Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1953 Nr. 10

Spalte:

627-632

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Agende für evangelisch-lutherische Kirchen und Gemeinden. Bd. I, III

Titel/Untertitel:

IV 1953

Rezensent:

Nagel, William

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

627

Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 10

628

katholisch-scholastischen Dogmatik einzuführen. Darüber hinaus
dürfte ihnen aber jede Überzeugungskraft abgehen, und zwar
sowohl für das philosophische Denken, das über die Scholastik
hinausgewachsen ist, als auch für das theologische, das begriffen
hat, was Tertullian meint, wenn er ausruft: „Was hat Athen mit
Jerusalem zu schaffen?"

Köln Johannes Hessen

PRAKTISCHE THEOLOGIE

Agende für evangelisch-lutherische Kirchen und Gemeinden. Bd. IV.

Ordinations-, Einsegnungs-, Einführungs- und Einweihungshandlungcn.
Berlin: Lutherisches Vcrlagshaus 1952. 203 S. 4°. Lw. DM 18.— ; Ldr.
DM 38.— ; dazu: Begleitwort des Liturgischen Ausschusses zu
Band IV der Agende für Evang.-Luth. Kirchen und Gemeinden.
Berlin: Ebda 1952. 32 S. 8°.

— dass. Ordnung der Konfirmation (Vorabdruck aus
Band iii, Kirchliche Handlungen). Berlin: Ebda 1952. 12 S. gr. 8°.
dazu: Begleitwort zur Ordnung der Konfirmation für evang.-luth.
Kirchen und Gemeinden. Berlin: Ebda 1952. 20 S. gr. 8°. zus.
DM 1.40.

— dass. Das Ordinarium (Teildruck aus dem Entwurf zu Band 1).
Bearb. v. d. Lutherischen Liturgischen Konferenz Deutschlands und
dem Liturg. Ausschuß der Vereinigten Evang.-Luth. Kirche Deutschlands
. Berlin: Ebda 1952. 104 S. gr. 8°. Pp. DM 6.80.

Mit den obengenannten Veröffentlichungen liegen erstmals
Ergebnisse der umfassenden liturgischen Erneuerungsarbeit der
VELKD zur Besprediung vor. Sie stellen drei verschiedene Entwicklungsstadien
innerhalb einer Planung dar, die sich über viele
Jahre erstreckt, bewußt jede Hast vermeidet und gründlicher
Diskussion und Erprobung Raum gibt. Der zuerst genannte Bd. IV
der Agende, der 1950 von der Generalsynode in Ansbach
angenommen und nach einer letzten Überarbeitung von der Kirchenleitung
und Bischofskonferenz der VELKD am 13.2. 51 in
München endgültig beschlossen wurde, ist der Ertrag einer sechzehnjährigen
Arbeit. In festliches rotes Leinen gebunden gemäß
der liturgischen Farbe für die Feiertage der Kirche, genügt die
große Ausgabe für den gottesdienstlichen Gebrauch (203 Seiten)
auch drucktechnisch allen Ansprüchen, die man heute an ein derartiges
liturgisches Werk stellen muß. In der Erkenntnis, daß
es an der Zeit ist, auch den Gemeinden zu einer gründlichen
Einführung in die Liturgie der Kirche zu verhelfen, ist der großen
eine kleine Studienausgabe zur Seite gestellt worden. Das
(gesonderte) „Begleitwort des Liturgischen Ausschusses"
(32 Seiten) führt in die mit dem Inhalt der Agende verknüpften
Probleme ein und gibt die theologische und historische Begründung
für die mit den vorliegenden Ordnungen getroffenen Entscheidungen
. — Die Ordnung der Konfirmation
(12 Seiten) ist zwar durch die Generalsynode in Flensburg im
April 1952 beschlossen worden, wird aber bei der Beschlußfassung
über den vollständigen III. Bd. der Agende noch einer Überprüfung
unterzogen werden; so werden sicherlich inzwischen gesammelte
praktische Erfahrungen an dieser Ordnung noch zur
Auswirkung kommen. Hier ist das „B e g 1 e i t w o r t" (20 Seiten
) besonders wichtig, weil es eine kurze, instruktive Übersicht
über die Entwicklung der Konfirmation und eine theologische
Klarstellung des Wesens der lutherischen Konfirmation als Rechtfertigung
der vorliegenden Ordnung darbietet. Dieses, wie das
erstgenannte „Begleitwort", danken wir dem Vorsitzenden des
Liturg. Ausschusses wie der Luth.-Liturg. Konferenz, D. Dr.
Christhard Mahrenholz. —

Noch mitten im Stadium der Beratungen und Diskussionen
steht der zweifellos schwierigste Teil der Agende: Bd. I Der
Hauptgottesdienst mit Predigt und Heiligem Abendmahl (Die
evangelische Messe). Von ihm sind Teil I (Vorwort und Ordinarium
) und Teil II (Kalendarium und Proprium) als Entwurf
1951 in 9000 Exemplaren ausgegeben worden. Wohl noch nie
ist ein Agendenentwurf in solchem Maße der öffentlichen Diskussion
und Kritik unterstellt worden. Das zur Besprechung vorgelegte
Ordinarium (104 Seiten) stellt einen Teilabdruck
aus diesem Bande dar; es bietet den freilich wichtigsten Teil, die
Ordnung der Evangelischen Messe, in einer bereits sehr weit

vorgeschrittenen typographischen Gestaltung und soll die praktische
Erprobung der neuen Ordnung erleichtern. Trotzdem bezweifle
ich, ob die Herausgeber der von ihnen vertretenen Sache
mit dieser Veröffentlichung einen Dienst getan haben. Wo selbst
bei sehr vielen Theologen die liturgische Bildung noch immer
höchst mangelhaft ist, kann der überraschende Reichtum der vorgeschlagenen
Ordnung auf viele verwirrend wirken und Ablehnung
zeitigen, wenn er in dieser Gestalt zur Kenntnis genommen
wird. Diese Gefahr wird aber dort kaum bestehen, wo einem
die neue Ordnung zum ersten Mal im Rahmen des vollständigen
Entwurfes von Bd. I, 1 und 2 gegenübertritt; denn hier ermöglichen
die umfassenden theologischen und liturgiegeschichtlichen
Begründungen von Chr. Mahrenholz in ganz anderer Weise eine
ernstliche Auseinandersetzung mit jedem Stück des Ordinariums
wie des Propriums und eine sachgemäße Urteilsbildung. —

Zur Agende Bd. IV: Für die rechte Beurteilung der heutigen
Bemühungen um eine einheitliche Agende auf dem Boden der VELKD
scheint es mir wesentlich, daß das Vorwort zu Bd. IV ausdrücklich ein
Doppeltes betont: einheitliche liturgische Formen sind nicht zum Heile
notwendig; eine allzugroße Zersplitterung in der liturg. Gestaltung
kann aus Auflösungserscheinungen erwachsen und in der Kirche zerstörend
wirken (S. 7). Dafür liefert zweifellos die Gottesdienstgeschichte
der lutherischen Kirche den Beweis. Gerade hinsichtlich der in
Bd. IV zusammengefaßten kirchlichen Handlungen ist in der Vergangenheit
mangels überzeugender Formulare besonders viel und oft nicht
sehr erfreulich experimentiert worden. Darum hat man den Kreis der
für derartige Handlungen anzubietenden Hilfen möglichst weit gezogen.
Trotzdem ergibt sich bei eingehender Prüfung, daß die 18 Ordnungen
von Abschnitt I (Ordinations- und Einsegnungshandlungcn z. B. von
Diakonissen, Katecheten) und II (Einführungshandlungen) tatsächlich
Abwandlungen eines einzigen Grundtypus darstellen. Man knüpft für
diesen an Luthers Ordinationsformular an, betont aber, was im Blick
auf die Gesamthaltung dieser Agendenarbeit wichtig ist, daß man sich
nicht nur der echten lutherischen Tradition verpflichtet weiß, sondern
zugleich „der Tatsache, daß es in dieser irdischen Kirche keine ewig
gültigen Ordnungen gibt und daß uns je und dann die Aufgabe gestellt
ist, in neuen Zeiten auf altem Grunde Neues zu bauen" (S. 4 des
Befileitwortes). Kritiker, die da meinen, es werde diesem zweiten Gesichtspunkt
in der liturgischen Arbeit der VELKD zu wenig Rechnung
getragen, sollten bei ihrem Urteil bedenken, daß es für die Anglei-
chung von liturgischem Traditionsgut an das heutige Verständnis keinen
absolut gültigen Maßstab geben kann. Außerdem wird im ,.Begleitwort
" ausdrücklich auf den von der Generalsynode der Vereinigten
Kirche im luni 1950 bekräftigten Grundsatz hingewiesen, daß ,.dcr
Wortlaut der gottesdienstlichen Gebete niemals verbindliche Vorschrift
im starren Sinne sein darf" (S. 5).

Was ist gegenüber bisherigen ähnlichen Formularen an der Grundgestalt
der Ordnungen des I. und II. Abschnittes besonders hervorzuheben
? Aus der Erkenntnis heraus, daß die aktive Beteiligung der
Gemeinde an all diesen Handlungen gemäß dem lutherischen Bekenntnis
nicht in der Mitwirkung ihrer gewählten Vertreter an den zugrundeliegenden
Rechtsakten ihren Schwerpunkt hat, sondern im Tun
der gottcsdienstlidi versammelten Gemeinde, soll diesem Tun viel stärker
Raum gegeben werden. Es wird zunächst dem Rechnung getragen,
daß die evangelische Gemeinde ursprünglich im gottesdienstlichen
Lied ihr allgemeines Priestertum betätigt, also der Gemeindechoral kein
„Rahmenstück" darstellt, sondern die Übernahme bestimmter liturgischer
Aufgaben durch die Gemeinde. Demgemäß erhält eines der um
den Heiligen Geist bittenden großen Lieder unserer Kirche an einer
zentralen Stelle der Liturgie seinen Ort und wird in seiner Bedeutung
noch dadurch unterstrichen, daß der die Feier leitende Geistliche es
selbst intonieren soll. Selbstverständlich soll die Gemeinde zu allen
Gebeten das Amen sprechen. Bei der Einführung von Pfarrern, Oberinnen
, Prälaten und Bischöfen ist überdies die alte Form der acclama-
tio populi in Gestalt einer entsprechenden Frage an die Kirchcnältcstcn,
bzw. Schwestern, bzw. Amtsträger und Vertreter der Gemeinden wieder
aufgenommen. Die Assistenten bei Ordinations-, Einsegnungs- und
Einführungshandlungen sind als Lektoren für die Schriftlcsungcn, W
der Kirchweihe außerdem bei den Gebeten stärker als bisher üblich
betätigt. Ein wesentlicher Fortschritt gegenüber etwa dem Ordinationsformular
der APU bedeutet die Tatsache, daß das gemeinsame Handeln
des Ordinators und der Assistenten als Repräsentanten der Gesamtkirche
durch den Plural der Ordinationsformcl seinen Ausdruck
gefunden hat: „Wir überantworten dir durch Gebet und Auflegung
unserer Hände das Amt der Kirche." Die der Gestaltung der lutherischen
Ordination zu Grunde liegende theologische Auffassung erörtert
das „Begleitwort" in sehr wesentlichen Ausführungen, die darauf
hinauslaufen: Ordinieren bedeutet Aufnahme in einen bestimmten
Ordo, nämlich in den Stand der zum pfarramtlichen Dienst verpflichteten
Amtsträger, durch Übertragung des gesamtkirdilichen Auf'