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Ausgabe:

1953

Spalte:

157-159

Kategorie:

Kirchengeschichte: Territorialkirchengeschichte

Autor/Hrsg.:

Honigmann, Ernst

Titel/Untertitel:

Évêques et évêchés monophysites d'Asie antérieure au VIe siècle 1953

Rezensent:

Elert, Werner

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157 Theologische Literaturzeitung 1953 Nr.3___[

nen; und er wird nicht bestreiten, daß der Verf. mit Wärme und
Begeisterung schreibt. Aber wer sehr wesentliche Prämissen der
Darstellung für unhaltbar ansieht (die Echtheit sämtlicher Pau-
lusbricfe; das Fehlen jedes Widerspruchs zwischen Paulusbriefcn
und Apostelgeschichte; den großen Wert des westlichen Textes
der Apostelgeschichte einschließlich der Lesart in Apg 11,28;
die Zuverlässigkeit der Berichte über die Reden des Paulus in der
Apostelgeschichte; die Abfassung der Apostelgeschichte zu Anfang
der 60er Jahre; die Erklärung des Epheserbricfs als Rundbrief
u. s. w.), der wird auch die ganze Darstellung nicht für eine
wirklich haltbare Wiedergabe des uns geschichtlich Erkennbaren
ansehen können. Es ist selbstverständlich, daß auch diese Darstellung
zu zahlreichen Konstruktionen gezwungen ist (Paulus
hat schon als Jude unter dem Gesetz das Leben unter dem Gesetz
als Sklavenlebcn empfunden; das Verhalten der Jcrusalcmer
Christen muß auf den Christenverfolger Paulus Eindruck gemacht
haben; Lukas war schon von Antiochia an auf der 2. Mis-
sionsreise Begleiter des Paulus; der Gefängniswärter in Philippi
Ml identisch mit dem Clemens in Phil 4, 3; Lukas der Arzt muß
gewußt haben, was mit Eutychos Apg 20, 9 ff. geschehen war;
für den in Caesarea gefangenen Paulus gilt: „nor was it likely
that he was denied a bath when he needed one"; bei der Rede
des Paulus vor Agrippa Apg 26 war Lukas anwesend u. s. w.);
und besonders bei den geographischen Überlegungen spielt das
• •likely" eine bedenkliche Rolle. Es lohnt sich aber schwerlich,
auf alle die Punkte einzugchen, wo man auch anders urteilen
kann, oder wo die geäußerten Vermutungen oder Konstruktionen
unwahrscheinlich oder völlig unhaltbar sind. Denn die Darstellung
als ganze ist ja in ihren methodischen Voraussetzungen
Problematisch und bietet auch keine wesentlichen eigenen Anschauungen
(Hauptzeugen der Darstellung sind Th. Zahn und
«■ M. Ramsay; als Sonderanschauung erscheint die These, daß
die 2. Reise des Paulus nach Korinth vor den 1. Korintherbrief
zu verlegen sei, wobei die Annahme eines Zwischenbriefes weg-
tällt). Der heutige Forscher wird darum schwerlich aus diesem
Buch etwas lernen können.

MnrhurK Werner Oeorg Kümmel

KIRCHEN GESCHICHTE: OSTKIRCHE

Honigmann, Ernest: Eveques et Evechcs monophysites d'Asie an-
tericurc au Vle siccle. Louvain: lmpr. Orient. L.Durbecq 1951. XXXVI,
286 S., 3 Kt. gr. 8° = Corpus Scriptorum Christianorum Oricntalium.
Ed. consilio Univ. Catholicae Americae et Univ. Catholicae Lova-
niensis. Vol. 127. Subsidia Tome 2. bfr. 425.—

Das Buch behandelt in zwei scharf getrennten Teilen
die „monophysitischc Hierarchie" unter Severus v. Antiochien
(512-18) und in der Zeit des Jakob Baradai (542-78). Der
Unterschied beruht darauf, daß in der ersten Periode die mono-
physitischen Bischöfe legitime Bischöfe der Reichskirche sind,
während nach der endgültigen Verdammung der Monophysiten
durch die Synode von Konstantinopel 536 eine selbständige
Hierarchie (beginnend mit der Konsekration von Jakob und
Theodor durch Theodosius v. Alexandrien, 542) aufgebaut wird.
Der erste Teil ist geographisch disponiert. Die Untersuchungen
erstrecken sich hier auf die Bistümer des Patriarchats Antiochien
und auf die Diözesen Asien und Pontica des Patriarchats Konstantinopel
, soweit Monophysiten in ihnen vorhanden sind.
Sichere Quellen bilden dabei außer zwei kleineren Subscriptions-
listcn vor allem das durch Johann v. Ephcsus aufgestellte, in syrischen
Chroniken erhaltene Verzeichnis der im Jahr 518 abgesetzten
Bischöfe und die durch Brooks edierten Briefe des Severus.
Zur Vervollständigung ist natürlich das gesamte vorhandene
Quellenmaterial herangezogen. Die Untersuchung geht vielfach
bis auf das Enkyklion des Basiliskus zurück, sodaß auch der häufige
Richtungswcchscl bei manchen Bischofssitzen sichtbar wird.
Schließlich ist ja oft schwer zu sagen, wo bei der Stellung zum
Hcnotikon die Grenze der Parteien verläuft.

Für den zweiten, nach Biographien gegliederten Abschnitt
sind die Grenzen der Untersuchung klar. Die Hauptquelle bildet

hier naturgemäß Johann v. Ephesus, seine KG und seine Vitae
der östlichen Heiligen. Honigmann geht davon aus, daß Jakob
Baradai nach seiner eigenen Konsekration zunächst nur Priester
geweiht, und stimmt Brooks (gegen Sanda, Nau, G. Krüger,
Maspero) darin zu, daß er mit der Einsetzung von Bischöfen erst
557/58 begonnen hat. Die Zahl 87 (89) in dem Spurious Life of
James (PO 19,241) ist sicher übertrieben. Honigmann hält sich
an die Angabe Johanns v. Ephesus, der bis zur Abfassung seiner
Vitae (566) außer den einander folgenden Patriarchen Sergius
und Paul V.Antiochien nur 27 Bischöfe kennt, davon 11 nicht
mit Namen genannte in Ägypten. Bis 578 folgen dann noch 17
weitere, alles in allem geringe Zahlen, zumal im Zusammenhang
mit dem Streit um Paul d. Schwarzen und mit den tritheistischen
Streitigkeiten auch die Verhältnisse in Ägypten herangezogen
werden.

Das Werk bietet außer kurzen Einführungen in die einzelnen
Abschnitte keine Geschichte des Monophysitismus, es geht auch
nicht auf die theologischen Fragen ein, aber es ist ein ausgezeichnetes
Nachschlagewerk, dessen Benutzung durch ein gutes Register
erleichtert wird. Es enthält viele scharfsinnige Kombinationen
und korrigiert an der Hand der letzten Quelleneditionen
nicht wenige ältere Darstellungen. Der Hauptwert besteht jedoch
darin, daß man bei jedem bekannten und weniger bekannten
Monophysiten Hinweise auf das gesamte Quellcnmaterial wie
auf die sekundäre Literatur findet, wenn auch Überschneidungen
und Wiederholungen dabei unvermeidlich waren.

Nur einige Randbemerkungen seien gestattet. Hinsiditlich der Herkunft
Julians v. Halikarnaß wurde weder von Honigmann (S. 125) noch,
soviel ich sehe, von andern bisher eine Notiz in einem dem Anastasius
Sinaita zugeschriebenen, von Pitra (Jur. eccl. graec. hist. et mon. II
S. 262) edierten brevis sermo de haeresibus beachtet. Hier wird Julian
als Araber von Geburt bezeichnet (tö jt'voc rmv Xtynuhwv 'Aygavtt&v
2aoaxrjvo>it /nimiaviTiv rk rä fieotj tfj^'AvaroXiji). — Das zur Metropole
Damaskus gehörige Bistum rwv Zanaxr]rö>v in der Notitia Antiodiena
von 570 wird von Honigmann (S. 100) in Thelsca lokalisiert, weil sich
dort eine Garnison sarazenischer Reiter befand. In Wirklichkeit bezeichnet
dieser Titel Bischöfe der zeltenden foxrjrhai, nxtjrfjrnt) Araber,
die nicht ortsgebunden sind. Der in den Listen von Chalkedon genannte
Eustathius rßvovs Saqaxrjrtov unterschreibt die Antwort der
Bischöfe der Phocnicia Libanensis an Kaiser Leon als episcopus Saracino-
rum ebenfalls ohne Ortsbezeichnung (Schwartz, Acta II. 5 p. 44 ff). Auch
die Honigmann aus seinen Juvenal-Studien (Dumbarton Oaks Papcrs V,
1950, S 209 ff) gut bekannten kÜOHtmoi rü>v jiagr/ißo).ä>r bei Jerusalem
erscheinen in den Konzilsakten als btWMOXOt to>v Snoaxvriöv,
Auxolaos in Ephesus 449, Johannes in Chalkedon. Der erste dieser Reihe
Petrus (Agapet) trägt in den Akten des Ephesinums von 431 den volltönenden
Titel fit. rä>v mpFfißoi.wv rrje; UaXaunhtjt, ebenso einmal
bei Johann v. Skythopolis, ein sicherer Beweis, daß diese Araberbischöfe
das Tcrritorialsystem der lokalisierten Bistümer überschneiden. Es gibt
noch andre Beispiele.

Von den Beduinenstämmen, für welche diese Bischöfe bestimmt und
soweit sie imöonovboi des römischen Reiches sind, werden nach Prokop
(bell. Pers. I, 17) ca. 529 „möglichst viele" dem Ghassaniden Charet
(Arethas) b. Gabala (528—569;. dem späteren Patricius, als Obcrphy-
larchcn unterstellt. Es ist der gleiche Charet, der als Patron der Monophysiten
im Jahr 542/43 jene Konsekration der ersten Monophysiten-
bischöfe Jakob Baradai und Theodor bei der Kaiserin Theodora erwirkt.
Theodor ist gegenüber der glänzenden Wirksamkeit Jakobs immer im
Schatten geblieben. Honigmann hat alle Notizen über ihn mit minutiöser
Sorgfalt zusammengetragen, jedoch, wie ich glaube, die Bestimmung
seines Zuständigkeitsbereichs nicht ganz riditig interpretiert. Nach vita
49 Johanns v. Ephesus empfängt Jakob den (Titular-)Episkopat „der
Stadt Edcssa und Theodor den der Hirtha der Sarazenen" (PO 18.693).
Schon hieraus ergibt sich, daß Theodors Episkopat nicht an einen der
festen Bischofssitze anknüpft. In vita 50 heißt es ebenfalls von ihm:
für die Hirtha der Sarazenen, und dann weiter: ,.Er übt seine Autorität
aus in den südlichen und westlichen Gebieten (der Verfasser spricht
von einem Punkt in Syrien aus) und dem Ganzen der Wüste, in Arabien
und Palästina bis Jerusalem" (PÖ 19, 154). Das dürfte genau dem von
Nöldeke nachgewiesenen politischen Zuständigkeitsbereich Charcts über
die Araberstämme entsprechen. Erst in dem aus dem 8. Jahrhundert
stammenden Spurious Life of James wird Theodor als Bischof von Bostra
bczeidinet. Honigmann hat diese Behauptung offenbar ernst genommen,
obgleich er weiß, daß Theodor niemals dort residierte (S. 160); aber sie
beruht offensiditlich auf späterer Kombination. Hirtha wird von Honigmann
nadi dem Vorgang Nöldekes und anderer nur auf das Heerlager
des Oberphylarchen selbst (gewöhnlich im Golän, Prov. Palästina III)