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Ausgabe:

1953

Spalte:

525

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Titel/Untertitel:

Naumburg - Stadt und Dom 1953

Rezensent:

Kähler, Ernst

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525

Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 8/9

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Zeichnungen reproduziert worden sind. Wenn das auch für einen
wesentlichen Teil der Funde zur Orientierung völlig ausreicht
und sogar ein unentbehrliches Hilfsmittel ist, so hätte man doch
gerne z. B. die bronzenen Kästchenbeschläge auch in der Reproduktion
eines Photos gesehen, zumal sie nicht mehr in Mainz
liegen. Das Gleiche gilt auch für einige andere Stücke. Außerdem
wäre bei dem Lageplan der Albanskirche (S. 12) ein Hinweis auf
die verschiedenen Bauperioden, die im Plan eingezeichnet sind,
ganz wertvoll, da die offenbar älteste Anlage einen dreiapsidalcn
Schluß einer dreischiffigen Anlage zeigt. Wenn auch dieses Anliegen
nicht im strengen Sinne zu den Bodenfunden rechnen kann,
so wäre hier doch bei einer eventuellen Neuauflage eine kurze
Erläuterung wünschenswert.

Das Heft reiht sich würdig in die ausgezeichneten Publikationen
des Römisch-Germanischen Zentralmuseums ein, von
denen man nur wünschen kann, daß sie möglichst weitgehende
Nachfolge finden mögen.

Oreifswald Klaus Wessel

Wassermann, Kurt, u. Fritz Hege: Naumburg. Stadt und Dom.
2. Aufl. Dresden: Sachsenverlag 1952. 130 S., davon 88 Taf. gr. 8°.
Lw. DM 9.-.

Den Hauptteil des Buches bilden die 88 Abbildungen, in denen
Dom und Stadt, sowie einige wichtige Bauten und Landschaften
der Umgebung von Naumburg gezeigt werden; dazu
treten zwei Reproduktionen im Textteil. Als Ganzes ein hübsches
Bilderbuch für erwachsene Leute, die sich entweder auf
einen Gang durch das „alte" Naumburg — um dieses geht es
ausschließlich — und in seine Umgebung vorbereiten lassen wollen
, oder für die dieses Werk eine Erinnerung an Stunden oder
Tage in dieser schönen innerlich und äußerlich so seltsam heilen
Vergangenheit sein soll.

Ein halbes Hundert der Bilder sind dem Dom gewidmet,
aufgenommen wie die anderen auch von Fritz Hege, der sich damit
von neuem und mit bewährter Liebe des Ruhmes von Naumburg
angenommen hat. Wissenschaftlichen Zwecken dienen die
Bilder dabei natürlich ebensowenig wie der Text, der aus der
Feder von Kurt Wassermann stammt. Er enthält außer den das
Buch beschließenden Erläuterungen zu den Abbildungen (S. 117
—130) eine Einleitung „Aus der Geschichte der Stadt Naumburg
"; sie bietet einen Abriß dieser Geschichte in modern populärer
Art von der Gründung bis zur Gegenwart, mit dem Ziel
..die bildende Kunst in den großen geschichtlichen Zusammenhang
zu stellen" (S. 28), wobei infolge der von dem Verf. gewählten
Kategorien allerdings weder der „große geschichtliche
Zusammenhang" noch die einzelnen Vorgänge deutlich, geschweige
denn verständlich werden.

Der „Feudalismus" etwa — ein Lieblingswort der Einleitung
~ a]s geschichtliche Erscheinung des Mittelalters deckt sich
ja keineswegs mit dem, was man polemisch mit „feudal" zu bezeichnen
pflegt. Auch von „der Kirche" als einer fest umrissenen,
Politisch einheitlichen Größe zu reden, ist eine für das Mitteler
unzulässige, ungeschichtliche Abstraktion und Vereinfachung
, die im Grunde nur für den nachvatikanischen Katholizismus
anwendbar ist.

An Ungcnauigkeitcn und Verzcidinungen im Einzelnen ist mir auf-
gerallcn: Will man summarisch von der Gründung der drei Bistümer
Meißen, Merseburg und Zeitz reden, dann wird man eben nicht sagen
gönnen, daß „die Kirche" sie gegründet hat (S. 9), sondern daß Otto
l JPr' '''re Gründung „der Kirdic" geradezu abringen mußte, tatsäch-

'* e r also ihr Gründer ist. — Die Schenkung der „neuen Burg" an
-die Kirche" ist nicht nur „vermutlich", sondern mit urkundlicher Gc-
JJ durch „Vermittlung der Kaisers" zustandegekommen. — Die
Weihung der „Biirgcrkirche" an den Hl. Wenzel als ein Lockmittel

ur den Natimburger Markt bei slawischen Händlern zu verstehen, ist
• •modern" gedadit: viel wahrscheinlicher war es die noch neue Kanoni-
sicrung des Heil igen, dem ja auch Dorfkirchen der Umgebung geweiht
Wurdcn (vgl. Borkowsky, Naumburg, S. 39 f.). — Bei den „übermä-
B'Een Kosten" der bischöflichen Kleider-, usw. Ordnung hätte sich
^'nc Erläuterung empfohlen, daß damit Gastereien gemeint sind, keine
^eldaufwcndungen.

Naumburg Ernst Kähler

SOZIALWISSEN SCHAFT

Welty, Eberhard, P., O. P.: Herders Sozialkatechismus. 1. Bd. Erster
Hauptteil: Grundfragen und Grundkräfte des sozialen Lebens. Der
Mensch in der Gemeinschaft. Die Grundgesetze der Gemeinschaftsordnung
. Recht und Liebe. Freiburg: Herder 1951. XIV, 336 S.
gr. 8° = Herders Sozialkatechismus. Ein Werkbuch der kath. Sozialethik
in Frage und Antwort in 4 Hauptteilen. Lw. DM 16. 50.

Angesichts der Bescheidenheit, mit der der Verf. von seinem
Werk, zu dem der Herder-Verlag ihn angeregt hat, spricht, angesichts
dessen, daß er selbst um die Schwierigkeit, in allgemeinverständlicher
Form das ganze Gebiet der katholischen Sozialethik
umfassend darzustellen, weiß, angesichts dessen schließlich, daß
dieses Werk noch gar nicht vollständig vorliegt, sondern noch
durch zwei Bände, die erst die eigentlich konkreten Fragen erörtern
sollen, ergänzt werden soll, ist es nicht ganz leicht, eine
Kritik zu schreiben. Sie müßte zudem, wenn sie wirklich der
Sache dienen wollte, sich zu einer Auseinandersetzung mit der
katholischen Ethik überhaupt erweitern. Da sich aber dieses Buch
ja eigentlich nur die Aufgabe stellt, in einer allgemeinverständlichen
Form die communis opinio der katholischen Moraltheologie
darzubieten, würde eine solche Aufgabenstellung doch wohl
nicht gerechtfertigt sein. So möchte ich mich denn, bis das Werk
vollständig vorliegt, darauf beschränken, seine Eigenart zu umreißen
, und mich nur mit einzelnen besonders in die Augen fallenden
Thesen auch kritisch auseinandersetzen.

Ein „Katechismus" ist das Buch nur insofern, als es
die Frageform konsequent einhält. Man erwartet bei diesem Namen
eigentlich etwas anderes, etwa ein ganz knapp gehaltenes in
einprägsame Formulierungen gekleidetes unmittelbar für die
Unterichtung z. B. von in der Politik oder der Wirtschaft tätigen
Laien geeignetes Volksbuch. Das ist es nicht. Wenn es auch
Fremdworte vermeidet, so ist es doch fast mehr ein Lehrbuch
im eigentlichen Sinn des Worts. Seine Verwendung denkt sich der
Verf. denn auch so, daß es in Studienkreisen besprochen wird,
wobei ein Leiter, der sich die Gedanken je eines Abschnitts zu
eigen gemacht hat, ausgehend von den mancherlei eingefügten
Beispielen, den Stoff mehr oder minder autoritativ übermittelt.

Denn darin liegt nun eine zweite Eigentümlichkeit des Buchs:
es will die durch das unfehlbare Lehramt der Kirche autoritativ
gesicherte Soziallehre übermitteln. Es werden immer
wieder als entscheidende Belege päpstliche Verlautbarungen vorausgestellt
, bez. es wird der Lehre von Thomas von Aquino
streng gefolgt. Gewiß wird an einigen Stellen auch darauf aufmerksam
gemacht, daß es strittige Meinungen gibt, es wird auch
einmal z. B. wohlwollend auf die Unterscheidung von Gemeinschaft
und Gesellschaft bei Tönnies kritisch eingegangen, übrigens
auch, was eine große Ausnahme ist, bei der Begründung des
Naturrechts in der Auseinandersetzung mit der protestantischen
Zurückhaltung diesem Begriff gegenüber mit Bibelstellen argumentiert
. Im Ganzen aber wird — und darauf wird öfters aufmerksam
gemacht — darin der besondere Vorzug der katholischen
Sozialethik gegenüber der lediglich auf „privater" Schriftauslegung
basierenden protestantischen Ethik gesehen, daß hier die
Autorität des unfehlbaren Lehramts bindende Weisungen zu
geben vermag.

Inhaltlich betrachtet ist diese katholische Sozialethik von
einer eigentümlidi optimistisch-idealistischen Grundhaltung beherrscht
. Das zeigt sich schon sofort in der Lehre vom Menschen,
mit der dieser erste von den „Grundfragen und Grundkräften"
handelnde Band einsetzt. Der Mensch wird angesehen als ein Wesen
, das sich auf „Selbstveredelung," auf „Selbstheiligung zu
höchster Tugendhaftigkeit" ausrichten soll, ein Ziel, das freilich
durch die ihn schwächende Erbsünde nur annäherungsweise und
nur mit Hilfe übernatürlicher Gnadenkräfte erreichbar ist, aber
doch vermöge der Vernunft- und Willensausstattung, die er mitbekommen
hat, im wesentlichen im Bereich seiner Möglichkeiten
liegt. Analog wird auch die menschliche Gemeinschaft als gar
nicht so schwer zu „verchristlichen" angesehen. Kein Wunder,
daß dann auch auf grund der ja ziemlich intakt gebliebenen
menschlichen Vernunft dem Menschen die Möglichkeit einer Erkenntnis
gewisser naturrechtlicher Grundeinsichten zugesprochen