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Ausgabe:

1953 Nr. 4

Spalte:

218-221

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Repo, Eero

Titel/Untertitel:

Der Begriff "Rhēma" im Biblisch-Griechischen 1953

Rezensent:

Debrunner, Albert

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Theologische Literaturzeitung 1953 Nr. 4

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R o b e r t s: An Army Doctor in Alexandria; B. Schweitzer:
Mnesikles und die perikleische Planung des Westaufganges zur
Akropolis; T. C. S k e a t: Britain and Papyri; L. Wenger:
Aus 50 Jahren juristischer Papyrusforschung; F. Z u c k e r: Athen
und Ägypten bis auf den Beginn der hellenistischen Zeit.

Von religionsgeschichtlichcm Interesse ist die Arbeit von
A. A 11 über einen Dorfbezirk im Hinterland von Damaskus, der
sich mit Problemen der biblischen Topographie im weiteren Sinn
beschäftigt. Es handelt sich dabei in erster Linie um die Lage von
Goaria, die man seither vergeblich durch Identifizierung mit ähnlich
klingenden Ortsbezeichnungen im weiteren Umkreis von Damaskus
zu bestimmen suchte. Auf Grund von neuerem Inschriftenmaterial
kommt nun Alt zu genaueren Ergebnissen. Bei der
Freilegung des im heutigen Dumf'r (40 km östlich von Damaskus)
gelegenen Tempels des Zeus Hypsistos wurde im Jahre 1934
f'ne Inschrift entdeckt, welche abschriftlich das Protokoll einer
>n Antiochien vor dem Kaiser Caracalla im Jahre 216 stattgehabten
Gerichtsverhandlung enthält. In dem Protokoll tritt die Bauernschaft
der Goariencr, bei denen sich ein berühmtes Heiligtum
des Zeus ( = des Zeus Hypsistos) befindet, als Anklägerin in
Sachen des Zeustempels auf. Daraus folgt, daß der Tempel
des Zeus Hypsistos im Dorfbezirk von Goaria selbst oder in unmittelbarer
Nähe von Goaria, d. h. in der weiteren, östlichen Umgebung
von Damaskus gelegen haben muß. Mehr läßt sich nicht
sagen.

Wenn in einem 2. Gerichtsprotokoll, das am Tempel des
Zeus Hypsistos gefunden wurde, und das übrigens dem oben
genannten Gerichtsprotokoll zeitlich nicht allzu ferne steht, an
Stelle der Goaricner auf einmal die „Notablen der Metrokome
der Thclsccncr" als Ankläger in Aneelegenheiten des Tempels
auftreten, dann darf daraus nicht geschlossen werden, daß neben
°der an Stelle von Goaria nunmehr Thelsee als Verwaltungsmit-
tclrninkt der Landschaft getreten wäre. Man muß annehmen,
daß das Dorf Thelsee auch schon vorher als Metrokome Mittel-
Punkt einer Dorfsiedlung gewesen ist, sofern nicht stichhaltige
Stünde daeecensprechen. Derartige Gründe dürfen jedoch nicht
,r> der Tatsache gesehen werden, daß die Goariencr kurz vorher
den eroßen Zeustempcl in dessen Prozeßaneelegenheiten vertreten
haben. Hierfür können die verschiedensten Gründe maßgebend
gewesen sein. Es ist aber methodisch notwendig, sie in erster
Linie im Bereich des Tempels selbst zu suchen. Man kann z. B.
vermuten, daß der Vorsitz in der Temt>clverwaltung unter den
Gemeinden, die zum Verehrerkreis des Zeus Hvosistos eehörten.
v°n Zeit zu Zeit wechselte. Wenn in dem 2. Gerichtsprotokoll
die ,.Notablen der Metrokome der Thelseener" K1ace erheben
weeen der widerrechtlichen Entwendung von Götterbildern aus
dem Heilictum des Zeus Hvnsistos, so kann die natürliche Er-
Märua? hierfür darin liepen. daß die Notablen von Thelsee diese
Götterbilder (Lokalgötter?) gestiftet haben (eenau so wie ein
c'nzclner Thelseener auf eicene Kosten ein Episrylion des Tempels
gestiftet hat), daß sie daher das größte Interesse an der Wie-
derheschaffune und an der Bestrafung des Täters hatten und deshalb
den Prozeß übernommen haben.

Die Entfernungen einzelner Orte, die der Verfasser auf
Gtund antiker Quellen und auf Grund moderner Befunde gibt.
Können nur approximativ eemeint sein. Trotzdem fällt auf. daß
d>e Entfernung von Damaskus bis Thelsee nach dem Itinerarium
Antonini Augusti 36 km beträpt, während das heutiee Dumer
40 km östlich von Damaskus (siehe S. 26) und Thelsee wiederum
5 km östlich von Dumf'r liegen.

Gesichert dürfte jedenfalls das Ergebnis des Verfassers sein,
daß Goaria in unmittelbarer Nähe von Dumcr (Heiligtum des
2cus Hypsistos) und damit östlich von Damaskus zu suchen ist.

In das Gebiet der Rcligionsgcschichtc gehört auch die Arbeit
v°n S. Morenz über: Ägypten und die altorphische Kosmo-
gonie. Um hier Verbindungslinien feststellen zu können, geht
der Verf. von der für die Orphik charakteristischen Anschauung
a"s, daß die Welt aus einem „windbefruchteten" (Welt-) Ei entstanden
sei. Die Vorstellung von dem Ei als Ursprung der Welt
"at nichts Besonderes an sich und ist auch anderen Völkern nicht
"nbekannt. Es ist aber für das vorliegende Problem wesentlich,
daß diese Vorstellung bei den Völkern des östlichen Mittclmeer-

gebietes, mit denen Griechenland früh in Beziehung trat, nicht
entwickelt worden ist — mit Ausnahme von Ägypten und dem
mit ihm eng verbundenen Syrien.

Dazu kommt, daß das Weltci der altorphischen Kosmogonie
ein besonderes, nämlich ein „windbefruchtetes" Ei ({mnvißior
$4v) ist, worauf der Verf. mit Recht hinweist. Es hat nichts zu
tun mit dem Windei der griechischen Naturwissenschaftler, von
dem Aristoteles sagt, daß es das unfruchtbare Ei sei, aus dem
kein Leben entstehen kann. In der Orphik ist das Windei der
Ursprung allen Lebens.

Auch die altgriechische Vorstellung von dem „zeugenden"
Wind, die sich bereits vor der Entstehung der Orphik nachweisen
läßt, kann mit dem orphischen Mythos von dem „windbefruchteten
" Weltei nicht in Zusammenhang gebracht werden.
Denn es fehlt die Verbindung zwischen zeugendem Wind und
dem Ei, außerdem ist die Vorstellung von dem Weltei dem griechischen
Mythos unbekannt.

Dagegen ist die Abhängigkeit der altorphischen Kosmogonie
von ägyptischen Anschauungen in die Augen fallend, und der
Verfasser sucht dies an einzelnen Stellen vornehmlich der Totenliteratur
, die als solche ja auch wieder nur in Ägypten und in
der Orphik (Reisepässe, Totenpässe) vorkommt, im einzelnen
nachzuweisen. Dabei ergibt sich die Tatsache, daß die altorphische
Vorstellung von dem „windbefruchteten" Weltei in mannigfachen
Varianten in Ägypten wiederkehrt. Der Mythos vom Ur-
Ei, aus dem die Welt entstanden ist, wird naturgemäß zunächst
mit dem Ur-Vogel (Ibis, Falke), später mit der Sonne (Re), die
als Kind des Eies erscheint, und dann besonders mit Amun in
Verbindung gebracht. Der Partner des Eies ist der Wind,
der in verschiedenen Göttergestalten personifiziert erscheint z. B.
wird Amun der göttliche Windhauch genannt, er ist zugleich der
große Gackerer, der das Ur-Ei legt, sowie der Vogel, der aus
dem Ur-Ei hervorkam.

Die sorgsam und vorsichtig durchgeführten Einzeluntersuchungen
, die sich besonders auf die Totenliteratur stützen, führen
zu dem Ergebnis, daß die altorphische Vorstellung von dem
windbefruchteten Ei zwar aus Ägypten stammt, daß aber die
Orphik nicht als eine ägyptische Bewegung angesehen werden
darf.

Wir sind aber Morenz nicht nur zu großem Dank verpflichtet
hinsichtlich dieser überzeugenden Darlegungen, sondern
müssen ihm auch danken für die Herausgabe der ganzen Festschrift
, die er in den schwierigsten Zeiten zu Wege gebracht hat.
Möge es gelingen, den Meister an seinem 80. Geburtstag mit
einer gleich schönen Geburtstagsgabe zu überraschen.

Marburg Emil Kicssling

ALTES TESTAMENT

Repo, Eero: Der Begriff „rVma" im Biblisch-Griechischen. Eine
traditionsgeschichtliche und semologische Untersuchung. I. „Rhema"
in der Septuaginta. Helsinski: (Suomalainen Tiedeakatemia) 1951.
204 S. gr. 8°

Die vorliegende Arbeit ist eine Dissertation, die hauptsächlich
während eines Studienjahres 1948—9 in Basel ausgeführt
und 1951 von der Theologischen Fakultät der Universität Helsinki
angenommen worden ist. Sie konnte sich auf gewisse Vorarbeiten
stützen: 1) auf den Artikel Myo), loyog, $fj[m, Xalea)
in Kittels Thcol. Wörterbuch IV 69-140 (Verfasser: der Unterzeichnete
, Kleinknecht, Procksch, Kittel), 2) auf das umfangreiche
Buch von Ragnar Asting, Die Verkündigung des Wortes
im Urchristentum (Stuttgart 1939; besonders S. 91 ff.), 3) auf
H. Fournier, Les verbes „dire" en grec ancien, (Paris 1946; bes.
S. 224 f.). Schon bei diesen Vorarbeiten hatte sich gezeigt, daß
in der LXX Rh (=Qfjfin; ich schließe mich dieser für den Druck
bequemen Bezeichnung von Repo an) sehr häufig ist, während es
in der Koine abgesehen von der technischen Verwendung in der
Bedeutung „Verbum" sozusagen verschwunden war und L
(~X6yoq) in der Bedeutung „Wort" durchaus herrschte. Es ist
das große Verdienst des Verfassers, sich nicht mit diesem Erstaunen
begnügt, sondern auf breiter Basis die Frage nach dem