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Ausgabe:

1952

Spalte:

164-165

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Titel/Untertitel:

Old English material in the Leningrad manuscript of Bede's ecclesiastical history 1952

Rezensent:

Förster, Max

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Theologische Literaturzeitung 1952 Nr. 3

164

treffende Normen; im übrigen ruhte es auf einer durch göttliche
Willenssetzung fundierten Wertschätzung. Der Positivismus
, der bei Duns Scotus noch durch entgegengesetzte Elemente
seiner Philosophie gedämpft war, wurde dann von
Okkham offen auf den Schild erhoben.

Dies die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung, die vom Verf. mit
großem Fleiß erarbeitet worden sind. Freilich wäre es für ein Verständnis des
Eigenwertes der Thesen des Johannes Duns Scotus nötig gewesen, ihn in den
Rahmen seiner Zeit oder wenigstens seiner Vorzeit zu stellen, und es genügt
nicht, ihn bloß mit Thomas von Aquin zu vergleichen. Es ist jedenfalls auf
die durch die Verhältnisse der Nachkriegszeit bedingte mangelhafte Ausstattung
unserer deutschen Bibliotheken mit ausländischer Literatur zurückzuführen
, daß die monumentalen drei Bände von O. Lottin, Psychologie et
morale aux XIIe et XIIIe siecle, Louvain (1942—1949), welche die wichtigsten
in Frage kommenden Probleme eingehendst mit Heranziehung der ungedruckten
Quellen untersuchen, noch nicht benützt werden konnten.
Bamberg A.M.Landgraf

Vasilie V, A.A.: Byzance et les Arabes.Tome II: La dynastie macedonienne
(867—959). Edition francaise prepar£e par Henri Gregoire et Marius Canard.
Deuxieme partie: Extraits des sources arabes. Traduits par Marius Canard.
Bruxelles: Editions de l'Institut de Philologie et d'Histoire orientales et
slaves 1950. X, 440 S. gr. 8° = Corpus Bruxellense Historiae Byzantinae 2, 2.
Im Jahre 1900 veröffentlichte A. Vasiliev den ersten und
1902 den zweiten Band seines klassischen Vizantija i Araby,
durch das er sein Ansehen als führender Historiker begründete.
Das unentbehrliche Werk wurde 30 Jahre später ins Französische
übertragen; der 1. Band — Byzance et les Arabes. La
dynastie d'Armorium (820—867) — erschien 1935 in Brüssel,
der 2. Band war für 1936 vorgesehen, wird aber jetzt erst als
demnächst erscheinend angekündigt. Die ursprünglich als Anhang
zu diesem Bande gegebene Ubersetzung der arabischen
Quellen tritt jetzt, von M. Canard um viele Stücke vermehrt,
zum großen Teil neu übersetzt und kommentiert als selbständiges
Werk an die Öffentlichkeit. Jeder, der die Bedeutung
arabischer Quellen für die Erkenntnis der mittelbyzantinischen
Epoche kennt — aber wieviele Byzantinisten verstehen
genügend Arabisch ? — wird dieses Werk zu schätzen wissen,
das neben bereits edierten auch nur handschriftlich erhaltene
Quellen in wissenschaftlich wohl fundierten Übertragungen
darbietet. Es ist aber nicht nur für den Byzanzhistoriker unentbehrlich
, sondern auch von allgemeinerem Interesse, weil
es neben Berichten über Kriege, Belagerungen und Friedensschlüsse
noch viel kulturhistorisch Merkwürdiges bietet. Den
einzelnen Autoren wird jedesmal eine ausführliche bio-biblio-
graphische Notiz vorausgeschickt, die einzelnen Auszüge werden
einleitend kurz in den Gesamtzusammenhang des Werkes
gestellt, so daß man immer weiß, was unmittelbar vorher berichtet
wird. Aus dem Inhalt hebe ich Folgendes heraus: S. 60;
66; 73; 169; 252f. wird, jedesmal von einem anderen Autor,
der Empfang der byzantinischen Gesandtschaft vom Jahre 948
in Bagdad geschildert. Das Zeremoniell ist vom byzantinischen
, wie es Konstantin Porphyrogenitus deCeremoniis und
Liutprand von Cremona in der Antapodosis schildern, nicht
sehr verschieden: sie gehen im Grunde ja beide auf das per-
sisch-sasanidische zurück; S. 274 und 277: Empfang byzantinischer
Gesandter in Cordoba, sie bringen einen illustrierten
Dioskurides mit (S. 186); S 288 Empfang einer arabischen
Gesandtschaft in Konstantinopel. S. 85; 91; 156L werden die
Verhandlungen bezüglich der Ubergabe des berühmten Man-
dilion von Edessa an die Byzantiner berichtet, eine merkwürdige
juristische Kasuistik islamischer Rechtsgelehrter über
diesen Fall findet sich S. 174. S. 117t. wird eine zum hl. Krieg
auffordernde Predigt geschildert — ein Analogon zu den
Kreuzzugspredigten! S. 151 werden die Umwandlung einer
Moschee in eine Kirche, S. 167 eine erbeutete Staurothek,
S. 295 ein altgriechischer Tempel in Anatolien und S. 430 die
Zeremonien der griechischen Taufe beschrieben. Sehr aufschlußreich
und lesenswert sind S. 305 ff. die Übertragungen
der Gedichte des Mutenebbi, die die Taten des ritterlichen
Saif ed-Daula verherrlichen und in gewissem Sinne das Gegenstück
zum byzantinischen Heldenepos Digenis Akritas bilden.
S. 379ff. findet sich eine nützliche Zusammenstellung arabischer
Beschreibungen Konstantinopels, deren Angaben im
einzelnen nicht immer leicht zu lokalisieren sind. Von den bei
Harun b. Jahjä S. 384 beschriebenen Palasttoren scheint mir
wenigstens das Meertor bestimmbar. Es ist damit wohl das
Tor beim Bukoleonhafen gemeint, dessen Eingangshalle und
nach oben führender Dromos ja noch heute vorhanden sind
(vgl. Archäolog. Anzeiger 1914, 102). Die Kirche, auf die der
Dromos mündet, kann die Nea, aber auch die Pharoskirche
sein, die Daphnekirche kann dagegen, wie Izzeddin (Rev. et.
islam. 1947, 41) meint, schwerlich in Frage kommen. Die S. 394
genannten Klöster münis, fusädir und quqiyay liegen dem

Text nach nicht beim Hebdomon, sondern östlich der Stadt,
am ehesten hinter Chalkedon, wo ja verschiedene Mönchskolonien
bestanden. Izzeddin möchte fusädir mit Satyros in
eins setzen, was wohl möglich ist, unter quqiyay könnte das
Glykeriakloster verborgen sein. Die S. 412 von Ibn Hauqal
genannten Gefängnisse Thrakesion, Opsikion, Bukellarion und
Numera werden, mit Ausnahme des zuletzt genannten, in byzantinischen
Quellen nicht erwähnt; sie liegen jedoch, wie die
Numera im großen Palast und sind wohl mit dem bei Muqad-
dasi (S. 423) und sonst (S. 289) genannten dar el-balät eins,
das wiederum mit dem an das Hippodrom grenzenden Zeuxip-
pos zusammenfällt, denn Muqaddasi sagt, daß dort die
dibetissia (kostbare Seidenkleider) hergestellt würden — und
im Zeuxippos war eben zu dieser Zeit ein derartiges Atelier,
wie u.a. die Inschrift auf dem Aachener Elephantenstoff beweist
. Man kann das dar el-balät mithin nicht mit dem Praetorium
in eins setzen, obwohl dort natürlich auch ein Gefängnis
war (vgl. darüber R. Janin, Constantinople byzantine.
Paris 1950, 166ff.). Uber die Lage der S. 426 genannten Moscheen
vgl. jetzt meine Ausführungen in den Nachr. d. Akad.
Göttingen 1950, 87.

Göttingen A. M. Schneider

Anderson, o. S.; Old Engllsh Material in the Leningrad Manuscript

Of Bede's Ecclesiastical History. Lund: C.W. Gleerup; Leipzig: Harrassowitz
1941. 165 S., 3 Taf. 8° = Skrifter utg. on Kungl. Humanistica Veten-
skapssamfundet i Lund Bd. XXXI.

Eine der wichtigsten Handschriften von Bedas Kirchengeschichte
, die aus der berühmten Sammlung der Familie
Harley stammte und 1791 über den russischen Gelehrten
Peter Dubrowsky in die Leningrader Bibliothek gelangt ist,
war der Beda-Forschung entgangen, bis die Amerikanerin Olga
Dobiache-Rojdestvensky im „Speculum" (1928) uns einen aufschlußreichen
Bericht über diese Handschrift lieferte. Auf
Grund dieser Anregung hat dann 1941 der Lunder Anglist
Prof. Anderson sich das Verdienst erworben, diese neue Handschrift
dadurch der westeuropäischen Forschung zugänglich
zu machen, daß er die Herstellung einer Photographie des
ganzen Kodex für die Lunder Bibliothek erreicht hat, so daß
wir von ihm, wie er zögernd andeutet, wohl einmal eine vollständige
Kollation dieser Handschrift erhoffen dürfen. Da er
nach seinen bisherigen Arbeiten in erster Linie anglistischer
Namenforscher ist, hat er uns zunächst auch hier nur eine
sprachliche Untersuchung des Eigennamen-Materials der
neuen Handschrift vorgelegt. Zu diesem Zweck hat er zunächst
eine Kollation der Beda-Stellen vorgenommen, die
e inen auf England sich beziehenden Orts- oder Personennamen
enthalten, und diese Kollation auf S. 19—59 in extenso zum
Abdruck gebracht. Es ergibt sich daraus, daß die neue Handschrift
, was die Eigennamen angeht, zumeist mit dem bisher
ältesten Moore-Manuskript(M) zusammengeht. Ihre Selbständigkeit
M gegenüber wird aber bewiesen durch die Tatsache,
daß sie mehrfach zu den beiden nächstältesten Handschriften
B und C stimmt, was ihren Wert natürlich noch erhöht. Aber
auch zeitlich steht die neue Handschrift dem Moore-Manuskript
am nächsten. Denn nach den in der Handschrift gemachten
Angaben ist ihre Niederschrift ca. 746 beendet,
während M wohl schon ca. 737 abgeschlossen ist.

Die erwähnte Namenkollation — die übrigens keineswegs ganz vollständig
ist — bewegt sich in Formen, wie z. B. lundoniensis eeclesiae presbyU-
rum nothelmum. Dabei werden aber Zwischensätze, wie S.20 in dem Satz
quinque gentium Unguis, Anglorum videlicet usw., ein Nebensatz von 11 Wörtern
nach Unguis, ohne Andeutung ausgelassen, so daß man nicht weiß, ob
der Nebensatz in der neuen Handschrift tatsächlich fehlt oder nur von Anderson
ausgelassen ist. Zudem sind der Kürze halber gelegentlich Formulierungen
gebraucht, die dem Leser kaum verständlich sein können, so wenn
auf derselben Seite die Angabe ,,(post) Brittaniam (twice)" dem Leser sagen
soll, daß auf S. 11 (nach Plummers Seitenzählung) einmal die Lesung
Brittaniam und 11 Zeilen weiter post Brittaniam vorkommt. Bei dieser Sachlage
kann diese Lesartensammlung leider nicht zur Herstellung eines kritischen
Textes verwendet werden.

Den Hauptteil des Buches (S. 63—145) umfassen dann
sehr sorgfältige und eindringende Untersuchungen über die
lautliche Gestalt, sowie Herkunft und Bedeutung der bei
Beda vorkommenden Orts- und Personennamen.

Bei der großen Schwierigkeit dieser Fragen wird man hier und da anderer
Meinung sein können, wie hervorgeht aus den bisherigen Behandlungen dieses
Themas in den Dissertationen von Müller (1896), Köhler (1908) und Ström
(1939) sowie zum Teil auch in meinem Buche „Der Flußname Themse und
seine Sippe" (1941). So ist z. B. Degesa, wie ich „Themse" S.796—811 dargelegt
habe, kein germanischer Name (von dxg = Tag abgeleitet), sondern ein
keltisch-britischer Name, wie ich „Themse" S.796—811 ausführlich dargelegt
habe. Bei Formen, wie Thruidred , Coinred, Coinualdr, Loidis, Oidiluali