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Ausgabe:

1953

Spalte:

276-277

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Aalen, Sverre

Titel/Untertitel:

Die Begriffe 'Licht' und 'Finsternis' im Alten Testament, im Spätjudentum und im Rabbinismus 1953

Rezensent:

Jeremias, Joachim

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Theologische Literatufzeitung 1953 Nr. 5

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nämlich I. Die griechischen Zeugen (l. Unzialhandschriftcn,
2. Minuskelhandschriften und Papyrusfragmente, 3. Griechische
Väterkommentare), II. Die alten Übersetzungen (l. Die altlateinische
, 2. die koptische, 3. die syrische, 4. die äthiopische, 5. die
arabische, 6. die armenische), III. Die indirekte Überlieferung,
also die Schriftstellerzitate. In B (S. 23—61) folgt die Gruppierung
der Textzeugen zu fünf Gruppen: I. B-Text, II. Alexan-
drinischer Text (A-Text), III. Hexaplarische Rezension, IV. Rezension
des Lukian, V. Catenen. In C (S. 61—66) werden die
für die jüngeren griechischen Übersetzungen, denen der zweite,
der hexaplarische, Apparat gilt, aufgeführten Zeugen genannt
und charakterisiert. D Orthographika (S. 66—79) stellt im Anschluß
an H. St. J. T h a c k e r a y, A Grammar of the Old Testament
in Greek aecording to the Septuagint, vol. I, Cambridge
1909, die orthographischen Besonderheiten der Textzeugen, die
weder die Eigennamen angehen noch den Sinn ändern — diese
beiden Gruppen werden im Apparat berücksichtigt —, übersichtlich
zusammen und entlastet so den Apparat. E Text und Apparat
. Zeichen und Abkürzungen (S. 79—86) handelt unter
Hinweis auf die ausführlicheren Darlegungen in Band XIV Isaias,
1939, S. 111—115 und Band XIII Duodecim Prophetae, 1943,
S. 119—140 kurz von der Gestaltung des Textes und des doppelten
Apparates und erklärt die hier verwendeten Zeichen und
Abkürzungen.

Wie Abschnitt B Gruppierung der Textzeugen (S. 23—61)
der umfangreichste ist, so kommt ihm auch insofern die größte
Bedeutung zu, als er implicite die Grundsätze enthält, nach denen
entschieden ist, was als ursprünglicher Text anzusehen und
daher oben in den Text aufzunehmen ist und was in den Apparat
hineingehört. Wenn mit Sätzen wie „Damit ist erwiesen,
daß der B-Text vorhexaplarisch ist... B vielfach der einzige
handschriftliche Zeuge, der nicht hexaplarisch beeinflußt ist"
(S. 24) der überragende Wert, den Codex B für die Textherstellung
hat, nachdrücklich herausgehoben wird, so bedeutet das
doch keineswegs, daß B überall Gefolgschaft verdiente. Vielmehr
ist jeder Fall, in dem B dem masoretischen Text gegenüber ein
Plus oder Minus, eine Umstellung oder eine Wortänderung aufweist
, sorgfältig daraufhin zu prüfen, ob und wieweit B hier
allein steht oder mit anderen Zeugen der von ihm vertretenen
Text-Gruppe, vor allem mit 967, zusammengeht. Wird die
B-Lesart von den anderen Zeugen dieser Gruppe oder doch von
ihrer Mehrheit geteilt, so ist die B-Lesart in den Text zu setzen,
sonst gehört sie in den Apparat. „Mit Recht" — so heißt es
S. 27 — „hat R a h I f s alle genannten Stellen, wo B eine Textverderbnis
zeigt, in den Apparat verwiesen, während S w e t e,
der B einfach abdruckt, auch die unsinnigen Lesarten im Text
beibehalten hat". Cornill hat freilich in seiner Hesekiel-Mo-
nographie von 18 86 den Kodex B als Zeugen der hexaplarischen
Rezension in Anspruch genommen und ihn geradezu als einen
Auszug aus der Hexapla des Origenes betrachtet, zwei Jahre
später aber diese Auffassung selbst widerrufen (S. 27 f.). In der
Tat ist B „der Zeuge, der sich am reinsten von den hexaplarischen
Zusätzen freigehalten hat; zu ihm treten dann noch der
Papyrus 967 und die Vetus Latina" (S. 40). Dagegen hat sich
Lukian bemüht, seinen Text im Anschluß an die jüngeren griechischen
Übersetzer, namentlich an Symmachus, mit dem masoretischen
Text möglichst in Einklang zu bringen. Diese Würdigung
des B-Textes und der Lukian-Rezension und die entsprechenden
Lirteile über den A-Text, die hexaplarische Rezension und die
Catenen-Gruppe also sind für die Text- und Apparat-Gestaltung
maßgebend. Was aber die Konjekturen angeht, so ist Ziegler,
wie er S. 80 hervorhebt, mit Ihnen sehr sparsam umgegangen.
Ältere, etwa die vor mehr als 100 Jahren von Schleusner
genannten, die bisher berücksichtigt zu werden pflegten, sind
beiseite gelassen; nur einzelne von ihnen haben im Apparat,
ganz wenige im Text Aufnahme gefunden. Von Ziegler selbst
herrührende Konjekturen sind als solche kenntlich gemacht.

Den in der Einleitung ausgesprochenen Grundsätzen, aus
denen soeben ein Auszug gegeben wurde, entsprechend sind Text
und Apparat mit großer Sorgfalt gestaltet. Überall — zu diesem
Lirteil berechtigten die Stichproben, die gemacht worden sind —
beruht die von Ziegler in strittigen Fällen getroffene Entscheidung
auf besonnener Überlegung. Daß nicht selten eine andere
Entscheidung möglich ist, eine in den Text genommene Lesart
als in den Apparat gehörig und eine im Apparat vermerkte als
in den Text zu nehmen beurteilt werden kann, versteht sich dabei
für jeden, der den Dingen auch nur einigermaßen nahe steht,
ganz von selbst. Ziegler gibt das mit rückhaltloser Offenheit
selbst zu, indem er in dem Nachtrag auf S. 87—8 8 eine nicht
kleine Zahl von Fällen nennt, in denen P. K a t z anderer Meinung
ist als er, und eine eingehende Erörterung dieser Fälle für
später in Aussicht stellt. Worum es geht, mag veranschaulicht
werden an einigen Konjekturen, die von Ziegler anders behandelt
worden sind, als K a t z es für richtig hält. 8, 10 steht im
Text: xai eioFfiftov xai eldov xai Idov /mzaia ßitkvyjuaxa
xai Tidyza zä eidwia dixov lagurjÄ diayeyQafijudva Iii abxov
xvxkq), während im Apparat verzeichnet ist ftätata] navxa tu
Com. p. 224. Nach K a t z gehört diese Konjektur C o r n i 11 s
in den Text, stellt — das ist doch wohl seine Meinung — uäzata
also einen innergriechischen Fehler dar. Zu Vers 13, 23, dessen
erste Flälfte lautet: dtd zovto yjevdrj ov firj Xdrjte. xai
uavzaiug ov /it) ftavreöorjo&e i'rt hat C o r n i 11 die Änderung
von fictVTcäas in fldzcua, das dem vorangegangenen yjevdii
parallel wäre, vorgeschlagen, und K a t z möchte diese Konjektur
wenigstens im Apparat verzeichnet sehen. Andererseits
hält er die Wiederholung der zu 3, 3 YU äv&QWJlov, zi> oro/ia
aov qpüyezat, xai ?) XOtiia aov 7ikt}ai)t)aezai zfjg xvrpuMdoi
zavztji xijg dedo/A&rrje "? ob von Schleusner vorgeschlagenen
Änderung des azöjua in acöfia für unnötig. Diese und
die anderen von K a t z gemachten Änderungs- und Ergänzungs-
vorschläge sind ihrerseits beachtenswert, wollen und können
aber die Bedeutung des hier von Zicgler vorgelegten Septuaginta-
Ezcchiel nicht verkleinern, legen vielmehr Zeugnis ab für die
Größe und die Sorgfalt der von Ziegler geleisteten Arbeit und
für die ihr innewohnende Kraft, zu weiterer fördersamer Beschäftigung
mit dem Gegenstand anzuregen.

I lalle/Saale Otto EIBftldt

Aalen, Svcrre: Die Begriffe „Lidit" und „Finsternis" im Alten
Testament, im Spätjudentum und im Rabbinismus. Oslo: Dybwad
in Komm. 1951. 351 S. 4° = Skrifter utgitt av Det Norske Viden-
skaps-Akademi i Oslo. II. Hist. - Filos. Klasse. 1951. No. 1.

Die überaus gediegene und kenntnisreiche, aus der Schule
von H. Odeberg-Lund hervorgegangene Arbeit ist ein eindrucksvoller
Beleg für die Fruchtbarkeit von Längsschnittuntersuchungen
. Sie bietet, soweit ich sehen kann, das Material über „Licht"
und „Finsternis" im Alten Testament und im Spätjudentum erschöpfend
dar, und zwar — das ist das Wesentliche — nicht bloß
als Materialsammlung, sondern jeweils mit sorgfältiger und besonnener
Einzelexcgese. Diese gibt dem Verf. die Sicherheit in
der Auseinandersetzung mit mancherlei exegetisch ungenügend
fundierten religionsgeschichtlichen Hypothesen und führt ihn im
ersten alttcstamentlichen Teil zu geradezu revolutionären Ergebnissen
: es finden sich im AT „keine Anhaltspunkte für die
von der modernen Forschung so gefeierte Neujahrsidcologie"
(S. 49), ebensowenig wie für den immer wieder behaupteten
solaren Einschlag im alttcstamentlichen Gottesbegriff (S. 80—85)
usw. Man kann nur dringend wünschen, daß dieser Ruf von den
Hypothesen zur Exegese gehört werden möchteI

Der spätjüdische Teil der Untersuchung, der den breiteren
Raum einnimmt, bringt ein wirklich erstaunlich umfassendes
Material zu dem Gegensatzpaar „Licht" und „Finsternis" aus den
vorchristlichen, liturgischen und rabbinischen Texten des Spätjudentums
bei; die neuen palästinischen Texte sind berücksichtigt
, und es bestätigt sich im größeren Rahmen, daß ihre Begriffswelt
nicht s o singulär ist, wie die erste Entdeckerfreude
vielfach annahm. Es kommt dem Verf. wesentlich darauf an zu
zeigen, daß der jüdische Dualismus ein „synthetischer" Dualismus
ist, d.h.: „das Licht ist einerseits Korrelat der Finsternis,
andererseits das übergreifende Prinzip, das alles zusammenhält"
(S. 263). Israel besitzt das Licht in Gestalt des Gesetzes; dieses
Licht stellt das Gegengewicht zum Bösen dar, „macht die Welt
zum Kosmos" (S. 192), gibt ihr den Bestand und verleiht Israel
eine zentrale Stellung im Kosmos. Das gilt für die vorcschato-