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Ausgabe:

1953

Spalte:

373-374

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Findhammer, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Ich bin bei dir, dass ich dir helfe 1953

Rezensent:

Schneider, Rudolf

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Seite 1

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373

374

Metraux, Hans: Schweizer Jugendlcben in fünf Jahrhunderten. Geschichte
und Eigenart der Jugend und ihrer Bünde im Gebiet der protestantischen
deutschen Schweiz. Aarau: Sauerländer 1942. XVI,
528 S., 40 Abb. auf Taf. gr. 8°. Lw. DM 10.—.

Was für die Geschichte der evangelischen Jugendarbeit in
Deutschland das Handbuch von Cordier ist, das wird in Zukunft
die hier vorliegende und auf gründlichem Studium beruhende Arbeit
für das Gebiet der protestantischen deutschen Schweiz sein.
Mit Recht betont der Verfasser, daß die Lehrbücher der Praktischen
Theologie das Problem des christlichen Jugenddienstes
meistens nur kurz streifen. Um so erfreulicher ist der Beitrag,
den der Verfasser nunmehr geleistet hat. Metraux geht von einer
Schilderung der „gegebenen Ordnung" bezw. von den Lebenskreisen
des jungen Menschen aus. Er zeigt sich besonders gut
über Zwingiis Erziehungsdenken orientiert (18 f.; 25 ff.) und
arbeitet das Wesen der „Knabenschaft" als einen besonderen
Typus Schweizer „Altersgenossenschaften" heraus. Liegt in diesem
Abschnitt der Akzent noch mehr auf jugendsoziologischen
Gedankengängen, so wendet sich der zweite Teil jener Periode
zu, die mit dem Pietismus und der Aufklärung einsetzt und in
der, wie mit Recht gesagt wird, es zu einer „Lockerung der gegebenen
Ordnung" kommt (145 ff.). Man hat deutlich den Eindruck
, daß die Vielgestaltigkeit der Schweizer Volkspsyche und
die geopolitische Eigenart des Landes einen starken Willen zur
Vereinsbildung begünstigt haben. So kommt es zu militärischen
Jugendgruppen, zu Musikvereinen, zu organisierten Schülerreisen
durch die Alpen usw. Im dritten Teil geht die Darstellung dazu
über, die „neuen Lebenskreise" zu schildern, die anstelle der
früheren Ordnung im 19. und 20. Jahrhundert unter den jungen
Schweizern entstanden sind. Dabei ist es vor allem das Werden
des CVJM, dem naturgemäß ein besonderer Platz in der Untersuchung
eingeräumt werden mußte. So richtig der Verfasser die
Wurzeln dieser Arbeit in der Erweckungsbewegung sieht, so betont
er wahrscheinlich das „Finale" (erstrebte Gemeinschaft)
gegenüber dcm„Kausalen" (ursprüngliche Gemeinschaft) zu stark.
Man darf die objektiven Strahlungskräfte, die in diesen Sammlungen
um das „Wort" lebendig werden, angesichts des zerstörten
Volkskirchentums in Europa nicht unterschätzen. Auffällig
ist es zu beobachten, daß die Jugendarbeit in dem Lande
eines Pestalozzi einen bemerkenswert „pädagogischen" Charakter
trägt. Man denke nur an die ziemlich große Entfaltung der
Abstinenzler-Jugend und der Pfadfinderarbeit. Hier zeigen sich
gerade dem NichtSchweizer letzte geistesgeschichtliche Zusammenhänge
mit dem Zuchtgedanken der Genfer Reformation. Auch
die eigentliche „Jugendbewegung" hat sich unter den Eidgenossen
nicht recht durchsetzen können: Der junge Schweizer neigt
nicht zu revolutionärem Denken, und die sozialen Spannungen
haben bei ihm nie das Ausmaß erreicht wie in Deutschland.
Metraux schließt sein Buch ab mit einer ausführlichen Analyse
der Sammlung „Junge Kirche", die sich für eine „Gemeindejugendarbeit
" im engeren Sinn des Wortes einsetzt.

Mit der dankenswerten und fleißigen Monographie hat sich
Me!jraux ein großes Verdienst erworben, vor allem dadurch, daß
^•Ju j stlicnc Jugendarbeit in den weiteren Rahmen einer Geschichte
der evangelischen Pädagogik und Katechetik stellt. Theologisch
gehört: M. zu denen, die von Cordier gelernt haben. Lei-
aer nat «A der Verfasser nicht mit der weiteren theologischen
„,A ,"o« daSr,Wese" d» duistlichen Jugendarbeit, wie sie
nach 1937 etwa In Deutschland geführt wurde (vgl. etwa Rieth-
muller Brandmeyer, Stange u. >.), auseinandergesetzt. Sie hätte
auch für die Schweizer Verhältnisse etwas zu sagen. Auch ver-
m.ßt man gerade bei einer Schweizer Darstellung einen Hinweis
darauf, wie sich etwa die dialektische Theologie Karl Barths auf
das Gesamtverständnis des Jugenddienstes der Kirche ausgewirkt
hat.

Kassel Werner Jentsch

Findhammer, Wilhelm: Ich bin bei Dir, daß ich Dir helfe. Eine
Anleitung zur religiösen Führung katholischer Kinder durch andersgläubige
Mütter. Münster: Regensberg 1949 192 S 8° Hlw.
DM 5.8O.

Der Titel dieses Buches läßt aufhorchen. „Es ist, soweit bekannt
, zum erstenmal, daß ein solches Buch zu diesem Zwecke in

Deutschland erscheint", heißt es im Vorwort. Dem Verfasser gebührt
das Verdienst, ein Problem des wirklichen Lebens angepackt
und durchgeführt zu haben. Ist der Versuch gelungen? Zweifellos
ist der Ansatz eine echte Lebensnot. Was wird aus den Kindern
in Mischehen in religiöser Beziehung? In ernster Besorgtheit gibt
der Verfasser in 11 Kapiteln eine anschauliche Darstellung des
katholischen Glaubens und Lebens in der Erwartung, daß die
evangelische Mutter eines katholischen Kindes sich danach richte,
— eine folgerichtige Weiterentwicklung der „Versprechen", die
katholischerseits bei der Gewährung kirchlicher Trauungen von
Mischehen verlangt werden. Aber es scheint doch, der Verfasser
hat den Satz seines Vorwortes „man muß sich nur auf den Boden
der Wirklichkeit stellen, um den Sinn dieses Buches zu verstehen
" nicht ernst genug genommen.

Eine sorgfältige Analyse der Wirklichkeit würde zeigen, daß,
ehe auf diesem schwierigen Gebiete Antworten gegeben werden
können, die einige Aussicht auf fruchtbare Wirkung haben, einige
Vorfragen zu klären sind. Das Problem, um das es dem Verfasser
geht, sei mit dem Ausdruck „Religiöse Treuhänderschaft" gekennzeichnet
. Es scheint nicht zu umgehen, daß ein Gespräch
hierüber, das auch den weitschichtigen Kreis der „Gemeinschaftslosen
" nicht übersehen dürfte, sich etwa den folgenden Fragen
zuwenden müßte:

Inwieweit ist auf dem Gebiete der religiösen Treuhänderschaft
„Gegenseitigkeit" garantiert? (F. scheint dies nicht zu beabsichtigen
.) Ist es psychisch möglich, mit „Gebeten" zu experimentieren
, d. h. kann eine Mutter, die ihren eigenen Glaubensstand
ernst nimmt, diesem Glaubensstande konträre Gebete usw.
weitergeben, ohne innerlich gefährdet zu werden? Es wäre auch
der hoffnungsreiche Versuch zu unternehmen, einen „gemeinsamen
Besitz" christlichen Erziehungsgutes zu erarbeiten und sich
in irgend einer Form hierüber zu verständigen. Schließlich, und
das erscheint in manchen Gebieten besonders dringlich, ist auf
die völlig andere Lage religiöser Treuhänderschaft in Familien
und in Heimen hinzuweisen. Diese Frage verantwortungsbewußter
religiöser Treuhänderschaft für Heimkinder ist für eine Erörterung
umso reifer, als hier einige begrüßenswerte Beispiele
(auf Gegenseitigkeit) in kirchlichen Heimen vorliegen, während
auf anderen Sektoren dies Problem noch gar nicht erkannt und
überall seine Methodik noch offen ist. Auf alle diese Fragen geht
F. nicht ein, sondern bietet fertige Lösungen, die daher, bei aller
Respektierung seines seelsorgerlichen Ernstes und in dankbarer
Annahme einer Reihe feinsinniger Bemerkungen, kurzschlüssig
erscheinen.

Bernburg Rudolf Schneider

MISSIONSWISSENSCHAFT

M u 1 d e r s, Alph., Prof. Dr.: Inleiding tot de Missicwctenschap. Tweede

om —en bijgewerkte druk. Bussum: Brand 1950. 267 S. gr. 8° = Bij—
dragen van het Missiologisch Instituut der R. K. Universiteit te Nij-
megen. [,

Es ist der evangelischen Missionswissenschaft in den letzten
Jahrzehnten versagt geblieben, an die Stelle der grundlegenden,
aber heute in vielem überholten „Evangelischen Missionslehre"
von Gustav Warneck ein Werk von gleicher, den neuen Voraussetzungen
und Aufgaben gerecht werdender Bedeutung zu setzen.
Die Krise, die über die evangelische Weltmission hereingebrochen
ist und zur Krise ihrer wissenschaftlichen Behandlung führen
mußte, ist so umfangreich und tief, daß der evangelischen
Missionswissenschaft nur die Möglichkeit bleibt, aber auch die
Aufgabe erwächst, vorerst in der Bearbeitung einzelner Probleme
eine künftige Gesamtdarstellung ihres Aufgabenbereiches, neubegründet
und neuausgerichtet, vorzubereiten.

Die katholische Missionswissenschaft, die durch ihren Begründer
in Deutschland, Josef Schmidlin, in der Nähe zu Gustav
Warneck stand, befindet sich in einem ähnlichen Wartestand,
zeigt aber durch ein in ihr stark wirksames Traditionsprinzip
nach außen hin größere Geschlossenheit als ihre evangelische