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Ausgabe:

1953

Spalte:

273-274

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Yogananda Paramahansa, Autobiographie eines Yogi 1953

Rezensent:

Rosenkranz, Gerhard

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eigenen Religionsschöpfung auch die Grundlagen des Christentums und
des Islam gelegt hätten, eine Behauptung, die besonders hinsichtlich des
Christentums wohl nur bedingt richtig ist. Endlich weist C. darauf hin,
daß die Religionsgeschichtc beweist, daß die Religion eines Volkes von
rassischen Voraussetzungen wesentlich unabhängig ist; denn die Mehrzahl
der Anhänger der großen Universalreligionen sind keine Rasseverwandten
der Stifter dieser Religionen. Wichtig ist weiterhin die
Darstellung der wechselseitigen Kritik dieser fünf Religionen an einander
(S. 445 ff.), womit Th. Ohms Arbeit über „Asiens Kritik am
abendländischen Christentum" (1948) in systematischer und vielseitiger
Weise erweitert und fortgeführt wird.

Dem Abschnitt „Übereinstimmungen und Unterschiede" (S. 468 ff.)
gegenüber scheinen mir nun grundsätzliche Bedenken anzumelden zu
sein. G. betont bereits im Vorwort (S. VII), daß er den Nachdruck auf
die „Darstellung des metaphysischen Gedankengebäudes" lege. Damit
ist nun aber eine Grundeinstellung dem Phänomen Religion gegenüber
bekundet und festgelegt, die m. fc. dem innersten Wesen der Religion
nicht gerecht werden kann. Es zeigt sich denn auch in dem Teile, der
dem Vergleich gewidmet ist, daß G. das Wesen der Religion zu sehr im
rational Faßbare«. Lehrhaften sieht. Wenn er S. 468 behauptet, die Religionen
versuchten vor allem auf vier Fragen (nach der Ursache der
Zweckmäßigkeit der Natur, nach dem Grund von Geburt und Tod, nach
der Entstehung des sittlichen Bewußtseins und nachdem, was das menschliche
Schicksal bestimmt) Antwort zu geben, so scheint mir das eine
Verschiebung der Lebensmitte der Religion «us der Sphäre erlebnishafter
Begegnung mit dem Heiligen in die sekundären und peripheren
Zonen theologisch-rationaler Lehrbildung zu sein. Religion aber ist
ganz entscheidend eine Lebensform. Hier aber werden, wenn z. B. von
den Übereinstimmungen der fünf Religionen die Rede ist, die gemeinsamen
Erlebnismomente in der Begegnung mit dem Heiligen nicht erwähnt
. Auch werden die von moderner Religionswissenschaft erarbeiteten
Grundstrukturen und Typen der Religion, durch die wesenhafte
Gemeinsamkeiten und tiefgreifende Unterschiede begründet werden,
nicht berücksichtigt.

Der Abschnitt über den Wahrheitsgehalt der Religionen (S. 491 ff.)
geht m. E. insofern über die Grenze einer religionswissenschaftlichen Untersuchung
hinaus, als der Verf. hier die religionsgeschichtliche Tatsache
vielfacher, einander ausschließender Absolutheitsansprüche seinerseits im
Sinn des indischen Gleichnisses von den Blinden und dem Elefanten zu
lösen sucht: jeder erfühlt einen Teil des Elefantenkörpers und glaubt,
der Elefant sähe aus wie dieser Körperteil. Verabsolutierung religiöser
Teilwahrheit liege in jeder Einzelreligion vor. Ich glaube, daß das Phänomen
des Absolutheitsanspruches verschiedener Religionen religionswissenschaftlich
(nicht theologischI) verstanden werden kann durch ein
Erfassen der crlcbnishaften Strukturvoraussetzungen in den verschiedenen
strukturtypisch verschiedenartigen Religionen wie der Referent es
•n s. Schrift „Volksreligion und Weltreligion" (1938) versucht hat. Ein
Ürteil über die objektive Berechtigung des Absolutheitsanspruches und
über die Wahrheit der Lehre steht der Religionswissenschaft nicht zu,
womit ich durchaus nichts gegen den persönlichen Standpunkt des Verfassers
gesagt haben will. Ich meine nur, daß in diesem Abschnitt der
streng objektive Charakter der Darstellung verlassen und eine von eigenen
Glaubensvoraussetzungen aus sich ergebende Deutung religionsgeschichtlicher
Phänomene geboten wird.

Ii'um Gustav Mcnschlng

Yogananda, Paramhansa: Autobiographie einet Yogi. (Aus d.
Engl, übers, v. N. v. Mangoldt u. F. Werle.) Münchcn-Planegg: Barth-
Verlag 1950. 531 S. m. Abb. 8". Lw. DM 19.-.

Es bereitet einige Verlegenheit, dies Buch in einer wissenschaftlichen
, gar in einer theologischen Zeitschrift anzuzeigen.
Von Gott ist in ihm viel die Rede; aber es ist dies nicht der
Uott der Christenheit, auch nicht ausschließlich eine der indischen
Oottheiten, sondern ein Kompositum aus allerlei Gottesvorstellungen
Seiner Ausbreitung im Sinne einer allgemeinen Mensch-
heusrel.gion sowie der Pflege und Lehre des Kriya Yoga als Mittel
der Vereinigung mit dem Höchsten Wesen dient der Verfasser
mit Leidenschaft und einigem Erfolg in Amerika. Das Bemühen
von sieben deutschen Verlegern, sein Buch in Übersetzung zu
veröffentlichen, erfüllt ihn mit der Hoffnung, „daß Deutschland
sich dem Gedanken geistigen Wachstums zuwendet" - „geistiges
Wachstum" natürlich im Sinne seiner Lehre verstanden. Das dürfte
eine Täuschung sein; aber der Verfasser, der von Eitelkeit nicht
frei ist, gefällt sich in solchen Erwartungen. Die Wahrheitsfrage
existiert für ihn nicht. Seine Frömmigkeit ist sublimierter Materialismus
, der nicht selten, d. h. immer dann, wenn er es unternimmt
, ihn wissenschaftlich zu begründen oder gar als Wissenschaft
zu propagieren, sehr handfeste, schwer erträgliche Formen
annimmt. Man lese daraufhin das 43. Kapitel, in dem Yogananda

seine Unterhaltung mit seinem auferstandenen Meister schildert.
Es passiert auch sonst in dem Buche allerhand, was im abendländischen
Leser den Zweifel an der Wahrhaftigkeit des Verfassers
aufkommen läßt. Aber hier haben wir mit unserer Kritik zurückzuhalten
und zu versuchen, den Yogi und sein Buch zu verstehen
. Wir dürfen nicht vergessen, daß es ein Inder ist, der
hier aus seinem Leben erstaunliche Dinge berichtet, ein Inder,
den nicht nur seine ins Maßlose schweifende Phantasie, sondern
zumal als Yogi die Tatsache kennzeichnet, daß er in einer geistigen
Welt lebt, die uns verschlossen ist. Weder seine Erlebnisse
noch seine Lehre können uns diese Welt, die auch im modernen
Indien im Schwinden ist, erschließen. So bleibt der Yogi
mit seiner Autobiographie uns ein religionswissenschaftliches
Phänomen, und für die Freunde übersinnlicher Erscheinungen ist
sein Buch eine Fundgrube. Auf die Kapitel, in denen Yogananda
von seinen Gesprächen mit dem Naturwissenschaftler Chandra
Bose, mit Gandhi und Therese Neumann in Konnersreuth berichtet
, sei besonders hingewiesen.

Tübingen Gerhard Rosenkranz

L i u n g m a n, Waldemar: Traditionswanderungen Rhein-Jenissci. Eine
Untersuchung über das Winter- und Todaustragen und einige
hierhergehörige Bräuche. Teil II. Helsinki: Suomalainen Tiede-
akatemia; Academia Scicntiarum Fennica 1945. VI, S. 239—433,
10 Abb., 3 Kt., 1 Tab. gr. 8° = FF Communications. Vol. LIV, 3.
Nr. 131. Fmk. 350.—.

Der in ThLZ 1950 Sp. 603 angezeigte 1. Teil dieser Untersuchung
hat bereits 1945 die Fortsetzung gefunden, die aber
erst jetzt zu meiner Kenntnis kam. Sie gibt die abschließenden
Ergebnisse. Das Winteraustreiben hat die Priorität vor dem einer
andern Traditionsreihe angehörenden Todaustragen, aber beides
ist ein ursprünglicher deutscher Brauch, in der Gegend von
Worms entstanden, der dann in tschechisch-mährisches, slova-
kisches und ungarisches Sprachgebiet bis nach Siebenbürgen und
nach Rußland hinein gewandert ist. Der ganze Brauchkomplex
ist erst in christlicher Zeit entstanden, in einem der beiden Jahrhunderte
nach dem Jahr 1000. Wir können also nicht, wie es
Forscher wie Grimm, Mannhardt, Frazer, Hoffmann-Krayer u. a.
taten, aus diesem Brauch Schlüsse auf die europäische vorchristliche
Religion ziehen. Auch die Götternamen Marena (Marzana
u. ä.) und Kupalo kommen erst bei späten Chronisten vor und
sind von ihnen erfunden, bezeichnen also keine altslavischen
Gottheiten. Diese Rolle spielt Kupalo auch noch bei Usener
(Götternamen S. 93 f., 282), gegen dessen Verwendung der litauischen
Götternamen sich bereits A. Brückner in Kuhns Zeitschrift
50, 161 ff. ausgesprochen hatte. In dem nunmehr abgeschlossenen
Werk von Liungman ist ein ungeheures Material an Liedertexten
und Brauchbeschreibungen verarbeitet, das aus der Literatur und
durch Fragebogen gesammelt ist. Als Motto ist der maßgebliche
Satz vorausgestellt: „Wenn ein Volksbrauch wandert, so wandert
er nicht von selbst, sondern durch seine Träger; eine feste
Überlieferung braucht, um in einen Ort verpflanzt zu werden,
gewöhnlich mehrere Träger, die für längere oder kürzere Zeit
diesen Ort aufsuchen." So waren bei den hier besprochenen
Bräuchen die Träger bei ihren Wanderungen meist Einzelpersonen,
wandernde Vorsänger, Schauspieler, die sog. fahrenden Leute.

Wurzburg Friedrich PfUttf

ALTES TESTAMENT

Ziegler, Joseph: Ezechiel ed. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
1952. 330 S. gr. 8° = Septuaginta. Vetus Testamentum Graecum
auetoritate Societas Litterarum Gottingensis editum. Bd. XVI. I.
DM 41.80; Lw. DM 45.80.

Dem mit doppeltem Apparat — LXX- und Hexapla-Appa-
rat — versehenen Hesekiel-Text, der die Seiten 91—330 einnimmt
, ist nach S. 1-6 mit Titel, Vorwort und Inhaltsverzeichnis
auf S. 7—86 eine Einleitung samt einem die von Peter Katz
vorgeschlagenen Textlesearten und Konjekturen aufzählenden
Nachtrag (S. 87-88) und einem Verzeichnis der in der Einleitung
ausführlicher besprochenen Stellen (S. 89) vorangeschickt. Die
Einleitung führt in Abschnitt A (S. 7-23) die Textzeugen vor,
auf denen die vorliegende Ausgabe des Hesekiel-Textes beruht!