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Ausgabe:

1953

Spalte:

530-532

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Huijser, Ph. J.

Titel/Untertitel:

Dr., Het Exempel in de Prediking 1953

Rezensent:

Fendt, Leonhard

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Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 8/9

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gehören und sich letztlich darum nur dem intuitiven Zugriff erschließen
. Indem sich Peuckert zu ihrem Walten bekennt und die
historische Mühe der Volkskunde auf es gerichtet sein läßt,
bleibt er in einem entscheidenden Punkt der romantischen Schau
treu.

Die kirchliche Volkskunde leidet unter dem
Mangel an Mitarbeitern. „Der Überblick lehrt, daß ein reidics
fast unberührtes Feld der Ackerleute wartet und daß hier Aufgaben
für viele Arbeiter gegeben sind".

Das dem Volksglauben gewidmete Kapitel wird auf
das besondere Interesse der Theologen Anspruch erheben. Peuckert
redet von Volksglauben, nicht vom Aberglauben, und polemisiert
deshalb wie fast alle Zunftgenossen gegen Bächthold-
Stäubli, den Herausgeber des Handwörterbuches des deutschen
Aberglaubens. Bächthold-Stäubli steht uns Theologen hier näher
als Peuckert. Während für diesen der weitgefaßte Begriff des
„Religiösen" konstitutiv ist, in dem das Moment der subjektiven
Gläubigkeit den Hauptakzent trägt und darum Magie,
Astrologie u. a. mit umgreift, denkt Bächthold-Stäubli von den
Objekten des Glaubens aus, zu denen auch die christlichen Anschauungen
über Gott, Christus, Schöpfung, Sünde, Erlösung
u. a. gehören, erkennt die Stufenfolge der Werte an, d. h. hier
den Primat der christlichen Theologie, und bleibt deshalb dc-r
alten Unterscheidung und Entgegensetzung Glaube — Aberglaube
treu, — ein einsamer Kämpfer auf anscheinend verlorenem Posten
. Die wissenschaftliche Diskussion geht fast ausschließlich
um die religionspsychologische Kategorie des Heiligen und um
den magischen Komplex. Was den letzteren angeht, so scheint
die Liebe der Forscher allzu einseitig den magischen Prinzipien
der Frühzeit und ihren unzeitgemäßen Nachwirkungen bis in
die Gegenwart zu gelten, weniger den verdeckten magischen
Kräften und Phänomenen, die das Denken der Massen erregend
bis zur Stunde beschäftigen, aber von der Naturwissenschaft
nichtachtend oder satirisch behandelt werden. Nur gelegentlich
tauchen Stichworte wie „Spontanglaube", „Erfahrungsglaubc",
„Yogatechnik", „Spiritismus" auf. U. E. wird die zünftige Volkskunde
klug daran tun, sich offen der Parapsychologie zu stellen.
Daß die Grundlage des Spukglaubens nur die durch Jahrtausende
mitgeschleppte falsche Vorstellung der Schattenseele sei, leuchtet
dem nicht mehr ein, der die parapsychischen Tatsachen kennt.
Peuckert geht über die traditionsgeschichtliche These noch insofern
hinaus, als er gewissen animistischen Dogmen der Frühzeit
bestimmte geographische Verbreitungsräume glaubt zuordnen
zu können. Hier wird eine vorurteilsfreie Nachprüfung besonders
notwendig werden. Von großem Wert sind die Litcra-
turangaben zum Thema „gelehrter Aberglaube", bei dem es sich
vorwiegend um Zukunftsweissagung, Astrologie, Alchemie und
gelehrte Magie handelt. Auch die Frage der Volksmedizin ist
berücksichtigt. Überall hier werden Theorie und Praxis der Seel-
sorge dankbar lernen.

Das Kapitel „Sitte und Brauch" steht wieder in
Mannigfachen Beziehungen zur Seelsorge, aber ebenso zur kirchlichen
Soziologie und auch zur Liturgik. Zunächst zur Fachdis-
kussion innerhalb der Schuldisziplin! Sie ergeht zwischen der
Mannhardt- und Frazcrschule einerseits (These: im Brauchtum
begegnen uns unbekannt gewordene mythische Gestalten der
animistischcn Ära) und der neuen schwedischen Schule andererseits
, als deren Hauptvertretcr v. Sydow erscheint; hier werden
Sitten und Bräuche als harmlose Scherze oder pädagogische Hilfen
gedeutet. An den Kornwolf z. B. hätte zu keiner Zeit ein
uaucr geglaubt, seine mythische Frühexistenz sei eine Erfindung
verlegener wissenschaftlicher Phantasie, und das bäuerliche Gerede
von ihm diene nur dem Zweck, die Kinder vom Kornacker
2u verscheuchen. Reden wie die, der heilige Christ backe Pfefferkuchen
oder der Storch bringe die kleinen Kinder, seien nichts
a's Scherzreden. So ist die schwedische Schule zum Großangriff
Regen die romantische Forschungsrichtung vorgegangen, die bis-
lar>g mit der Mythenvorstellung arbeitete, und man fragt sich
Respannt, ob die Entzauberung gelingen und anerkannt werden
wird. Der Kampf der Meinungen geht vorerst um die aufgewiesene
Antithese. Bibliographisch wichtig sind wieder die Mitteilungen
zu Feiern im Kirchenjahr, z. B. zu Weihnachten; hier

wird der Liturgiker lernen. Wertvoll auch die Bekanntschaft mit
K. Robert V. Wikman, Einleitung der Ehe, 1937, einem Werk,
das in größerem Rahmen die knabenschaftlich begründeten
Äußerungen des vorehelichen Liebeslebens aufhellt.

Was das Märchen angeht, so liegt das Schwergewicht
der derzeitigen Forschung wieder in Skandinavien, diesmal in
Finnland (Antti Aarne, Julius und Kaarle Krohn). Die Hauptdiskussion
dreht sich noch immer um die Frage des Märchenursprungs
. Die alte Benfeysche These, Indien sei die Heimat aller
Märchen auf dem Erdenrund, ist wohl schwer bekämpft, aber
noch immer nicht abgetan. In historischer Zeit ist neben Indien
Westeuropa das Zentrum der Verbreitung. Die wissenschaftlichen
Bemühungen der Stunde richten sich auf die Erforschung der
Wanderwege und die psychologisch und soziologisch bedingten
Ursachen der vielfachen Variationen. Daneben stehen formal-
kritische Untersuchungen, die dem literarischen Gattungsbegriff
des Märchens gelten. Die Theorie der Entstehung von Märchen-
motiven scheint nur schwach entwickelt zu sein; wir dächten,
hier täte die Begegnung mit der Tiefenpsychologie und Parapsychologie
gut.

Die Sagenforschung hält sich an die durchweg geteilte
Auffassung, die Sage sei der Bericht eines für wahr gehaltenen
Geschehens. Neben der fortgehenden Sammlung der Sa-
genschätze richtet sich die Mühe auf die Stationen des geschichtlichen
Werdens. Die bibliographische Überschau berichtet von
mancher instruktiven Analyse; wir heben hervor: Karl Meisen,
Nikolauskult und Nikolausbrauch im Abendland, 1931, und
Otto Höfler, Kultische Geheimbünde der Germanen I, 1934.

Soweit der Bericht über die Leistung Peuckerts. Der zweite
Teil des Werkes, von dem verstorbenen Hamburger Volkskundler
Otto Lauffer bearbeitet, ist — wie schon bemerkt — den i ragen
der Sachgüter zugewandt, also der Erforschung des Hauses
und der Siedlung, der Möbel, Werkzeuge und Geräte, der Tracht
und der Masken, der Volkskunst und auch der Sachgüter des
rechtlichen und kirchlichen Lebens. Die Ausführungen sind wesentlich
kürzer als diejenigen Peuckerts, beschränken sich auf das
deutsche Schrifttum und gehen im allgemeinen nicht über den
Rahmen eines gewöhnlichen Literaturberichtes hinaus. Nur selten
wird der Leser unmittelbar an Diskussionen herangeführt,
die das Werk Peuckerts so reizvoll gestalten. Eine erfrischende
Ausnahme macht die Polemik gegen die „Symbolforschung" der
dreißiger Jahre, die sich vor allem der phantastischen Entdeckung
von „Lebensbäumen" allüberall auf Werken der Volkskunst
rühmte. Was bleibt von den anspruchsvollen Deklamationen zurück
? So gut wie nichts! Auch im übrigen ist Lauffers Verdienst
nicht gering, erschöpft sich aber in der Vermittlung der Literaturkenntnis
. Es kann allerdings nicht verschwiegen werden, daß
Wildhaber im Schweizer Archiv für Volkskunde 48, 1952,
S. 100 ff., auf große Ungenauigkeiten der Bibliographie hinwies.
Leider wimmelt das ganze Buch auch von Druckfehlern, die bisweilen
sinnstörenden Charakter tragen, — so auf S. 76, wo von
spiritualistischen statt von spiritistischen Experimenten zu lesen
steht.

Die Hilfe, die das Gesamtwerk gewährt, ist sehr groß, darum
ist der Dank der Mitarbeiter den beiden Verfassern gewiß.
Leider reicht das Sachregister nicht aus, und leider fehlt ein
Autorenregister ganz.

Rostock O. Ho Hz

PRAKTISCHE THEOLOGIE

H u i j s e r, Ph. J„ Dr.: Het Exempel in de Prcdiking. Groningen:
J Niemeijcr 1952. 238 S. 8°. hfl. 3.60; Lw. hfl. 4.75.

Die Predigt ist, wenigstens in den Gemeinden der Reformation
, schlechthin der Ernstfall. Das gilt sowohl von den Predigern
aus als auch von den Hörern her, weil es vom NT her in
Kraft steht. Mit Recht hat darum Philippjacob Huijser,
der Verfasser des uns vorliegenden Werkes, seinerzeit im Jahre
1941 bei seiner Promotion zum Doctor theologiae die (Seppsche)
These verteidigt: „Eine gute Predigt ist das höchste Produkt
der Wissenschaft". Um dieses „höchste Produkt" quälen sich