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Ausgabe:

1953

Spalte:

277-278

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Kasowski, Chaim Josua

Titel/Untertitel:

Thesaurus Thosephtae 1953

Rezensent:

Rengstorf, Karl Heinrich

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logische Zeit. In der Endzeit aber wird sich Gottes Kabhodh auf
dem Gottesberge sichtbar zeigen, die Zweiheit in der Weltordnung
wird aufgehoben, und an ihre Stelle tritt die Einheit: die
falschen Lichtquellen in der Welt verschwinden, und die Völker
strömen herbei zum Gottesberg.

Von hier aus dürfte verständlich werden, daß die Arbeit —
was man ihrem Titel nicht ansieht — letzten Endes eine Untersuchung
über das Thema: „Israel und die Heiden" ist. Alle drei
Teile der Untersuchung (der alttestamentliche, der spätjüdischc
und der rabbinische) haben in dieser Frage übereinstimmend ihren
Höhepunkt. Überzeugend wird gezeigt, daß das biblische wie
das spätjüdischc Denken in dieser Frage nicht zentrifugal (die
Boten ziehen hinaus zu den Heiden), sondern zentripetal (Gottes
sich offenbarender Kabhodh zieht die Heiden zum Gottesberge)
orientiert ist. Dabei mag man in Einzelfragen die Akzente etwas
anders verteilen als der Verf.: daß sich bei Deuterojesaja, völlig
Singular im AT, doch die zentrifugale (missionarische) Bewegungsrichtung
an einigen Stellen finde, ist mir nicht so sicher wie
ihm; umgekehrt würde ich diese missionarische Einstellung für
manche Aussagen des hellenistischen Judentums bereitwilliger
zugeben als der Verf. Grundsätzlich hat er ohne Frage richtig
gesehen. Welche weitgehenden Konsequenzen sich aus dieser
„zentripetalen" (der Ausdruck ist nicht schön, aber klärend)
Sicht für das Problem „Jesus und die Heiden" und damit für die
Selbstbeurteilung aller christlichen Mission ergeben, hoffe ich,
demnächst an anderer Stelle zeigen zu können.

Und damit ist ein Letztes berührt, das zu dem Buch zu sagen
ist. Es bietet eine Fülle von Stoff und Anregungen, die die
Lektüre der etwas schwerfälligen und nicht immer übersichtlichen
Darlegungen reichlich lohnen. Aber man bedauert, daß man einen
Torso vor sich hat. Der Verf. hatte ursprünglich vor, eine Arbeit
über „Die Begriffe Licht und Finsternis im Neuen Testament
" vorzulegen. Da die Vorarbeiten sich zu einer Monographie
ausweiteten, hat er sich auf die alttestamentlich-spätjüdische
Vorgeschichte der beiden Begriffe beschränkt. Das ist schade;
denn die ganze Untersuchung drängt auf das NT. namentlich das
Joh.-Evangelium, hin; schon in ihrer jetzigen Gestalt ist sie ein
sehr gewichtiger Beleg dafür, wie stark das vierte Evangelium in
der palästinischen Gedankenwelt verankert ist. Aber wir müssen
für das Gebotene dankbar sein, ganz besonders dafür, daß der
Verf. uns zeigt: auch auf religionsgeschichtlichem Gebiet führen
nicht Hypothesen und Konstruktionen weiter, sondern einzig
und allein Exegese und nochmals Exegese.

Göttinnen Joachim Jeremias

Kasowski, Chaim Josua: Thesaurus Thosephthac. Concordantiae
verborum quae in sex thosephthae ordinibus reperiuntur. Mi Litera
Beth-Vav (IV. 513 S.); III: Litera Zain-Yod (IV. 636 S.); IV:
Litera Caph — Mem (IV, 498 S.). Jerusalem 1940, 1942, 1951.

Der l. Band der Tosefta-Konkordanz von Ch. J. Kasowski
erschien 1932 bei Bamberger und Wahrmann in Jerusalem und
ist von mir in ThLZ 61 (1936), Sp. 373 f. angezeigt worden.
Damals schien es, als stellten die Verhältnisse die Vollendung
des Werkes, des Gegenstückes zu der bekannten und unentbehrlichen
Mischna-Konkordanz desselben Verfassers (Frankfurt am
Main 1927), infrage. In der Tat ist der 2. Band erst nach acht
Jahren erschienen, und zwischen dem 3. und dem 4. Bande liegen
abermals neun Jahre. Es scheint aber, nachdem mit dem 4. Bande
das Jcwish Theological Seminary 0f America die Betreuung des
Werkes übernommen hat, daß nun auf seine vollständige Veröffentlichung
gehofft werden darf. Der 2. und 3. Band waren in
den Schriften der Alexander Kohut Memorial Foundation erschienen
.

Über die Grundsätze, nach denen die Konkordanz gearbeitet
worden ist, wurde bereits in der Anzeige ihres 1. Bandes
berichtet. Im Vorwort zu diesem rechnete der Verfasser für das
vollständige Werk mit etwa fünf Bänden. Nachdem vier Bände
gedruckt sind, läßt sich sagen, daß es. einmal vollendet, sicher
sechs, vielleicht sogar sieben Bände umfassen wird. Es wird dann
zu den Standardwerken der Wissenschaft vom rabbinischen Spätjudentum
gehören. Schließt es doch erstmalig den ganzen Wortschatz
des wesentlich umfangreicheren und bis heute nicht vollständig
übersetzten Parallelwerkes zur Mischna in einer Weise
auf, die dankbare Bewunderung abnötigt! Man kann nur wünschen
, es möchte dem Verfasser, der 1952 sein 80. Lebensjahr
vollendet hat, vergönnt sein, noch sein ganzes Werk gedruckt
zu sehen.

Münster (Westf.) Karl Heinrich Rengstorf

R a b a s t, Karlheinz: Die Genesis. Berlin: Evang. Verlagsanstalt; Lizenzausgabe
d. Berliner Evang. Missionsgescllschaft [1951]. 204 S. gr. 8°.
Lw. UM 9.-.

Der Kommentar will, wie der Verfasser in der Einleitung
sagt, die Kluft zwischen der wissenschaftlichen Theologie und dem
Glauben der Gemeinde überbrücken helfen. Er ist von einem Gemeindepfarrer
während seines Amtes in einer Großstadt verfaßt.
Der vorliegende Band enthält nach einer Einleitung, die sich vor
allem mit der Quellenscheidungs- und Verfasserfrage beschäftigt,
Übersetzung und Auslegung von Gen. 1—11. Vergleicht man ihn
mit den Auslegungen der Urgeschichte, die vor nicht langer Zeit
von Rad (Neues Göttinger Bibelwerk) und Zimmerli (Prophezei)
vorlegten, so ist der auffälligste Unterschied, daß die vorliegende
Exegese sich in allen entscheidenden Punkten entschlossen von
der wissenschaftlichen Auslegung der letzten Jahrzehnte abwendet.

Dies gilt vor allem für die Grundthese dieser Auslegung:
Jegliche Quellenschcidung in der Genesis wie auch im übrigen
Pentateuch lehnt der Verfasser ab.

In § 2 der Einleitung setzt sich der Verfasser mit der Quellen»
scheidungs-Hypothese auseinander. Er spricht von dem „von dem Redaktor
zusammengeschusterten Flickwerk". Er hält es für unbestreitbar,
daß die Quellenschcidung das Alte Testament weithin nicht mehr als Gottes
Wort angesehen, sondern wie einen „Leichnam zum Sezieren" behandelt
habe. Jedoch hält er das theologische Bedenken nicht für das eigent-
lidie; dieses müsse vielmehr von der philologisch-historischen Seite kommen
, vor allem ist es das uneinheitliche Ergebnis der Quellenscheidung.
Nun mutet es allerdings merkwürdig an, daß der Verfasser in seiner Einleitung
über dieses uneinheitliche Ergebnis, und zwar in recht grober
Weise, spottet, daß er aber bei der wirklichen Exegese immer nur von
„der Qucllenscheidung" spricht, sie also durch sein ganzes Werk hindurch
nur noch als einheitliche Größe behandelt. Er kann aber audi
ausdrücklich sagen, daß das Ergebnis der Quellenschcidung bei einem
bestimmten Text im wesentlichen einheitlich sei. So z. B. in dem, was
zum Verhältnis von Genesis 2 zu Genesis 1 erarbeitet worden ist. Hier
sr.gt er S. 86: „Sehen wir von kleinen, einzelnen Differenzen ab, so
ergibt sich für die Vertreter der Quellenscheidung übereinstimmend
etwa folgendes Bild

Weiter greift er die Methode der Quellenscheidung an. Dieser Angriff
besteht darin, daß er das Gesangbuchlied: „Auf, auf, ihr Reichsgenossen
, euer König kommt heran..." in Quellen aufteilt. Dieser
ganze Absdinitt ist eine Spielerei, und es lohnt sidi nicht, darauf einzugehen
. Besonders scharf ist seine Kritik an dem Redaktor, „der der
Genesis die uns heute erhaltene Form gegeben hat". Man wird nadi-
denklich, wenn man in diesem Kommentar über den Redaktor, dessen
Arbeit in der letzten Zeit von manchen Seiten mit größter Hochachtung
gewertet wurde,liest: „Ist dieser Redaktor nidit eine ganz unmögliche
Gestalt und spielt er nicht eine mehr als kümmerliche und klägliche
Rolle? (S. 20). Oder S. 21: „Der Redaktor war außerordentlich töricht
und reichlich inkonsequent, um nicht mit Jacob zu sagen: ein Idiot." Man
fragt sich dann aber weiter: Wenn nun die Genesis verstanden wird als
„ein einheitliches Werk, in einem Geiste entworfen, durchdacht und durchgearbeitet
" (S. 27; der Satz ist übernommen von Jacob), und wenn die Genesis
in dieser Einheitlidikeit auf Moses als den Verfasser zurückgeführt
wird, inwiefern sollte dann alles, was über den Redaktor gesagt wird,
nicht genau so auf den Verfasser zutreffen? Am Schluß der Einleitung stellt
R. die Einheitlichkeit doch wieder in Frage. Es heißt S. 32: „Es muß
nun die Schlußfolgerung gezogen werden . . . daß die Genesis, mindestens
in einem gewissen Grundstode, wohl doch von Moses stammt." Damit
hat der Verfasser zuguterlctzt doch zugegeben, daß man mit einer
Schichtung innerhalb der Genesis rechnen muß.

Genau so wie dieser Kommentar jegliche Quellenscheidung
ablehnt, so lehnt er auch jeden Vergleich mit religionsgeschichtlichen
Parallelen ab. Es begegnen hier dieselben summarischen,
allgemeinen und so oft wegwerfenden Urteile über die Urkunden
anderer Religionen. Diese Haltung zeigt sich vor allem bei der
Schöpfungsgeschichte im Vergleich zu dem babylonischen Epos.
Daß hier eine Parallele vorliegt, ist wohl seit einem halben Jahrhundert
kaum mehr bestritten worden. Hier jedoch liest man:
,.So bestehen zwischen beiden gemeinsame Züge überhaupt nicht,
sondern es sind höchstens ein paar kümmerliche Vokabeln ge-