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Ausgabe:

1953 Nr. 11

Spalte:

677-678

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Kampmann, Theoderich

Titel/Untertitel:

Die Welt Werner Bergengruens 1953

Rezensent:

Seebass, Friedrich

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 11

678

dien nicht einmal durch Unterströmungen zusammenhängt, sondern
Neuschöpfung der neuzeitlichen bürgerlichen Naturphilosophie
ist.

Die politische Schlußbetrachtung dürfte aus manchen Gründen
fehl am Platze sein. Sie will die germanisch-männlichen Energien
wecken, um sie dem — auch politischen — Kollektiv von
Mann und Weib entgegenzusetzen, das der Verfasser im Kommunismus
des 20. Jahrhunderts vor sich zu sehen glaubt, — ein
sonderbares Unternehmen, das weder mit dem „Geheimnis" etwas
zu tun hat noch mit dem „Kultus", denen doch die Untersuchung
galt. Oder doch? Dann wären die fatalen Erinnerungen
an die Männerorden der letzten deutschen Vergangenheit, die
Peuckert mit einem Satz heraufbeschwört, wahrlich nicht an den
Haaren herbeigezogen. Peuckert als ein vom Faschismus Getretener
denkt sicherlich nicht an eine Wiedererweckung des Nazismus
, spielt aber, vielleicht in zeitgemäßer Fortbildung freimaurerischer
Ideen, mit dem Gedanken sozialistischer oder kommunistischer
Männerbünde als der kommenden Form des politischen
Lebens. Wir versprechen uns von der Ausschaltung des
Weiblichen nichts als weitergehende Verrohung, denken auch an
die Rolle der Großmütter und Frauen im Werk eines Jeremias
Gotthelf, — Erwägungen, die eine Zurückdrängung des weiblichen
Elementes nicht empfehlen. Am wenigsten versprechen wir uns
von der Einkehr etwa kommender politischer Männerorden beim
Geheimkult. Der Gedanke ist nicht neu, sondern spukte bei
Blüher und Rosenberg, und er muß wohl auch bei Peuckert spuken
, wenn er ihm im Schlußabschnitt eines solchen Buches Raum
gibt!

Erwähnt sei noch, daß dem Buch gute Bilder beigegeben
sind. Der Leser wird sie, soweit sie Prähistorisches und Völkerkundliches
wiedergeben, besonders dankbar hinnehmen, während
die auf die Mysterienkulte bezüglichen ihm in der Regel bekannt
sein dürften.

Rostock O. Holtz

IJTEllATVRGESCHICHTE

K a in p m a n n, TI.:odcrich: Die Welt Werner Bcrgcngruens. Mit

einem Nachwort des Dichters. Warendorf/W.: Schnell 1952. 78 S.,
1 Titelb. 8° = Gestalt u. Werk Bd. 7, hrsg. v. W. Grenzmann. Pp.
DM 2.40.

Das inhaltreiche Büchlein ist gegliedert durch drei wichtige
Gedichte Bcrgengrucns: „Großer Herbst", „Die Meise", „Der
mystische Tau", die in der Tat wesentliche Grundelemente seiner
dichterischen Art erkennen lassen. Kampmann bespricht zunächst
„die Romane", und zwar ausführlicher „Am Himmel wie
auf Erden" und „Der Großüyrann und das Gericht". Beide überragen
weit die Flut von deutschen und ausländischen Bestsellern,
die uns in den letzten Jahrzehnten angepriesen wurden. Bedauerlicherweise
bedient sich der sachkundige Verfasser zuweilen des
heutigen Journalistcnjargons und der Fremdwort-Manie; sachlich
falsch ist es, die Kurfürstin Elisabeth von Brandenburg „ein
sentimentales Wesen von hysteroider Unwahrhaftigkeit" zu nennen
: sie war neben dem charakterschwachen Joachim II. eine tapfere
, tieffrommc Frau. — Den neusten Roman „Das Feuerzeichen'
bespricht Kampmann auf wenigen Seiten wegen seiner Michael
Kohlhaas-Thematik, während „Der Starost" und „Herzog Karl"
nur gestreift werden.

Der Mittelteil ist den „Novellen" gewidmet, die in der
Tat durch ihren Reichtum an Einfällen und künstlerischer Durchführung
immer wieder anziehen, wenngleich nicht alle auf der
gleichen Höhe stehen. Die neueste Novcllensammlung „Der
letzte Rittmeister" ist nicht erwähnt, da die „Studie" schon vor
längerer Zeit abgeschlossen wurde. Kampmann betont den „ganzheitlichen
, den wahrhaft katholischen Charakter von Bcrgengrucns
Welt"; mir ist kein Konvertit bekannt, bei dem das
Katholische weniger auffallend in Erscheinung tritt als bei Ber-
gengruen.

Der dritte Abschnitt würdigt feinsinnig „die Gedichte ;
freilich wird nur die letzte Sammlung berücksichtigt: „Die heile
Welt", während die vorhergehende Lyrik zu Unrecht unerwähnt

bleibt. Nach Kampmann ist Dichtung Erschließung des Seins und
Durchlichtung seiner Ordnung, die der gläubige Christ aussagt
und entsiegelt. Der Verfasser schließt mit der wohlangebrachten
Mahnung: der Dichter möge gehört und begriffen, ernstgenommen
und in Handlung und Haltung übersetzt werden. — Angefügt
ist der kleinen Schrift noch Bergengruens schon bekanntes
„Bekenntnis zur Höhle", das unter dem Goetheschen Motto:
„Jeder Bär brummt nach der Höhle, in der er geboren ist" die
Erinnerung an die nun völlig untergegangene Heimat wachruft
und nach dem Bekenntnis zu ihr die eigene Kunst als einen immer
dauernden Versuch deutet, „die ewigen Ordnungen in den
eigenen Willen aufzunehmen."

TtitzinK/Obb. Friedrich See baß

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

Die Bekemitnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche. Hrsg. im
Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession 1930. 2., verb. Aufl.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1952. XLVI, 1225 S. gr. 8°.
Lw. DM 26.—.

Beim Rückblick auf die Erfahrungen, die im Gebrauch dieser
zum Jubiläumsjahr der Augustana 1930 erschienene Ausgabe der
lutherischen Bekenntnisschriften gemacht worden sind, ist dankbar
festzustellen, daß die Grundsätze und Ergebnisse dieser Edition
sich bestens bewährt haben. Dies gilt sowohl von der Bemühung
um die ursprüngliche Textgestalt unter Beibehaltung des
Inhalts des Konkordienbucb.es von 1580 und von der behutsamen
Modernisierung der alten Orthographie, als auch von den ebenso
knappen wie wesentlichen und zuverlässigen historischen Einführungen
in die Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte der einzelnen
Schriften und von den historischen Hinweisen in den Anmerkungen
. Insbesondere hat sich die Gestaltung des textkritischen
Apparates, der einen ganz großen Fortschritt gegenüber
allen vorausgegangenen Ausgaben der Lutherischen Bekenntnisschriften
bedeutete, und die darin geübte Beschränkung auf die
inhaltlichen und die wichtigeren sprachlichen Varianten durchaus
bewährt. Wenn H. J. Iwand damals diese Ausgabe als eine „in
jeder Beziehung hervorragende und bewundernswürdige Leistung"
begrüßte, so hat sich dieses Urteil in ihrem Gebrauch während der
vergangenen 22 Jahre voll und ganz bestätigt. Unter diesen Umständen
hat die Herausgeberkommission richtig entschieden, wenn
sie an den Editionsgrundsätzen nichts geändert und den Text der
ersten Auflage im wesentlichen unverändert beibehalten hat. Sie
hat sich auf kleine Verbesserungen, Ergänzungen der Literaturangaben
, Hinzufügung einiger Nachweise von Kirchenväterzitaten
und die Revision des in der ersten Auflage noch nicht voll befriedigenden
Registers beschränkt. Einer tiefer greifenden Überarbeitung
wurde nur die Augsburgische Konfession unterzogen.
Ihrem Herausgeber lag nun die bei der ersten Auflage leider noch
unzugängliche, wenngleich bereits 1925 von Gußmann entdeckte
deutsche Handschrift Nl vor. Außerdem sind besonders hervorzuheben
die wichtigen lateinischen Kopien aus dem vatikanischen
Archiv und aus dem Bonifatius-Kloster Hünfeld, die nun verwendet
werden konnten und deren Berücksichtigung einen bedeutenden
Fortschritt darstellt. Wenngleich die Verarbeitung der
inzwischen neu entdeckten oder neu herangezogenen Handschriften
nur ganz geringfügige Textänderungen zur Folge hatte, so
ist sie doch insofern überaus bedeutsam, als nun auch bei Anwendung
strenger kritischer Maßstäbe angenommen werden darf,
daß in der vorliegenden Ausgabe der Originaltext der Augustana
, der bekanntlich verloren ging und wahrscheinlich auf Anordnung
Philipps II. vernichtet worden ist, aus der Vielzahl der
Handschriften in zuverlässiger Weise erschlossen ist. Wer den
Stand der Textprobleme der Augustana, wie er sich noch in den
Arbeiten von Gußmann und Ficker darstellt, kennt, wird ermessen
, welch mühsame, wichtige und ausgezeichnete Arbeit hier von
Heinrich Bornkamm geleistet worden ist. Auch die Erweiterung
der Parallelen aus der C. A. var. und die Hinzufügung des Textes
der Wittenberger Konkordie ist zu begrüßen, desgleichen die
sorgfältige Verbesserung des Druckbildes. So haben wir allen Anlaß
, für diese Neuauflage dem Herausgeberkreis, dem Vorsitzenden
des Rates der EKD und dem Verlag zu danken. Möge