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1952

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Altes Testament

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161

Theologische Literaturzeitung 195 s Nr. 3

162

dann wäre nicht ausgeschlossen, daß zuvor die Gottlosen und
die gottfeindlichen Mächte durch das Gericht der Verdammnis
bzw. durch den Sieg Christi der Vernichtung preisgegeben worden
sind. An der Huldigung Christi würden sich dann nur die
Wesen und Mächte beteiligen, die sich der Herrschaft Christi
unterworfen haben.

Mir scheint, daß die Allversöhnung keinen, oder wenn man
ganz vorsichtig urteilen will, einen sehr schwachen Schriftgrund
hat. Jedenfalls ist sie nicht die das NT beherrschende
Lehre, auch nicht im Eph.- und Kol.-Brief, die nur die sonstigen
Aussagen des Paulus ins Kosmische erweitern. Zur beherrschenden
Lehre kann man die Allversöhnung nur durch
eine recht gewagte Exegese machen, die in die einzelnen Stellen
Gedanken hineininterpretiert, die an sich nicht dastehen.
Die Allversöhnungslehre kommt, darin hat Brunner recht,
„letztlich auf eine Leugnung des Gerichtes heraus''. Das NT
ist in seinen Grunderkenntnissen viel einheitlicher, als die Vertreter
der Allversöhnungslehre meinen. Es redet nicht von der
Allversöhnung, sondern von der Ubermacht der Gnade. Ob
die Allversöhnung eine in der Gnade verborgene letzte Möglichkeit
Gottes darstellt, das freilich entzieht sich unserer Erkenntnis
.

Berlin Johannes Schneider

Lövestam, Evaid: "Aktenskapet i Nya Testamentet. Marriage in the

New Testament. With a summary in English. Lund: Oleerup 1950. 235 S.
8°. skr. 9.—.

Lövestam legt in seinem Buche eine ebenso notwendige
wie wohlgelungene Neudurchforschung jener Stellen des NT
vor, welche von der Ehe handeln. Notwendig ist diese Neudurchforschung
deshalb, weil jene „Ehestellen" des NT für uns
immer noch großenteils vieldeutig sind; wohlgelungen ist Löve-
stams Arbeit darin, daß er mit philologischer und historischer
Akribie die bisherigen Auslegungen jener Ehestellen einer exegetischen
Kritik unterzieht, die durchschlägt. Dagegen sind
die eigenen Positionen Lövestams, die er nach jedem Abschnitt
kritischer Schwerarbeit bezieht, weniger der Exegese
als der Systematik zu verdanken. Damit sollen diese Positionen
nicht geringgeschätzt werden, es sei vielmehr bloß die Tatsache
neu unterstrichen, daß eine „Theologie der Ehe" nicht
aus den Ehestellen des NT aufgebaut werden kann, sondern,
wie längst erkannt, aus systematischer Kraft, welche mit dem
Evangelium als einem Ganzen arbeitet. Es zeigt sich femer
an dem Buche Lövestams (gegen Lövestam), daß ein Vordringen
bis zum Urteil Jesu über die Ehe, anderseits bis zum
Urteil des Apostels Paulus über die Ehe mit den Ehestellen
des NT nicht zu machen ist; man muß sich mit den Ehestellen
als solchen und ihrer Bedeutung innerhalb des NT zufrieden
geben. Endlich drängt sich die Frage auf, ob nicht die Bewältigung
der Ehestellen des NT neben der Exegese der Theologen
auch hilfsweise nach der juristischen Exegese verlangt
(Gemeinderegel, Kirchenrecht; vgl. die Kommentare zu Eph.
4, 7ff.). Das darf man ja heute sagen, ohne mißverstanden zu
werden. Im ganzen ist aber die Arbeit Lövestams das „Buch
der Stunde" zu den Ehestellen des NT.

Für Lövestams eigene Position ist seine Exegese von I. Mos. 2,24 entscheidend
: Das Wort „ein Fleisch" ist ihm (ob auch dem Jahvisten?) der
Ausdruck für die in der monogamischen Ehe realisierte (nicht erst zu realisierende
!) ganze, volle, Geist und Körper umfassende, gottgeschaffene Einheit
zwischen Mann und Frau, zu welchem Behuf Gott gerade die Ungleichheiten
zwischen Mann und Frau setzte, zu gegenseitiger Hilfe. Diese Auslegung von
I. Mos. 2,24 ist der Schlüssel, mit welchem Lövestam die verschlossensten
Tore öffnet, natürlich Mt. 19,3—12, aber auch Eph. 5,22ff., I. Cor. 7, I. Mos.
1,27, I. Cor. 6,12—20; 11,7—9 bis hin zu Off. 14,4. Dazu kommt die These:
I. Cor. 7,1—2, 7—9, 27—34 ist nicht selbständig zu nehmen, sondern nach
Eph.5,22ff. zu interpretieren! Das ergibt für das NT eine Ehefreudigkeit,
nicht bloß eine Eheregelung in Frömmigkeit, welche Ehefreudigkeit die
Kommentatoren sonst nicht in diesem Maße im NT gefunden haben. (Man
müßte dazu die Köstlichkeit „Eine Familienpredigt" in Fr. Naumanns „Gotteshilfe
" Nr. 364 lesen!) — I.Tim. 3,12; Tit. 1,16 werden mit dem Aufsatz
J. B. Freys (Revue de science religieuse XX 48—60) als von der heidnischen
Vergangenheit der Bischöfe, Diakonen, Diakonissen gesagt erklärt; wie
fiövav&QOS und univira die Frau bezeichneten, deren Ehrentitel es war, mit
Ehescheidung nichts zu tun gehabt zu haben — so gelte dies nun mutatis
mutandis von der heidnischen Vergangenheit der genannten Männer. —
I. Cor. 11,7—16; 14,34; I. Tim. 2,12 setzt die Frauen dem Heil Gottes gegenüber
nicht unter die Männer, verlangt aber, daß die Frau nicht des Mannes Art
usurpieren wolle, sondern mit ihrer Frauen-Art in der Ehe, und so auch in
der Versammlung, diene. — Mt.5,32 und 19,9 („die Ehebruchsklauseln")
gewähren nicht die christliche Ehescheidung im Ehebruchsfall, sondern sprechen
nur den Mann frei von der Makel der Ehescheidung und von der Verantwortung
für die Folgen der Ehescheidung, wenn die Frau es ist, die die Ehe gebrochen
hat. — Mt. 19,11 f., I. Cor. 7,7. 17: DerCoelibat als %dqiafia, das keine Vorzugsstellung
begründet, sondern einen besonderen Dienst an der Gemeinde — wie

ja die Ehe auch. — I. Cor. 7,36—38: Keine Rede vom Syneisaktentum; Subjekt
ist vielmehr der Vater oder der Vormund der naqd'evos, Objekt die
Ttagfrevos vjreqaxfios, das Problem aber heißt: Sündigt der Vater oder Vormund
, wenn er die inepaxfios einem Manne zur Ehe gibt? — Off. 14,4: Die
Ttaqd'evoi (vgl. II. Cor. 11,2; Jo. 3,29; Eph. 5,27) sind nicht ein Gegensatz
zu den Verheirateten, sondern es sind „die dem Lamme treugeblieben und
nicht der Welt verfielen". Es handelt sich also Off. 14,4 um ein Stück „biblischer
Bildsprache". — Auch sonst hat Lövestam viele Deutungen, die über
das Übliche hinausgehen. Es handelt sich aber zumeist um Hypothesen,
welche achtbare Arbeitsmittel, aber keine Endlösungen sind. Die Vieldeutigkeit
der „Ehestellen" des NT bleibt! (Warum entscheidet sich Lövestam in
der Anmerkung 64 S. 30 zu Rm. 7,12—25 für eine so „ausfluchtartige"
Mischung? Hiezu hat doch wohl Paul Althaus in dem 1951 in 2. Auflage erschienenen
Buch „Paulus und Luther über den Menschen" das Entscheidende
gesagt.)

Bad Liebenzell Leonhard Fendt

Jorgensen, Alfred Th.: Apostelen Paulus som filantrop. Den kristne

diakonis oprindelse og rettesnor. Kabenhavn: G. E. C. Gad 1951. 92 S. 8°.

Jörgensen gab 1939 ein Lehrbuch „Philanthropie" heraus.
Hier, in der uns vorliegenden Schrift, untersucht er Paulus
auf Grund der Apostelgeschichte und. der Briefe auf „Philanthropie
" (im Sinne von Apg. 28, 2). Den Rahmen nimmt
Jörgensen aus dem AT, Talmud (Paulus als Jude), dem
römischen Recht (Paulus als civis Romanus), dem Hellenismus
— entscheidend aber aus dem Beispiel und Wort Jesu.
Jörgensen ist Praktiker der Caritas — es ist erfreulich, ihn so
hingebend auf den Wegen der Theorie wandeln zu sehen. Für
Vorträge eine gute und anregende Materialsammlung — für
Paulusforscher ein aufgehobener Finger!

Bad Liebenzell Leonhard Fendt

Debrunner, Albert: EpiOUSioS Und kein Ende, Museum Helveticum,
9, 1, 1952, S. 60—62

Hatch, William Henry Paine: On the relalionship of Codex Augiensis
and Codex Boernerianus of the Pauline Epistles, Harvard studies in
Classical Philology, 60, 1951, S. 187—199.

Metzger, Bruce m.: The Formulae introducing quotations of scripture

in the NT and the Mishnah. Journal of Biblical Literature 70, 4, 1951,
S. 297—304.

Nestle, Erwin: AUS Briefen von Eberhard Nestle. Blätter für württembergische
Kirchengeschichte. Im Auftrag des Vereins für württembergische
Kirchengeschichte hrsg. von D. Dr. Martin Leube, 3. Folge 51, 1951,
S. 143—150.

Riesenfeld, Harald: Aembetet i Nya Testamentet. Uppsaia 1951. 52 s.

gr. 8° = SA aus Lindroth: En bok om kyrkans ämbete. S. 17—69.

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER
Stratenwerth, Günter: Die Naturrechtslehre des Johannes Duns

ScotUS. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1951. 118 S. gr. 8°. DM 7.80.

Das Werk tritt an den Problemkomplex mit aller Vorsicht
und Umsicht heran und behandelt so vor allem — immer nach
der Lehre des Duns Scotus — das Menschenbild und das sittliche
Handeln, wobei von Vernunft und Wille, den Voraussetzungen
der sittlichen Güte, den prima prineipia practica,
dem Verhältnis Gottes zur Rangordnung der Werte und von
der Theologie und Philosophie der Liebe gesprochen wird. Erst
die zweite Hälfte des Werkes beschäftigt sich unmittelbar mit
dem Naturrecht, und zwar vor allem dem Geltungsgrund desselben
, und hier dem Naturrecht im strengen und im weiteren
Sinn und dem Verhältnis Gottes zum Naturrecht. Aus dem
Inhalt des Naturrechtes, und zwar derjenigen im weiteren
Sinn — nur im Verhältnis zwischen Mensch und Gott gibt es
streng naturrechtliche Normen — wird untersucht: Nächstenliebe
, vertragliche Verpflichtungen, Familie und politische
Lebensgemeinschaft, Strafgesetz und Strafgewalt des Menschen
, Sklaverei. Schließlich wird noch über die Erkennbarkeit
des Naturrechtes gesprochen.

Der Verf. kommt zu dem Schluß, daß bei Duns Scotus
der Sittlichkeitsordo vom Seinsordo gelöst ist, wodurch er
eine Vertiefung der Lehre vom sittlichen Handeln gegeben
glaubt insofern, als die Rückbezogenheit auf den es Erstrebenden
aufgehoben und damit eine Liebe zum Wert um
seiner selbst willen ermöglicht erscheint. Da so der Sittlichkeitsordo
— mit Ausnahme dessen, was das summum bonum
betrifft — auf Willenssetzungen Gottes fundiert ist, ergibt
sich eine eindeutige Tendenz zum Positivismus und eine Einschränkung
des Naturrechts in seiner strengen Geltung auf
einige, lediglich das Verhältnis des Menschen zu_Gott be-