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Ausgabe:

1953

Spalte:

352

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Deuster, Adolf

Titel/Untertitel:

Nikolaus von Flüe 1953

Rezensent:

Kupisch, Karl

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Theologische Litcraturzeitung 1953 Nr. 6

352

Barlo w, Claude W.: Martini episcopi Bracarcnsis opera omnia edidit.
New Häven: Yale University Press 1950. XII, 328 S. gr. 8° = Papers
and Monographs of the American Academy in Rome Vol. XII.

Martin von Braga (Dumiensis), um 515 in Ungarn geboren, kam
550 aus dem Orient nach Gallicien, gründete das Kloster Dumio,
wirkte mit zur Bekehrung des Suevenkönigs Chararich, wurde 556
Bischof, war 561 auf dem I. Konzil von Braga. wurde zwischen 561 und
572 Erzbisdiof von Braga, leitete 572 das II. Konzil von Braga und
starb 579. Seine Schriften sind bei H. Florez. Esparia Sagrada XV
(1759; 384—449; 1787') und Migne, PL 72, 17—52, PL 74, 381—394,
PL 84, 574—586, gedruckt.

C. W. B a r 1 o w, dem wir die ausgezeichnete Edition des
apokryphen Briefwechsels zwischen Seneca und dem Apostel Paulus
verdanken (1938), legt nun auf Grund ausgedehnter, seit 1930
in Italien, Österreich, Deutschland, Frankreich, Belgien, England
betriebener Handschriftenstudien die erste kritische Gesamtausgabe
der Werke Martins von Braga vor:

1) Sententiae Patrum Aegyptiorum (27 Hss; 6 Drucke; PL 74,
381—394).

2) Moralische Traktate: Pro repellenda iactantia. De superbia,
Exhortatio humilitatis (3 Hss; 7 Drucke; PL 72, 31—42).

3) Concilium Bracarense I und II und Capitula 1—84 ex Oricn-
talium patrum synodis a Martino episcopo ordinata (14 Hss; mehrere
Drucke; PL 84, 561—586; PL 130, 565—588).

4) De ira (2 Hss; 5 Drucke; PL 72, 41—48).

5) De correctione rusticorum ( benützt von Eligius von Noyon,
Pirmin, und durch Aelfric bis nach Island wirkend. 11 Hss; 5 Drucke:
zuletzt von C. P. Caspari 1 883 ediert; fehlt bei Migne).

6) Formula honestae vitae (De quattuor virtutibus). Wurde lange
Seneca zugeschrieben; ins Deutsche und Französische übersetzt und
wiederholt kommentiert; in Mainz 1463 zum erstenmal gedruckt; im
Straßburger Druck von 1514 erstmals Martin von Braga zugeteilt; (über
600 Hss; Barlow benützt davon 20 aus dem IX.—XI. Jahrhundert.
PL 72, 21-28).

7) De trina mersione (1 Hs; 3 Drucke; Florez XV (1759) 422—425;
fehlt bei Migne).

8) De Pascha (7 Hss., wovon Barlow 3 benützte; 6 Drucke; PL 72,
47—52).

9) Drei Gedichte: In basilica; In refectorio; Epitaphium (3 Hss;
11 Drucke, neuerdings bei J. V i v e s, Inscripciones cristianas (1942)
nr. 275, 349, 353. PL 72, 47—52).

Verloren sind die Briefe Martins an Venantius Fortunatus (bezeugt
PL 88. 177—184); ein Volumen epistolarum (bezeugt bei Isidor von
Sevilla PL 83. 1 100); die Regula fidei et sanetae religionis. Barlow
nimmt an, daß diese dem Symbolum des sog. 1. Konzils von Toledo,
d.h. dem Libelhts des Gallizischcn Bischofs Pastor (PL 84, 333—334;
Denzinger Nr. 19) sehr nahe stand.

Unecht sind De moribus (PL 72, 29—32) und De paupertate, dal
bei Migne fehlt, aber in Basel 1 545 und 1562 unter dem Namen des
Martinus Dumiensis, sowie in der Scncca-Ausgabe von F. Haase III
(1853) 458—461 gedruckt und noch von Manitius dem Martin von
Braga zugeschrieben wurde.

Manitius, I (1911) 113, schreibt dem Martin von Braga auch eine
Schrift De trinitate zu. Nun geht unter dem Namen des Martin von
Tours eine Confessio trinae untitatis et unius trinitatis. Sie wurde
erstmals 1512 von Jodocus Clichtovaeus auf Grund von einer, dann von
Thomas Beaulxnmis (1571) auf Grund dreier Hss. ediert, und später
öfters gedruckt; sie steht auch bei J. A. Fabricius, Bibliotheca latina
mediae et infimae latinitatis V (1736) 1 12—1 14 und V (1754) 37, und
bei Migne, PL 18, 11 — 12. Sic beginnt zwar mit „Clemens trinitas",
ist aber von Denzinger Nr. 17 sehr verschieden, und so merkwürdig,
daß E. Amann (Dirt. Theol. Cath. X, 1 (1928) 213) sagt, die Ehre des
hl. Martinus von Tours habe bei dieser Zuteilung nichts zu gewinnen.
Manitius wies nun auf einen Liber s. Martini De trinitate in Clm. 6326
(X; Freising) f. 129—1 33 hin, der von der Professio fidei des Martin
von Tours sehr verschieden sei, und war geneigt, ihn dem Martin von
Braga zuzuweisen. Barlow (S. 286) sagt aber, er sehe keinen Grund,
warum der Liber de trinitate in Clm. 6326 nicht mit der Professio
fidei des Martin von Tours im wesentlichen identisch sein sollte. Diese
Behauptung kam mir zuerst ziemlich aphoristisch vor, aber eine Rückfrage
bei dem Leiter der Handschriftenabteilung in München, Herrn
Prof. P. R u f, ergab, daß Barlow hier, was den Text angeht, tatsächlich
das Richtige getroffen hat; freilich scheint mir die Frage der Zuteilung
des Textes noch weiterer Prüfung sowohl bedürftig wie würdig zu sein.

Barlow hält an der Echtheit von De Pascha fest. Dazu ist aber
jetzt A. Cordoliani (Bibl. itcole des Chartes 106 (1945—1946)
23) zu vergleichen, der den Traktat einem Iren zuschreibt und bereits
ins V. Jahrhundert datiert.

Vaticana, cod. Reg. lat. 460 (XII) f. 125r—125v enthält eine Epi-
stola bcati Gregorii ad Recharedum regem Wisigothorum. A. W i I m a r t
bemerkt dazu in seinem Katalog: ,,Fortasse Martini Dumiensis". Barlow
hält dies für eine bloße Konjektur; aber man hätte gern mehr darüber
erfahren. Rekkared wurde zwar erst 586 König, war aber bereits seit
573 Mitregent seines Vaters Leovigild.

Zur Frage eines etwaigen Einflusses Martins auf die spanische Liturgie
(Barlow S. 285 und 287) vgl. auch P. David, J^tudes sur la
Galice et le Portugal, Lisboa 1947. Zu den Hss. der Formula honestae
vitae vgl. J. V i v e s, Hispania Sacra 1 (1948) 440 und 446 (über Graz,
Univ. 298 und Prag, Univ. 2041). Ein weiterer Druck der Formula ist
in München 1639 erschienen, zusammen mit dem Enchiridion de vera
sapientia (De contemptu mundi) des Eudicrius von Lyon.

Mit Martin von Braga haben sich in neuerer Zeit amerikanische
Forscher wiederholt beschäftigt, so H. F. P a 1 m e r
(1932), W. A. Hinnebusch (1936), M. P. Francoeur
(1944). Die Gestalt des ungarischen Bischofs in der spanischen
Schwabenmission, die die Gesetzgebung der Konzilien des Orients
in der Kirche Spaniens einführte, seine Mönche nach den Regeln
der Väter der ägyptischen Wüste und Fürsten und Volk nach der
Ethik Senecas erzog, hat dadurch bedeutend an Relief gewonnen.
Das Werk von Barlow wird für lange Zeit grundlegend bleiben.
Für weitere Untersuchungen über Syntax und Vokabular, über
die Quellen und Nachwirkungen Martins und über seine altlateinischen
Bibelzitate gibt der Index verborum selectorum, der
Index fontium et imitationum und der Index Scripturae sacrae
wertvolle und dankenswerte Hilfe. Es ist nicht ausgeschlossen,
daß eine Durchforschung derjenigen spanischen und portugiesischen
Handschriftensammlungen, für die noch keine gedruckten
Kataloge existieren, noch weitere Schriften Martins entdecken
läßt und in die Überlieferungsgeschichte seiner bekannten Schriften
neues Licht bringt.

Freibure 1. Br. Friedrich Stegmüller

D e u s t e r, Adolf: Sankt Nikolaus von Flüt. Gott ruft einen Mann.
Bonn: Verlag der Buchgemeinde [1950]. 208 S., 10 Abb. auf Taf. 8°
= Religiöse Schriftenreihe der Buchgemeinde Bonn. Lw. DM 6. 80.

Die Literatur über den Bruder Klau6 ist seit Jahren im Wachsen
. Naturgemäß entstammt sie zum großen Teil der Heimat des
1669 selig und 1947 heilig gesprochenen Landespatrons der
Schweiz. Der Verfasser des vorliegenden Buches wollte deshalb,
unter dem Eindruck einer Wallfahrt zum Nikolaus von Flüe, dessen
Leben einmal „in deutscher Sicht" schreiben und dabei „bewußt
den Europäer, den Menschen, den Heiligen schildern". Seine
Grundkonzeption war „das alte Anliegen des katholischen Hei-
ligcnkultes: Nacheiferung, Verehrung. Anrufung" So ist s:in im
äußeren Aufbau wie in der stilistischen Erzählungsform anziehend
geschriebenes Buch für weiteste Kreise gedacht, der missionarische
und erzieherische, fast möchte man sagen erweckliche Ton
ist überall zu spüren, ohne doch unangenehm zu berühren. Es
versteht sich von selbst, daß eine solche Schrift nicht mit theologisch
-wissenschaftlichen Maßstäben gemessen werden darf, auch
konfessionelle Empfindungen und Einwände haben zu schweigen,
wenn der Verfasser offen bekennt, daß „treues, gläubiges Stehen
zur geliebten katholischen Kirche" ihn bewegten und daß „alles
Geschriebene und Berichtete nur im Sinne der Kirche und unter
deren Gutheißung Geltung hat". Trotzdem ist es schade, daß der
Verfasser Fritz Blankes Studie „Bruder Klaus von Flüe" (vgl.
ThLZ 1951, Sp. 730 f.) offenbar nicht benutzt hat, obwohl sein
Literaturnachweis andere, gleichzeitig erschienene Schriften enthält
. Ein guter Bilderanhang verdient Anerkennung.

Berli" Karl Kupisch

Niedner, Carl: Das Patrozinium der Augustiner-Chorherrcnstifti-
kirche St. Thomac zu Leipzig. Untersuchungen zur Frühgeschichte
der Bach-Kirche und der Leipziger Altstadt. Leipzig: Bibliogr. Institut
1952. 1 56 S. gr. 8° = Leipziger stadtgeschichtliche Forschungen hrsg.
von Dr. Heinz Füßler, Heft 2 DM 7. 50.

Eine geschichtliche Untersuchung, die den Anfängen der
durch das Wirken von Joh. Seb. Bach weltberühmten Leipziger
Thomaskirche, aber auch der Nikolaikirche gewidmet ist und
überraschende Blicke in das Leipzig des 13.Jhd.s tun läßt. Bc-