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Ausgabe:

1953

Spalte:

519-520

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Pleijel, Hilding

Titel/Untertitel:

Fran Hustavlans tid 1953

Rezensent:

Schmidt, Martin

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Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 8/9

520

leider nur auf Grund des deutschen Textes — und Martin Schmidt,
Eigenart und Bedeutung der Eschatologie im englischen Purita-
nismus Theol. Viat. IV (1952), 224 ff.) im Schwedischen unter
dem lateinischen Titel „Praxis Pietatis", wobei aber als zweiter
Teil Joseph Halls The Art of Divine Mediation angehängt ist.
Seit 1672 beginnt die umfassende Tätigkeit eines einzelnen Übersetzers
, Olof Swensson Lemwijk, der sich biographisch nur von
ca. 1640—1677 verfolgen läßt. Er widmet seine Kraft den Predigten
und Traktaten von Henry Smith, den Werken Joseph
Halls, besonders seinen Characters of Vertues and Vices (schwedisch
als Konst att känna folck sigh siälff och andra), The Christian
laid forth in his whole disposition and carriage als Ana-
tomia spiritualis in der schwedischen Ausgabe (1673). 168 3 erscheint
das erste Werk Richard Baxters schwedisch: A Call to
the Unconverted to turn and live als Om Gudz taal röst och
uthroop. Weitere englische Autoren, die in diesem Zeitraum
aufgenommen werden, sind John Hayward, Richard Lucas, Francis
Quarles. während Thomas Goodwin, Thomas Brooks, William
Sherlock. Thomas Gouge und die Dorothy Pakington zugeschriebene
Whole Duty of Man, sowie Bunyans Pilgerreise, Holy
War und Badman erst nach 1728 Eingang finden. 1740 erscheint
das „philadelphische" Buch des Böhmerschülers Thomas Bromley
The Way to the Sabbath of Rest, schwedisch Wägen tili hwilo-
sabbathen.

Schweden hat somit die Haupterzeugnisse des englischen
Puritanismus kennengelernt und für sich fruchtbar gemacht.
Unter den wichtieen Autoren, die fehlen, nenne ich William
Perkins, Robert Bolton, Richard Sibbs, Arthur Dent, Obadiah
Sedgwick, Jeremy und Daniel Dyke, Henry Mason, Richard
Bernard.

In einem 2. Teil gibt Hellekant eine treffende Kennzeich-
nune dieser gesamten Literatur. Dabei hebt er ihre moralisierende
Tendenz, ihren Appell an den Willen und die Leistung, ihren
atomisierenden SündenbeerifT, die kultisch-litureische Bindung
der Frömmigkeit besonders an die Ordnung des Sabbats und
der Sakramente als Unterscheidungsmerkmale gegenüber der
schwedischen lutherischen Tradition mit Recht hervor. Die
schwedischen Übersetzer und Herausgeber beobachteten all das
wohl und brachten in kritischen Kommentaren das sola gratia,
den Universalismus der Gnade und den lutherischen Sakramentsbegriff
zur Geltung. Als Hauptergebnis für die Kirchen- und
Geisteseeschichte ist zu buchen, daß der deutsche Pietismus
der große Schrittmacher für diese Literatur in Schweden
wurde. Er erst ermöglichte die Aufnahme auf Grund seiner eigenen
Vorliebe für den Puritanismus, die schon vor Spener mit
.dem Basler Wolfgang Mayer (1577—1653) und dem Rostocker
Theophil Großgebauer (1628—1661) einsetzt.

Hellekant ist mit vorbildlicher Sorgfalt zu Werke gegangen
und hat guten Blick und treffendes Urteil bewiesen, wenngleich
in der Gesamtcharakteristik weit mehr zu sagen wäre. Vor allem
fehlt die Betonung des rationalen Empirismus, des analytischen
Denkens in methodischer, der Selbstbeobachtung, der
Heilserfahrung, der Verbindung von holiness und happiness als
„Seligkeit" in inhaltlicher Hinsicht.

Man wünscht als Leser und Rezensent, daß derartige statistische
Untersuchungen auch in Deutschland als Grundlage für
eine neue Gesamtgeschichte des Pietismus möglich wären, wo
sie jetzt vielfach an der bibliothekarischen und finanziellen
Situation scheitern.

Berlin Martin Schmidt

Pleijel, Hilding: Frän Hustavlans Tid. Kyrkohistoriska folldivs-
studier. Stockholm: Svenska Kyrkans Diakonistyrelses Bokförlag
[1951]. 207 S., 4Taf. 8°. skr. 9.50.

Die kirchliche Volkskunde ist durch den nationalsozialistischen
Mißbrauch mit „Blut und Boden" in Deutschland in
Verruf gekommen, obwohl sie in Willy Andreas, Deutschland

vor der Reformation (zuerst 1932), in Will Erich Peuckerts und
in Otto Clemens Arbeiten treffliche Leistungen hervorgebracht
hat. Das vorliegende, nicht rein wissenschaftlich gemeinte, sondern
zugleich für weitere Kreise bestimmte Buch aus der Feder
des gründlichen Erforschers des schwedischen Pietismus zeigt in
vorzüglicher Weise, wie derartige Themen angefaßt und fruchtbar
gestaltet werden müssen. Es bietet unter dem Titel „Aus
der Haustafelzeit" eine lebendige Schilderung des kirchlichen
und häuslichen Lebens im schwedischen Luthertum vor dem Einbruch
der Aufklärung und der auflösenden Tendenzen des
19. Jahrhunderts. Dieses Leben stand unter der unbestrittenen
Herrschaft der „Haustafel" in Luthers Kleinem Katechismus. Dadurch
, daß Pleijel die klassische lutherische Dreiständelehre an den
Anfang stellt, vermeidet er geschickt die Auflösung in idyllische
Kleinmalerei, zu der das Thema reizt. In einem weiteren Kapitel
zeichnet er ein anschauliches Bild vom „Haustafelleben" in
einer Gemeinde der alten Landschaft Värend, im darauf folgenden
teilt er einen Hirtenbrief aus dem Anfang der Haustafelzeit
mit und interpretiert ihn. Er stammt vom Bischof Petrus Jonae
Angermann aus Växjö und gehört ins Jahr 1596. Pleijel geht auf
die Bibel- und Erbauungslektüre, auf die Kirchenzucht und die
liturgische Kleidung ein. Ein abschließendes Kapitel stellt die
schwedische Sonntagsschulbewegung des 19. und 20. Jahrhunderts
in diese historische Perspektive ein; es zeigt, wie sie erst
durch die pietistisch-individualistische Auflösung der alten Ordnung
möglich wurde, dann aber wesentliche Züge von dieser in
veränderter Gestalt reaktivierte und sich daher einbürgerte.

Berlin Martin Schmidt

LITURGIEWISSEN SCHAFT

Archiv für Liturgiewissenschaft. In Verb. m. Prof.
D.Dr. Anton L.Mayer u. Dr. Odilo Heiming,OSB, hrsg. v. Dr. Hilarius
Emonds, OSB. Band II. Regensburg: Pustet 1952. IV, 412 S.
gr. 8° = Abt-Herwegen-Institut für liturgische und monastischc Forschung
, Abtei Maria Laach. DM 29.—, Lw. DM 33.—.

Es ist gewiß nicht selbstverständlich, daß die katholische
Liturgiewissenschaft auch für die evangelische Theolocie Gewicht
hat. Und von einer bloß beschreibenden Liturgik könnten die
evangelischen Theologen auf weite Strecken hin mit Recht urteilen
: „Quid ad nos"? Das zeichnet aber das „Archiv für Liturgiewissenschaft
", dessen II. Band (1952) wir hier anzeigen, in
hohem Maße au», daß man dort nicht bloße Antiquare an der
Arbeit findet, sondern Liturgen, die sich mit ihrer wissenschaftlichen
Forschung für ihr Liturgieren stärken. Es ist gewiß das
katholische Liturgieren, um das es geht; aber gerade damit wird
das ALW der katholische Spiegel, in den zu schauen sowohl unseren
Liturgen als auch unseren Liturgikern den Blick auf die eigene
Situation außerhalb der eigenen Haut bedeuten kann — um
das Wort „ökumenisch" zu vermeiden.

Es gibt hier die beiden Weihnachts-Aufsätze von Hieronymus
Frank und Hieronymus Engberding, über welche wir in dieser
Zeitschrift eigens gehandelt haben (vgl. Heft l/l953). Sie können
von niemand übersehen werden, den das Problem der Entstehung
von Weihnachten und Epiphanias berührt, ob er nun auf
den Wegen Useners, Holls, Lietzmanns oder ihrer Gegner geht.
Was folgt, sind spezifisch katholische Kleinfragen, in der Art der
Behandlung aber Muster von Philologie, Historie. Theologie.
Man freut sich, daß die Exempel, die einst Carl Weyman und
Albert Ehrhard gaben, so ins Treffliche ausgeschlagen sind.
Odilo Heiming: In Mailand hat ein karolingischer Redaktor,
vielleicht der Erzbischof Odilbert von Mailand, das Fastenofflcium
dem römischen angeglichen. Bonifatius Fischer: Das „Exultet"
des Karsamstages hat nicht Ambrosius von Mailand verfaßt (wie
Capelle 1946 wollte), sondern ein späterer Ambrosiuskenner aus
dem gallischen Liturgiebereich. Fischer stellt den Text her und