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1952 Nr. 3

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Ökumenik, Konfessionskunde

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Theologische Literaturzeitung 1952 Nr. 3

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weiser Einbeziehung Amerikas. Verfasser rechtfertigt und verteidigt
nicht nur eine vielgeschmähte Position, er hat auch etwas
vom Eifer des überzeugten Verkündigers. Die freikirchlichen
Leistungen sind Herzblut des Verfassers, worin er die
Bitterkeit der Vergangenheit ertränkt.

Güttingen Erich Roth

Kirche und Kosmos. Orthodoxes und Evangelisches Christentum. Witten-
Ruhr: Luther-Verlag 1950. 168S. 8° = Studienheft Nr.2, hrsg. vom Kirchlichen
Außenamt der EKD. Kart. DM 4.60.

Bei verschiedener theologischer Position, was die Lektüre
sehr anregend macht, besitzt — so scheint mir jedenfalls —
dieses Heft durch alle Aufsätze hindurch eine klare Linie.

In gründlicher und solider Weise, wofür schon die Namen der Verfasser
bürgen, werden zunächst konfessionskundliche Vorfragen geklärt: E.Wolf,
Güttingen (Die Aufgaben der Konfessionskunde heute), zeigt die Um- und
Nebenwege auf, die von der alten klassischen Symbolik über die Konfessionskunde
zu einem Wissenschaftszweig geführt hat, der zwischen beiden liegt.
„Wir werden beide Namen heute nicht ohne gewissen Vorbehalt gebrauchen
können, wenn wir mit ihnen eine theologische Disziplin bezeichnen" (S.27).
Wer für seine Studien über orthodoxe Probleme um einen eigenen sauberen
theologischen Ausgangspunkt innerhalb der eigenen Konfession ringt, wird
diesen Aufsatz dankbar zur Hand nehmen. Die Mitte der Ausführungen von
E. Benz, Marburg (Die Bedeutung der Konfessionskunde für das Theologiestudium
und das Pfarramt) scheinen mir jene zu sein, in denen er in großer
Kühnheit seine Thesen über die Begegnung des Protestantismus mit der Orthodoxie
in einer neuen, von ihm „Ökumenik" genannten Konfessionskunde
aufstellt. Verf. bemüht sich hier, den Protestantismus aus dem antirömischen
Ressentiment herauszulösen und dadurch wichtige Fragen in ein völlig
neues Licht zu stellen: wie etwa die einer evangelisch zu verstehenden
apostolischen Succession, einer evangelisch zu praktizierenden Heiligung
(protestantisches Mönchstum, wie es in Frankreich geübt wird), die Begrenzung
des forensisch verstandenen im Westen omnipotenten Rechtfertigungsglaubens
durch Einbeziehung der orthodoxen Kategorien von
Erlösung und Wiedergeburt. Wenn E.Benz wie L.Müller als Ansatzpunkt
einer so erstrebten gegenseitigen Annäherung nach dem Hegeischen
Dreitakt der These (Christentum vor dem ost-westlichen Schisma),
Antithese (ost-westliches Schisma, Protestantismus nur eine Antithese dieser
Antithese!) und Synthese (Orthodoxie als „dritter Partner") verfährt, so
steht diese Ansicht in einer gewissen theologischen Spannung zu dem von
E.Wolf Gesagten. Rammelmeyer, Kiel (Die Bedeutung der Schrift für
das orthodoxe Verständnis der Kirche als Leib Christi), weist im einzelnen
nach, wie für diese Frage in der Orthodoxie die Schrift de facto von der Tradition
zurückgedrängt wird. Gegenüber einer gewissen ökumenischen Schwärmerei
hat Verf. mit wünschenswerter Klarheit auf eine menschlich unüberbrückbare
Differenz zwischen dem protestantischen und orthodoxen Kirchenbegriff
hingewiesen. Die beiden nächsten Aufsätze befassen sich nun ausführlich
mit dem Begriff der Tradition: Merz, Neuendettelsau, Das Problem der
Tradition in der reformatorischen Theologie und in der protestantischen
Kirche der Gegenwart ist mehr eine grundsätzliche Besinnung. Front zur
Orthodoxie nimmt L.Müller, Marburg (Die Bedeutung der Tradition in
der orthodoxen Theologie und Kirche). Er behandelt das Problem in einem
dreifachen Sinne: 1.Tradition als Weitergeben des Empfangenen, 2. Tradition
im Gegenüber zur Schrift, 3. Tradition als „Lebensäußerungen der
Kirche von Pfingsten an bis zur Gegenwart und über sie hinaus bis zum
Ende der Tage" (S.80). Während bei Rammelmeyer das Problem in einer
Prävalenz der Tradition über die Schrift gesehen wird, scheint Müller diese
Zuspitzung nicht mitzumachen. Wenn auch — nach einer geistreichen Formulierung
— das Wort der Schrift nicht es selbst, „sondern gleichsam seine
Ikone" ist (S.89), so hat nach Philaret die Schrift dennoch die Prävalenz über
die Tradition „darin, daß durch sie die Offenbarung Gottes genauer und unveränderlicher
bewahrt wird" (eod. loc). Zu Punkt 3 behandelt Müller das
interessante Problem der Neuerung (neoterismos) in der modernen orthodoxen
Theologie (Chomjakov, Bulgakov, Kartaschow u.a.). Ihre Meinung läßt
sich in dem Satz zusammenfassen: „Der Gedanke, durch die sieben ökumenischen
Konzilien sei die Fülle der Dogmatik erschöpft, ist ein finsteres Vorurteil
" (S.96). Nachdem so in den genannten Aufsätzen eine saubere theologische
Basis für das Thema des Heftes gegeben wurde, kommen die nächsten
zu seiner eigentlichen Behandlung: O. Weber, Göttingen (Die Sorge um die
Welt als Aufgabe der protestantischen Kirchen), sieht die zentrale Aufgabe
der Kirche heute darin, die verschiedensten die Welt beherrschenden Mächte
zu „entmythologisieren". In erfreulicher Klarheit und mit tiefer Einsicht in
die Orthodoxie hat H. von Rautenfeld, Hermannsburg, das Problem: Kosmos
und Kirche in orthodoxer Sicht am Hesychasmus orientiert! Es wäre
gut, wenn der Hesychasmus nicht nur von katholischer Seite, sondern auch
endlich von der protestantischen Wissenschaft einer intensiveren Bearbeitung
unterzogen würde. Rautenfeid hat, wie man im Einzelnen auch zu manchen
seiner Ausführungen stehen mag, auf ihn mit Betonung hingewiesen. Dankbar
dürfen wir für seinen Hinweis sein, daß auch in bestimmten orthodoxen
Kreisen der Hesychasmus wieder mit gebührender Aufmerksamkeit behandelt
wird. In den Fragenkreis Kirche und Kosmos gehört auch das Problem
des Staates. Es wird behandelt von A. Kartaschow, Paris (Die Entstehung
der kaiserlichen Synodalgewalt unter Konstantin dem Großen, ihre theologische
Begründung und ihre kirchliche Rezeption). Die Wege der Orthodoxie
im Anschluß an den Symphonie-Gedanken Justinians oder den differenzierteren
der Leib-Seele-Idee der Epanagoge zur „Verklärung der menschlichen
Natur in das Gottmenschentum" (S. 150), wie es sich in der Kirche darstellte,
sind nach Kartaschow zu Ende gegangen! Wir stehen vor dem Faktum der
Trennung von Kirche und Staat. „Bei der Trennung der Kirche von den
Staaten steht der Kirche das Bündnis mit dem Volke offen, genauer, mit
dem Teil des Volkes, welcher der Kirche gehört. Dieser Teil, indem er sein
demokratisches Recht ausnutzt, auf allen gesetzlichen Wegen die Ganzheit
des Staates und der Kultur zu beeinflussen, hat die volle Möglichkeit, seinen
Kräften und Talenten gemäß, das allgemeine Leben zu christianisieren. Nicht
durch einen machtvollen Druck von oben, sondern hauptsächlich und am häufigsten
nur durch ein molekulares Eindringen von unten" (S.152). Erstaunliche
Sätze und ein wertvoller Beitrag zum Problem der Ablösung der Volkskirche,
um so mehr, wenn man bedenkt, daß diese die Geschichte der orthodoxen
Kirche mindest in demselben Maße wie bei uns schuldhaft belastet hat!
E.Wolf bringt in seinem Korreferat zu diesem Aufsatz eine Zusammenstellung
und Überschau über die bedeutungsvollsten patristischen Loci zu diesem
Problem. Die große und eindrucksvolle Überschau Kartaschows wird hier im
Einzelnen noch präzisiert und ausgefüllt. Hervorgegangen sind beide Referate
übrigens aus einem theologischen Gespräch zwischen orthodoxen und protestantischen
Theologen, das vom Kirchlichen Außenamt veranstaltet worden
war.

Man könnte sich mit jedem Aufsatz auseinandersetzen,
aber dazu ist hier weder Zeit noch Ort. Nur eines möcjite ich
bemerken: Es fehlt ein Aufsatz über die Liturgie und ihren
Beitrag zu dem Problem von Kosmos und Kirche! Ein solcher
Beitrag hätte vor allem dem von H. von Rautenfeld einen
besseren Hintergrund gegeben, abgesehen davon, daß es wohl
kein Problem in der orthodoxen Theologie und Frömmigkeit
gibt, zu dem sich ihre Liturgie nicht grundsätzlich geäußert
hätte!

Dem Kirchlichen Außenamt aber ist für diese Reihe
Dank zu sagen. (Heft 1 wurde von Ludolf Müller in ThLZ
74, 739 besprochen.) Ihre äußerlich schlichten aber inhaltlich
anspruchsvollen Hefte, dürften unter der Leitung von Dr.
Hildegard Schaeder nicht nur bei Wissenschaftlern, sondern
vor allem auch bei den Pfarrern im praktischen Dienst den
Anspruch auf Aufmerksamkeit erheben. Sie werden hier,
völlig abseits von einer falschen romantischen Mythologisierung
der Orthodoxie, gediegen und sachlich über diese orientiert.
Dabei ist das Heft, Gott sei Dank, nicht auf einen theologischen
Generalnenner gebracht, sondern — wie ich leicht andeutete
— voller z. T. nicht unerheblicher Spannungen. Ein
Unternehmen, dem man Zukunft und Verbreitung wünschen
möchte!

Halle/Saale Konrad Onasch

Balthasar, Hans Urs von: Der Laie und der Ordensstand, im Anhang:

Apostolische Konstitution „Provida Mater Ecclesia". Motuproprio Papst
Pius'XII. über die Belobigung und Bestätigung Weltlicher Institute. Instruktion
„Cum Sanctissimis" für die Weltlichen Institute. Freiburg:
Herder 1949. VII, 136 S. 8°. Pp. DM4.50.

Bodensieck, Julius, Prof. Dr.: Ein brüderliches Wort. Reden, Predigten
und Berichte als Leiter der United States Protestant Liaison Representation
1946 bis 1948 in Deutschland. Stuttgart: Evang. Verlagswerk
1949. 96 S. 8°. DM 2.80.

Böhme, Kurt, Dr.: Die Weltkirchenkonferenz in Amsterdam. Hamburg
: Reich & Heidrich [1948]. 100 S. 8°. DM 2.—.

Brosch, Joseph, Dr.: Unionsgespräche. München-Gladbach: B. Kühlen
[1949]. 52 S. kl. 8°. Pp. DM 1.50.

Brunner, Emil: Die Kirche zwischen Ost und West. Stuttgart: Evang.

Verlagswerk [1949]. 38 S. 8°. DM 1.40.

Conning, John s.: Besinnen sich die Juden auf Jesus? Stuttgart:

Quell-Verlag d. Evang. Gesellschaft 1949. 16 S. 8° = Flugschriften des
Deutschen evang. Ausschusses für Dienst an Israel H. 1. DM —.45.
Diem, Hermann: Amerika. Eindrücke und Fragen. München: Chr. Kaiser
1949. 48 S. 8° = Theologische Existenz heute. Eine Schriftenreihe, hrsg.
v. K. G. Steck u. G. Eichholz. N. F. Nr. 19. DM 1.90.

Findhammer, Wilhelm: Ich bin bei dir, daß ich dir helfe. Eine Anleitung
zur religiösen Führung katholischer Kinder durch andersgläubige
Mütter. Münster: Regensberg 1949. 192 S. 8°. Hlw. DM5.80.

Groß, Erwin: Das Ende des Evangeliums in der absoluten Kirche.

Stuttgart: Evang. Verlagswerk [1950]. 96 S. 8°. kart. DM3.40.