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Ausgabe:

1953

Spalte:

106-108

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Hinrichs, Carl

Titel/Untertitel:

Luther und Müntzer 1953

Rezensent:

Elliger, Walter

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105 Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 2 __106

andern Beständen des Basler Staats- und Universitätsarchivs: besonders
ertragreich erscheint in dieser Beziehung (S. 99 ff) ein
Verzeichnis von Studenten in den Basler „Glückshafenbüchlein"
um 1471. Der ursprüngliche Plan, möglichst alle so erfaßten Studierenden
auch noch zu identifizieren, mußte leider fallen gelassen
werden. Näher bestimmt wurden nur Studenten aus der
Eidgenossenschaft und den daran angrenzenden Gebieten, wie
auch die „bedeutenderen Persönlichkeiten". Grundsätzlich wurden
auch keine weiteren Notizen über die Studenten aus literarischen
Quellen und auswärtigem archivalischem Material gemacht.
Die Edition beschränkt sich somit auf die Wiedergabe und teilweise
Kommentierung dessen, was Rektorats- und Fakultätsmatrikeln
bieten: d. h. Name, Vorname, (Diözesan-)Herkunft und
Höhe der Einschreibegebühr (meist VI ß), dazu im Kommentar
akademische Grade, späterer Beruf und Lebenserfolg. Daß so
Lücken blieben, Unregelmäßigkeiten entstanden, ist natürlich;
ihnen aber allzugroße Bedeutung zuzumessen, wäre angesichts des
im ganzen durchaus positiven Bildes ungerecht.

Wertvolle Ergänzungen der nach den ungefähr halbjährig
wechselnden Rektoraten unterteilten Matrikel bieten nämlich
Verzeichnisse der Rektoren mit der jeweiligen Zahl der Immatrikulierten
(nach der Rektoratsmatrikel), der Dekane der theologischen
, juristischen, medizinischen und Artisten-Fakultät,
(zwar nach etwas sonderbaren Gesichtspunkten zusammengestellte
) Personen- und Ortsregister, sowie ein knapp gehaltenes
Vorwort des Herausgebers. Wackernagel zeigt darin, daß die Matrikeln
in keiner Weise die Gesamtheit der Studierenden umfaßt
habe. In Tat und Wahrheit sei (wie bereits angedeutet) die Zahl
der nicht in den offiziellen Listen aufgeführten Studierenden für
diese erste Epoche der Basler Universität in die Hunderte gegangen
, seien aber umgekehrt auch nicht alle Immatrikulierten unbedingt
Studenten gewesen; viele, besonders Diener vornehmer
Studenten, Schreiber, Buchdrucker und Buchbinder hätten sich
oft nur zum Scheine immatrikulieren lassen, um der Privilegien
der Universität teilhaftig zu werden. Mit Recht weist Wackernagel
auch auf den grundsätzlichen Unterschied zwischen mediaeva-
lem und neuzeitlichem Hochschulwesen hin: der Verbindung
von Lehren und Lernen an der alten Basler Universität. Zahlenmäßig
kommt das etwa dadurch zum Ausdruck, daß rund 92%
aller Immatrikulierten nur an der facultas artium studierten und
nur $% einem höheren Studium oblagen. Ein völliges Schattendasein
scheint die medizinische Fakultät geführt zu haben.

So gäbe es noch manches zu berichten. Ich will indes weder
die Auswertung dieser hervorragenden Geschichtsquelle vorwegnehmen
noch allzusehr auf Mängeln herumreiten. Ein Vergleich
mit andern bereits edierten, meist deutschen, Universitätsmatrikeln
zeigt, daß beides durchaus möglich wäre.

Zürich Fritz Büsser

Tausch, Hildebert, Dr. P., O.S.B.: Benediktinisches Mönchtum in
Österreich. Eine Festschrift der Österreich. Benediktinerklöster aus
Anlaß des 1400jähr. Todestages des heiligen Benedikt, hrsg. Wien:
Herder 1949. XII, 3 52 S., 1 Taf., 1 Kt. Lw. DM 9.80.

Zwar „post festum", aber doch nicht überholt, erscheint hier
noch eine festliche Gedenkschrift zum 1400jährigen Heimgang
des großen Gottesmannes, der in bewegter Zeit gelebt und
Schule gemacht hat. Ohne Zweifel freut man sich dieser stattlichen
Festgabe aus dem vertrauten Nachbarland, das vordem ein
Glaube und ein Szepter mit uns verband. Das heutige Österreich
hat seine eigene Vergangenheit und seine besondere Gegenwart,
und um diese handelt es sich in diesem Buch. Das alte Österreich-
Ungarn hatte viele selbständige Klöster, die sich erst vor gut
60 Jahren in sog. Kongregationen O. S. B. zusammenschlössen.
Durch Kaiser Joseph II. hatten sie ein bestimmtes, durch Schulen
und Seelsorge beherrschtes Gepräge ohne eigentlich monastische
Geistigkeit erhalten. Wiederholte Visitationen wollten in letzterem
Sinne einwirken: die geschichtliche Entwicklung hat das
heutige Österreich in seiner Eigenart geschaffen.

Wir kennen eine Österreichische Benediktinerkongregation,
den Klösterverband der österreichischen Republik. Zu ihren
13 Abteien von meist ehrwürdigem Alter kommen noch zwei auf
österreichischem Boden, von denen die eine (Seckau), einst Domstift
des gleichnamigen Bistums, seit bald 70 Jahren dem Klösterverband
von Beuron, die andere, das Gallusstift bei Bregenz, der
Schweizer Kongregation angehört. Aber Seckau und Gallusstift
blieben hier leider völlig unbeachtet. Eine stattliche Reihe von
Mitgliedern behandelt nun: I. die Geschichte, II. das Arbeitsfeld,
III. die Mitarbeiter und schließlich IV. Wesen und Ziel des benc-
diktinischen Berufes. — Abtpräses Dr. Theodor Springer von
Seitenstetten zeigt in seinem Geleitwort, wie treffend der jetzige
Heilige Vater den Patriarchen von Monte Cassino — trotz der
Tragödie des ehrwürdigen Stammklosters in jüngster Zeit — den
Vater Europas genannt hat. Obgenannter Herausgeber sieht in
dem stattlichen Band mit Fug und Genugtuung „eine Gemeinschaftsarbeit
österreichischer Benediktinerabteien". Sechs Arbeiten
zeichnen eigentliche österreichische Klostergeschichte, begonnen
mit St. Benedikt bis zur Aufführung erloschener Abteien; neun
fesselnde Studien schildern die mannigfache Wirksamkeit der
Klöster in Schule und ordentlicher Seelsorge auf benediktinischer
Grundlage, außerordentlichem Apostolat in Wallfahrten und durch
Benediktinerbischöfe, schließlich auch in moderner Seelsorge und
sozialen Aufgaben; fünf Überblicke sind vom Schaffen der Laienbrüder
, Nonnenklöster, Innen- und Weltoblaten, wobei teilweise
neue klösterliche Gebilde zu Wort kommen. In den letzten vier
Beiträgen will der Herausgeber ganz wesentliche Gesichtspunkte
wie Regeltreue, Ausbildung des Nachwuchses, Bedeutung der
österreichischen Klöster für den Gesamtorden und — nicht zuletzt
— ein erstrebtes Idealbild des Wirkens österreichischer Klöster
vor Augen führen. Wo man, wenn die Wirklichkeit auch noch
mehrfach im Hintergrund bleibt, solch ein Ideal vor Augen hat
und mit ganzer Seele erstrebt, da wird die Vorsehung, wird der
Geist St. Benedikts seinen Beistand geben.

Beuron Justinus Littenweiler

KIRCHENGESCHICHTE: REFORMA TIONSZEIT

H i n r i c h s, Carl: Thomas Müntzer. Politische Schriften mit Kommentar
hrsg. Halle/S.: Niemeyer 1950. 103 S. gr. g" = Hallisdie Monographien
, hrsg. v. Otto Eißfeldt. Nr. 17. DM 8.60.

— Luther und Müntzer. Ihre Auseinandersetzung über Obrigkeit und
Widerstandsrecht. Berlin: de Gruyter 1952. VIII, 187 S. gr. 8U = Arbeiten
zur Kirchengeschichte. Begr. v. H. Lietzmann, hrsg. v. K.
Aland, W. Eltester u. H. Rücke«. H. 29. DM 19.80.

Eine kritische Gesamtausgabe der literarischen Hinterlassenschaft
Thomas Müntzers hat gegenüber anderen Aufgaben allzu
lange zurückstehen müssen. Nach der Herausgabe des Briefwechsels
durch H.Böhmer und P. Kirn (1931) werden wir nunmehr
durch die Veröffentlichung von Hinrichs dem Ziele wieder einen
Schritt näher gebracht. Sie ist zwar noch nicht als Definitivum
anzuerkennen, wird aber als eine wertvolle vorbereitende Arbeit
für eine endgültige Gesamtausgabe, die u. a. auch die notwendig
gewordene Überprüfung der bibliographischen Angaben von
Günther Franz zu berücksichtigen hätte, ihre Bedeutung behalten.
Hinrichs legt unter dem etwas unglücklich gewählten Titel „Politische
Schriften" die Schriftengruppe vor, die,wie er sagt, „recht
eigentlich Müntzers revolutionäre Theologie enthält im Gegensatz
zu den vorhergehenden mehr theologischen und liturgischen
Schriften, deren Herausgabe Günther Franz für den Verein für
Reformatiosgeschichte vorbereitet". Gemeint ist offensichtlich die
„Theologie des Revolutionärs" M. etwa in dem allgemeinen
Sinne des Titels von Ernst Blochs Buch „Thomas Müntzer als
Theologe der Revolution". Er faßt darunter die letzten drei
Schriften zusammen, nämlich 1) Auslegung des zweiten Kapitels
Danielis 2) Ausgedrückte Entblößung des falschen Glaubens
3) Hochverursachte Schutzrede und Antwort wider das geistlose
sanftlebende Fleisch zu Wittenberg.

Die Absicht des Herausgebers war einmal „die vollkommen
buchstabengetreue Wiedergabe", die im Einzelnen nachzuprüfen
mir leider nicht möglich war. Hier bleibt nur zu bedauern, daß
Handschrift und Druck der „Ausgedrückten Entblößung", die in
so vielsagend bedeutungsvoller Weise voneinander abweichen,
nicht auf gegenüberliegenden Seiten nebeneinander abgedruckt
worden sind, um die charakteristischen Veränderungen, die Munt-