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Ausgabe:

1953 Nr. 7

Spalte:

426-427

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Luther in Thüringen 1953

Rezensent:

Matthes, Helfried

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Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 7

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tike (Plato-Stoa-Plotin- die übrigen Neuplatoniker -Philo-Bibel-
Klemens von Alexandrien-Origenes) in einem kurzem Abriß vorgelegt
. Im 2. Teil (S. 92—164) werden die zwei genannten motivgeschichtlichen
Aspekte auf Grund des Schrifttums Gregors unter
vergleichender Heranziehung der einschlägigen Gedanken antiker
und patristischer Autoren dargestellt. Der Verf. der soliden
Studie hat das Hauptgewicht daraufgelegt, den durch Gregor
heraufgeführten Wandel der zwei ursprünglich platonischen Motive
herauszustellen. Es handelt sich im wesentlichen um eine
begriffsgeschichtliche Untersuchung, die nicht nur den Philologen
sondern ebensosehr den Philosophen und Theologen interessiert.

Unter der von M. herangezogenen Spezialliteratur finde ich nicht
verzeichnet A. H. Armstrong, Piatonic Elements in St. Gregor of Nyssa's
doctrine of Man in: Dominican Studies 1, 1948, 113—126 und in: East.
Church Quart. 8, 1949, 3rd Suppl. Issue 2—9. Dazu notiere ich noch
die eben erschienene Dissertation von A. A. Weiswurm, The Naturc
of Human Knowledge according to St. Gregor of Nyssa, Washington
1952.

In einem Anhang (S. 165—173) wird zu der viel verhandelten
Frage nach der Echtheit der unter den Werken Gregors
stehenden zwei Homilien über Gen. 1,26 (MG 44,257—297),
die auch unter den Werken Basilius d. Gr. (MG 30, 9—62) gedruckt
sind, Stellung genommen. Der Verf. plädiert auf Grund
innerer Kritierien gegen v. Ivanka (Byz. Z 1936, 47—57) für
die Unechtheit der beiden Homilien; denn hier wird eine wesentlich
andere sonst bei Gregor nicht anzutreffende Eikon- und
Homoiosis-Spekulation vertreten. Man wird der Argumentation
zustimmen dürfen.

Drei sorgfältig bearbeitete Register beschließen den Band.

Würzburg Berthold A11an e r

Vööbus, Arthur, Prof. Dr. theol.: Celibacy, a requirement for ad-
mission to baptism in the early Syrian church. Stockholm: Estonian
Theological Society [1951]. IV, 68 S. 4° = Papers of the Estonian
Theological Society in Exile 1.

Der Vf. geht einer 1902 geäußerten Auffassung Francis
Crawford Burkitts nach, die weithin Anklang gefunden hat und
die besagt, daß im syrischen Räume die Gemeinde der getauften
Christen in den frühesten Jahrhunderten nur aus Ehelosen bestanden
habe. V. bringt in sorgfältiger Auswahl eine Anzahl syrischer
, armenischer und griechischer Texte zur östlichen Kirchengeschichte
zusammen, die er — soweit möglich — hinsichtlich gewisser
Änderungen und Retuschen miteinander vergleicht: es ergibt
sich daraus eine bedeutsame Anzahl von Beweisen für die
Richtigkeit dieser Auffassung. Der Vf. zeigt, daß Marcions Deutung
der christlichen Lehre im Osten gerade wegen ihrer Rigorosität
viele Anhänger fand und daß auch Tatian in seinem Dia-
tessaron eine Anzahl biblischer Stellen durch leichte Veränderung
oder Umstellung des Textes im Sinne einer zölibatären Auffassung
zurechtgemacht hat: gewiß ein Grund dafür, warum die
griechische und die abendländische Kirche diese Evangelien-Harmonie
, die gerade in diesem Punkte den hier geltend gewordenen
Auffassungen so völlig widersprach, mit solcher Zähigkeit bekämpften
. V. weicht aber - wie mir scheint, mit durchaus beachtenswerten
Gründen - von Burkitt darin ab, daß er die Eingliederung
der syrischen in die „katholische" Kirche schon in der
/eit des Nicaenums einsetzen läßt und Afrahat, dem „persischen
Weisen", eine führende Rolle dabei zuschreibt, die sich aber nur
als Markstein einer schon im Gange befindlichen Entwicklung deuten
lasse, während Burkitt eben Afrahat noch als Zeugen der
alten, zölibatären Auffassung betrachtet hatte: V.s Interpretation
der bekannten siebten Homilie Afrahats ist ein weiterer Baustein
für die Tragfähigkeit seiner Auffassung. Wir dürfen nun offensichtlich
annehmen, daß die vom Zölibat aller Getauften wegführende
Entwicklung im syrischen Räume schon in der ersten,
nicht erst in der zweiten Hälfte des 4. Jh. nach Christus eingesetzt
habe: ein im Rahmen der gesamten alten Kirchengeschichte
nicht unwichtiges Ergebnis von V.s Untersuchungen.

Hamburg Bertold Spuler

KinCIlENGESCHlCHTE: IIEFOHMATIONSZEIT

Luther in Thüringen. Gabe der Thüringer Kirche an das Thüringer Volk.
Hrsg.: Der Landeskirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in
Thüringen. Bearbeitet von Reinhold J a u e r n i g. Berlin: Evang.
Verlagsanstalt [1953]. 237 S. m. Abb. 8°. Hlw. DM 6.—.

Nachdem der Landeskirchenrat der Evang.-Luth. Kirche in
Thüringen bereits 1950 — zum Bach-Jahr — einen Sammelband
„Bach in Thüringen" (vgl. ThLZ 76 (1951), 595) herausgebracht
hatte, hat er nun in ähnlicher Ausstattung das längst erwartete
Buch „Luther in Thüringen" herausgegeben. Die Redaktion lag
diesmal in den Händen von Reinhold Jauernig. Thüringen sei das
Land Luthers, und daraus erwächst dem Thüringer Lande die Verpflichtung
, das Erbe des Reformators im besonderen zu hüten,
meint Landesbischof D. Mitzenheim in seinem Geleitwort.

Wie der Bearbeiter im Vorwort sagt, „gibt das vorliegende
Buch in einzelnen Aufsätzen einen Einblick in Luthers Ahnenheimat
und die einzelnen thüringischen Lebensstationen des Schülers
, Studenten, Mönchs und Reformators. Darüber hinaus erleben
wir etwas von der Wirksamkeit des gewaltigen Predigers, der
auch in Thüringen auf vielen Kanzeln stand, des Kirchenmannes
und Professors der Theologie, dessen Briefe aus dem Wittenberger
Kloster nach Thüringen, aber auch von Thüringer Burgen ins
Land hinausgingen, und dessen Schüler auch in Thüringen in Luthers
Sinn wirkten." Der Hauptteil des Buches enthält sieben
Aufsätze von sechs — zum Teil namhaften — thüringischen Lutherforschern
. Paul Köhler schreibt über „Luthers Stammort
Möhra — Luthers Ahnen — Luther auf der Schule in Eisenach"
(S. 11—30), Rudolf Herrmann, der Altmeister der thüringischen
Kirchengeschichte, über „Luther als Mönch" (S. 31—55),
Hermann Nebe: „Als Junker Jörg auf der Wartburg" (S. 56—86).
Erich Hertzsch behandelt „Luther und Karlstadt" (S. 87
bis 107), Wolfgang Schanze: „Luther auf der Veste Coburg"
(S. 108—122). Reinhold Jauernig berichtet über „Luthers
Reisen und Predigten in Thüringen" (S. 123—148) und „Aus Luthers
thüringischen Briefen" (S. 149—173) (Druckfehler im Inhaltsverzeichnis
!). Im zweiten Teil werden acht Schüler Luthers
behandelt, die in Thüringen wirkten. Bei der Auswahl ging es
dem Bearbeiter darum, „das Leben solcher Lutherschüler kurz
darzustellen, die von besonderer Bedeutung in ihrem Wirkungskreis
waren oder deren Lebensgang als charakteristisch für ihre
Zeit anzusehen ist." Rudolf Herrmann berichtet hier über
Konrad Limmer (S. 181—188), Wolfgang Möstel (S. 189-197),
Magister Stephan Reich (Riccius) (S. 207—212), Magister Bartholomäus
Rosfeld (Rosinus) (S. 212—220) und Lorenz Schmidt
(Laurentius Fabri) (S. 221—229). Reinhold J a u e r n i g beschreibt
Magister Christoph Lasius (S. 174—180), Magister Andreas Poach
(S. 198-207) und Magister Johann Stoltz (S. 229-237).

Überschaut man das Ganze, so muß man ohne weiteres sagen,
daß alle Aufsätze auf den neuesten wissenschaftlichen Forschungsergebnissen
basieren, ja daß einzelne — R. Herrmann und R. Jauernig
— die Forschung weiterführen. Damit gewinnt dieses Buch Bedeutung
über die Grenzen Thüringens hinaus. Allein sein besonderer
Wert scheint mir darin zu liegen, daß es einen Einblick
speziell in die Lutherforschung im Thüringer Land gewährt und
zeigt, wie hier in den letzten Jahrzehnten Luther- und Heimatforschung
Hand in Hand gegangen sind und sich gegenseitig befruchtet
haben. Wieweit allerdings das andere im Vorwort des
Bearbeiters angestrebte Ziel einer Behandlung der Themen „in
volkstümlicher, die Gemeinde ansprechender Form" erreicht worden
ist, ist eine andere Frage. Eine „Gabe an das Thüringer Volk"
müßte noch etwas anders aussehen! Um ein Volksbuch zu werden,
enthält es doch wohl allzu viele Einzelheiten, die lediglich für
die Lutherforschung, allenfalls noch für die Thüringer Heimatforschung
von Interesse sein dürften. Für Theologen und Laien
aber, die an Luther- oder thüringischer Heimatforschung besonders
interessiert sind, ist das Buch eine recht wertvolle Gabe.
Für sie wird der Wert noch erhöht durch die jedem Aufsatz beigefügten
Angaben von Literatur und Archivalien, die zu eigenem