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Ausgabe:

1953

Spalte:

301-302

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Paulus, Herbert

Titel/Untertitel:

Der Gesinnungscharakter des merowingisch-westfränkischen Basilikabaues 1953

Rezensent:

Wessel, Klaus

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302

zwar in der Kirche des Ostens seit dem Bilderstreit als ein festes
Stück ihrer Theologie durchgesetzt, bleibt dem Abendland aber
immer fremd. Wenn man sich hier über das Bild überhaupt Gedanken
macht, dann geschieht es in der Form der älteren Theologie
, die im Bild nur seine illustrierende und belehrende Bedeutung
sieht. Das Bild Christi oder eines Heiligen vermag hinzuführen
zu der verehrten Gestalt, es vermag, wie das spät-
mittelalterliche Andachtsbild, den Beschauer anzuregen zu mitfühlendem
Versenken in die Geheimnisse des Leidens Christi
oder seiner Mutter, nie aber gilt es selbst als heilsträchtig im
Sinne einer griechischen Ikone, )eiu<; IvtQYtiae xai %tiono<;
ffUlXecov. Auch die unlängst von H. Keller besprochenen Skulpturen
des 11. Jh. (Festschrift Jantzen 1951, 71) bilden hier keine
Ausnahme; was ihnen ihren besonderen Charakter verleiht, ist
nicht ihre Abbildlichkeit, sondern die eingeschlossenen Reliquien.
Allein das Wallfahrtsbild geht seine eigenen Wege. Von hier her
wird also der Frage nach dem späten Aufkommen des Auferstehungsbildes
nicht beizukommen sein. Der eigentliche Grund
ist vermutlich ein ganz anderer. B. selbst weist eingangs darauf
hin, daß keines der Evangelien über den Moment der Auferstehung
und die Erscheinung des Auferstandenen berichtet, und
die ganze Antike bewahrt die gleiche Zurückhaltung. Erst das
Mittelalter verliert diese Scheu vor dem Unsagbaren und stellt
den Auferstehenden selbst dar. Auch sonst können wir ja in
mittelalterlicher Frömmigkeit immer wieder die Tendenz fest-
»telen (vgl. Br. S. XIII), das Wunder zu entschleiern, zu sehen,
wo für antikes Gefühl alles Sehen verwehrt war; man erinnere
sich nur an die Entwicklung des Sakramcntskultes. Anders die
Kunst des Ostens. Ihr liegt mehr daran, ähnlich der Festliturgic
der Ostkirche, den soteriologischen Gehalt des Lebens Christi
herauszuarbeiten und so ersetzt sie den altchristlichen Gang der
Frauen zum Grabe durch die Darstellung der Höllenfahrt, d. i. der
Heimholung der ersten Erlösten.

Freiburg Johannes Kollwitz

"inIn», Herbert: Der Gcsinnungsdiaraktcr des Mcrowingisdi-West-
"äiikischcn Basilikcnbaucs. Ein kunstgcschiditlichcr Beitrag zur Entwicklung
der abendländischen Kreuzbasilika. (Als Manuskript gedruckt
.) Diss. Würzburg 1944. XII, 160 S. 8°.

Es ist an sich nicht üblich, hier auf weiter zurückliegende
Dissertationen hinzuweisen. Wenn das in diesem Falle doch geschehen
soll, dann aus dem Grunde, weil einmal an dieser Arbeit
methodisch Wichtiges aufgezeigt werden kann und zum anderen
'hre selbständigen Ergebnisse auch heute noch vollauf gültig
sind.

Ii l Arbeit zerfällt in zwei wertmäßig außerordentlich unterschied-

iche Teile: Die Kapitel I und II (Die frühkirdiliche Bautätigkeit in
M Uni* liturgischen Motive; Die Grabkirchc, ein christliches
Mausoleum, und ihre kanonische Bedeutung für den gesamtlfirchlichcn
lyiltb.ui) sind etwa auf dem Niveau der Forsdiung von 1880-1910;
als beispielhafte Belege dafür sei hier nur darauf verwiesen, daß P. die
cella trichora als die Keimzelle der Basilika ansieht (S. 6) und in den
..kapellenart.gcn Räumlichkeiten" der römischen Katakomben Zufluchtsstätten
tur den Gemeindegottesdienst sehen will (S. 7 f.). Diese Kapitel
sind zudem sehr flüchtig und ungenau, so wird z. B. St. Peter in Rom
als „das klassische Beispiel der Basilika" angeführt (S. 8 - hier wird
tZJSTi basilikaler Typen völlig außer Acht ge-

asscnl), bc. der folgenden Grundrißbeschreibung dann aber das Querhaus
vergessen (S. Bf. - die hier gegebene Beschreibung paßte etwa
A m « Tte0- ,H,cr Ungenauigkeiten. überholten Ansichten

und Mißgriffe einzeln aufzuführen, würde den Rahmen jeder Rezension
sprengen. Die dann folgenden Kapitel III—V dagegen (Die Wiederaufnahme
und Lösung des Kreuzbasilikaproblems im keltisch-germanischen
Kulturbcrcich; Die karolingische Renaissance, das gemeinsame Erwachen
germanischer und christlicher Antike in der kirchlichen Baukunst und
die Vollendung des Krcuzbasilikcnstils; Zusammenfassende Übersicht
über die Entwicklung des Kultbaues bis zum Ausgang der karolin-
gischen Epoche) sind hinsichtlich der Methode wie der Ergebnisse ausgesprochen
gut. Wie hier die literarischen Quellen mit den Ergebnissen
der vorgcsdiichtlichcn, rcligionsgeschiditlidicn, missionsgesdiiditlichcn.
liturgicgcschichtlichcn und baugcschichtlidicn Forschung zu einem umfassenden
Bild kombiniert werden, kann vorbildlich genannt werden,
wenn man von den geringen Nachwirkungen der ersten beiden Kapitel
absieht. Die Ergebnisse dieser Arbeitsweise sind tragfähig und fördern

unsere Kenntnis auf dein Gebiete des frühmittelalterlichen Kirchbaus | herangezogen und bietet gelegentlich kleine Inventarien oder Re-

zu ihrem Teil recht wesentlich. Die Frage der Anfänge der abendlän-
disdien Kreuzbasilika ist hier befriedigend beantwortet.

Man hat den Eindruck, als habe P. zunächst die eigentliche
Arbeit (Kapitel III—V) geschrieben, wobei ihm die Frage nach den
Wurzeln der westfränkischen Entwicklung in der christlichen Antike
aufging, und dann versucht, seine Ergebnisse durch Zurückführen
der Linien bis in die Anfänge abendländischen Kirchbaus
noch weiter zu unterbauen; so hat er dann die ersten beiden Kapitel
der Arbeit gleichsam vorgeklebt. Sie sind für den Gang der
eigentlichen Untersuchung unwichtig und beruhen offenbar nicht
auf tiefschürfender Arbeit. Es fehlen diesen Kapiteln Gründlichkeit
und fundierte Kenntnis. Man vermißt z. B. im Literaturverzeichnis
so wichtige Namen wie F. W. Deichmann oder F. Wieland
, deren Arbeiten zu den Typen der Basilika bzw. zur Frage
des Altargrabes gerade hier auf keinen Fall fehlen durften. Die
schwierigen, z. T. noch sehr umstrittenen Probleme des frühchristlichen
Kirchbaus im Abendland lassen sich nicht so leicht bewältigen
! Wozu muß man eigentlich immer bei Adam und Eva anfangen
? Hier war es bestimmt nicht nötig! Der einzige Erfolg
war, daß der Gesamteindruck der Arbeit zwiespältig geworden
ist. Das ist um so bedauerlicher, als der Hauptteil methodisch,
und auch was die Ergebnisse anbelangt, exakt, fundiert, gründlich
und daher gut, wenn auch im Stil nicht immer gerade vorbildlich
ist. Hier ist wissenschaftlich einwandfrei gearbeitet, daher
haben die Kapitel III—V Anspruch auf Beachtung und Gültigkeit;
die überflüssigen ersten Kapitel können diesen Anspruch nicht
erheben. Darin scheint mir der entscheidende methodische Fehler
zu liegen, der bei Erstlingsarbeiten nur allzu oft vorkommt:
P. hat für die westfränkische Entwicklung bestimmte Gesetze erkannt
, die er nun auf die voraufgehende christliche Antike zu-
rückprojiziert, ohne dabei zu beachten, daß, wie er selbst etwa
hinsichtlich der Krypta zeigt (S. 40 ff.), ganz andere und neue,
der christlichen Antike durchaus fremde Gedanken sich durchsetzen
. Richtig wäre gewesen, zunächst die baugeschichtliche Entwicklung
im westfränkischen Bereich zu erarbeiten und dann zu
fragen, ob und welche Linien in die christliche Antike zurückgeführt
werden können. Das hätte einer weit eingehenderen Einarbeitung
in die speziellen Probleme des frühchristlichen Kirchbaus
— nicht nur in Italien — bedurft, als sie sich hier beweist.
So wäre aber das Neue weit klarer zum Ausdruck gekommen
und die Arbeit von den vielen störenden Fehlern frei geblieben.

Trotz der seit 1944 erschienenen Literatur zum frühmittelalterlichen
Kirchbau wäre aber zu wünschen, daß — nach stilistischer
Bereinigung und inhaltlicher Überprüfung an Hand der
neuesten Literatur — die Kapitel III—V als der wesentliche Teil
der Arbeit durch Neudruck weiteren Kreisen der Forschung zugänglich
gemacht würden. Die dankenswerte Sammlung der
Quellentexte und die übrigen Anhänge möchte man dabei dann
auch nicht missen. Die Ergebnisse der Arbeit, an denen man nicht
mehr wird vorbeigehen können, würden die Ncuherausgabc in
bereinigter Form voll rechtfertigen.

Oreifswald Klaus Wessel

Rcallexikon zur deutschen Kunstgeschichte. Begonnen von Qtto
S c h m i 111, hrsg. v. Ernst G a 11 und L. Fi. Heydenreich.
26.—28. Lfg. Stuttgart und Waldsee: Druckenmüller 1951/52.

Die 26. Lieferung des RDK bringt ein vorzügliches Bild des
verstorbenen Herausgebers Otto Schmitt (vgl. ThLZ 1951
Sp. 611) und einen knappen, würdigen Nachruf für diesen ausgezeichneten
, lebensvollen Gelehrten. Ernst G a 11 und Ludwig
H. Heydenreich sind an seine Stelle getreten; Hans Martin
v. E r f f a vom Münchener Zentralinstitut für Kunstgeschichte
hat die Redaktion übernommen. Die Namen geben uns die Gewißheit
, daß dem Werk auch in Zukunft an Sorgfalt und Sachkenntnis
nichts mangeln wird. Wenn es erlaubt ist, schon nach
den ersten neuen Lieferungen 27 und 28 ein Urteil zu wagen,
so scheint die Arbeit jetzt eher noch mehr in die Breite zu gehen
als zu schrumpfen. Die kultur- und geistesgeschichtliche Orientierung
greift weit aus, und die Darstellung selbst, besonders in
der Vorgeschichte, bleibt auch in den Abbildungen nicht auf die
rein deutsche Entwicklung beschränkt. Der Petitdruck wird oft