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Ausgabe:

1953 Nr. 1

Spalte:

28-30

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Klostermann, Robert A.

Titel/Untertitel:

Die slavische Ueberlieferung der Makariusschriften 1953

Rezensent:

Perl, Gerhard

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Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 1

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(43) —, ist sicher; übrigens findet sich die entscheidende Aussage
für das höhere Alter in b. Sanhedrin 14a (Erklärung des R. Samuel
b. Nachman im Namen R. Jonathans).

Jedenfalls dürfte sich in der neutestamentlichen Zeit, in der
die Schriftgelehrten schon ein fester Stand waren, bereits ein ausgeprägter
Ordinationsritus herausgebildet haben, an den sich der
christliche Brauch anschließen konnte. Der dritte Hauptteil
(67—100) behandelt die Zeugnisse für die Ordination durch
Handauflegung im N. T. Nach einem Paragraphen über die Terminologie
werden die Int&eoig twv %eiqcov als Bevollmächtigungsritus
(Acta 13, 1—3), die Bestellung der Sieben (Acta 6.
1—6), die Ordination des Timotheus (l. Tim. 4, 14; 2. Tim. 1, 6)
und weitere Stellen für die Einsetzung von Amtsträgern besprochen
. Zwar sei die Basis verhältnismäßig schmal, aber die katholische
Rückführung der Ordination auf Jesus wird klar zurückgewiesen
(89); die successio apostolica sei eine „nachträgliche Konstruktion
" (94). Die Handauflegung als äußeres Zeichen der Ordination
sei vom Judentum übernommen worden (96); einen
character indelebilis verleihe die Ordination nach dem NT nicht
(95). Erst zwischen Pastoralbriefen und der Herausbildung des
römischen Primats sei die Ordination als fester Kirchenbrauch
durchgedrungen (90) und die altkirchliche Ämterlehre entwickelt
worden (98).

Lohses Untersuchung ist auch in den Einzelheiten sauber gearbeitet
und zeichnet sich durch exakte Quelleninterpretation
und erfreuliche Vorsicht in ihrer Verwertung aus. Kühne Schlüsse,
die die Textbasis verlassen, sind in der Regel von ihm glücklich
vermieden worden. An Literaturergänzungen für den 2. Hauptteil
führe ich außer oben schon Genanntem in englischer Sprache noch
an: Art. „Ordination" in der neuen Jewish Universal Encyclo-
pedia VIII (1948), 318 ff. und S.W.Baron: Social and Reli-
gious History of the Jews II (New York 1952*), 120 f.; aus israelischen
Zeitschriften in Iwrith (lagen mir nicht vor): H. J.
Bornstein: Rules of Ordination and its History, Hatekufah
IV, 393 ff.; H. Ahlbeck: Ordination and Appointment at the
Jewish Court, Zion VIII, 8 5-93.

Erlangen Hans-Joachim Schoeps

Schweitzer, Wolfenng: Die Herrschaft Christi und der Staat im
Neuen Testament. München: Chr. Kaiser 1949. 71 S. gr. 8°. = Beiträge
zur Evang. Theologie. 11. Band. DM 3.30.

Wolfgang Schweitzer stellt in seiner Monographie ein vielverhandeltes
Thema der letzten Jahrzehnte (vgl. W. G. Kümmel:
Das Urchristentum ThR N. F. 17 (1948) S. 133—142) dar. Das
Hauptergebnis lautet: Im Kampf Christi um die Vorherrschaft,
der sich in der Form der Verkündigung abspielt, bildet die mit
den Engel-Mächten zusammenhängende staatliche Obrigkeit einerseits
das schöpfungsgemäße, antichaotische, die Welt bis zur Paru-
sie konservierende Prinzip; andererseits aber verfällt sie leicht
der Versuchung, sich den die Christusherrschaft bekämpfenden
Mächten einzureihen. Für den Paulinismus und Deuteropaulinis-
mus wird man diesem Gesamttenor, das NT rein deskriptiv genommen
, zustimmen können. Auch das grundsätzliche Programm
Schweitzers verdient volle Anerkennung: Zusammenarbeit der
Disziplinen, exakte Einzelexegese, unter Berücksichtigung der religionsgeschichtlichen
Zusammenhänge und unter Verzicht auf
kurzschlüssiges Harmonisieren der Bibel (S. 7. 10. 11).

Leider übernimmt Schweitzer die Dehn'sche These, die die
Obrigkeit mit den Engelmächten in Verbindung bringt. Diese
These ist m. E. durch die Diskussion der letzten Jahre — neben
dem letzten Beitrag aus der Feder von H. v. Campenhausen (Festschrift
für A. Bertholet 1950 S. 97 ff.) vgl. die Zusammenfassung
bei G. Bornkamm: Christus und die Welt (ZThK 47, 1950 S. 224
A. 1 und 2) — so klar als unmöglich erwiesen, daß die Aufgabe
hier nur sein kann, die Auswirkungen dieser These auf die Exegese
aufzuzeigen. Auch wenn diese These nur als „Vermutung"
(S. 20) gilt, der Verfasser arbeitet mit ihrer Vorstellungswelt, die
ihm wichtiger ist als die sprachliche Seite (S. 20), durchgehend:
in Mk. 10, 42 sind die Obrigkeitsengel nicht ausgeschlossen, obwohl
sie nicht im Text stehen (S. 24 f.); in Apk. 12 bedeutet der
gott- und christusfeindliche Charakter der Engel nur eine „gewisse
Akzentverschiebung" gegen Rö 13 (S. 26) mit der positiven Wertung
der Exusiai; die Engelmächte des Col, die dem Text nach

nichts mit der Obrigkeit zu tun haben, müssen „logischerweise"
mit ihr verbunden werden (S. 41); und in Rö 13, dem klassischen
Ort der These, unterstreicht die Engel-Verbundenheit der Obrigkeit
die vom Menschen geforderte Bindung an den Schöpfer (S. 22.
48 f.), ja die Bindung an das Staatsgesetz, die schon in Rö 3, 31
präludiert sein soll! Solche Exegese lebt vom Postulat und von
der Konsequenz: gerade an der Hypothese vom Engelfall, vom
„Dienstwechsel" der Engel angesichts von Asc. Jes. 2, 2 (S. 16),

I. Ko 2, 8 f. (S. 27 f.) und Col 1, 21 (S. 36 „daraus ist zu folgern")
wird das deutlich.

Der Einzelexegese wird man teils zustimmend, teils ablehnend
gegenüberstehen müssen. Zustimmend: beim unpolitischen
Charakter des Reichs in der Zensus-Frage (S. 23); beim Verzicht
auf die christologische Auslegung von Rö 13 (S. 41 f.); beim Auseinanderhalten
von Christi Schöpfer- und Erlösertat in Col 1
(S. 34 f.); beim umfassenden Charakter der Herrscherstellung
Christi in Mt 28, 18—20 (S. 43 f.); beim Verzicht des Verfassers,

II. Th 2, 6 f. auf Rom zu beziehen (allerdings behandelt er die
Stelle leider gar nicht). Ablehnend: bei der biographischen Verwertung
von Jesu Taufe, Versuchung und Verklärung, bei der Verbindung
des Satanssturzes in Lk 10,18 mit Apk 12 (S. 25 f.);
bei der, wenn auch relativen, Staatsbejahung, die sich aus der
Zensus-Frage ergeben soll, und bei ihrer angeblich christologi-
schen Hintergründigkeit (S. 23 f.); bei der Beziehung von I. Ko 2,
8 f. auf die irdische Obrigkeit (S. 22. 27); bei der Eliminierung
der „bürgerlichen" Elemente aus I. Ti 2, 1—6 (S. 47 f.); bei der
Entwicklungslinie, die von der Staatsbejahung in der Zensus-Frage
zu Rö 13, also vom irdischen Jesus zu Paulus, führen soll (S. 23.
48). Man sieht: das vorangestellte, völlig richtige Programm, das
den Verzicht auf die Harmonisierung des NT proklamiert, ist leider
nicht entschlossen durchgeführt worden. Besonders deutlich
tritt das zutage, wenn der „eschatologisch-heilsgeschichtliche Aspekt
der Inthronisicrung Christi", gemäß dem Christus als der
„Vorkämpfer Gottes" „die volle Verwirklichung des Reiches vorbereiten
soll" (S. 33 f.), als d i e Meinung des NT (also einschließlich
des Joh.-Ev. und der Joh.-Briefe!) herausgestellt wird.

Schweitzer arbeitet, gerade auch dort, wo er konstruktiv verkürzt
, letztlich deskriptiv: vor uns wird eine Theologie der Heils-
geschichte entrollt, in der das Eschaton die Vorläufigkeit der Bejahung
und die kritische Haltung dem Staate gegenüber erzwingt.
Schweitzer hört nach dieser Schilderung leider an dem Punkte auf,
wo die Fragen nun erst anheben und wo rechtes Verstehen erst
beginnen müßte. Denn was heißt „Engelmächte", „bevorstehendes
Eschaton"? Was heißt es, daß „die Herrschaft des Erhöhten im
Himmel und auf Erden" nicht „die gleiche Wirksamkeit habe"
(S. 38)? Ist dabei „der Himmel" und die „verborgene Wirklichkeit
", trotz aller Abwehr des quantitativen Denkens (S. 40), nicht
doch eine metaphysische Gegenständlichkeit, um nicht zu sagen
Utopia, geworden, wenn sie „den Zustand auf Erden zunächst
nicht direkt beeinflußt" (S. 39)? Mir ist gerade an dieser Monographie
, die so fleißig die Literatur benutzt, erneut klargeworden,
daß die bloße Beschreibung eines NTIichen Sachverhaltes, selbst
wo sie mit photographischer Treue erfolgte, uns das NT letztlich
doch als ein versiegeltes Buch in den Händen zurückläßt.

Bodenlieim b. Mainz Herbert Braun

KIRCHEN GESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Klostermann, R. A.: Die slavische Überlieferung der Makariusschriften
. Göteborg: (Wettergren & Kerber) 1950. 56 S. 1 Taf. gr. 8°
= Göteborgs Kungl. Vetenskaps- och Vittcrhcts-Samhällcs Handlingar.
Sjätre Följden. Ser. A, Bd. 4, Nr. 3. sKr. 4.-.

Erst kürzlich wurde in dieser Zeitschrift (Jg. 77, 1952, 52)
über die in Vorbereitung befindliche neue Makarius-Ausgabe
berichtet. Die vorliegende, H. Dörries gewidmete Abhandlung
über den slavischcn Zweig der Makarius-Überlieferung verdient
in diesem Zusammenhang besondere Beachtung.

Nach einer Einführung in das Problem zeigt der Verf. das
lebendige Wirken des Hl. Makarius in der orthodoxen Kirche
auf, was durch eine Tafel mit der Ikone des Makarius von Ägypten
, Athanasius von Alexandrien und des ehrwürdigen Jakob
noch veranschaulicht wird.