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1953 Nr. 12

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Berichte und Mitteilungen

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765 Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 12 766

BERICHTE UND MITTEILUNGEN

Die 3. Jahrestagung des Deutschen Zweiges
der Internationalen Vereinigung für das Studium der
Religionsgeschichte

Vom 30. Juli bis 1. August 1953 fand in Marburg/L. die 3. Reli-
gionswisscnschaftlichc Jahrestagung des Deutschen Zweiges der Internationalen
Vereinigung für das Studium der Religionsgeschichte (International
Association for the Study of History of Religions) unter Leitung
des 1. Vorsitzenden, Prof. D. Dr. Friedrich Heiler-Marburg, statt
und nahm einen programmäßigen und erfreulichen Verlauf. Vorstand
und Mitglieder dieser Vereinigung sind dem Herausgeber der Theologischen
Litcraturzcitung dafür zu großem Dank verpflichtet, daß er
dieses Heft seiner Zeitschrift für die Veröffentlichung der Ergebnisse
der Jahrestagung zur Verfügung stellt und damit weiten Kreisen, die
an der Religionswissenschaft interessiert sind, die Vorträge zugänglich
macht. Da aus Platzmangel in diesem Heft nicht alle 12 Vorträge im
Original abgedruckt werden können, sind diejenigen ausgewählt worden
, die für einen größeren Kreis und besonders für die Leser dieser
Zeitschrift von Interesse sein werden; von den übrigen Vorträgen, die
ein enger begrenztes Fachgebiet betreffen, kann im Rahmen dieses Berichtes
leider nur der Inhalt angegeben werden. Es wäre zu wünschen,
daß auch diese Vorträge in Fachzeitschriften veröffentlicht werden
könnten.

Bei dieser Tagung konnte man mit Freude das wachsende Interesse
weiterer Kreise an der Religionswissenschaft feststellen. Über 100
Tagungsteilnehmer waren von auswärts erschienen, dazu kamen zahlreiche
Teilnehmer und Gäste aus Marburg, so daß die Hauptvorträge
von etwa 250 Personen besucht wurden. Besonders erfreulich war auch
die starke Beteiligung der jungen Akademiker. Es waren nicht nur
Religionsforscher und Theologen, die unsere Vorträge besuchten, sondern
auch zahlreiche Gelehrte anderer Fächer, die sich mit der Religionswissenschaft
befassen, wie Orientalisten, Ethnologen, Archäologen,
Prähistoriker, Germanisten, Kunsthistoriker, Psychologen, auch Juristen
und Mediziner. Die UNESCO hatte als ihren Vertreter Professor
Schneider aus Paris gesandt.

Bei der feierlichen Eröffnung am Nachmittag des L, Tages begrüßte
der Rektor Prof. Dr. Wilhelm Walcher, der die Räume der Universität
für den Kongreß zur Verfügung gestellt hatte, die Teilnehmer
aus dem Ausland, aus der Bundesrepublik und der DDR, sowie die
Vertreter der Stadt Marburg und der kirchlichen Behörden. Prof. H e i-
1 e r dankte in seiner Eröffnungsrede dem Bundesinnenministerium und
dem hessischen Kultusministerium für ihre finanzielle Hilfe, die diese
Tagung erst ermöglicht hatte. Er gedachte der im letzten Jahr verstorbenen
Mitglieder Herbert Prcisker, Professor für neutestamentliche
Wissenschaft und Rcligionsgeschichte in Halle, und Heinrich Frick, Professor
für systematische Theologie und Religionswissenschaft in Marburg
, der die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Religionswissenschaft
als Zweig der International Association for the Study of History of
Religions im Jahre 19 50 bei dem Marburger Schloßkongreß gegründet
hatte und deren 1. Vorsitzender er bis zu seinem Tode war. Er ge-

glcich Ergebnis des Studiums der Religionsgeschichte und gibt die Möglichkeit
zu freundschaftlichem Austausch und zu ethischer und sozialer
Zusammenarbeit.— Anschließend trafen sich die Teilnehmer und Gäste
der Tagung zu einem zwanglosen Beisammensein in der Mensa der
Universität. — Am 2. und 3. Tag des Kongresses gab es neben solchen
Vorträgen, die die allgemeinen, auch praktischen Ziele der Religionswissenschaft
behandelten, auch einige, die sich vorwiegend an die Fachinteressen
der Religionshistorikcr wandten. Neben namhaften Religionsforschern
kam auch der akademische Nachwuchs zu Worte. Am Vormittag
des 2. Tages wies Prof. Dr. C. Schneide r-Speyer in seinem
Vortrag über „Origencs und die hellenistischen Religionen" am Beispiel
des Origencs das alexandrinische Christentum als einen Spezialfall
der hellenistischen Religionsgeschichte nach. Prof Dr. K. G o 1 d-
a m m e r-Marburg nahm Stellung zur Frage der „Entmythologisierung"
vom Standpunkt der Religionsgeschichte her. Er stellte den Begriff
„Mythus" als einen wesentlichen und notwendigen Bestandteil aller
Religionen und besonders der Sprache ihrer Verkündigung fest.

Darauf folgten die Vorträge zweier Ägyptologen aus ihrem Fachgebiet
. Dozent Dr. H. Jacobsoh n-Marburg sprach über „Gott und
Mensch im alten Ägypten". Er versuchte, das langsame und allmähliche
Werden des „persönlichen" Gottes zu skizzieren. Er zeigte den Wandel
der Königstheologie, des Inkarnationsmysteriums und des Todes-My-
steriums des Gottkönigs im Verlaufe der ägyptischen Religionsgcschichte
von den Anfängen des Alten Reiches bis zur Spätzeit und schilderte,
wie der Sonnengott, der göttliche Vater des Pharao, zum Allgott und
zum großen Ba wurde, der auch im Seelengrunde des Menschen lebt.
Damit ist der Sonnengott zum persönlichen Gott geworden. Tatsächlich
gibt es zahlreiche Beispiele aus der 19. und 20. Dynastie, wie der Gott
zum einzelnen gewöhnlichen Menschen in Beziehung trat. Dr. G.
Lanczkowsk i-Wabern behandelte das Thema „Die Beeinflussung
des Christentums durch ägyptische Vorstellungen", die über das Alte
Testament, über den Hellenismus und über die frühen christlichen Kirchen
in den Nilländern, die koptische und die äthiopische, eindrangen.
Da es für eine prinzipielle Darstellung des Themas noch an Vorarbeiten
fehlt, sollte der ägyptische Einfluß nur an einzelnen Beispielen
gezeigt werden. An verschiedenen Psalmen und an dem prophetischen
Text aus Jesaja 9, 5 f. läßt sich erkennen, wie die ägyptische Idee vom
sakralen Königtum nach Israel kam und ein wichtiger Faktor für die
im Christentum zentrale messianische Idee wurde. Die christliche Marienfrömmigkeit
wurde sowohl durch den ägyptischen Isis-Kult beeinflußt
als auch durch Anschauungen von der Göttin Hathor. Die Auffassung
der koptischen Kirche vom Erzengel Michael ist durch den
ägyptischen Gott Thot bestimmt worden. — Am Nachmittag bewies
Prof. Dr. W. M ü h 1 m a n n - Mainz, daß die bekannte These des Paters
Wilhelm Schmidt vom „Urmonotheismus" den methodologischen
Prüfungen von religionsphänomenologischen, -soziologischen und
-psychologischen Gesichtspunkten aus nicht stand hält.

Frau Prof. Dr. A. Schimmel- Marburg berichtete in ihrem Vortrag
über „Raymundus Lullus und seine Auseinandersetzung mit dem
Islam" über einen der Versuche des 13. Jahrhunderts, die Lehre Christi
auf friedliche Weise zu verbreiten. Lullus, der sich gründliche Sprachdachte
auch des großen Theologen und Religionshistorikers Rudolf j Kenntnisse des Arabischen angeeignet hatte, um die Muslime bekehren
Otto, der zusammen mit seinem Schüler Heinrich Frick durch die Grün- zu konnen, stellte in den Mittelpunkt seiner zahlreichen Schriften di

e

dung und den Ausbau der Religionskundlichen Sammlung die Marbur- rationale Beweisbarkeit der christlichen Glaubenswahrheiten. Er hatte

ger Universität zum Mittelpunkt der deutschen Religionswissenschaft
gemacht hat. In ihrem Sinne soll die religionswissenschaftliche Arbeit
weitergeführt werden. Auch der Dekan der Theologischen Fakultät
Marburg, Prof. D. Dr. Siegfried, gedachte des Werkes dieser beiden
Gelehrten und sprach der Tagung seine guten Wünsche aus. Die Grüße
des Magistrats der Stadt Marburg überbrachte Bürgermeister Dr. Schilling
, der ebenfalls die Bedeutung der Religionskundlichen Sammlung
für die Universität und die Stadt würdigte und Heinrich Fricks
gedachte, dem es gelungen war, sie in dem religionshistorisch bedeutsamen
Landgrafenschloß unterzubringen. Anschließend hielt Prof. Dr.
Dr. G. Menschin g-Bonn den Festvortrag über das Thema „Toleranz
, eine Form der Auseinandersetzung der Religionen", und am
Abend sprach Prof. D. Dr. Fr. H e i I e r in einem öffentlichen Vortrag
über „Die Rcligionsgeschichte als Wcgberciterin für die Zusammenarbeit
der Religionen". Diese beiden Vorträge des ersten Tages können
als programmatisch für das Ziel der Tagung gelten, die unter das
Gesamtthema „Auseinandersetzung und Zusammenarbeit der Religionen
" gestellt worden war. Beide Redner führten aus, daß die Religionswissenschaft
nicht nur dem theoretischen Zweck der Erkenntnis
des Religiösen und der verschiedenen Religionen diene, sondern außerdem
auch dem praktischen Ziel, zu dem gegenseitigen Verstehen der
Religionen zu führen, das die Grundlage bildet für die gemeinsame
Abwehr der säkularisierenden und rcligionsfeindlichen Kräfte, die untere
heutige Kultur bedrohen. Toleranz ist Vorausietzung und zu-

für seine Zeit ein verhältnismäßig objektives Urteil über den Islam
und eine erstaunliche Toleranz. Die Übereinstimmung von Christen
und Muslimen hinsichtlich des Glaubens an einen Gott hob er immer
wieder hervor, und er glaubte, daß es von da aus leicht sein müßte,
diese zu bekehren. (Dieser Vortrag erschien inzwischen in „Eine heilige
Kirche", München: Reinhardt 1953-54, H. 1, S. 64-76.) -
Anschließend sprach Dr. H.-J. S c h o e p s-Erlangen über „Möglichkeiten
und Grenzen christlich-jüdischer Verständigung" und betonte die Notwendigkeit
des Zusammenstchens gegen die allgemeine Gottlosigkeit
und Säkularisierung. (Dieser Aufsatz erscheint im Februarheft derThLZ).

Am Abend zeigte Museumskonservator Sepp Schüller- Aachen
in einem öffentlichen Vortrag „Zum Problem der außereuropäisch-christlichen
Kunst" an einer Reihe farbiger Lichtbilder Beispiele christlicher
Kunst im eigenen Stil der Eingeborenen aus verschiedenen Zeiten und
Ländern, aus Afrika, der Südsec, Vorder- und Hinterindien, China und
Japan, darunter Werke von hohem künstlerischen Wert. Er betonte die
Notwendigkeit der Anpassung des Christentums an die kulturellen
Gegebenheiten der zu missionierenden Völker. Weitsichtige Missionare
haben diesen Grundsatz über die Jahrhunderte bis in die Gegenwart
in erstaunlicher Großzügigkeit verwirklicht.

Am Vormittag des letzten Tages wurden im Lesesaal der Religionskundlichen
Sammlung im Landgrafenschloß zwei Vorträge gehalten
. Prof. Dr. Lic. A. A 11 w o h n - Frankfurt berichtete über die Idee