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Ausgabe:

1953

Spalte:

514-516

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Sacris Erudiri. IV, 1952 1953

Rezensent:

Fendt, Leonhard

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Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 8/9

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in seiner Besonderheit das Konstituierende für den urchristlichen Gottesdienst
. Die Urchristcnheit weiß sich in ihrem Gottesdienst als die escha-
tologische Hcilsgemcinde und diese Tatsache feiert und verwirklicht sie
in ihm. „So ist der Gottesdienst die eschatologische Funktion der Gemeinde
, ist darin im letzten fortlaufender Vollzug der Heilsgeschichte,
der mündet in der ewigen Anbetung vor Gott" (S. 160).

Das Gewicht der Arbeit liegt indessen, wie gesagt, nicht auf diesen
systematischen Sätzen, sondern auf der Zusammenstellung der Probleme
und des Materials unter den Themen: Aufbau, Formeln, Bekenntnis
und Hymnus, das Wort, Gebet, Handlungen, Ämter und Äußerer Rahmen
. Nur wenige Einzelheiten seien erwähnt. Gegenüber der These Cull-
manns von der Einheit von Wort- und Sakramentgottesdienst wird eine
kritische Stellung eingenommen, da das neutestamentliche Material dem
widerspricht. Vielmehr wird damit gerechnet, daß in neutestamentlicher
Zeit Wortgottesdienst und Gottesdienst, der zugleich Wortgottesdienst
und Sakramcntsfeier war, nebeneinander bestanden. Bemerkenswert ist
die These, daß kein enger Anschluß des christlichen Gottesdienstes an
den Synagogengottesdienst nachweisbar ist, dieser vielmehr erst im
2. Jahrhundert eintritt. So kenne der christliche Wortgottesdienst auch
keine alttestamentlichen Schriftverlcsungen. Die einzigen nachweisbaren
Lesungen seien die der apostolischen Briefe in den paulinischen Gemeinden
. Im Anschluß an die Arbeiten von Preisker u. a. wird aus dem Aufbau
der paulinischen Briefe, aber auch des 1. Petrusbriefes, auf den Aufbau
des urchristlichen Gottesdienstes geschlossen (Grußformel, Eingangsgebet
, Ausgangsthesen der Verkündigung, hymnische Teile, Schlußwunsch
). — Sofern sich etwas wie eine Predigt im Gottesdienst findet,
gründet sie sich nicht auf einen alttestamentlichen Text, sondern vielfach
auf einen bereits in der christlichen Tradition geformten Hymnus oder
eine Themenangabe eigener Fassung. Jedoch läßt sich die urchristliche
Verkündigung in kein Schema fassen, sondern gewinnt ihre innere Form
und äußere Gestalt vom Hörerkreis und vom Botschafter her.

In einer Zeit, in der das liturgische Interesse wie kaum in
einer anderen aufgewacht ist, bedeutet ein solches Buch, das das
Material, welches die gegenwärtige Forschung sehr verstreut darbietet
, zusammenfaßt und durch Hinweise erschließt, eine dankenswerte
Hilfe, nach der viele gerne greifen werden.

Heidelberg W. Hahn

Schnepel, Erich: Die Offenbarung des Johannes. I.Teil: Die Pläne
Gottes mit der Welt und seiner Gemeinde. Offenbarung 1—11.
(Verm. Ncuaufl.) Stuttgart: Verl. ,Junge Gemeinde" [1952]. 125 S.
8°. Hlw. DM 5. 90.

Es handelt sich um eine durch die Auslegung von Kap. 1—3
(bis S. 77) erweiterte Ausgabe der 19 37 unter dem Titel „Der
Sieg Gottes" erschienenen Hilfe für kleine Kreise schlichter Bi
belleser, die sich mit der Apokalypse beschäftigen wollen. Linter
Beiseitelassen aller Fragen der wissenschaftlichen Exegese hebt
der Verf. in sympathischer Schlichtheit der Sprache überall das
heraus, was der Förderung christlichen Glaubens- und Lebensernstes
zu dienen geeignet ist. Dabei macht sich der Einfluß des
Kommentars von Hadorn, auf den der Autor sich dankbar bezieht
, soweit er ihm folgt, wohltuend bemerkbar. Doch verführt
ihn das Bemühen um unmittelbare Erbaulichkeit zur Ignorierung
der religionsgeschichtlichen Zusammenhänge, in denen die Apokalypse
überall steht und deren Beachtung erst die ganze Größe
dieses gewaltigen Buches erfassen läßt, und zu allerlei unhaltbaren
exegetischen Spielereien. Dahin gehört schon z. B. die Bemerkung
über die Sieben als die Vollzahl Gottes, die aus der
Addition der Dreieinigkeit und der vier Himmelsgegenden er-
khirt wird; dahin die Deutung der 24 Ältesten in 4,4 als Sinnbild
der gesamten Gottesgemeinde oder des gläsernen Meeres
>rt 4,6 auf die Völkerwelt oder der 4 „Tiere" in 4,6 auf Wesenszuge
Gottes oder die Bemerkung zu 5,1, die auch außen beschriebene
Buchrolle deute an, daß auch die Menschen ein wenig von
yottes Wcltenplänen mit ihren eigenen Augen erkennen können,
tbenso, daß in 7,4 ff. gar nicht von den Stämmen Israels die Rede
se>. Lauter willkürliche Behauptungen, von denen bei Hadorn
nichts zu lesen ist. In völlig abwegige Willkür verliert sich die
Deutung von Kap. 8 und 9. Zu 8,5: „Gewaltige Geisteserschütterungen
gehen jetzt durch die Welt"; zu 8,7 (alles grüne Gras
verbrennt) „es gibt keine öffentliche Verkündigung der Botschaft
v°n Christus mehr"; 8,8 (ein großer Berg wird in das Meer geworfen
): „eine riesige Weltmacht bildet sich plötzlich im Völkermeer
"; 8,12 (der dritte Teil der Sonne wird verfinstert): „Die

Botschaft von Christus wird zum dritten Teil verfinstert"; Kap. 9
redet von der Überflutung der Welt durch dämonische Gedankengebilde
— doch bleibt das Gras der Erde erhalten (V. 4), nämlich
die frischen Auen des Wortes Gottes inmitten der Gemeinde
Jesu; das Rasseln der Kriegswagen meint den anspruchsvollen
Wortschwall dieser Ideen (9,9) usw. Was hätte zu alledem wohl
der treffliche, nüchterne Hadorn gesagt? — Die Apokalypse
ist der Märtyrer unter den Schriften des NT. Man sieht, daß —
trotz allem guten Willen — hier ihrer Leidensgeschichte ein neues
Kapitel hinzugefügt wird, weil der Wahrheitsernst wissenschaftlicher
Exegese dem Spiel aktualisierender Phantasie geopfert worden
ist. Darf der evangelische Christ so mit dem NT umgehen?1

') (Ich glaube, in meiner kleinen Schrift „Was soll die Offenbarung
des Joh. im Neuen Testament?" [3. Aufl. 1948, Gütersloh] einiges
Nützliche zu dem Gegenstande gesagt zu haben.)

Erlangen H. Strathmann

KIRCHENGESCHICHTE: ALLGEMEINES

Sacris Erudiri. Jaarboek voor Godsdienstwetenschappcn. IV,
1952. Uitgave van de Sint Pictersabdij, Steenbrugge. Brügge:
Beyaert; Den Haag: Nijhoff 1952. 399 S., 12Taf. gr. 8°. bfr. 320.—.

Dieser IV. Band des „Jahrbuchs für Religionswissenschaften"
erhält seine Eigenart durch das immer stärkere Vordringen der
philologischen Kleinarbeit (Baxter, Collins, Brou, Botte, Dürig),
ohne daß doch die patristischen (Altaner, Sherwood, Madoz,
Dekkers), die liturgiewissenschaftlichen (Eizenhöfer, Coebergh,
Schmidt, Frank, Brou, Dold), die frömmigkeitsgeschichtlichen
(Parmentier), die kirchengeschichtlichen (Huyghebaert, Verhey-
den) Interessen darunter litten, sie haben vielmehr ihren Gewinn
davon.

B. A 11 a n e r weist, um Mitarbeiter in der Forschung nach
den Quellen Augustins zu bekommen, auf Augustins Methode
der Quellcnziticrung hin und unterstreicht die Schwierigkeiten,
welche Augustin (mit den Kirchenvätern überhaupt) dem Zitatenforscher
bietet. J. H. Baxter handelt von dem augustini-
schen Psalmus contra partem Donati, von C. Lamberts Verdiensten
um den Psalmus (Revue Benedictine tome 47), von dem
Versuch H. Vrooms (Latinitas Christianorum fasc. IV.), den
Rhythmus des Psalmus auszubessern — und schlägt selbst die
Einfügung einer prosthetischen Silbe i oder e (z. B. sie fecerunt
iscissuram) vor, liest gaudets statt gaudetis und kürzt das - iris
der 4. Konjugation zu ■ itis. Leo Eizenhöfer weist (hierin
gegen Stuiber, Libelli Sacramentorum Romani, 1950) im sog.
Leonianum ,?mit Wahrscheinlichkeit" spanisch-liturgische Spuren
auf und erwägt die Möglichkeit, daß die Leonianum genannte
Libelli-Sammlung im spanischen Liturgie-Bezirk entstand (Stuiber
: Außerhalb Roms, aber aus römischem Material). C. C o e-
b e r g h kommt auf dem Wege der Stilvergleichung dazu, dem
Papste Gelasius I. Stücke der Leonianum genannten Sammlung
zuzuweisen, darunter die Präfation Contra falsos fratres und
Contra Lupercalia. Dagegen könnte Stuiber nichts haben — aber
über die Hypothesenfelder kommt man damit nicht hinaus.
H. S c h m i d t vergleicht die dem Leonianum, Gelasianum, Hadrianen
gemeinsamen Formeln, in welchen doch Varianten zahlreich
sind, und bekennt sich zu dem Schluß: Vor dem Gre-
gorianum gab es in Rom keine Sakramentarien. Es gab libelli
und (außerhalb Roms) Sammlungen von libelli, nämlich „Leonianum
" und „Gelasianum", entstanden im 6. Jhdt., die Codices
dem 7. und 8. Jhdt. zugehörig. Das Gregorianum aber führt
Schmidt auf Gregor den Großen zurück und polemisiert gegen
Andrieu, der im Gregorianum eine vereinfachte Neilausgabe des
Gelasianums sieht. Schmidts Varianten-Untersuchungen sind
dankenswert, die Schlüsse bleiben hypothetisch. P. S h e r w o o d
schreibt über Sergios von Riscainä (über ihn siehe A. Bauin-
stark, Die christlichen Literaturen des Orients 1), welcher der
Autor einer Ps.-Dionysius-Übersetzung ist, die dann von einem
Phokas kommentiert wurde. Sherwoods Frage heißt: Hatte Sergios
einen älteren Ps.-Dionysius-Text als Phokas, oder war Pho-