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Ausgabe:

1953

Spalte:

495-506

Autor/Hrsg.:

Schubert, Kurt

Titel/Untertitel:

Der gegenwärtige Stand der Erforschung der in Palästina neu gefundenen hebräischen Handschriften 1953

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Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 8'9

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Act 9,40 (20) Beschreibung von Ch. Astruc im Brief vom 14. 3.
5 3 (siehe zu / 1668).

1 1671: New York, New York, Elizabeth Day Seymour
(Mrs. John) Angel. —

(0) John Henry House, Saloniki, erhielt die Hs. vom Athos, verkaufte
sie ca. 1899 an Thomas Day Seymour; nach dessen Tode
an seine Witwe, 1914 an ihre Tochter (l) XIII (2) Perg., Pa-
limpsest, untere Schrift X. Jhdt., Liturgie (5) 21,3X16,2 (6)
29, unregelmäßig (7) 192 (8) 2 (9) 37-42 (10) 17,3X12,2,
1 Sp. 17,3X5,4 (11) liturgisches Buch mit AT und NT Lektionen
; c!)Q. a'—ft' (18) kleine rote Initialen (20) Clark (wie
1 1610), S. 6-7.

1 1672: Cleveland, Ohio, Otto F. Ege, o. N. -

(1) XII (2) Perg. (5)24,3X18,7 (7)1 (8)2 (9)29
(10) 19,7 X14, 1 Sp. 19,7X6 (11) Evangelium Fragment,
d'rtjes' J; e rrje s' J= eco&. expl. Lk 24, 46 (18) große
schwarze und rote Initialen (20) Clark (wie 1 1610), S. 59.

1 1673: Marion, Alabama, David Ralston Bitzer, o. N. —
(o) 1932 von J. & J. Leighton gekauft, nach deren Angaben früher
in Rom (l) XIII (5) 30X22 (7) 2, wahrscheinlich Bl. 2 und
7 einer Lage (8)2 (9)12 (l l) Evangelium Fragment, oaß-a,
vrjor., expl. Mk 2,26; xvq- a vrjax-, nur J 1,51 (52); xvq- y' vrjax.
expl. Mk 8,35; aaß- c' vtjnT-, expl. J 11,2 (17) Musikzeichen
(18) große Initialen (20) Clark (wie 1 1610), S. 12.

] 1674: Chicago, Illinois, University of Chicago, MS 902.-
(o) stammt aus Athen, 1935 von Daniel Kellad gekauft, Geschenk
von John S. Miller, Chicago (1) XIII (2) Perg. (5) 18.2X 13
(7) 94 (8) 1 (9) 23-25 (10) 12X7,5 (11) 4 Evangelien
(sie!) (12) lückenhaft, es fehlen ca. 74 Bl. am Anfang (inc. Mt
27,23), 2 Bl. nach Bl. 1, etwa 75 Bl. nach Bl. 2, je 1 Bl. nach Bl. 8
und 88, etwa 10 Bl. am Schluß (expl. J 17,26) (17) Sektions-und
Kanonzahlen, Kapitelliste (J), Überschriften, in Rot am Rande und

im Text, Vorwort (J), Text in Lektionen angeordnet mit Lektionsformeln
in Rot im Text (18) 1 Miniatur (J) von späterer
Hand, rote und weiße Kopfleiste und Initialen (19) Ehebrecherin
mit Lektionar-Texteinfluß vorhanden (20) Clark (wie /
1610), S. 268—269. — Die Hs. stellt eine Zwischenstufe zwischen
Text-Hs. (fortlaufender Text Mt—J) und Lektionar (Einleitungsformeln
vor den hier aber nicht in der Reihenfolge des Kirchenjahres
stehenden Lektionen) dar und gehörte deswegen eher in
die Minuskel-Liste, bleibt aber vorläufig hier stehen, weil unter
dieser Nr. bereits seit 20 Jahren geführt (vgl. Einleitung).

1 1675: Chicago, Illinois, Harold R. Willoughby, MS 3. -

(0) 1935 von James Tregaskis, London, gekauft (1) XIV (2)
Perg. (3) Schrift kühn, eckig, leicht nach rechts geneigt (5)
25X19,4 (7) 1 (8) 1 (9) 19-21 (10) 17X13,5 (11)
Evangelium Fragment, oaß- c' Mt; xvq- c' Mt, expl. 9,6 (17)
Lektionstitel in Unzialen (18) rote und grüne Initialen (20)
Clark (wie 1 1610), S. 373.

1 1676: Zagora, Griechenland, Stadtbibliothek, 4 (24). —

(1) XVI (2) Papier (5) 29X21 (7) 325 (8) wohl 2 (11)
Evangelium (keine weiteren Angaben, wohl vollständig) (20)
K. Dyobuniotes, Neos Hellenomnemon 12 (1915) 426 und Schriftnachbildung
S. 463.

[1 1677]: Maywood, Illinois, L. Franklin Gruber MS 111.—
identisch mit 1 304; wird also frei.

/ 1678: Ann Arbor, Michigan, University of Michigan,
P. Mich. Inv. Nr. 4942. -
(0) 1926/27 von Maurice Nahman, Kairo, gekauft (l) X/XI

(2) Perg. (3) Unzialc (7) 1 Bruchstück 19,2X8,5/10 (8)
erh. 1 (9) erh. 21 (10) 8 breit (11) Evangelium Fragment,
griechisch-sahidisch, (sah.: Lk 1,26—28.36—38) griech.: Mt7,13
(Titel aaßßazov zov [anolxQeovoiv f.vayy /efoov] xara
ßmJftaoiv) (20) Clark (wie / 1610), S. 336.

Der gegenwärtige Stand der Erforschung der in Palästina neu gefundenen hebräischen Handschriften

25. Der Sektenkanon von En Feshcha und die Anfänge der jüdischen Gnosis

Von Kurt Schubert, Wien

Die Diskussion über Sektenkanon III, 13 bis IV, 26, wo
von einer gnostischen und dualistischen Lehre die Rede ist,
scheint dadurch festgefahren zu sein, daß es äußerst schwierig
ist, die dort verwendeten Termini begrifflich zu klären und zu
bestimmen und so ihren religionsgeschichtlichen Ort festzustellen.
Die meisten Forscher sind sich darüber einig, daß die genannte
Stelle des Sektenkanons von gnostischen Lehren nicht unbeeinflußt
sei und daß dem Dualismus, von dem dort die Rede ist,
eine entscheidende Bedeutung im Lehrgebäude der Sekte zukomme1
. Bardtke und Kuhn stimmen darin überein, daß die dualistische
Lehre des Sektenkanons aus der persischen Religion
herzuleiten sei, während der Verfasser dieser Zeilen einen
persischen Einfluß anzunehmen nicht für notwendig erachtet
, wenn er ihn auch nicht unbedingt und von vornherein
ausschließen will2. Sowohl Bardtke als auch Kuhn verbinden die
dualistische Lehre des Sektenkanons mit einer Lehre von der
Determiniertheit der menschlichen Handlungen, der der Verfas-

') Vergl. u. a. Hans Bardtke: Die Handschriftenfunde am Toten
Meer. Berlin 1952, S. 114, der sowohl von einem sdiroffen Dualismus
als auch von einem gnostisch-mystisdien Denken spricht. Karl-Georg
Kuhn, Zeitschrift für Theologie und Kirche 49, 1952, S. 303, stellt
zwar fest, daß hier kein physischer, wohl aber ein ethischer Dualismus
vorliege, stellt aber das Vorhandensein von gnostischem Denken in
Abrede.

2) Bardtke u. Kuhn, a. a. O., Kuhn legte darauf noch wesentlich
mehr Nachdruck als Bardtke. Vgl. auch A. Dupont-Sommer, der in
Nouveaux apercus sur les manuscrits de la mer morte, 1953, S. 156 ff.
unter Berufung auf Yasna XLV, 2 und XXX, 3, 4, 5, 8, 10, 11 für einen
iranischen Hintergrund eintritt. In „Die österreichische Furche" 9, 13,
S. 6 hielt ich iranischen Einfluß für sehr unwahrscheinlich.

ser dieser Zeilen ebenfalls nur bedingt zustimmen möchte'1. Die
Aufgabe der vorliegenden Untersuchung soll es sein, dies
näher zu begründen und, dabei die Begriffe bestimmend, das
Weltbild der Sekte zu analysieren. Bardtke führte dabei sicher
auf den richtigen Weg, wenn er annimmt, daß im theologischen
Lehrgebäude der zu untersuchenden Stelle „eine deutliche Beeinflussung
durch griechisches Geistesgut" vorliege*.

Die Gnosis war ursprünglich ein Ergebnis der Berührung von
griechischer Philosophie mit orientalischer Mythologie, aber nicht jede
dieser Berührungen führte zur Gnosis. Der jüdischen Gnosis ging eine
Berührung alttestamcntlicher Theologie mit hellenistischer Popularphilo-
sophie voraus, die im Wesentlichen der stoischen Lehre entsprach, aber
vom platonischen und pythagoräischen Elementen durchsetzt war. Am
deutlichsten liegt diese Synthese in den Werken Philons von Alexandrien
vor, doch war Philon keineswegs der erste und einzige Vertreter
dieser Synthese, wenn sie auch bei ihm die weitaus größte Rolle
spielte*. Es ist daher notwendig, zuerst auf die jüdisch-griechische Synthese
im jüdischen Hellenismus hinzuweisen und erst dann den Platz
zu bestimmen, den die jüdische Gnosis darin einnimmt. Es wird dabei
unumgänglich sein, die jüdische Gnosis mit der nichtjüdischen in ein
Verhältnis zu setzen.

Noch unberührt von griechischem Einfluß liegt im Buch der Sprüche

*},Bardtke a-a- O- S. 102 ergänzt auf Grund dieser Auffassung
ein lö' in XI, 10 und Kuhn sagt a.a.O., S. 303: Gott hat die beiden
Geister der Wahrheit und des Frevels, des Lichts und der Finsternis,
gesdiaffen und Er hat den Menschen zur einen oder zur anderen Seite
prädestiniert.

') a. a. O., S. 115.

6) vgl. Kurt Schubert, Einige Beobachtungen zum Verständnis des
Logos-Begriffs im frührabbinischen Schrifttum. Judaica 9/1953.S. o5 ff.