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Ausgabe:

1953 Nr. 7

Spalte:

419-420

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Eissfeldt, Otto

Titel/Untertitel:

El im ugaritischen Pantheon 1953

Rezensent:

Meyer, Rudolf

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419

Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 7

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und Probleme der Übersetzung und Auslegung hervorhebt. Eine
größere Zahl allgemeiner und besonderer Themen hat Mercer
in einem 4. Band schon selbständig behandelt und durch die Textsammlung
verfolgt. Seinen eigenen Exkursen über „den Himmel
und wie man dorthin gelangt", Seelenvorstellungen, Götter,
Reinigung, Ornat, Schöpfung, Gefilde, Schlangen, Schiffe, Tod
und Thronbesteigung, Zauberei, Rechtschaffenheit, Heil und
manches andere konnte er Beiträge befreundeter Gelehrter zufügen
, die sich aus eigenen Untersuchungen über die „Neun-
heiten" (Van de Walle), Astronomie (Briggs), Feste (Drioton).
die „Geehrten" (Sainte Fare Garnot), Mythen (Schott) und das
Eindringen des Osiris (Kees) in den Pyramidentexten äußern.
Diese Exkurse und von C. C. Keller besorgte Indices bereichern
das wertvolle Werk, zu dessen Durchführung und Abschluß wir
den Verfasser beglückwünschen und dem Verlag, besonders auch
für die gewählte gediegene Form, danken.

Oöttingen Siegfried Schott

Ei 6 fei dt, Otto: El im ugaritischen Pantheon. Berlin: Akademie-
Verlag 1951. 83 S., 1 Taf. 8° = Berichte über die Verhandlungen
der Sächsischen Akademie d. Wissenschaften zu Leipzig. Phil.-hist.
Klasse, Bd. 98, H. 4. DM 9.-.

Für Religionsgeschichte und Theologie des Alten Testaments
ist die Frage von grundlegender Bedeutung, was man unter dem
altkanaanäischen Begriff 'ilu (El), wie er außerordentlich häufig
in den Tontafeln von Ugarit zu belegen ist, zu verstehen habe.
Diesem Problem widmet Verf. eine gründliche und tiefschürfende
Akademieabhandlung. In einem ersten Teile, „Die Aufgabe", legt
Verf. kritisch die verschiedenen Theorien dar, die sich mit dem
gemeinsemitischen Begriffe 'ilu „Gott" verbinden. Zugleich zeigt
er die Schwierigkeiten auf, die das ugaritische Material bietet.
Abgesehen von den bekannten Interpretationsschwierigkeiten
ist es besonders die verschiedene Bedeutung von 'ilu, die der
eingehenden Untersuchung bedarf. Denn einesteils begegnet 'ilu
als Appellativum „der Gott", andernteils erscheint es als ausgesprochener
Eigenname „EI".

Die beiden nächsten Abschnitte ,,'ilm in den Texten von
Ugarit" und ,,'il in den Texten von Ugarit" (S. 11—53) sind
ausführlichen philologischen Einzeluntersuchungen gewidmet. Die
daraus entspringenden Ergebnisse werden im vierten Abschnitt
„Die Bedeutung des Gottes El in Ugarit" (S. 53—70) verwertet.

Danach steht ein oberster Gott El in den epischen und liturgischen
Texten stark im Vordergrund. Er ist der „Stier", der „König
", der „Schöpfer der Schöpfung", der „Vater der Menschheit
", damit Schöpfer der Menschen und Götter, dem Weisheit,
ewiges Leben, hohes Alter und Güte eignen, dessen Wesen zugleich
nicht ohne Humor geschildert wird. Besondere Beachtung
verdient, „daß El um 1400 v. Chr. in Ugarit jedenfalls für einen
bestimmten Ausschnitt der Bevölkerung der Stadt oder des
Stadtreiches nicht nur der höchste Gott, sondern der Gott
schlechthin gewesen ist, dem gegenüber die anderen Gottheiten
zwar schwerlich ihre Existenz, wohl aber ihre Bedeutung für den
Frommen zu verlieren im Begriff stehen" (S. 60). Wie stark der
Glaube an diesen Gott EI ist, wird besonders daran deutlich, daß
selbst ein kassitisches, also ausländisches Götterpaar, Schukamuna
und Schutnalija, dem Gotte El und seiner weiblichen Entsprechung
Ascherat so angeglichen wird, daß es gleichsam zu einer Ausstrahlung
des einheimischen Götterpaares wird.

So erschließt Verf. für den ugaritischen Götterglauben eine
monarchische Tendenz. Hierbei steht El an der Spitze des Pantheons
, während „die anderen Götter und Göttinnen als bloße
Ausstrahlungen seiner göttlichen Potenz" anzusehen sind. Diese
Erscheinung versucht Verf. aus der Tendenz des Polytheismus
heraus zu verstehen, „bald diese, bald jene Gottheit über die anderen
herauszuheben" (S. 69), und führt hierzu einige Beispiele
aus Babylonien und Ägypten an. Gleichwohl fragt sich m. E.
doch, ob nicht vielleicht der ursprünglich appellativische Charakter
des Eigennamens El auf eine monarchianische Grundtendenz
in der altkanaanäischen Ackerbaureligion hinweist, die es zur
vollen Entfaltung eines echten Pantheons und damit zu einer
ausgesprochenen Individualisierung der Nebengottheiten im

himmlischen Hofstaate nicht oder nur teilweise hat kommen
lassen.

Trotz dieser noch strittigen Frage wird jeder Alttestament-
ler Verf. für die vorliegende Untersuchung Dank wissen, da sie
weithin dazu beiträgt, die theologische Auseinandersetzung Israels
mit der kanaanäischen Religion in neuem Lichte zu sehen.

Jena Rudolf Meyer

Botterweck, G.Johannes, Dr. phil. Dr. theol.: Der Trilitcrismus
im Semitischen. Erläutert an den Wurzeln gl, kl, kl. Bonn: Hanstein
19 52. 76 S. gr. 8" = Bonner Biblische Beiträge, hrsg. v. F. Nötscher
u. K.Th. Schäfer, 3. DM 7. 50.

Unter den dreikonsonantigen Stämmen, die im Wortschatz
der semitischen Sprachen durchaus überwiegen, finden sich bekanntlich
zahlreiche Gruppen mit gleicher oder verwandter Bedeutung
, die in zwei Konsonanten übereinstimmen. Die Frage
nach dem Verhältnis dieser zweiradikaligen „Wurzeln" zu den
dreiradikaligen Basen ist schon seit den Anfängen der semitischen
Sprachwissenschaft oft erörtert worden. Während einige
Forscher annahmen, daß der jetzige Zustand der Sprachen sich
aus einer Vorstufe entwickelt habe, auf der solche einsilbigen
Wurzeln allein herrschten, waren andre geneigt, da auch in den
verwandten hamitischen Sprachen sich beide Typen nebeneinander
finden, diesen Zustand für ursprünglich zu halten und das Zusammentreffen
solcher Wortgruppen im Lautstand z. T. als das
Ergebnis sekundärer Assoziationen zu erklären. Über die Geschichte
dieses Problems seit W. Gesenius orientiert das erste Kapitel
der vorliegenden Schrift. Der Verf. neigt ersterer Annahme
zu und sucht sie durch eine Erörterung der Wörter, die die Elemente
gl, kl und ql enthalten, wahrscheinlich zu machen. In allen
drei Lautverbindungen sieht er ursprüngliche Schallnachahmungen
und sucht die ihnen sonst eignenden Bedeutungen durch z. T.
recht künstliche Annahmen daraus abzuleiten. Daß selbst F. de
Saussure das Gewicht der Schallnachahmung in der Wortbildung
noch zu sehr unterschätzt hatte, ist bekannt, aber man wird sich
davor hüten müssen, diese nun als deren einziges oder auch nur
wichtigstes Prinzip anzusehn. Leider hat ja auch die allgemeine
Sprachwissenschaft noch keine sichere Methode zur Beurteilung
der Bedeutungsentwicklung ausgebildet (s. St. Ullmann, The
Principles of Semantics, Glasgow University Publications Nr.
84, 1951); auf dem Gebiet der semitischen Sprachen fehlt es noch
ganz an Untersuchungen darüber, so daß der Willkür des Ge-
dankcnspiels einstweilen noch Tor und Tür geöffnet scheinen.

Daß die Lautverbindungen gl, kl, ql vielfach Schalleindrücke
wiedergaben, dürfte nicht zu bestreiten sein. Die Übertragung
vom Schall auf eine ihn hervorrufende Bewegung liegt nahe.
Aber daß z. B. die Wurzel gl aus der Bedeutung „sich hin und her
bewegen" über den Mittelbegriff „zittern" der nirgends für sie
belegt ist, den Sinn von „glänzen" entwickelt habe, ist wenig
einleuchtend. Zudem ist die Bedeutung „glänzen", die Verf. dem
nhebr gälä zuschreibt, nur von Levy Nhebr. Wbl 332 als vermeintliche
Grundbedeutung zu gälüy „klar", dem Part. pass. zu
gälä „enthüllen" angesetzt worden. Noch abwegiger ist die Annahme
, daß das arab. galla „groß sein" sich über den Mittelbegriff
„hart sein" der ihm niemals eignet, aus der konkreten
Schallbedeutung (S. 33) entwickelt habe. Ebenso unwahrscheinlich
ist die Annahme, daß die Wurzel kl, deren Grundbedeutung
sich nur im jüdaram. akli „schreien, lärmen" erhalten hätte, über
den Mittelbegriff „erregt" die Bedeutung „elend, schwach" entwickelt
habe. Da arab. kalla „schwach, stumpf sein" auch von
dem des Schutzes der nächsten Verwandten entbehrenden Manne
gebraucht wird, glaubt Verf. das hebr. säkol „kinderlos sein"
und seine Verwandten, das der Sexualsphäre der Frau angehört,
mit diesem die soziale Stellung des Mannes kennzeichnenden
Wort verbinden zu können, obwohl ein Präfix t sonst nirgends
bezeugt ist. Daß das t des arab. takila durch „falsche Analogie"
(S. 38) aus dem Kausativpräfix s entstanden sei, ist vollends undenkbar
. Wie sollte die Sprache einen Laut ihres eigenen phono-
logischen Systems, weil ihm in verwandten Sprachen eine ihr
selbst eigene, von ihr streng unterschiedene Artikulation entspricht
, mit dieser konfundiert haben?

Im Anschluß an die Erörterung der von ihm angenom-