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Ausgabe:

1953 Nr. 10

Spalte:

635

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Söhngen, Oskar

Titel/Untertitel:

Vor der Revision der preussischen Agende 1953

Rezensent:

Beckmann, Joachim

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Seite 1

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635

Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 10

636

Söhn gen, Oskar: Vor der Revision der Preußischen Agende. Gütersloh
: Bertelsmann 1952. 29 S., 1 Tab. 8°. kart. DM 1.20.

Die Schrift enthält das Referat, das auf der Synode der Evangelischen
Kirche der altpreußischen Union am 12. 5. 52 gehalten
wurde. Der Verfasser gibt einen Überblick über die Geschichte
der altpreußischen Agende seit 1822 und erörtert die Probleme,
die für eine Revision von Bedeutung sind. Am Schluß ist der
Beschluß der Synode abgedruckt, in dem die Inangriffnahme der
Neubearbeitung und deren Grundsätze ausgesprochen sind. Interessant
ist die Beigabe, eine vergleichende Übersicht über die
Ordnung des lutherischen Hauptgottesdienstes nach der Agende
von 1822, 1895, (Entwurf) 1930, sowie dem Agendenentwurf
der VELK von 1951.

Düsseldorf Joachim Beckmann

Vogt, Paul: Wort und Antwort. Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung
für den Gottesdienst in der Gemeinde und in der Krankenstube
. Zollikon-Zürich: Evang. Verlag 1951. 127 S. 8°.

Die wissenschaftliche Bedeutung dieses Gebetbuches
liegt darin, daß es als Beitrag zur Frömmigkeitskunde der
Gegenwart gewertet werden darf: Die hier vorgelegte Gebetssammlung
ist ein Zeugnis für die gegenwärtige Frömmigkeit in
der Schweiz. Sie enthält Gebete für alle Sonntage des Jahres und
dazu für die außerhalb der Sonntage gelegenen Feste Neujahr,
Karfreitag, Himmelfahrt, für den Eidgenössischen Dank-, Buß-
und Bettag, für Weihnachten und Sylvester. Jedem Gebet ist ein
Bibclwort vorangestellt, das einem Predigttext entnommen wurde
. Wie der Verfasser in einer Vorbemerkung mitteilt, sind die
Gebete als Antwort auf das gehörte Wort im Anschluß an Predigten
über die vorangestellten Texte im Gottesdienst der Gemeinde
gebetet worden und also aus dem gottesdienstlichen Leben
der Gegenwart entstanden. Von da her sollten die sprachlichen
und inhaltlichen Besonderheiten verstanden werden: Fern
vom geprägten Gebetsstil der Liturgie tragen die Form und die
klare schlichte Sprache der Art Rechnung, in der der Fromme
unserer Zeit Lob und Dank, Bitte und Fürbitte vor Gott bringt.
Auf das in der Tat der Umgangssprache der Gegenwart fernstehende
Lutherdeutsch wird überhaupt verzichtet, selbst bei den
zitierten biblischen Texten. Ebenso werden auch inhaltlich die
traditionellen Bahnen einer im Anschluß an eine Textpredigt zu
betenden Textkollekte verlassen: Hier geht es vom Schriftwort

her um die Gegenwartsanliegen der Beter, die in schlichter, verständlicher
Weise dargelegt werden, ohne daß zuviele theologische
Reflexionen das Verständnis des Inhalts dem Beter erschweren
. Die Gebete wollen etwas widerspiegeln von der „Mannigfaltigkeit
menschlicher Not und Schuld", wie sie heute zutage
tritt; sie wollen aber auch bewußt nicht nur die Anliegen des
frommen Einzelnen vor Gott tragen, sondern in gleicher Weise
die aktuellen Anliegen der Kirche, wie sie in der „Größe und
Dringlichkeit der Aufgaben in Heimatkirche und weltweiter
Kirche, in innerer und äußerer Mission" vorliegen (Begleitwort
S. 7). Ein neuartiger Versuch, die Sonntage nach Epiphanias und
nach Trinitatis nicht nur mit Zahlen, sondern auch mit Namen
zu bezeichnen, bildet eine weitere Besonderheit dieses Gebetbuches
. Den Texten und Gebeten der Epiphanias- und der Trinitatiszeit
, wie auch noch einiger anderer Sonntage, wird ein zu
diesem Zweck ausgewählter Psalm vorangestellt, dessen lateinischer
Textanfang dem Sonntag den Namen gibt. Eine alte, bewährte
Methode, so scheint es zunächst; aber auch für die Psalmen
- und Namenwahl sind alle traditionellen liturgischen Wege,
wie sie etwa durch die altkirchlichen Introitus-Psalmen gewiesen
sein könnten, verlassen worden. Ein Ehepaar, das während der
Zeit der Emigration in der Schweiz im Psalter Trost suchte, fand
diese Ordnung für sein Gebetsleben und prägte damit die Sonntagsnamen
. So erscheint das Werk nach Inhalt und Form bis hin
zur Namengebung der Sonntage („aus schwerer Notzeit der Emigration
", S. 7) als ganz und gar aktuell.

Gerade darum aber erscheint es fraglich, ob die Gebete, die
ihnen in erster Linie zugedachte praktische Aufgabe erfüllen
können, nämlich Gebete „für den Gottesdienst in der Gemeinde
" zu sein. Der Versuch, gänzlich vom liturgisch geprägten
Gebet, das seiner Art nach die Gebctsanliegen vieler Generationen
umgreift, wegzukommen, kann dahin führen, daß die Sammlung
für den Gemeindegottesdienst schon in einigen Jahren dadurch
unbrauchbar wird, daß sie dann die Aktualität von gestern
und vorgestern zeigt. Dagegen wird sie die andere ihr zugedachte
Aufgabe, „in der Krankenstube" Gebetshilfe zu sein, heute in
rechter Weise erfüllen und muß auch dankbar begrüßt werden für
den Gebrauch in der Hausandacht der Familie, für Jugendgottesdienste
und für Andachten in den verschiedensten Gemeindekreisen
, zumal für diesen Dienst eine Reihe veralteter Gebetssammlungen
längst ablösungsbedürftig geworden ist.

Erlangen Bernhard Klaus

BEIUCHTE UND

Internationaler Alttestamentlertag in Kopenhagen

Auf dem Internationalen Alttestamentlertag in Leiden war im
lahre 1950 die „International Organization of Old Testament Sdio-
lars" gegründet worden, die zu ihrem ersten Kongreß für die Zeit vom
2 5.-28. 8. 53 nach Kopenhagen einlud. Etwa 170 Teilnehmer fanden
sich zusammen. Der Kongreß war überschattet von dem plötzlichen Tod
des Präsidenten der Organisation und Kopenhagener Ordinarius, Prof.
Dr. Aage Bentzen, geb. 13.12.94 in Ordrup und gestorben am 4.6.
1953 in Kopenhagen.

Dankenswerterweise hatte Frau Bentzen die von ihrem Manne in
die Wege geleitete Vorbereitung des Kongresses weitergeführt, unterstützt
von dem Präsidenten des Leidener Kongresses, dem verdienten
Herausgeber des Vetus Testamentum, Prof. de Boer (Leiden). Er leitete
nun auch diese Tagung.

Die Eröffnungssitzung in der schönen Aula der Universität brachte
Begrüßungsansprachen des Erziehungsministers Prof. Dr.
F. Hvidberg, des Rektors der Universität Prof. Dr. H. M. Hansen, einen
Nachruf Prof. Mowinckels (Oslo) auf Prof. Bentzen und eine Einführung
durch Prof. Pedersen (Kopenhagen), der einen Überblick über die
widitigsten Strömungen innerhalb der alttestamentlichen Wissenschaft
in der Gegenwart gab.

Dann begann die Arbeitstagung, die zweier Jubiläen zu
gedenken hatte: 1753 ließ der Leibarzt Ludwigs XV., Jean Astruc anonym
seine grundlegenden Conjectures erscheinen, auf denen bis zur
Gegenwart die Pentateuchkritik fußt, und im gleichen Jahr erschien in

MITTEILUNGEN

England das nicht minder berühmte Werk von Lowth: De Sacra Doesi
Hebraeorum, das weithin die Grundlage für die Erörterungen über die
hebräische Dichtung bis heute bietet.

Dem ersten Jubiläum galt der glänzende Vortrag von Pere
de Vaux (Jerusalem): A propos du second centenairc d'Astruc. Ri-
flexions sur l'ctat actucl de la critique du Pentateuque. Hier wurde
in ständiger Auseinandersetzung mit der skandinavischen traditions-
gcschichtlidien Schule und mit Berücksichtigung anderer Kritiker der
Quellcnthcorie wie Volz, Rudolph, Noth, von Rad versucht, einerseits
das Bleibende dieser Hypothese herauszuarbeiten, gestützt durch Hinweise
auf Analogien im arabischen Sprachgebiet und im alten Orient,
und andrerseits die Wahrheitsmomente in der Kritik dieser Theorien soweit
als möglidi zu berücksichtigen. Daraus ergab sich die These, daß
einerseits der Vorgeschichte der Überlieferung mehr Beachtung zu schenken
sei, andererseits aber die Überlieferung selbst auch nach ihrer Fixierung
nicht so starr tradiert worden sei, daß die Quellen bis in die letzten
Halbverse unterschieden werden könnten. Und dies, obwohl die bisher
in der Wüste Juda gefundenen Handschriftenfragmente durchweg die
größere Zuverlässigkeit der Überlieferung bezeugten, während freilich
die Vorstufen vor allem durch klimatische Einwirkungen verloren gegangen
seien. So dürfte die Bedeutung Astrucs als Initiator der Quel-
lcnhypothesc noch nicht zu Ende sein.

Das Gedenken an Lowth erneuerte T. H. Robinson (London)
in seinem Referat Hebrew Poetic Form: the English Tradition. Das
war zuerst eine sorgfältige Einführung in die wesentlichen Gedanken
von Lowth, der einerseits den Parallclismus membrorum als Merkmal