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Ausgabe:

1953 Nr. 2

Spalte:

93-94

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Ohm, Thomas

Titel/Untertitel:

Die Liebe zu Gott in den nichtchristlichen Religionen 1953

Rezensent:

Rosenkranz, G.

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93

Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 2

94

Ohm, Thomas, O. S. B.: Die Liebe zu Gott in den nichtchristlichen Religionen
. Die Tatsachen der Religionsgeschichte und die christliche
Theologie. Krailling vor München [jetzt Freiburg/Br.]: Wewel 19 50.
XVI, 544 S. 4°. kart. DM 19.-; Lw. DM 22.-.

Dies ist ein außerordentlich reiches Buch. Sein Inhalt geht
weit über das hinaus, was sein Titel vermuten läßt; sein Untertitel
deutet es an. Seinem Verfasser — Professor für katholische
Missionswissenschaft in Münster — ist dafür zu danken, daß er
durch fast zwei Jahrzehnte hindurch auf seinen Reisen in Asien
und Afrika sowie in den Bibliotheken Europas bemüht gewesen
ist, das Material für diese Arbeit zu sammeln, und daß er seine
akademische Tätigkeit wiederholt als Anlaß genommen hat, die
Fülle des Stoffes zu meistern und zu formen. Daß bei der endgültigen
Gestaltung des Buches kleine Unebenheiten stehengeblieben
sind, ist bei seinem Umfang entschuldbar. Auf Seite 353
bleibt z. B. unerkennbar, daß das dort mitgeteilte Gedicht nicht,
auch nicht in deutscher Nachdichtung, von Rümi, sondern von
Gustav Schüler stammt.

Der Titel des Werkes läßt den Leser eine religionsphäno-
menologische Untersuchung erwarten, und in der Tat enthalten
die beiden ersten Bücher eine solche Studie, die die Gottesliebe
als „Antwort der NichtChristen auf den Anruf Gottes" in den
Religionen darstellt.

Wie dies geschieht, macht freilich den evangelischen Leser schon
beim Lesen der Einleitung stutzig und veranlaßt ihn zu Fragen. Läßt
sich das Wort „Gott" wirklich „nicht bloß für den persönlichen, einen,
einzigen, allwissenden, allmächtigen, ewigen und heiligen Schöpfer Himmels
und der Erden . . ., sondern auch für andere höhere Wesen" verwenden
(S. 1)? Schon Celsus hat das Umgekehrte, das ja dann auch möglich
wäre, versucht; was Origenes ihm unter Berufung auf „die tiefe
und geheimnisvolle Lehre von dem Wesen der Namen darauf geantwortet
hat (Contra Cclsum I, 24—26), ist in seiner Gültigkeit durch
mannigfache Erfahrungen der Mission in Jahrhunderten bestätigt worden
. „Ermangelung eines anderen Ausdrucks" ist dafür kein Entschuldigungsgrund
, und „Anpassung an den Sprachgebrauch" (ebd.) ist ein so
gefährliches Unternehmen, daß seine Gefährlichkeit zum mindesten gekennzeichnet
werden müßte. Es ist auch gewagt, „den Ausdruck .Gottesliebe
' in Anpassung an die Sprachgewohnheiten" (S. 1 5) so weit zu fassen
, wie der Verf. dies tut, obwohl er ihm selber dafür als „unzutreffend
" erscheint (ebd.). Kann man wirklich die Theologie der Reformatoren
und Karl Barths als ..religiösen Agnostizismus" bezeichnen (S. 44)?
Und wenn der Verf. schreibt: „Was wir Katholiken .natürliche' Offenbarung
nennen, heißen die Protestanten gern .allgemeine' und was wir
.übernatürliche' nennen, gern .spezielle' Offenbarung" (S. 43, Anm. l),
so ist einerseits das Wörtchen .gern' nicht ausreichend für eine solche
Gleichsctzung, andererseits ist das Verhältnis entscheidend, in dem Katholiken
bzw. Protestanten die beiden Arten der Offenbarung zueinander
sehen. Niemals könnte sich der Referent so uneingeschränkt, wie
es der Verf. über ihn und andere evangelische Theologen aussagt, zu
dem Satz bekennen, ..daß es eine allgemeine oder natürliche Offenbarung
Gottes durch die Natur, die Geschichte und das Gewissen gibt
und diese Offenbarung von den Menschen verstanden werden kann'
(S. 44).

Hier zeigt sich bereits, was der Untertitel des Werkes andeutet
und das dritte Buch („Würdigung und Auswertung") zu vollem
Ausdruck bringt, daß Ohm von Anfang an keinen nur deskriptiven
Beitrag zur rcligionswissenschaftlichen Forschung beabsichtigt
hat, sondern daß seine Arbeit auf katholischer Seite dem
entspricht, was die protestantische Theologie immer wieder als
„evangelische Religionskunde" gefordert und erwogen hat. Es
ist verständlich, ja, folgerichtig, daß gerade hier, in der Auseinandersetzung
der Christusbotschaft mit den Religionen, nicht
nur die verschiedene Grundlegung und Methodik der beiden Betrachtungsweisen
hervortritt, sondern ihre Gegensätzlichkeit vollends
dort sichtbar wird, wo es zur „Auswertung" des religionsgeschichtlichen
Materials für die Mission kommt. Dabei gelingt
es dem Verf. bei seinem umfangreichen Gebrauch evangelischen
Schrifttums nicht immer, die verschiedenen theologischen Ausgangspunkte
und Urteile, die in ihm vorliegen, in ihrer Eigenart
zu erkennen und zu behandeln. Das ist zu verstehen, weil in der
evangelischen Theologie alle diese Fragen noch im Fluß und deshalb
in ihr selbst nicht leicht zu übersehen sind. Überdies stehen
für ihre Beantwortung keine autoritativen Normen zur Verfügung
, wie sie die katholische Theologie im Thomismus besitzt.
Daß auch sie noch Nuanzierungen einer „katholischen Religionskunde
" zulassen, die zu erkennen wiederum dem evangelischen

Theologen nicht leicht fällt, bezeugt das Buch Ohms. Sein besonderer
Wert liegt darin, daß es die evangelische Religionskunde
nicht nur nötigt, sondern ihr durch seine konkreten Aussagen
die Möglichkeit gibt, ihre eignen Methoden und Ergebnisse zu
überprüfen. Die Gemeinsamkeit katholischer und evangelischer
Stellungnahme zu den nichtchristlichen Religionen zeigt sich
nicht immer dort, wo der Verf. sie voraussetzt. Dennoch ist sie
vorhanden, und zwar dort, wo auf beiden Seiten die Aufgabe erkannt
wird, jene Stellungnahme theologisch zu vollziehen, in dem
Ernst, mit dem der Verf. diese Aufgabe zu erfüllen sucht, in der
Nüchternheit, mit der er die Mission betrachtet, und auch in der
Kritik, zu der ihre Verwirklichung ihm Anlaß gibt.

Tübingen O. Rosenkranz

Zimmer, Heinrich; Mythen und Symbole in indischer Kunst und Kultur
. Zürich; Rascher 1951. XI, 282 S., 70 Abb. auf Taf., 1 Titelb. gr. 8°
= Heinrich Zimmer. Gesammelte Werke. l.Bd. Lw. DM 22.—.

Mit Ehrfurcht nehmen wir diese letzte Gabe des Heidelberger
, 1943 im Exil zu New York gestorbenen Indologen entgegen.
Daß sie nicht im druckfertigen Manuskript, sondern in „Zetteln
und Papierfetzen mit hastig niedergeschriebenen Bemerkungen
in deutsch, englisch, sanskrit und französisch" vorlag, hat dem
Buche keinen Eintrag getan. Mit bewundernswertem Geschick
hat der Herausgeber, Joseph Campbell, die verstreuten Aufzeichnungen
zu einem Ganzen verarbeitet. Dagegen ist dem Buche,
das E. W. Eschmann vorzüglich aus dem Englischen ins Deutsche
übertragen hat, jener Zauber der Sprache, der das Lesen der
früheren deutschen Veröffentlichungen Zimmers so reizvoll macht,
nicht im gleichen Maße eigen.

Der Inhalt bezeugt noch einmal das schier unerschöpfliche
Wissen Zimmers um indische Mythen und Symbole, seine meisterhafte
Kunst, sie zu durchdringen, aufzuhellen und dem abendländischen
Verstehen nahezubringen. Er wird unter fünf Leitworten
dargeboten: „Ewigkeit und Zeit"; „Die Mythologie
Vishnus"; „Die Wächter des Lebens"; „Shivas kosmisches Entzücken
"; „Die Göttin". Am Schluß des Buches steht Zimmers Bekenntnis
zu dem, was sein der Erforschung des indischen Mythos
hingegebenes Leben reich gemacht hat, und von dem er wünscht,
daß es auch das Leben seiner Leser reich machen möge. Das ist
nicht Preisgabe an die fremde, lockende Geisteswelt. Vielmehr
„werden Hindumythos und Hindusymbole und andere weise Dinge
von weit her zu uns von dem Schatz reden, der unser eigen
ist, damit wir ihn aus den vergessenen Winkeln unseres eigenen
Wesens ausgraben. Dann wird er unseren Verwirrungen ein Ende
machen und uns erlauben, zum Segen aller um uns herum einen
Tempel des lebenden Geistes zu erbauen". „Dem lebendigen
Geist" — lautete die Inschrift der neuen Heidelberger Universität
, die ihr gegeben wurde, als Zimmer an ihr wirkte, die ihr genommen
war, als er sie verließ.

Zahlreiche gute Anmerkungen und 70 vortreffliche Abbildungen
erleichtern und vertiefen das Studium des Buches.

Tübingen O. Rosenkranz

Bozzano, Ernesto; Ubersinnliche Erscheinungen bei Naturvölkern.

Mit einem Nachwort u. einem Register von Gastone de Boni. Bern:
Francke [19481. 324 S. kl. 8° = Sammlung Dalp Bd. 52. Lw. sfr. 13.80.

Was hier, in einer erstaunlichen Belesenheit, aus literarischen
Zeugnissen, für deren Wahrheit sich die Verfasser verantwortlich
wissen, an okkulten Phänomenen zusammengestellt ist,
beschränkt sich nicht nur auf Naturvölker, die ganz überwiegend
berücksichtigt werden, sondern ist dem, der Gelegenheit gehabt
hat, mit dem eigentlichen, nicht nur dem in den Randgebieten
sich sensationell darbietenden Leben der östlichen Kulturvölker
in Berührung zu kommen, auch von dorther bekannt. Er kennt
es nicht nur als Problem, an dem etwa die Religionswissenschaft
nicht vorübergehen kann, sondern auch als die tiefe Not, die es
dem Menschen der östlichen Religionen bereitet, bzw. bei dem er
in seiner Not einen Ausweg sucht. So kann auch die missionarische
Verkündigung nicht an ihm vorübergehen, abgesehen von
den Fragen, die aus seinem Vorhandensein für die Theologie als
solche erwachsen. E. Bozzano, der fünf Jahrzehnte seines Lebens
der Erforschung übersinnlicher Erscheinungen gewidmet hat, bietet
in seiner Zusammenstellung von „Dokumenten über die Tele-