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Ausgabe:

1953

Spalte:

369-370

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Kirschbaum, Charlotte von

Titel/Untertitel:

Die wirkliche Frau 1953

Rezensent:

Tiling, Magdalene

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Seite 1

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Erstaunlich ist, daß der Verf. der Meinung ist, daß die
Weglassung der Ehebrecherinperikope Joh. 8, 1 ff. in manchen
Handschriften auf einem prüden Pharisäismus beruhe, dem die
Milde des Herrn der Unzuchtsünde gegenüber pädagogisch bedenklich
erschienen sei. Ganz abgesehen davon, daß die Perikope
keine johanneische Sprachgestalt hat, ist der Textbefund völlig
eindeutig, wie e i n Blick in den Nestle zeigt. Das nimmt der
Perikope, deren Bezeugung übrigens sehr unsicher ist, die in vielen
Handschriften an anderen Stellen des 4. Ev., in manchen gar
nicht, in einer auch bei Lukas auftaucht, natürlich nichts von
ihrem Wert. Hier schießt der Verf. über das Ziel hinaus. Die Formel
: „Die Engländer sagen Christus und meinen Kattun", stammt
nicht von Bernard Shaw, (S. 60) sondern von Fontane (Stechlin

Heidelberg R. Hupfeld

Kirschbaum, Charlotte von: Die wirkliche Frau. Zollikon-Zürich:
Evang. Verlag 1949. 96 S. gr. 8°

Die Frage nach dem Verhältnis der Geschlechter ist in unsern
Tagen durch die Aufnahme des Satzes von der „Gleichberechtigung
der Geschlechter" in die Grundrechte der Verfassung und
durch die Arbeiten am Eherecht aufs neue akut geworden. Sie
führt immer wieder zum Nachdenken über das Wesen von Mann
und Frau. Es ist auffallend, daß dies Nachdenken über das Wesen
der Geschlechter in unserer Zeit von betont christlicher Seite aus
geschieht, ferner daß heute von christlichen Frauen geschriebene
Bücher über das Wesen der Geschlechter oder nur über das Wesen
der Frau aus dem Ausland zu uns kommen.

Zu diesen Büchern gehört auch das obengenannte in der
Schweiz erschienene Buch. Wie das kürzlich erschienene Heft:
.,Zweisam ist der Mensch" von van Ash van Wyck steht auch
das Buch von Charlotte von Kirschbaum betont unter dem Einfluß
der kirchlichen Dogmatik von Karl Barth. Zugleich muß
voraus bemerkt werden, daß für die Verf. alles, was das NT über
das Verhältnis von Mann und Frau sagt, beide als in der Erlösung
stehend meint. Dies biblische Zeugnis will die Verf. aufzeigen.
Mit dem Wort „Wirklichkeit" der Frau ist die Existenz der Frau,
die Frage nach der Menschlichkeit des weiblichen Menschen gemeint
.

Das erste Kapitel spricht zunächst auf Grund des AT von
dem Sinn der Schöpfung, die Mann und Frau aneinander bindet,
von den Folgen des Falles für ihr gegenseitiges Verhältnis und
von der alttestamentlichen Hoffnung auf die Wiederherstellung
dieses Verhältnisses. Die Erfüllung in ihrem Zusammenhang mit
dem Neuen Bund wird dann an Eph. 5, 21-32 dargestellt. Die
Verf. macht deutlich, daß Paulus nur an das Verhältnis der Geschlechter
wie es durch Christus geworden ist, denkt, eben an das
Verhältnis der Geschlechter, sofern beide „Erlöste" sind. Hier
gilt von Seiten der Frau die Unterordnung, von Seiten des Mannes
die völlige, die radikale Liebeshingabe an die Frau-beides
wie es in Christus und der Gemeinde vorgebildet ist.

Das zweite Kapitel spricht von der Frau in der Lebensordnung
der Gemeinde des Neuen Bundes. Diese Lebensordnung
wird aufgezeigt zunächst an der Stellung, die Jesus in den Evan-
gcllcn zu dcn Frauen einnimmt, die ihm in besonderer Weise
nachfolgen, indem sie ihm dienen und für ihn und seine Jünger
sorgen dürfen, dann aber auch an seiner Haltung anderen Frauen
gegenüber. Verf. ist überzeugt, daß schon in der Stellung, die diese
Frauen zu Jesus einnehmen, „ihre natürliche Existenz als Frau
zum Gleichnis ihrer christlichen Existenz in der Gemeinde Jesu
Christi" wird. Es ist die Grundansdiauung der Verf., daß hierin
die besondere Berufung der Frau als Frau von Natur liegt. Die
Frau steht als „Israelitin" wie als „Samariterin" und als „Kana-
nitcrin" „exemplarisch" für die künftige Gemeinde. Verf. zeigt,
daß Jesus die Frau in gleichem Sinne für sich beansprucht wie den
Mann. Sic gehört zur Gemeinde Jesu Christi nicht durch den
Mann, sondern sie ist unmittelbar mit dem Ruf Jesu an sie konfrontiert
. Diese „Gleichberechtigung" wird weiterhin aufgewiesen
als die Grenze irdischer Über-und Unterordnung. Die Heiligung
, die im christlichen Glauben das ganze, auch das leibliche
Leben erfährt, schützt die Würde der Frau als Mitmensch. Auch

die „einsame Existenz" der Frau wird hier in den Kreis der Betrachtung
gezogen.

Das dritte Kapitel spricht vom Dienst der Frau in der urchristlichen
Gemeinde. Die Frage nach der Unterordnung der
Frau (nach dem Korintherbrief) wird von der Verf. ganz hineinbezogen
in die Unterordnung der Gemeinde unter Christus und
seine Apostel, um die es im ganzen Korintherbrief geht. Der
Inbegriff aller Unterordnung ist Christus selbst, er bestimmt daher
auch den Sinn der Über- und Unterordnung von Mann und
Frau. Beide stehen in Unterordnung zu ihm. Das Gebot des
„Schweigens in der Gemeindeversammlung" sieht die Verf. an
als den Dienst, den die Frau der christlichen Gemeinde zu leisten
hat; das Schweigegebot wird erklärt aus dem die Gemeinde gefährdenden
Enthusiasmus. Verf. wendet sich hier sehr ernst gegen
jede gesetzliche Auslegung dieser Stellen, wie sie heute vielfach
auch von lutherischen und reformierten Pastoren vorgetragen
werde.

Vor allem aus dem AT wird dann im vierten Kapitel die Bedeutung
der Mutterschaft dargestellt und aus ihr herausgehoben
die Gnadenlinie der Mütter, die zum Sohn der Jungfrau, dem
Messias hinführt. (Der heute so häufig sich findende Irrtum, daß
in Joseph, dem Sohn der Rahel, die Gnadenlinie sich fortsetzt —
statt in Juda, dem Sohn der Lea als dem Träger der Verheißung
— findet sich merkwürdigerweise auch bei Ch. v. K.) Das Kapitel
schließt mit dem Vergleich zwischen der evangelischen, vor allem
der lutherischen und der katholischen Lehre über Maria, die Mutter
Jesu. In einem längeren Exkurs ist an dieser Stelle eine wertvolle
Übersicht über das gegenwärtige Gespräch der „Mariologen"
gegeben, das sich um die Mitwirkung der Maria am Erlösungswerk
bewegt.

Das letzte Kapitel bringt einen kritischen Bericht zunächst
über das Buch der röm.-katholischen Schriftstellerin Gertrud
Le Fort: „Die Ewige Frau" sowie einen ebensolchen über die Arbeit
von Simone de Beauvoir: „Le deuxieme Sexe". Gertrud Le
Fort zeigt, daß die christliche Frau in den großen gottgewollten
Ordnungen der „Virgo", der „Sponsa" und der „Mater" existiert.
Das Heil der Welt hängt nach ihr davon ab, daß das Bild der
Ewigen Frau in dieser dreifachen Gestalt wiedergewonnen werde.
Simone de Beauvoir versucht, auf existential-philosophischer
Grundlage die Frauenfrage zu behandeln. Beiden Büchern wird von
Ch. v. K. ein evangelisches Verständnis der Fragen auf Grund
der Schrift gegenübergestellt.

Berlin Mgd. von Tiling

P a u 1 e s e r, P. Saturnin, O. F. M.: Eheglück — Lebensglück. Gedanken
zur Einheit und Unnuflöslichkeit der Ehe. Würzburg: Echter-Verlag
1951. 112 S. 8°. HIw. DM 3. 90.

Das Buch hat den Zweck, einerseits seine Leser zum rechten
Verständnis des Sinns der Ehe zu führen, andererseits aber aufzuzeigen
, daß dem Sinn der Ehe allein ihre Unauflöslichkeit
entspricht. In weitem Umfang liegt dabei der Ton auf dem zweiten
Gedanken. Nachdem nur sehr kurz und etwas überschwenglich
entfaltet ist, welch Glück in der Ehe liegen kann, wird mit
vollem Recht die aus dem Gottesauftrag, der in der Ehe liegt,
folgende Aufgabe als Ringen um eine das ganze Leben umfassende
leibseelische Einheit der Ehegatten näher bestimmt. Von
alledem ist auf den ersten 18 Seiten die Rede. Alle übrigen Seiten
sind der Forderung, bez. dem Gehorsam gegen das Gesetz
der Unauflöslichkeit der Ehe gewidmet, wobei es leider nicht an
unnötigen Wiederholungen fehlt, weil dem Buch ein klarer Aufbau
mangelt.

Der katholisch-apologetischen Tendenz entsprechend, die in
weitem Umfang das Buch hat, wird dabei nicht von der Schrift
ausgegangen, sondern zuerst einmal davon, daß gerade heute
auch von Protestanten, wie etwa Marianne Weber oder Hilty,
die Unauflöslichkeit der Ehe als allein ihrem Sinn entsprechend
gefordert wird, daß von der Sowjetunion eine Wendung von
einer ursprünglichen Lockerung der Ehe zu äußerster Erschwerung
der Ehescheidung vollzogen sei, schließlich von der Bedeutung
der Unauflöslichkeit der Ehe für die Kultur gesprochen. Hier
wird wohl nicht genügend berücksichtigt, daß eine völlige Un-
möglichmachung der Ehescheidung in vielen Ländern nicht etwa