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Ausgabe:

1953

Spalte:

533-534

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Die Friedhof-Fibel 1953

Rezensent:

Holtz, Gottfried

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Seite 1

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533

Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 8/9

534

graueste?" Der Verf. findet die Antwort in zehn geschichtstheo-
logischen Gesetzen, von denen er selbst erklärt, daß sie zum Teil
keine dogmatische Gewißheit beanspruchen könnten, sondern
eher als heuristisches Prinzip verstanden werden wollten, das nur
so viel Sicherheit in sich trägt, als der vom Glauben geführte und
erhellte forschende Geist den geschichtlichen Wirklichkeiten hinsichtlich
ihres Sinnes und ihrer Gesetze gerecht wird.

Diese Gesetze sind das Reichsgottesgesetz Christi, nach dem in
seinem Reich das Dienen das wahre Herrschen ist. Weiter das Saaterntegesetz
Christi, nach dem die einen säen und die anderen ernten, weshalb
der Christ gegenüber der Frage des sichtbaren Erfolges einen weiten
Spannbogen haben dürfe. Das paulinische Gesetz der unzureichenden
Mittel stellt heraus, daß im Wirken Gottes ein völliges Mißverhältnis
zwischen Ursache und Wirkung, Grund und Folge bestehe, weil
Gott durch die in der Welt Geringen wirken wolle. Bossuet hat herausgestellt
, daß die Verfolgung der Kirche ein Mittel Gottes zur inneren
Reinigung und zum äußeren Wachstum der Kirche in der Geschichte
ist, wobei aber die Kirche diese Verfolgung in Gestalt von Buße und
Selbstabtötung selbst übernehmen könne. Ambrosius hat gegenüber der
Kritik am Ruf zur Jungfräulichkeit, die einen biologischen Ausfall für
das Völkerlebcn bewirke, darauf hingewiesen, daß umgekehrt der Wille
zur Jungfräulichkeit und die Volksvermehrung Hand in Hand gehen.
Diese überraschende Behauptung wird u. a. damit begründet, daß sowohl
der Jungfräulichkeitsberuf als auch der Fortpflanzungswillc in der
Ehe sich auf das Prinzip der Opferbercitschaft aufbauen. Olier hat für
das Wachstum der Kirdie auf die Notwendigkeit der Unterstützung des
amtsgebundenen Handelns durch charismatische Laien, die für die Amtsträger
beten, aber auch kirchliche Dienste übernehmen, hingewiesen.
Ozanam stellte das Gesetz auf, daß nichts Großes im Schöße der Kirche
geschehe, ohne daß eine Frau daran Anteil hätte. Rottel erklärte das
Zunehmen des Schattens in der Weltgeschichte trotz des Wirkens des
Christentums aus dem Grundsatz, daß das Maß des Schlechten in der
Geschichte durch das Maß des Guten bedingt sei. Der Romantiker
Chateaubriand will die Existenz der in ihrer Zukunft bedrohten abendländischen
Völker nur durch ihr Eingehen in die Sendung der Kirche
gesichert sehen, während Donoso Cortes der Meinung ist, daß im
sichtbaren Bereich stets das Böse siege, während Gott sich den Triumph
über das Böse selbst vorbehalten habe.

Diese Gesetze werden, ohne daß ein großer Zusammenhang
hergestellt würde, unter Berufung auf die Äußerungen der Väter
der Kirche vor uns ausgebreitet. Sie wurzeln, wie der Verf. feststellt
, in der katholischen Geschichtsbetrachtung, die als ekkle-
siozentrisch bezeichnet wird. Dem evangelischen Theologen wird
sich die Frage aufdrängen, ob die von dem Verf. vertretene Sidit
der Geschichte und die aus Aussagen katholischer Denker gewonnenen
geschichtstheologischen Leitsätze dem eschatologischen
Realismus der Schrift wie der Härte der erlebten Geschichte gerecht
wird, und ob sie deshalb geeignet sind, zu einer dem christlichen
Glauben dienenden Seelsorge in der Gegenwart zu helfen.

' Heidelberg W. Hahn

Pfister, Rudolf: Die Fricdhof-Fibcl hrsg. München: Callwey [1952].
"9 S. m. 256 Abb. gr. 8°. kart. DM 12.50; Hlw. DM 14.50.

Im Artikel „Friedhof" der RGG beklagt Küsthardt, daß fast
nur große und mittlere Städte für die würdige Gestaltung der
Friedhöfe sich verantwortlich wüßten, während die kleinen Städte
und erst recht die Dorfgemeinden teilnahmslos der Frage gegenüber
ständen, wie der Friedhof zur Stätte kultischen Fühlens und
yenkens würde. Seitdem sind 25 Jahre ins Land gegangen, ohne
daß Barbarei, Gedankenlosigkeit und Unvermögen vertrieben
oder wenigstens angegriffen wären. Pfister schreibt, daß auf dem
Lande die berufenen Hüter des Friedhofes „vollkommen ver-
sagen". Sein Buch nimmt den Kampf auf, nicht als Streitschrift,
sondern als elementares Lehrbuch in Wort und Bild. Es wendet
sich ausdrücklich an die Geistlichen, Bürgermeister, Lehrer und
Steinmetze der Kleinstadt und des Landes. Als Herausgeber der
Zeitschrift für Baukultur und Bautechnik „Baumeister" ist Pfister
ais Sachkenner in allen technischen und künstlerischen Fragen ausgewiesen
. Ihm zur Seite stand ein Mitarbeiterkreis, der sympathischerweise
auf Namensnennung verzichtet hat, — „da es ihnen
"ur um die Sache ging und geht". Gesinnung und Können sind
gleich hoch zu rühmen. Das kultische, künstlerische und heimat-
iche Verantwortungsbewußtsein greifen ständig ineinander. Im
nzclnen wird von der Lage, Anlage, Umfriedung und den Bauen
des Friedhofes gehandelt, natürlich auch von den Grabzeichen,
'nren Inschriften und ihrem Symbolschmuck, aber auch von der

Bepflanzung des Friedhofes und der Pflege alter Anlagen und
Grabsteine. Kein wichtiges Thema wird vergessen sein. Die Güte
der zahlreich beigegebenen Bilder ist über alles Lob erhaben.
Zwei Drittel des Umfangs beanspruchen die Bilder, nur ein Drittel
der Text. Die Auswahl an Bibelworten für Inschriften auf
Grabmälern ist der Lutherbibel entnommen, was sich mit dem
überkonfessionellen Charakter des Buches wohl verträgt.

Die Kritik kann vor dieser schönen, hocherfreulichen Veröffentlichung
schweigen, weil des Positiven so viel geboten wird. Für eine Neuauflage
möchte ich die kritische Bearbeitung der Liste der gebräuchlichsten
Symbole empfehlen; es müßte hier wohl zwischen dem nur noch
geschichtlich Interessanten, darum den Konservator Angehenden, und
dem Fortlebenden und Zukunftsreichen geschieden werden. Die Bildtafel
der christlichen Symbole nach Rudolf Koch kann reduziert werden,
denn sie enthält noch schwer Verständliches und Gesuchtes. Einige
Paramentenanstalten und kirchliche Kunstwerkstätten haben sich seit
Koch neu mit dem Symbol befaßt, — aus ihrer Arbeit wird gutes Material
zu gewinnen sein.

Das Buch dürfte auf den Pfarrämtern nicht fehlen. Eine
Lizenzausgabe für die DDR wäre sehr zu begrüßen. Trifft nicht
zu, was wir auf S. 9 lesen? „Wie man seine Toten ehrt, so regiert
man die Lebenden, und ein Gang in den Friedhof gibt immer
wichtige Aufschlüsse über die Geisteshaltung der lebenden
Gemeinde. In diesem Spiegel zeigt unsere Zeit denn auch die
nackte Häßlichkeit ihrer Physiognomie am allerdeutlichsten! Zuerst
mißachtete und zerstörte sie die alten Werte, und dann setzte
sie wertlose Oberflächlichkeit an ihre Stelle." Darf es so bleiben?

Rostock O. Holtz

Hahn, Traugott: Komm, o mein Heiland Jesu» Christ, mein's Herzens
Tür dir offen ist! Kinderpredigten nach Aufzeichnungen aus dem
Nachlaß [3. Aufl.]. Gütersloh: Der Rufer [1950]. 129 S. 8°. Lw.
DM 3.80.

Korth, Konrad: Denn solcher ist das Reich Gottes. Vorschläge zur
Neugestaltung des Gottesdienstes für Kinder mit 56 für Kinder gehaltenen
Predigten. Berlin: Evang. Verlagsanstalt [1951]. 176 S. 8°.
Hlw. DM 5.40.

Der letztgenannte Verfasser setzt sich für eine Neugestaltung
des Gottesdienstes für Kinder besonders dadurch ein, daß
er statt der Katechese der Predigt in ihm Raum fordert. Ohne
Zweifel ist die Kinderpredigt ein Problem, das nicht in einer kurzen
Buchbesprechung erörtert werden kann. Ein völlig Neues ist
damit nicht gegeben. Es gab schon immer Kinderpredigten und
nicht nur für die großen Feste. Ein Zeugnis dafür sind die schon
1922 herausgegebenen Predigten Traugott Hahns, von seiner
Frau veröffentlicht und seinen Kindern gewidmet. Auch der Altmeister
des evangelischen Kindergottesdienstes Paul Zauleck hat
schon Kinderpredigten herausgebracht („Vom lieben Heiland"
bei Bertelsmann, Gütersloh) und manche andern. Unleugbar
bleibt, daß ein besonderes Charisma dazu gehört. Die Genannten
besaßen bzw. besitzen es wohl alle, ein jeder in seiner Weise.
Aber lernen, wie man der Kindergemeinde predigt und zu Kindern
das Evangelium spricht, können wir alle von ihnen.

Bei Korth ist das Grundsätzliche der treibende Faktor: Der
Kindergottesdienst soll wirklich ganz Gottesdienst sein im liturgischen
Aufbau und in der Verkündigung; und vor allem sollen
möglichst die altkirchlichen Evangelienabschnitte als Texte verwandt
werden und helfen, daß das Kirchenjahr zu seinem Rechte
kommt, und daß die Kindergemeinde sich da hineinlebt. Es ist
erfreulich und nötig, daß die Eierschalen der Sonntagsschule endlich
abgetan werden. Darum können wir vieles bejahen, was
Korth in dem ersten theoretischen Teil seines Buches fordert,
wenn m. E. auch manches über das Ziel hinausschießt. Im zweiten
Teile folgen dann 56 für Kinder gehaltene Predigten. An
vielen kann man reine Freude haben. Jede Frage ist vermieden;
ob das immer möglich und empfehlenswert ist; vor allem: ob
dadurch das Ansprechen der Kinder zum wirklichen Predigen
wird, ist eben die Frage.

Auch Hahn folgt dem Kirchenjahr von Advent bis Totensonntag
. Hier wagt er sogar einen Text aus der Offenbarung
(7, 6—17) und sonst nicht leichte frei gewählte Texte. Die Behandlung
gelingt textgemäß und herzenswarm. Ich empfehle beide
Bücher, aus ihnen neue Anregung für unsern Dienst zu nehmen.

Berlin A. Llchtenste in