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Ausgabe:

1953 Nr. 5

Spalte:

292

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Loci praecipui theologici von 1559 (2. Teil) und Definitiones 1953

Rezensent:

Lau, Franz

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Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 5

292

könnte zur Verwirklichung eines (ökumenischen) Begreifens der
Heilsgüter. Das ist wohl der Fall, sofern bei seiner Darbietung
der reformatorischen Ideen allgemeine religionsgeschichtliche Gesichtspunkte
angetönt sind. Doch möchte der verdiente Verfasser
übersehen, daß gerade sein ausgezeichnetes Grund-Verstehen
des reformatorischen Gedankenkomplexes als letztlich geschlossener
biblisch-evangelischer Einheit unvereinbare Gegensätzlichkeiten
zur römischen und orientalischen Kirche herausstellt.

Zürich J. Chambon

Kohlschmidt, Werner: Luther und die Mystik. Zwei Vorträge.
Hamburg: Wittig 1947. 38 S., m. 1 Abb. 8° = Veröffentlichung d.
Kirchl. Schule in Schleswig. DM 1.—.

Das kleine Heft, dessen Besprechung ich leider infolge eines
unglücklichen Versehens bisher versäumt habe, beansprucht nicht,
in die Fragen der Forschung einzugreifen, kann aber zur Klärung
verbreiteter Irrtümer einen guten Dienst tun. Der erste Vortrag,
der dem Ganzen den Titel gegeben hat, beschreibt den Weg
Luthers von seiner Freude an der „Theologia deutsch" und Tauler
bis zur scharfen Abrechnung mit der Mystik der „Himmlischen
Propheten". „Luther beginnt sein Verhältnis zur Mystik als Aufnehmender
, und er beendet es als Abstoßender" (S. 6). Der von
Luther über der gemeinsamen Front gegen scholastische Spekulation
und mönchische Werkfrömmigkeit übersehene Unterschied
liegt darin, daß die Mystik eine Methode, eine „Technik" ist.
„Die Grundbewegung der Mystik beruht auf dem menschlichen
Können kraft der göttlichen Qualität der Seele. Sie ist ein Akt
der Selbsterlösung, Luthers Erlösungsbegriff aber ist ein Akt Gottes
, seiner Gnade" (S. 20). Damit ist der prinzipielle Unterschied
scharf, fast zu scharf herausgehoben. Daß die mittelalterliche
Mystik auch etwas von Gnade weiß, kommt darin nicht zu seinem
Recht und hat doch mit zu dem gehört, was Luther an ihr anzog.
Die Gefahr der Typisierung. aus der Kürze des Vortrags verständlich
, ist auch sonst spürbar. So richtig der Gegensatz gegenüber
der paulinischen Theologie aufgedeckt ist, so ist doch historisch
, nicht im freien Ideenvergleich gesehen, das Kennzeichen der
Mystik des Mittelalters nicht die „Abschwächung der christlichen
Radikalität" (S. 15), sondern eine nach innen gewendete Radikalisierung
gegenüber dem kirchlichen Heilswege. Auch das gehört
zu dem, was Luthers Zustimmung verständlich macht.— Der
zweite Vortrag behandelt Luthers Magnificat, das noch viel von
der Sprache und Atmosphäre der Mystik, so weit Luther sie sich
angeeignet hatte, an sich trägt. Freilich, soll man das „Mystik des
Wortes" nennen? Die klärenden Konturen des ersten Vortrags
scheinen mir dadurch, trotz aller Vorsicht in der Einzelbeschreibung
, wieder etwas zu verschwimmen. Die Quellen dieser großartigen
Schrift, deren „politischen" Charakter der Verf. schön
darstellt, entspringen doch noch tiefer als in der „humanistischen
Wissenschaft des Wortes" und einer „Mystik des Wortes". Sic
ist ein Beispiel für die Erfüllung der mystischen Sprache mit dem
Evangelium und für die Entbindung der in der Mystik verborgenen
Elemente des Evangeliums. Es bedarf aber des Begriffes
der Mystik nicht, um das auszudrücken, was das Evangelium an
inniger Bewegung des Herzens hervorbringt.

Heidelberg Heinrich Rom kämm

Huizinga, J.: Erasmus. Deutsch von Werner K a e g i. 4. Aufl. Basel
: Schwabe [1951]. 240 S. 8°. Lw. sfr. 12.50.

„Von den 81 Lustra, die uns vom Jahr 1536 (dem Todes-
iahr des E.) scheiden, — hatte Huizinga 1941 in seiner letzten
Äußerung über E. gesagt — ist wohl keines weniger erasmisdh gewesen
als dasjenige, das hinter uns liegt." 5 Jahre später starb
er. „Es hat nur eines Lustrums weiterer Erfahrung bedurft; und
heute — tönt das Wort Huizingas von neuem so hell wie je und
die Gestalt des Erasmus hat nichts von ihrer Frische verloren",
so geleitet Kaegi die Neuauflage seiner Übersetzung des berühmten
Buches von neuem ins Leben. Sie ist bis auf Kleinigkeiten
in den Anmerkungen und dem Literaturverzeichnis (das eine
geringe Ergänzung, z. B. durch die für eine allgemeine Kenntnis
des E. so hilfreiche Auswahl seiner Briefe durch W. Köhler, 1938,
verdient hätte) unverändert, nur durch breiteren Satzspiegel gegenüber
der Ausgabe von 1536 um einen Bogen zusammengeschmolzen
. Huizingas kongeniale Seelendeutung seines großen

Landsmannes wird seine Leser von neuem finden und entzücken.
Sie ist durch keine der neueren Erasmus-Biographien (über die
ich ThLZ 76. 1951, Sp. 732 ff. berichtet habe) entthront. Freilich
, der Platz für eine große geistesgeschichtliche Biographie,
die u. a. auch den nur flüchtig gestreiften theologischen Anschauungen
und Wirkungen des Erasmus wirklich nachgeht, bleibt
neben diesem reizvollen Porträt noch offen.

Heidelberg Heinrich Bornk'am'm

Mclanchthon. — Mclanchthons Werke in Auswahl. Unter Mitwirkung
v. H. Engclland, G. Ebeling, R. Nürnberger u. H. Volz hrsg.
v. Robert Stupperich. 5 Bde. Gütersloh: Bertelsmann 1951/2.
I. Bd.: Reformatorische Schriften. Hrsg. v. R. Stupperich. XII,
448 S. 8°. Lw. DM 15.—. II. Bd., 1. Teil: Loci communes von 1521.
Loci praeeipui theologici von 1559 (1. Teil). Hrsg. v. H. Engelland
. XII, 3 52 S. 8°. Lw. DM 12.-.

Um Melanchthonausgaben ist es ganz schlecht bestellt. Die
im Corpus Reformatorum 1834—1860 von Bretschneider und
Bindseil gebotene Sammlung von Schriften Mclanchthons ist unvollständig
, veraltet, alles andere als modernen editionstechnischen
Ansprüchen auch nur einigermaßen genügend, obendrein selten und
schwer zu haben. Die Versuche, die angestellt worden sind, um
die Lücken zu füllen (Supplemcntbände; Edition der Briefe Mclanchthons
von Otto Clemen), haben die Not nicht endgültig
behoben. Es wird schon stimmen, daß (vgl. angezeigtes Werk,
Band I, S. 6) der Rückgang der Melanchthon-Studien zum Teil
auch in dem schwierigen Zugang zu seinen Werken begründet
ist. Es ist darum außerordentlich verdienstlich, daß eine Reihe
von Reformationshistorikern und systematischen Theologen
jetzt wenigstens eine „Studienausgabe" der wichtigsten Werke
Mclanchthons herausbringt. Als Vorbild dient natürlich die
Clemensche Lutherauswahl, ohne daß nun sklavisch diese nachgeahmt
würde. Ein nicht unwesentlicher Unterschied ist z. B., daß
nicht wie bei Clemen die Schriften in der Zeitfolge geboten werden
. Vielmehr sind Sachgruppen gebildet, und innerhalb dieser
geht es dann in chronologischer Folge.

Es liegen bereits vor zunächst der von Robert Stupperich
besorgte Band I mit 20 ausgewählten „kleineren theologischen
Schriften Mclanchthons aus den Jahren 1519—1546." Darunter
finden sich sowohl ganz kurze, aber sachlich bedeutsame Thcscn-
reihen u. ä. als auch doch recht ausführliche Schriften wie die Apologie
der Theologie Luthers gegen Tommaso Rhadino Todischus
von 1521, der Unterricht der Visitatoren von 1528 und das Buch
über die Kirche von 1539. Daß eine Auswahl aus einer Fülle nicht
alle Einzelwünsche befriedigen kann, ist so selbstverständlich,
daß es zwecklos sein dürfte, um einzelnes zu rechten. Im allgemeinen
halte ich die Auswahl für glücklich und geschickt, auch
für zweckmäßig im Blick auf den akademischen LInterricht, dem
die „Studienausgabe" vor allem dienen soll.

Die Bände 11. 1 und II, 2. besorgt von Hans Engclland, sollen
wenigstens die Loci aus zwei Aetatcs bringen, aus der ersten
und aus der dritten. Gewählt sind als Vorlagen der Wittenberger
Erstdruck der Loci communes von 1521 und der letzte von
Mclanchthon selbst besorgte Druck der Loci praeeipui theologici
von 1 5 59. Bedeutsame Sätze aus den Loci der zweiten Actns, die
schon die Letztfassung vorbereiten, sind in den Anmerkungen
zu den Loci praeeipui mit aufgeführt. Die Loci von 1521 liegen
in dem bereits erschienenen Band II, 1 vollständig vor, die Loci
von 1559 zum Teil.

Man kann nur mit großer Dankbarkeit das Unternehmen begrüßen
, und man wartet mit spannungsvoller Freude auf die weiteren
Bände. Die äußere Aufmachung - ich denke vor allem an
die verwendete Drucktype - ist viel glücklicher als seinerzeit bei
der Clemenschen Lutherausgabc. Möchte die Melanchthonausgabc
sich wirklich einbürgern und die Mclanchthonstudicn spürbar
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Muralt. Leonhard von. Prof. Dr. u Dr. Walter Schmid: Duellen
zur Geschichte der Täufer in der Schweiz. 1. Bd.: Zürich. Zürich:
Hirzel 1952. XVI, 428 S. gr. 8°. Lw. sfr. 37.-.

In der Vorrede zu diesem Bande berichtet L. v. Muralt über
die seit über 20 Jahren laufende Arbeit an dieser Publikation.