist. —
Gliederung: I. Der Mensch vor der Begegnung mit Jesus. II. Das neue
Sein der Christen. III. Das Liebesgebot (Gesetz und Gebot; Die Motive
des Liebesgebotes; Das Neue am Liebesgebot; Die partikularistische
Fassung des Liebesgebotes). IV. Christ und Sünde (Gotteskindschnft
und Sünde: Sünde zum Tode). V. Die johanneische Ethik im Zusammenhang
des NT (Synoptiker, Paulus) und im Verhältnis zur Gnosis.

Wendel, (verh. Moltmann) Elisabeth: Kohlbrügges Ekklesiologie im
Zusammenhang und Entwicklung seiner Theologie. Diss. Göttingen
1951.

Hermann Friedrich Kohlbrügge (1803—1875), dessen Name und
Bedeutung bis in die zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts nur einem
exklusiven Kreis reformierter Pfarrer bekannt war, ist von der dialektischen
Theologie als ein den Reformatoren nah verwandter Theologe
wieder entdeckt und im Gewand reformatorisch-dialektischer Theologie
publik gemacht worden. Die vorliegende Arbeit geht von der Frage
aus, ob die Verkündigung dieses Holländers und späteren Pfarrers an
der Niederländisch-Reformierten Gemeinde zu Elberfeld gesehen in
ihrer geschichtlichen Voraussetzung und ihrer Tendenz eine Wiederholung
der reformatorischen Predigt ist, oder ob nicht mystisch-spiri-
tualistische Züge der holländischen Tradition seiner Theologie das
stärkere Gepräge gegeben haben. Die Ekklesiologie, an der sich
schon die doketische Tendenz seiner Schüler und Freunde In
kirchlicher und politischer Entscheidung nachweisen läßt, bildet das
eigentliche Thema der Untersuchung. Sie kann jedoch nur im Rahmen
seiner gesamten Theologie betrachtet werden.

Die Bearbeitung der frühesten Schriften (sie sind wie auch alles
andere Quellenmaterial im Utrechter Kohlbrügge-Archiv gesammelt)
ergibt eine enge Berührung mit dem Niederländischen Revcil in seinen
charakteristischen Zügen. Theologische Mystik und politischer Konservativismus
, die ihren gemeinsamen Ausdruck im Gedanken der
„liidelijkheid" des Menschen finden, begegnen schon bei Willem Bil-
derdijk, dem Vater des Reveil. Sie bleiben auch bis zuletzt Formen des
theologischen Denkens Kohlbrügges. In ihnen vollzieht sich auch im
Jahre 1 833 die Abkehr von der Erweckungstheologie und die Formung
seiner eigenen Theologie. Das Gesetz, nicht mehr die souveräne prädestinierende
Gnade, wird zum Ausgangspunkt seiner Überlegung und
formt eine eigenwillige Theologie, in der die mythologischen Kategorien
den Existentialen weichen. Aus dem Gottmenschen Christus
wird der unter dem Gesetz leidende Mensch, dessen Geschichte sich