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Ausgabe:

1953 Nr. 10

Spalte:

594

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Guardini, Romano

Titel/Untertitel:

Verantwortung 1953

Rezensent:

Schoeps, Hans-Joachim

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Seite 1

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593

Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 10

594

versagt gegenüber widitigen neutestamentlichen Problemen (Jesu
eschatologisches Bewußtsein, Stiftung des Papsttums u. a.), das
zweite bewegt sich ganz in dem mehr griechischem als biblischem
Denken entsprungenen Begriffschema der Zweinaturenlehre —,
wird es doch sachlich gerechtfertigt finden, daß zu seinem 75. Geburtstag
eine Festschrift erschienen ist. Ihr Inhalt überrascht freilich
. Von den brennenden Problemen der historischen und systematischen
Theologie, wie sie etwa in dem von katholischen Theologen
und Laien verfaßten und von Gustav Mensching herausgegebenen
Werk „Der Katholizismus. Sein Stirb und Werde"
(1937) erörtert werden, wird kaum eins berührt. Statt dessen
bieten die Mitarbeiter größtenteils geschichtliche Abhandlungen
über ungefährliche Themen. So schreibt M. Pfliegler über „Glaube
, Hoffnung und Liebe als Mächte des Lebens und der Geschichte
", J. Betz über den „Abendmahlskelch im Judenchristentum
", K. Rahner über die „Theologie der Buße bei Tertullian",
A. Knoll über „Thomismus und Skotismus als Standestheologien".
Von allgemeinerem Interesse ist die Studie von G. Söhngen: „Die
christliche Welt in Goethes Werk" sowie die vom Herausgeber:
„Nietzsches Verhältnis zu Religion, Christentum und Katholizismus
in der Leipziger und ersten Baseler Zeit". Bei Söhngen
überrascht die positive Stellung zu E. Brunners Werk „Wahrheit
als Begegnung", in dem das biblische Denken dem griechischen,
wie es in der Scholastik und damit auch in der heutigen katholischen
Theologie weiterlebt, antithetisch gegenübergestellt wird.
Ist sich der Münchener katholische Theologieprofessor wohl bewußt
, daß er mit seinem Ja zu Brunners Anschauungen den Rubikon
überschritten hat? — Für den Referenten ist der interessanteste
Beitrag der letzte, in dem der bekannte Benediktiner Hugo
Lang seinem 1907 verstorbenen Ordensbruder Odilo Rottmanner,
der mit Recht als der beste Augustinus-Kenner in Deutschland
galt, ein schönes Denkmal setzt. Wenn man liest, wie diesen
eigenwüchsigen, von echt wissenschaftlichem Ethos erfüllten Mann
weder kirchlicher Rang noch wissenschaftlicher Ruhm in seinem
Urteil beirren konnte, weil er es mit dem von ihm Gregor dem
Großen vindizierten Wort hielt: Melius est ut scandalum oriatur
quam veritas relinquatur, wenn man auf Äußerungen bei ihm
stößt, wie: „Lacordaire ist den .Frommen' verhaßt, weil er .liberal
' ist — das Schrecklichste, was es — neben dem Teufel —
gibt. II semble, schreibt Lacordaire 18 86 von den Jesuiten, que
ces gens lä aient le talent de rendre fous, et ceux qui les atta-
quent et ceux qui les defendent", dann wundert man sich nicht,
daß dieser Freund und Kampfgenosse aller freien Geister im Katholizismus
(Schell, Kraus u. a.) mit Rom in Konflikt geriet und
vom römischen Inquisitionstribunal eine scharfe Verwarnung erhielt
. Aber wie Newman, Schell und Tyrrell, so wurden auch ihm
diese schmerzlichen Erlebnisse zu einer Teilnahme an der Passion
seines Herrn und Meisters. „Ein letztes Reifen zu tiefgläubiger
Gelassenheit, weltüberlcgencr inniger Frömmigkeit und lauterer
Güte brachten die letzten Jahre seines Lebens, in denen er christlichen
Leidensheroismus wahrhaft überzeugend bewies, bis er am
11. September 1907 in früher Morgenstunde friedvoll entschlief '.
Fürwahr, das Finale eines Lebens, dessen Tenor das „Deus meus
et omnia" war.

Köln Johannes Hessen

[Kilgcr-Fcstschrift:] Der einheimische Klerus in Geschichte
und Gegenwart. Festsdirift P. Dr. Laurenz Kilger dargeboten von
Freunden und Schülern. Hrsg. v. Johannes Beckmann SMB. Schön-
eck-Beckcnricd/Schwciz: Administration der Neuen Zeitschrift für
Missionswissenschaft 1950. XX, 321 S., 1 Titclb. gr. 8° = Neue Zeitschrift
für Missionswissenschaft. Supplemcnta II. kart. sfr. 18.70.

Freunde und Schüler Dr. Laurenz Kilgers, der als Schüler Josef
Schmidlins „der katholischen Missionswissenschaft nicht nur
außerordentlich wertvolle Dienste erwies, sondern sie geradezu
über alle Klippen und Hemmnisse hinweg in ruhige und sichere
Bahnen geleitet hat" (S. VII), haben dem Gelehrten diesen Sam-
melband als Festschrift zum 60. Geburtstage dargeboten. Den
dreizehn Aufsätzen ist ein kurzer Lebensabriß des Jubilars und eine
Würdigung seiner Arbeit sowie ein Verzeichnis seiner Veröffentlichungen
in den Jahren 1913-1950 vorangestellt. Der erste
Aufsatz (Jos. Zürdicr) enthält eine Darstellung der „Kirchcnrecht-
lichcn Vorschriften für den Klerus im 3. und 4. Jahrhundert",

in einer Zeit also, in der es noch nicht möglich ist, „spezielle
Vorschriften für den einheimischen Klerus von andern zu
trennen" (S. 1). Sein Verf. weist mit Recht darauf hin, daß das
Bild, das er bietet, erst dann vollständig wäre, wenn außer den
Kanones, die er behandelt, „auch die speziellen Werke und Briefe
der Kirchenväter und kirchlichen Schriftsteller einbezogen würden"
(S. 16). Besonders eingehend und heute ja auch von besonderem
Interesse ist die Behandlung der Geschichte des chinesischen Klerus
: „Briefe des ersten chinesischen Priesters und Bischofs Fray
Gregorio Lopez" (B. Biermann); „Die Bewährungsgeschichte des
chinesischen Klerus im 17. und 18. Jahrhundert" (X. Bürkler);
,,Le pere Pie LIU minor, Missionaire au Shensi d'apres sa corres-
pondance (1760-1785)" (G. Mensaert); „Die lateinische Bildung
des chinesischen Klerus im 17. und 18. Jahrhundert" (J. Beckmann
); „Le vicende d'un opuscolo sul clero indigeno e del suo
autore" (G. B. Tragella). Beachtung verdient das von J. Beckmann
mitgeteilte päpstliche Breve „Super cathedram Principis Aposto-
lorum" vom 19. 9. 1659 an die Jesuiten. Es befreite die einheimischen
Priester vom Erlernen des Latein. Beckmann fügt hinzu:
„Dieses Privileg wurde bis ins 19. Jahrhundert immer wieder erneuert
und nicht nur den Apostolischen Vikaren, sondern auch
den übrigen Bischöfen gewährt. Es hat manchen Beurteiler der chinesischen
Mission fälschlich veranlaßt, einfachhin für die ganze
Zeit von einem lateinlosen, ja geradezu minderwertigen Klerus
zu sprechen, während die tatsächlichen Verhältnisse wesentlich
komplizierter waren. Das päpstliche Zugeständnis war eine Notlösung
und wurde auch als solche betrachtet" (S. 169). Dies zu beweisen
, bemüht sich B. mit Erfolg. Je zwei Aufsätze beschäftigen
sich mit dem afrikanischen bzw. indischen Klerus: „Einheimischer
Klerus und einheimische Literatur in Bantu-Afrika" (W. Bühlmann
); „Rites camerounais et liturgie catholique" (A. Schmid);
„Der einheimische Klerus in Indien (16. Jahrhundert)" (J. Wicki);
„Die philosophisch-religionswissenschaftliche Ausbildung des indischen
Klerus" (Th. Ohm). Auf den Aufsatz von Ohm sei besonders
hingewiesen, weil er Probleme berührt, die auch die
evangelische Mission im Blick auf das Werden einer indischen
Theologie bewegen, unter Benutzung evangelischer Literatur.
C. Laufer schildert das „Schicksal des Kleinen Seminars im Vika-
riat Rabaul während der Kriegs- und Nachkriegszeit", und
A. Freitag gibt einen sehr instruktiven, wegen seiner statistischen
Angaben wertvollen Überblick über die „Fortschritte des
einheimischen Klerus und der einheimischen Hierarchie in den
Missionsländern in den letzten dreißig Jahren (1920-1950)".
Tübingen O. Rosenkranz

Guardini, Romano: Verantwortung. Gedanken zur jüdisdien Frage.
Eine Universitätsrede. München: Kösel-Verlag [1952]. 43 S. 8°'=
Hochland-Bücherei. Kart. DM 2—.

Diese anläßlich der Ölbaum-Spende im Frühjahr 1952 vor
der Tübinger Studentenschaft gehaltene Rede Guardinis liegt bereits
im 10. Tausend vor. Vielleicht ist schon dieser Umstand ein
tröstliches Zeichen, denn hier ist aus der Würde der alten Universität
heraus von einem Manne, der Autorität hat, ein Wort
zur Schärfung der Gewissen gesprochen worden, das nicht gern
angehört wird. Die Ermordung von fünfeinhalb Millionen Juden,
die nicht mit dem Willen aber im Namen des deutschen Volkes
geschehen ist, wurde weit mehr aus dem Bewußtsein verdrängt,
als daß sie geistig verarbeitet worden wäre. Guardini ist von den
törichten Vorstellungen, daß es eine deutsche Kollektivschuld
gebe, fern; aber er ruft zur gemeinsamen Verantwortung auf.
Es wäre zu wünschen, daß diese kleine Schrift in vielen Schulklassen
vorgelesen und durchdacht wird, ohne Diskussion.

Erlangen Hans-Joachim Schoeps

Kirchner, Joachim: Bibliothekswissenschaft (Buch- und Bibliothekswesen
). Heidelberg: Winter 1951. VIII, 2 52 S. m. 18 Abb., 16Taf.
8° = Winters Studienführer, hrsg. v. Dr. Wilhelm Anders, Gruppe
Kulturwissenschaften. DM 7.80; geb. DM 9.90.

Das Werk ist ein Leitfaden des Buch- und Bibliothekswesens
. In 5 3 Abschnitten wird eine Einführung in die mannigfachen
Fragen des ausgedehnten Gebietes gegeben. Geschichte
der Schrift, Handschriftenkunde, Geschichte des Buchdrucks, des
Zeitungs- und Zeitschriftenwesens, des Bucheinbandes, der Buch-
I maierei, Buchillustration und des Buchhandels, Stichworte zur