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Ausgabe:

1953 Nr. 7

Spalte:

429-431

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Titel/Untertitel:

Vom christlichen Mysterium 1953

Rezensent:

Fendt, Leonhard

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Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 7

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Tischen Gedankenwelt in Polen und Siebenbürgen, als die Agitation
in der Schweiz und das heimliche Wirken allerwärts. Auch
die Polemik mit Calvin und die in Genf, Tübingen und Basel geführten
Prozesse werfen helles Licht auf die Bewegung, ebenso
wie auf die Abwandlung ihrer Bestrebungen in der zweiten Generation
und die Einwirkungen auf ferner stehende Denker.

Münster/Westf. R. Stupperich

LIT VRG1EWISSEN SCHAFT

JC a s c 1-Gedenkschrift:] Vom christlichen Mysterium. Gesammelte
Arbeiten zum Gedäditnis von Odo Casel OSB. Hrsg. v. Prof. Dr.
Anton Mayer, Prof. Dr. Joh. Quasten, Dr. B. N e u n h e u s e r
OSB. Düsseldorf: Patmos-Verlag [1951]. 392 S., 1 Titelb. gr. 8°.
Lw. DM 28.—.

Das „christliche Mysterium" im Titel dieses Buches ist das
leatholische Kultmysterium, welches die katholische „Mysterientheologie
" nach drei Seiten hin zu erforschen sucht: 1. Inwiefern
ist das Eidos „Mysterium" im hellenistischen Heidentum zur Erfassung
des im Christentum fundamentalen Handelns Gottes
brauchbar? 2. Wie haben die Kirchenväter, Kirchenschriftsteller,
Scholastiker von diesem Eidos „Mysterium" zur Darlegung der
sakramentalen Grundlage des Christentums Gebrauch gemacht?
3. Wie kann die heutige Lage des Dogmas wie der liturgischen
Theorie und Praxis von der Mysterientheologie her beleuchtet,
erleuchtet und ihrem Ursprung und Ziel näher gebracht werden?
Nun war es gerade der 1948 verstorbene Benediktiner Odo
Casel, ein Gelehrter erster Ordnung, welcher die Mysterientheologie
aufbaute, ausbaute, verteidigte. Er hat zahlreiche Mitarbeiter
, auch unter seinen Kritikern, gefunden, die heute sein
Lebenswerk fortzusetzen bereit und in der Lage sind. Das uns
vorliegende Werk, 21 Aufsätze und eine Bibliographie der
Schriften Casels enthaltend, ist davon Zeugnis. (Seine Gegner
hat Casel selbst nochmal angeredet in einem nach seinem Tode
gedruckten Referat im „Archiv für Liturgiewissenschaft" I [1950]
S. 135-144; vgl. auch Burkhard Neunheuser ALW I S. 146—154.)

Wenn wir Evangelischen dieses an Gehalt überreiche Buch
lesen, so freut uns der große Hintergrund: Wenn der Liturg und
die Gemeinde handeln, nämlich „in Christo", so handelt eben
nicht bloß der Liturg und die Gemeinde, sondern Christus! Und
das „in mysterio", weil nicht in der Art der Mitmenschen. Aber
unsere Kritik wird wach, wenn in dem ganzen Buch das Handeln
Christi durch das Wort nicht einen einzigen Aufsatz gefunden
hat. Da beginnen eben die „zwei Wege", der katholische: Christus
handelt an uns im Sakrament, und insoweit auch im Wort —
hingegen der evangelische: Christus handelt an uns im Worte,
und insoweit auch im Sakramente! Es muß also wesentlich eine
evangelische und eine katholische „Mysterientheologie" geben,
und wir werden die evangelische besser nicht „Mysterientheologie
" nennen, sondern „Theologie des Wortes" wie bisher. Aber
freilich unsere „Theologie des Wortes" wird sich von der katholischen
„Mysterientheologie" daran erinnern lassen müssen,
daß es in unserer „Theologie des Wortes" letztlich stets um das
Handeln Christi an uns im Worte geht, nur sehr respektive
um u n s e r Handeln im Worte Christi. Denn gerade beim „Worte
ereignet es sich immer wieder, daß wir uns vordrängen;
diese Gefahr ist beim Sakramente ferner (aber da lauern wieder
andere Gefahren).

Der erste Aufsatz des Buches, der des Tübingers H.
b c h c 1 k 1 e, steht uns am nächsten, weil er sich mit der Bibel,
nämlich Rm6, 1-11, befaßt. Natürlich konstatiert Schelkle, daß
dort Paulus den Tod Jesu für uns durch die Christentaufe zum
..Hodic" macht, und dies „sakramental", also in mysterio. Einverstanden
sind wir damit, daß bei Paulus nicht das heidnische
Mysterium, sondern der neue Christussinn den Inhalt bildet. Und
dann kommt das Überraschende: Die Kirchenväter legen die
Stelle durchaus nicht alle um das „Mysterium" herum aus, sondern
zum guten Teil benützen sie Rm 6, 1-11 für die asketisch-
Pastorale Forderung! Schelkles Folgerung ist nüchtern: Die Väter
kamen zum Wesenhaft-Christlichen auch ohne die Deuteform

„Mysterium", auch simpel-biblisch. „Mysterium"' und „Mysterientheologie
" ist ein Gefäß, vielleicht ein goldenes, vielleicht
ein irdenes, für den Schatz. (Und der Schatz ist, fügen wir bei,
biblisch). Der Münchener Michael Schmaus sucht (und wer
von uns sucht nicht mit!) die Kategorie für die Tatsache: Das
Heilswerk Christi ist einmaliges Faktum, „geschichtlich" nennt es
Schmaus, — und doch haben alle Zeiten, haben auch w i r Anteil
daran! Schmaus statuiert: Es sind die Sakramente, welche
die Enge des „Geschichtlichen" sprengen, durch sie, speziell durch
die Eucharistie, geschieht unsere Anteilnahme an Tod und Auferstehung
Christi. Unsere Anteilnahme geschieht aber „verborgen
" — wird jedoch „offenbar nur im Zeichen", und dieses
„Zeiche n" ist es, welches „wiederholt" wird. Nicht das
Heilswerk Christi wird wiederholt, so etwas gibt es bloß im
Mythus. Casel hat in richtiger Deutung von „Gegenwärtigsetzung
" gesprochen. Schmaus gibt damit ein geniales „Distinguo"
— aber wir fragen: Sollte die gesuchte Kategorie nicht die Verkündigung
sein? Wenn A. D o h m e s (Maria Laach) vom Kultgesang
aussagt, er sei pneumatisch, und das mit dem Zeugnis des
christlichen Altertums belegt, als Gegenstück die „Andachtsmusik
" hinstellt, so ist uns nicht ganz wohl dabei, wenn der
Gregorianische Gesang als der „echteste Kultgesang und der
einzige Mysteriengesang" ausgegeben wird. H. A.
E c h 1 e (Washington) untersucht den Gebrauch von /woxtjQiov
beim alexandrinischen Clemens. Seiner Zeit hat Otto Stählin im
Registerband zum III. — V. Bd. seiner in der Bibl. d. Kirch.2 erschienenen
Clemens-Übersetzung nur heidnischen Gebrauch von
juvoirjgiov bei Clemens festgestellt. Auch Echle erkennt an: Die
heidnischen Mysterien sind es, welche Clemens zumeist meint.
Aber er nennt auch Christliches so, z. B. die yvwotg von Dingen
, die verborgen sind; auch vom ganzen christlichen Leben
sagt er fxvax-qQiov — dagegen vom Kult, Sakrament vermag Echle
nur mühsam etwas zu melden! Joh. Q u a s t e n (Washington):
Furcht und Schrecken vor der Größe des eucharistischen Mysteriums
ist zunächst nicht abendländisch, sondern morgenländisch,
und im Morgenland nicht kappadokisch, sondern antiochenisch.
J. D a n i e 1 o u (Paris) schreibt über Gregor von Nyssa, nämlich
über das Kultmysterium in seinen Predigten, d. h. über seine
Aussagen vom Kultmysterium. Th. Michels (Maria Laach-
Salzburg): Nm. 19 steht die Verbrennung der roten Kuh; Augustinus
(P. L. 34, 132 ff.) nimmt das als Signum resurrectionis;
Michels vermutet, daß Augustinus dabei das Feuer bei der Apotheose
im Sinne hat. E. Dekkers (Steenbrügge) enthüllt, daß
bei den „alten Mönchen", d. i. den Mönchen des kirchlichen Altertums
, die Liturgie einen relativ geringen Platz einnahm,
Hauptsadie war damals im Mönchsleben die Askese. Höher als
das Psalmodieren stand das Privatgebet. (Und die Bibellesung?).
E. E. M a 1 o n e (Conception Abbey USA): Das Mönchtum gilt
als dauerndes Martyrium, der Eintritt ins Mönchtum als „zweite
Taufe", weil das Martyrium für eine Taufe gilt. V. Warnach
(Maria Laach): Das Mönchtum als rpiXoaorpla nvevftazixrj (der
Asket Nilus des 4./5.Jhdts), näherhin: Selbstbeherrschung und
vergöttlichende Schau O. Heiming (Maria Laach): Die
Mönchsweihe heißt bei den Griechen gern „Ordo des heiligen
oxfjfMi". Heiming bietet die deutsche Übersetzung dieses Ritus
nach dem Par. s y r. 154. J. Tyciak (Röttgen): Im byzantinischen
Offizium äußert sich der Mysteriengedanke nach rückwärts
als Theologie der Äonen, nach vorwärts als Eschatologie.
P. Hendrix (Dordrecht) konstatiert in Rußland die Trias:
Eucharistie - Wort — Ikon. Die Ikon ist ein festgeklebtes Wort,
eine erstarrte Liturgie. H. F r a n k (Maria Laach) steuert einen
gediegenen Aufsatz über die Entstehung der Benedictus-Antiphon
von Epiphanias bei: „Hodie caelesti sponso iuneta est ecclesia
etc." Er will damit einen Beitrag zur Geschichte und Idee des
Epiphanienfestes geben. In dieser Antiphon ist die Vermählung
Christi mit der Kirche nicht auf die Hochzeit von Kana gegründet
, sondern auf die Taufe Jesu, vgl. Eph. 5, 20—33. Und eben
die Epheserstelle war im 7.18. Jhdt. einmal, nämlich im Episto-
lar von Schlettstadt (Stadtbibl. Hs. 1093), die Epistel von
Epiphanias („in ebephania ad Ephcsius"). Dem dürfte als Evangeliumslesung
die von der Taufe Jesu im Jordan gefolgt sein.
Dennoch ist Frank „eher" für Rom als den Entstehungsort der
Antiphon: durch einen römischen Scholasticus, welcher die sy-