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Ausgabe:

1953 Nr. 10

Spalte:

592-593

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Abhandlungen über Theologie und Kirche 1953

Rezensent:

Hessen, Johannes

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Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 10

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Partei derer, welche in Rm 7, 14—25 nicht den Apostel Paulus
als Subjekt annehmen — aber warum muß dann doch der Abschnitt
dem Christen vorhalten, wieweit er mit „Idealismus"
käme? (Offenbar: Weil so eine mächtige Stelle doch „gepredigt"
werden muß!) Etzold wendet eine erhebliche Kraft auf, dies als
des Briefschreibers Paulus Absicht mit Rm 7, 14—25 nachzuweisen
. Aber recht hat, von Paulus aus, A 11 h a u s (ThLZ
1952 Nr. 8 Sp. 475 ff.) gegen Nygren. Es ist eben exegetisch
zweierlei: der Rm des Paulus — und die Predigt von heute! Ein
Prediger, der Rm 7, 14—25 „predigen" will, muß entweder damit
zufrieden sein, seine Zuhörer mit der Ansicht des Paulus über

das Gesetz zu langweilen — oder er kann „hochinteressant" sein
mit modernen Gedanken zur Stelle, wenn er beifügt: „Das sind
meine Gedanken gelegentlich der Lektüre von Rm 7, 14—25,
aber Paulus selbst hatte sie nicht". Und das gilt auch für die
Kunst der Einübung — nicht bloß an dieser Stelle.

Man hat ja jetzt „offiziell" entdeckt, daß alles auf den „her-
meneutischen Nenner" zu bringen ist. Aber es scheint, daß gerade
die Predigt und die Kunst der Einübung wieder zuletzt daran
kommen, wenn die Gaben ausgeteilt werden. Da fürchtet man
sofort, „den Geist zu dämpfen". Lieber will man ein wenig
„Wilde Jagd".

FESTSCHRIFTEN UND ALLGEMEINES

[Lebreton:] Mclangcs Jules Lebreton. II. Paris: Bureaux
de la Revue „Recherches de Science Religieuse" 1952. 480 S. gr. 8°
= Redierdies de Science Religieuse Tome XL, Nr. 1—2.

Der erste Teil der Lebreton-Festschrift wurde im vorigen
Jahrgang der ThLZ Sp. 339 ff. besprochen. Die folgenden Inhaltsangaben
wollen über den zweiten in der gleichen Weise kurz
orientieren. Er umfaßt drei Abteilungen: die erste steht noch
einmal unter dem Titel „Origines chretiennes et patristique";
dann folgen Aufsätze zur Kirchengeschichte im engeren Sinne,
zuletzt die charakteristischen Beiträge zur „Theologie et Spiri-
tualite", die jedoch ebenfalls vorwiegend historischen Charakter
haben.

Drei Untersuchungen zum Traditionsbegriff stehen voran. G. B a r-
d y gibt eine interessante Sammlung von Texten über die „Inspiration
" und Autorität der „Kirchenväter" und skizziert die Entwicklung
der zu Grunde liegenden Vorstellung. Zu diesem noch nicht hinlänglich
untersuchten Gegenstand sind jetzt auch einige Aufsätze des Ch.il-
kedon-Bandes von Grillmeier und Bacht mit heranzuziehen; vgl.
ThLZ 78 (1953) 85 ff.. H. de L u b a c zeigt das Alter der vermeintlich
mittelalterlichen Formel „diversi, sed non adversi". Sie ging ursprünglich
nicht auf das Zeugnis der Väter, sondern auf den Vierevan-
gelienkanon und ist in diesem Sinne besonders von Augustin geprägt
worden. P. Smulders charakterisiert den Traditionsbegriff der griechischen
Väter. Die Vorstellung des Mündlichen und der Fortleitung
über mehrere Generationen sind von Anfang an wesentlich. Eine inhaltliche
Abgrenzung gegenüber den apostolischen Schriften beginnt
erst bei Basilius. Die zentrale Stellung Christi in der „Mystik" Augu-
stins wird von Marie C o m e a u betont. Unter Hinweis auf eine
künftige Publikation schildert P. A n d r i e u die asketischen Vorstellungen
des Victricius auf dem Hintergrung des damaligen Rouen.
Interessanterweise gehört die Aufgabe des Eigentums noch nicht mr
Normalform des mönchischen Lebens. Es folgen einige textkritisch-philologische
Beiträge. R. Draguet prüft die Bedeutung einer von Butler
nicht benutzten Handschrift der Historia Lausiaca. M. Richard
bringt eine scharfsinnige Erörterung über die Herkunft eines Leo dem
Großen zugeschriebenen Kyrilltextes. E. de P 1 a c e s legt eine neue,
anscheinend echte Kateches des Diadochus von Photike vor. B. C a-
pelle untersucht den Begriff der „praefatio" und den Sinn der Wendung
„caeli caelorumque uirtutes" in den römischen Sakramentaren.
Zum ersten Punkt ist jetzt der gründliche Aufsatz von Christine Mohrmann
, VigChr 7 (1953) 1 ff. zu vergleichen.

Die kirchenhistorische Abteilung wird von J. Z e i 11 e r eröffnet.
Er sucht im Anschluß an eine Stelle des Apolloniosmartyriums der alten
Streitfrage nach den juristischen Grundlagen der Christenverfolgung
und dem fraglichen „uetus decretum" Neros eine neue Fassung
zu geben. Es folgt ein postumer Beitrag von Augustin Fliehe, der
am 20. Nov. 1951 einem schweren Leiden erlegen ist, über die Anfänge
des französischen Christentums. Es scheint, daß die Kirche, vom
Orient her, an der provencalischen Küste (Marseille) noch eher Wurzeln
schlug als in Lyon. J.-R. P a 1 a n q u e kehrt sich mit Recht gegen
die „Tradition" der späteren provencalischen Legenden über die Entstehung
der gallischen Gemeinden. Eine sehr fesselnde Studie wird
von H.-I. M a r r o u beigesteuert. Ammianus Marcellinus berichtet von
zwei durch den christlichen Kaiser Valentinian I. willkürlich verurteilten
Beamten, die die Christen als Märtyrer verehrt hätten. Damit
läßt sich eine mailändische Lokaltradition kombinieren. Zu der Eigenart
solcher seltsamen, später namentlich in Rußland beliebter „Märtyrer
", die es im strengen Sinne dodi gar nidit sind, hätte noch an
den einschlägigen Aufsatz von Fr. Dornseiff im ARW 22 (1923/24)
139 ff. erinnert werden können. Wann wurde das Illyricum Orientale,
Sizilien und Calabrien dem Patriarchen von Konstantinopel unterstellt
? V. G r u m e 1 meint, daß dies erst unter P. Stephan II. (7 52—57;
geschehen sei, als Rom endgültig dem alten Reiche entglitten war.
B. Leib verfolgt die Schwierigkeiten, die den Unionsbestrebungen
Alexios I. durch seine eigenen Konstantinopler Patriarchen bereitet
wurden. B. de G a i f f i e r gibt im Anschluß an einen erstmals veröffentlichten
Text über den Tod Heinrichs II. eine Zusammenstellung
von weiteren Legenden des 7—13. Jhdts., in denen von einem Wägen
der Seele im Totengericht die Rede ist. H.-X. A r q u i 11 i e r e untersucht
die patristisdien Anklänge im bekannten Brief Gregors VII. an
Hermann von Metz: „Iis manifestem ä la fois une profonde reve-
rence ä l'egard des Peres et une connaissance assez pauvre de leurs
Oeuvres. La principale source de sa pensee etait la sainte Kcriture."
M. V i 11 a i n prüft in einer liebevollen Studie die Rechtgläubigkeit
Lcfevres als Bibeltheologen: „11 montra de quelle facon il eüt fallu
dominer le danger pour eviter la catastrophe des separations. ldea-
lement il avait raison; pratiquement il n'avait pas en mains les moy-
ens pour reussir." Einen recht reizvollen Beitrag zur Gelehrtengeschichte
und zur Frömmigkeit eines berühmten Bollandisten legt uns
M. C o e n s vor: das lateinische ,,Eucharisticon" des vorübergehend
erblindeten Papebroch auf Franz Xavier „post reeeptam eius patro-
cinio Sanitätern."

Die Beiträge des letzten Teils sind theologie- und „frömmigkeitsgeschichtlich
" orientiert. Ausgehend von den neuen Forschungen der
Uppsalenser und mit Hinweis auf Casel bietet O. Rousseau eine
patristisdi belegte Darstellung der Taufe in ihrer sakramentalen Parallelität
zur Höllenfahrt Christi. Für den „Glaubensakt" hat F. de L a n-
v e r s i n die kniffliche Frage im Auge, wie die Teilhabe an dem trini-
tarischen Leben, die er erreicht, gegen die besondere Begabung abzugrenzen
ist, die durch den heiligen Geist erfolgt. M.-D. C h e n u sucht
die Bedeutung des theologischen Hintergrunds für die dogmatischen
Formulierungen der Bulle Ünam sanetam zu klären. G. Courtade
zeigt, wieweit die theologischen Formeln des Professors an der Gre-
goriana, späteren Kardinals Franzelin in die lehramtlichen Entscheidungen
, besonders des Vaticanums, übergegangen sind. J. L e c 1 e r c q
veröffentlicht eine mystische Betrachtung über das himmlische Jerusalem
aus dem frühen 12. Jhd. Beachtung verdient die wohlbclegte und
systematisch eindringende Studie von P. Henry über die dialektischmystische
Gotteslehre Ruysbrocks. Für den Aufsatz V. L a r r a fl •«
gas „Los Ejercicios espirituales de San Ignacio de Loyola en Mont-
serrat" haben sich wohl noch mehr Leser als der Rez. wenigstens ein
französisches Resümee gewünscht. Nach H. Pinard de la Boul-
1 a y e wird die Bedeutung des Liebesmotivs in den ignatianischen
Exerzitien oft unterschätzt. Durch eine Untersuchung der einzelnen
Teile des Buches sucht er es stärker herauszuarbeiten. Die Reinigung
und übernatürliche Erhebung des mensdilichen Affekts im Prozeß des
geistlichen Sterbens und Auferstehens bei Johann vom Kreuz wird
von J. Mouroux nach den Texten dargestellt. Als letzter Beitrag
erscheint M. V i 11 e r s meisterhafte Schilderung des Passionsmotivs
in der — hier bis zu einem gewissen Grade originellen — Mystik des
Heiligen Paul vom Kreuz.

Eine ausführliche, chronologisch geordnete Bibliographie
der Schriften und Rezensionen des Jubilars schließt die gehaltreiche
Festschrift ab. Vier weitere zu ihr gehörige Artikel konnten
erst im folgenden Heft der Zeitschrift untergebracht werden.

Heidelberg H. v. Campenhausen

[Adam-Festschrift:] Abhandlungen über Theologie und Kirche. Festschrift
für Karl Adam. In Verb. m. H. Elfers u. F. Hofmann hrsg.
v. Marcel R e d i n g. Düsseldorf: Patmos-Verlag [1952]. 320 S..
1 Titelb. gr. 8°. Lw. DM 28.50.

Der Tübinger Dogmatiker Karl Adam ist im In- und Ausland
namentlich durch zwei Werke bekannt geworden: „Das Wesen
des Katholizismus" und „Jesus Christus". Auch wer beiden
mit gewissen kritischen Bedenken gegenübersteht — das erste