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Ausgabe:

1953 Nr. 5

Spalte:

288-290

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Joachimsen, Paul

Titel/Untertitel:

Die Reformation als Epoche der deutschen Geschichte 1953

Rezensent:

Lau, Franz

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Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 5

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außer dem Bedürfnis des frommen Herzens irgendeine Begründung
dafür einsichtig machen ließe. Dem gegenüber sucht Verf.
wahrscheinlich zu machen, daß sich zuerst das Christusbekenntnis
aus der Invokation des Namens Jesu bei der Taufe entwickelt
habe. Die weitere Einbeziehung des Artikels von Gott dem Vater
sei notwendig geworden „probably to meet Marcionite heresy".
und die Aufnahme des Passus vom Heiligen Geist „points to
the Montanist danger as the (probable) proximate cause".

Das sind Gedanken, die sich hören lassen, vor allem die Ursprünglichkeit
des Christusbekenntnisses, nur läßt die wissenschaftliche
Begründung und Beweiskraft zu wünschen übrig.

Oöttingen Erich Roth

Riedmatten, Henri de, O. P.: Les actes du proces de Paul de Sa-
mosate. ]<",tude sur la diristologie du Ille au IVe siecle. Fribourg en
Suisse: Editions St. Paul 19 52. 172 S. gr. 8° = Paradosis. Etudes de
littcrature et de theologie ancienne VI. sfr. 7. $0.

Im 6. Bd. der von O. Perler herausgegebenen Sammlung wird
ein schon viel verhandeltes Thema erneut mit Fleiß und großer
Akribie angepackt und, um es vorweg zu sagen, mit Erfolg bearbeitet
. Der Wert der Arbeit liegt auf editionskritischem und
dogmengcschichtlichem Gebiet. Es handelt sich um die Christo-
logie des Paul von Samosata und die Anschauungen seiner Gegner
, die ihn auf der Synode von 268 verurteilt haben. Um einen
sicheren Ausgangspunkt zu besitzen, liefert der Verf. unter
Heranziehung aller erreichbaren Handschriften einen zuverlässigen
kritischen Text der Fragmente, die von den mit Paul von Samosata
gepflogenen Verhandlungen Kunde geben (S. 135—1 58)
Überliefert sind die Fragmente in der Hauptsache in dogmatischen
Testimonicnsammlungen, die z. T. nur in syrischen bzw. armenischen
Versionen erhalten sind. De R. muß sich mit den grundlegenden
Monographien über Paul von Samosata von Bardy
(1923 und 1929) und Loofs (1924) auseinandersetzen.

Das Hauptanliegen des jungen Forschers ist der Nachweis,
daß es sich um echte Texte handelt. Um zum Ziele zu kommen,
zeigt der Verf. mit gutem historischen Sinn, daß insbesondere die
von den Gegnern Pauls vertretenen diristologischen Anschauungen
nicht, wie vielfach angenommen wird, von der Lehre des
Apollinaris von Laodicea abhängen, sondern in der zeitgenössischen
Theologie, jedenfalls vor dem Auftreten des Apollinaris
nachgewiesen werden können (z. T. bei Origenes, dann bei No-
vatian, Methodius und nicht zuletzt bei Eusebius in seiner theo-
logia ecclesiastica). Auch auf Athanasius hätte Bezug genommen
werden können; vgl. dazu jetzt A. Grillmeier in seinem Beitrag
zur Chalkedon-Fcstschrift hg. von A. Grillmeicr und H. Bacht,
Würzburg I 1952, 77 ff. Alle diese Theologen gehören in die
Reihe der Autoren, die bei der spekulativen Erklärung des Christusgeheimnisses
mit dem theologisch unzulänglichen Schema
Verbum-Caro gearbeitet haben.

Weiterhin verfolgt De R. die Spuren, welche die Konzilsakten
von 268 in der Zeit der arianischen Kontroversen während
des 4. Jahrhunderts hinterlassen haben. Hier vermag er überzeugend
darzutun, daß mit der von den Synodalen des Jahres 268
ausgesprochenen Ablehnung des Terminus SßO&ömof nicht
auch die Auffassung dieses Begriffs, wie er 325 in Nizäa gemeint
war, getroffen wurde.

Die methodisch sauber durchgeführten Untersuchungen werden
, wie ich hoffe, mit ihren Resultaten in der Fachwelt im wesentlichen
Zustimmung finden. Vgl. jedoch G. Bardy, Rev. Hist.
Eccles. 1952, 643 f., der von den Echtheitsbeweisen nicht ganz
befriedigt ist.

Würzburg Berthold Altancr

Ziegler, Adolf Wilhelm: Stimmen aus der Völkerwanderung. Eine
Auswahl von Texten aus der lateinischen altchristlichen Literatur,
hrsg. u. erläut. Regensburg: Habbel 1950. 154 S. kl. 8°. kart.
DM 3.80; Hlw. DM 4.80.

Das gut ausgestattete Büchlein enthält eine Auswahl von
Äußerungen christlicher Theologen lateinischer Sprache zum Problem
der Völkerwanderung. Zu Worte kommen Cyprian, Ambrosius
, Hieronymus, Augustinus, Quodvultdeus, Salvian, Victor
von Vita, Eugippius, Jordanes, Gregor d. Gr. und Beda Vene-

rabilis, dazu die Chronica Gallica, alle in mehr oder minder kurzen
Exzerpten. Kurze, aber gut unterrichtende, besonders den Stil der
Verfasser betonende Einleitungen gehen den Texten jeweils
voraus. Ein knappes Literaturverzeichnis sucht sachlich, ein
Glossar sprachlich weiterzuhelfen.

Über die Auswahl ließe sich, wie über jede Auswahl, natürlich
rechten. Die vorliegende übermittelt, wenn sie als Qucl-
lengrundlage für die Geschichte der Völkerwanderung auch bei
weitem nicht ausreicht, immerhin einen guten Einblick in die
Stimmung der christlichen Zeitgenossen, dazu besonders in
ihre gcschichtsthcologische Gedankenwelt. In dem Letzteren
liegt der Hauptwert der Zusammenstellung.

Hamburg Kurt Dietrich Schm idt

KIRCHENGESCH1CHTE: REFORMAT10NSZE1T

Joachimien, Paul: Die Reformation als Epoche der deutschen Geschichte
. In vollständiger Fassung erstmals aus dem Nachlaß hrsg. v.
Otto Schottenlohe r. München: Chr. Kaiser Verl. u. Verl.
R. Oldenbourg 1951. XXIV, 312 S. gr. 8°. DM 12.80; Lw. DM 15.60.

In ziemlich kurzem Abstand voneinander sind zwei Darstellungen
der Reformationsgeschichte, die ursprünglich als Slük
ke je einer großen, mehrbändigen Darstellung der Weltgeschichte
veröffentlicht waren, als selbständige Buchveröffentlichungen herausgekommen
. 1950 ließ Gerhard Ritter seinen Beitrag zur
Neuen Propyläen-Weltgeschichte von 1941 unter dem Titel:
„Die Neugestaltung Europas im 16. Jahrhundert" erscheinen.
1951 hat Otto Schottenloher des inzwischen verstorbenen
Paul Joachimsen Reformationsgeschichte aus der Propyläen
-Weltgeschichte von 1930 selbständig herausgegeben unter
dem Titel: „Die Reformation als Epoche der deutschen Geschichte
." Mit der zweiten, hier zu besprechenden Veröffentlichung
hat es eine besondere Bewandtnis.

Joachimsen hatte das für die Propyläen-Weltgeschichte gefertigte
Manuskript nachträglich auf ungefähr die Hälfte seines Umfangs zusammenstreichen
müssen. Bekannt war das nur in ganz kleinen Kreiden.
Der jetzige Herauseeber hat es als seine Pflicht angesehen, das in der
Bayrischen Staatsbibliothek in München verwahrte ursprüngliche
Manuskript vollständig herauszubringen. Er hat das mit unbedingter
Treue gegenüber dem ursprünglichen Text getan, obwohl an einigen
Stellen nicht völlig deutlich ist. ob eewisse Streichungen nicht anfangs
schon, vor der Notwendiekeit der Kürzune des Ganzen, vorgenommen
worden sind. An einer Stelle hat es der Herausgeber für geboten gehalten
, und das wohl mit Recht, eine Art Eingriff vorzunehmen. Er hat
dem Ganzen aus einer Kollcenachschrift Joachimsens 9 Seiten vorangestellt
, die von der Respublica Christiana des Mittelalters und ihrer Auflösuno
handeln. Vor dem Joachimsenschen Text steht eine recht ausführliche
und in vielen Stücken glückliche „Einführung des Herausgebers
". Die bibliographischen Hinweise ganz am Anfang sind auf den
gegenwärtigen Stand der Forschung abgestellt. Einen kritischen Apparat
hat Joachimsen nicht fcschaffen. Der Herausgeber hielt sich nicht
für befugt, einen solchen herzustellen. Er hat aber, um Anspielungen
ii ä., was unbedingt der Verdeutlichung bedurfte, verständlich zu machen
, drei Seiten Anmerkungen beigegeben, die doch recht nützlich
sind, ia vielleicht noch etwas reichlicher hätten bemessen sein dürfen.
Das Namen- und Sachregister am Schluß erhöht die Brauchbarkeit des
Buches.

Joachimsen ist bekanntlich der Neuherausgeber der >:roßrn
Rankeschen Reformationsgeschichte. Er ist an Ranke geschult. Er
zeigt eine ausgezeichnete Dnrstellungsgabe. Dnrstclluncen geschichtlicher
Vorcäncc und Schilderungen von Persönlichkeiten
wechseln in glücklicher Weise miteinander ab. Der Herausgeber
hat schon recht, wenn er schreibt CS. XI): „Was Paul Joachimsen
von den Geschichtswerken Rankes sagt, daß sie nicht bloß Werke
der Gelehrsamkeit, sondern auch Kunstwerke seien, das gilt auch
von ihm. der sich mit Entschiedenheit darum müht, das Werk
Rankes zu erneuern." Es ist ein Genuß. loachimsens Rudi ?u lesen
. Dieses Urteil möctitc nicht nur auf die Form der Darstellung
bezogen werden. Auch sachlich ist vieles Belangvolle gesagt.

M. E. ist richti? herausgestrichen, daß Luthers geistige Heimat und
Wurzelboden das Mönchtum der abendländischen Kirche ist (S. 26). Mit
großem Geschick und großer Umsicht ist dem Verhältnis von universalen
, nationalen, territorialen Tendenzen nachgegangen. Die Feststellung
, daß Karl V. vielleicht der Herrscher seiner Zeit ist, bei dem